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Luxus

Privatgeburt

 

 

Diesen Wandspruch von Wilhelm Busch (1832 – 1908) fotografierte die Hausgeburtshebamme bei Teilnehmerin T014 (siehe →).

DER SCHREI

Kurz nach meiner eigenen Hausgeburt erwachte ich eines Nachts davon, dass ein Auto den Feldweg vom Dorf heraufkam. Es war die Hebamme. Nun ist es also auch bei meiner Nachbarin so weit, lächelte ich und schlief selig noch ein paar Stunden, mein Baby an der Brust.

Gegen sechs Uhr morgens dann erwischte mich auf dem Trampelpfad zwischen unseren Häusern ein fast unerträglicher, erst tiefer, dann kreiselnd höher werdender endloser Schrei, ein brüllender Urschrei, der durch drei Backsteinmauern drang.

Dieser eine, gewaltige Schrei umfasste die ganze Wildheit und Kraft, den

Schmerz und die Trauer, die Schönheit und die Liebe einer Geburt. In einer Hand den Kohleneimer, in der anderen die Stiege mit Holz fing ich an zu weinen und zu lachen, dachte: Au! Gleich hat sie‘s geschafft!

Da kam mir der siebenjährige Sohn der Nachbarin durch Matsch und Eis entgegen gestapft. „Ich mag nicht mehr warten! Ich komm jetzt mit zu Dir!“ Schnell (und heimlich) trocknete ich mir die Tränen, schniefte noch ein wenig und nahm ihn mit zum Einheizen.

Wir hatten kaum Tee gekocht und die Becher in der Hand, da trat die Hebamme in unsere Küche und holte ihn, seine Schwester zu begrüßen.

 

Mo (T193) erinnert sich. Siehe auch →.

 

Allen teilnehmenden Frauen und

Familien danken wir für ihre Offenheit,

uns an den berührendsten

Momenten ihres Menschseins teilhaben zu lassen!

 

 

Luxus

Privatgeburt

Inhalt

Anstelle einer sachlich kühlen Einleitung

Intime Einblicke in „Luxus Privatgeburt“

Die eigene Hausgeburt planen

Telefonliste

Mütter mit begonnenen Hausgeburten

Mütter mit einer Hausgeburt

Mütter mit zwei Hausgeburten

Mütter mit drei Hausgeburten

Mütter mit vier und mehr Hausgeburten

Beiträge unserer Gastautoren

Anna Rockel-Loenhoff: Hausgeburt – eine andere Lebensphilosophie

Harald: Die Geburt in der 500-Liter-Baumarkt-Regentonne

Markus: Der Chefarztvater

Gabriele Stern: Die Privatgeburt als Heilungsprozess verloren gegangener Seelenanteile

Sabine Mengel: Physikerin und Hausgeburt – ein Widerspruch?

Cornelia Borth: Ideal und Wirklichkeit: Das Stillen

Michael Krause: Gebärposition bei Beckenendlage

Cornelia Enning: Heilmittel aus Plazenta

Marion Klein: Die leere Wiege

Sarah Schmid: Die Geburtsverstopfung – Gedanken über das Ausscheiden

 

Nützliche Adressen

 

Anstelle einer sachlich kühlen Einleitung

 

 

 

Luxus

Privatgeburt

Der Platz der Profis

Auch Hebammen werden schwanger. Und welchen Platz suchen sie sich für ihre Geburt aus? Vermehrt das eigene Zuhause, wie die hohe Hebammendichte von „Luxus Privatgeburt“ zeigt. Rund 15 Prozent aller Teilnehmerinnen an diesem Buch sind von Beruf (unter anderem) Hebamme – und somit mit den physiologischen Abläufen der Geburt bestens vertraut.

Die speziellen Beweggründe der teilnehmenden Hebammen, wie Müttern insgesamt, finden sich in den nachfolgenden Interviews. Doch auch ich als Autorin hatte Grund, zuhause zu gebären. Gleich beim ersten Mal und bei allen vier Kindern.

Als ich mich während meiner Hebammenausbildung am ersten Kreißsaaltag in die begleitete Gebärende einfühlte, war mir klar, dass ich niemals ohne Notwendigkeit in solchen Umständen mein Kind zur Welt bringen wollte: Aufbruch und Abschied von zu Hause, Fahrt mit Wehen in eine Klinik, fremde Menschen, ungewohnte Umgebung, beständige Ansprache durch das stetig wechselnde Personal, stete Neueinstellung der Gebärenden auf deren unterschiedliche Charaktere, demzufolge unterschiedliche Mitsprache, was ihre eigene Geburt anbelangte, teilweise gestresste Mitarbeiter, die dem Arbeitsanfall gar nicht gerecht werden konnten und ihre Nervosität von Kreißsaal zu Kreißsaal, von der einen Gebärenden zur anderen trugen.

Später erlebte ich Infoabende, bei denen vor allem der uterusfarbene Kreißsaal gerne gezeigt wurde. Es wurde mit Sicherheitsversprechungen gearbeitet, die nirgends in diesem Ausmaß eingehalten werden können.

Mir als Hebamme behagte auch der rosa gestrichene Kreißsaal nicht, weil er den Umstand lediglich überstrich, dass eine gesunde Frau mit unauffälliger Schwangerschaft und guter Hebammenbegleitung im Vorfeld diese ganze Aktion gar nicht braucht und selbst während der Geburt nur selten medizinische Intervention benötigt.

Ganz im Gegenteil: Wie oft dachte ich mir und raunte meinen Mitschülerinnen zu: „Wäre sie doch nur zuhause geblieben!“, wenn der noch vor einer Stunde an der Kreißsaaltür von daheim kommenden und kräftig wehenden Frau mit jeder Minute Klinikluft die Wehenstärke immer mehr abhanden kam und schließlich in einer Kaskade aus Aromaölen, Homöopathie, stundenlangem Treppenlaufen, Wehentropf, Schmerzmitteln, PDA, Wehenhemmung und nicht selten dem Kaiserschnitt endeten. Dies ist auch statistisch belegt.

Wir sind, wissenschaftlich gesehen, gar nicht unwissend, was in solchen Momenten vor sich geht.

So wie viele Tiere nicht oder nur schwer in einer für sie fremden Umgebung gebären, da durch den Anfall an Stresshormonen die Ausschüttung an Geburtshormonen stark beeinflusst wird, sollten wir als Menschen dies auch nicht tun.

Für eine Hausgeburt muss eine Frau stark sein! Stark in der Schwangerschaft verankert, in den Bedürfnissen sicher und in den Wünschen klar. Stark im Bewusstsein, die Hebamme gefunden zu haben, bei der sie ihre wundesten und empfindsamsten Seiten ausleben darf, um als starke Frau und Mutter aus der Geburt hervorzugehen.

Die Interviews zeigen, dass gerade die Hebammenauswahl eines der allerwichtigsten Kriterien für eine gute Geburt ist: Ist die Hebamme kompetent, steht sie in ihrer Einstellung und ihrer Verpflichtung voll hinter der Frau?

Oder hat sie aufgrund eines Belegvertrages mit einer Klinik noch andere Verbindlichkeiten, die eine Hausgeburt mit ihr zu einem Lotteriespiel machen und die Frau verunsichern und nicht entspannt ihrer Geburt entgegensehen lassen können?

Auch medizinische Interventionen ohne Not entbinden die Frauen von ihrem Kind, wie etwa der Möglichkeit, tief in die vielschichtigen Aspekte ihrer Weiblichkeit vorzudringen.

Was gelungene Hausgeburten, in die die allermeisten angestrebten Hausgeburten schließlich münden, uns Frauen schenken können, wurde öffentlich bislang noch gar nicht diskutiert. Ebenso das Potenzial, das in einer begonnenen Hausgeburt steckt.

Der Bedarf an Informationen zur Hausgeburt ist groß, und „Luxus Privatgeburt“ stillt ihn über weite Strecken bereits seit der Ersterscheinung des Buches im Jahr 2009.

Viel Freude beim Lesen wünscht

Martina Eirich

Aus Schaden wird man klug ...

... sagt ein altes Sprichwort, und genau das trifft leider auch manchmal auf die eigene Geburtserfahrung zu. Denn hätte ich vor der Geburt meiner ersten Tochter gewusst, dass die Privatklinik, in die ich mit eigener Beleghebamme und eigenem Arzt „einzog“, eine Kaiserschnitt-Quote von rund 40% hat, ich wäre wohl nicht dorthin gegangen.

Erst im Zuge der Recherche für „Luxus Privatgeburt“ durchforste ich die Statistik für die außerklinische Geburtshilfe1 und stelle fest, dass in den Jahren 2000 bis 2004 durchschnittlich nur rund 9,1% der Erstgebärenden mit begonnenen Haus- oder Geburtshausgeburten und nur rund 1,6% der Mehrgebärenden nach der Verlegung in die Klinik eine Sectio erhalten haben. Wenn man bedenkt, dass in Deutschland, Österreich und der Schweiz die Sectio-Frequenz in Kliniken mit der niedrigsten Kaiserschnitt-Quote immer noch bei rund 15% liegt und durchschnittlich rund 25% aller Klinikgeburten in einer Sectio enden (Ausschläge vor allem in Privatkliniken nach oben „offen“), so spricht allein die Sicherheit vor dem Schnitt für eine Hausgeburt.

Viele kennen mein Buch „Der Kaiserschnitt hat kein Gesicht“, und als ich damals wenige Wochen nach Erscheinen der Erstausgabe die E-Mail einer Hebamme namens Martina Eirich bekam, staunte ich nicht schlecht. Die erwähnte Hebamme sprach nämlich tatsächlich davon, dass es schade sei, dass in meinem Buch auf die Hausgeburt und insbesondere auch auf die Möglichkeit der Hausgeburt bei Status post sectionem nicht näher eingegangen wurde.

Hausgeburt? Was meinte sie damit? So dachte ich damals und legte ihr Schreiben innerlich ad acta. Doch ich war inzwischen selber zum zweiten Mal schwanger geworden, und als Martina mir eines Tages per E-Mail überschwänglich von der phantastischen Hausgeburt ihres vierten Kindes erzählte (und zwar am Tag nach der Geburt, was auf einen guten Allgemeinzustand der Mutter hindeutete!), als sie in aller Ausführlichkeit ausbreitete, wie die heimische Atmosphäre zum Rundum-Gelingen ihrer vollkommen verletzungsfreien Geburt beigetragen hatte – da war ich, ganz ehrlich, neidisch auf sie. So eine Geburt, das wäre schon was. Eine richtige Geburt eben, nicht eine Operation, bei der mir im Dämmerzustand mein Kind entrissen würde.

Der Neid ging sogar so weit, dass ich versuchte, Martinas Berichte aus meinen Gedanken zu verbannen. Denn eigentlich hatte ich mir auch schon für meine erste, verpfuschte Krankenhaus-Bauchschnitt-Geburt in Wirklichkeit eine Geburt in unserem dunklen Badezimmer gewünscht. Doch die Hausgeburtshebamme, die ich damals anrief, ging mehrfach nicht ans Telefon, und so traf ich eben jene verpasste Hausgeburtshebamme das erste Mal erst Monate später auf dem Podium, als sie als Vertreterin der Hebammenzunft bei einer Diskussion über den Kaiserschnitt neben mir Platz nahm.

Mein Bäuchlein war zu dieser Zeit schon recht proper – und ich habe es wohl dem Neid auf Martina zu verdanken, dass ich mich kurz nach Martinas Traumgeburt auf die Suche nach einer Hebamme machte, die mich auch in meinem misslichen Zustand nach Kaiserschnitt zuhause begleiten würde.

Als in Österreich lebende Schwangere stellte sich die Suche nach einer kompetenten Hausgeburtshebamme nicht gerade einfach dar, und da ich in Salzburg und Umgebung nicht fündig wurde, engagierte ich nach genauen Recherchen zwei Hebammen aus Deutschland, die für mich da sein würden. Eine aus dem grenznahen Raum – und meine „Hebammenschwester“ Anna aus der Nähe von Dortmund. Anna, die übrigens die Mehrzahl der Zwillingsmütter aus „Luxus Privatgeburt“ zuhause begleitet hat, durfte ich im Rahmen der Korrekturarbeiten am Kaiserschnitt-Fotobuch kennenlernen. Bereits recht früh in der Schwangerschaft vereinbarten wir, dass sie etwa zwei Wochen vor dem errechneten Termin bei mir einziehen würde und wir so das Baby in Ruhe gemeinsam ausbrüten könnten.

Als die Geburt zur Weihnachtszeit dann bevorstand und Anna längst bei mir war, konnte auch im Zustand nach Kaiserschnitt alles nur noch bestens laufen. Und nun, etliche Zeit danach, bin ich noch immer erfüllt von Dankbarkeit und Demut – und habe gemeinsam mit einer gewissen Martina Eirich dieses wundervolle Buch gestaltet...

Caroline Oblasser

 

1 Christine Loytved, Paul Wenzlaff: Außerklinische Geburt in Deutschland, German Out-Of-Hospital Birth Study 2000-2004. Verlag Hans Huber, 2007.

 

Intime Einblicke in „Luxus Privatgeburt“

 

 

 

Luxus

Privatgeburt

Aller Anfang

Als wir im November 2008 kurzerhand beschlossen, ein Buch zum Thema Hausgeburt zu machen, schrieben wir in unser Konzept die Zielvereinbarung erst mit 30, dann mit 50 Müttern, die (unter anderem) zuhause geboren haben. Wir konnten ja nicht ahnen, dass ein halbes Jahr später rund neun Mal so viele, nämlich 268 überwiegend begeisterte Mütter ein Teil dieses Werkes sein würden.

Unser Buch sollte etwas sein, das aller Welt zeigt, wie mannigfaltig und unverwechselbar jede einzelne der individuell begangenen Hausgeburten ist.

Es sollte sich aber auch gezielt abgrenzen vom Glauben daran, die Hausgeburt wäre lediglich für „Ökos“, die in Zeltstädten hausen und zwischen dem Holzhacken und dem Schweinehüten ihre Kinder auf schmutzigen Lammfellen zwischen Schutt und Asche gebären.

Der Aufruf

Über das Internet, über Zeitschriften, Zeitungen und natürlich über intensive Mundpropaganda riefen wir unser Vorhaben in die Welt hinaus. Die Teilnahmebedingungen, die von jeder Teilnehmerin unterschrieben wurden, enthielten folgende Projektbeschreibung:

Heutzutage werden Mütter von den Massenmedien oftmals als regelrechte Klinikgeburt- bzw. Kaiserschnitt-Konsumentinnen dargestellt. Doch fernab der klinischen Geburtshilfe gibt es auch Frauen, die aus Überzeugung zu Hause in den eigenen vier Wänden gebären. Gemeinsam mit ihrer Hebamme, dem Partner, den Kindern, Freunden, Verwandten, ...

Leider erfährt man von diesen Geburtserlebnissen nur sehr selten über die Medien. Dies liegt vor allem auch daran, dass Hausgeburten meist ungestört verlaufen, in intimer Atmosphäre – und gar nicht erst an die Öffentlichkeit gelangen. Daher scheint es für den uninformierten Beobachter so, als gäbe es die private Geburt zu Hause gar nicht mehr.

Doch wir wissen, dass dem nicht so ist! Gemeinsam mit ca. 50 Müttern, die sich an unserem Buchprojekt beteiligen, wollen wir der Geburt im vertrauten Heim bildhaft Ausdruck verleihen. Die uns zur Verfügung gestellten Fotos (Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett, Zeit danach) werden ergänzt durch die individuellen Geburtsberichte / Geburtserinnerungen der Frauen bzw. durch Interviews der Teilnehmerinnen mit Hebamme und Journalistin Martina Eirich.

Schon bald quollen bei uns das E-Mail-Programm und auch der Verlagspostkasten über und wir merkten, dass jede Geschichte einzigartig war.1

Die vielen aussagekräftigen Foto-Doppelseiten, die wir in reger Absprache mit den Müttern für dieses Buch angefertigt haben, enthalten demnach auch zumeist Bildmaterial, das nicht von Profis gemacht wurde. Es stammt teils sogar aus Handy-Fotos (T026, S. →) oder vergilbten Urwald-Bildern (T201, S. →). Doch genau die ungeschönte Abbildung der Realität macht dieses Buch so authentisch.

In privato – zu Hause

Auf dem Weg zur gesellschaftlich anerkannten Geburtsform, die nicht nur eine günstige und gesunde Alternative zur artifiziellen Krankenhausgeburt ist, sondern viel mehr als das, nämlich die einzig ursprüngliche Form der Geburt, berieten wir über den geeigneten Namen für unser wichtiges Buch.

Und sehr rasch war uns klar, dass wir unserem besonderen Werk auch einen besonderen Titel geben würden. Einen, den man sich merkt, weil er außergewöhnlich ist. Einen, der gewissermaßen die Lichtgestalt der Hausgeburt aktiv unterstreichen und ein kurzes und doch so wichtiges Wort wieder in seine Ursprünglichkeit überführen würde.

Wir nannten unser Buch deshalb nicht etwa „Wundervolle Hausgeburt“ oder „Wie man zuhause Kinder bekommt“, sondern wir gaben ihm den Namen

Luxus Privatgeburt

Das lateinische Wörterbuch vermerkt unter dem Stichwort „in privato“ die Übersetzung „zu Hause“.2 Die „Privatgeburt“ ist also die wörtliche Rückübersetzung der „Hausgeburt“, einer Geburt, die im vertrauten Umfeld stattfindet und nicht durch die Beliebigkeit fremder Besucher und an der Tagesordnung stehender Interventionen aus dem Takt gebracht wird.

Nur dort und nirgendwo sonst

Die Gründe, warum Frauen zuhause und nirgendwo sonst gebären wollen, sind vielfältig. Teils sind es schlechte Erfahrungen aus vorangegangenen Krankenhausgeburten, die eine Mutter zum Umschwenken veranlassen.

Teils ist es eine gewisse Geburtstradition innerhalb der Familie (was jedoch leider viel zu selten vorkommt).

Häufig ist es das Gefühl, zuhause selber den Ton angeben zu können und sich niemandem unterstellen zu müssen – zumal die Geburt eine Grenzerfahrung für jede Frau ist und die Wehen in ihrer Heftigkeit den Stolz und somit auch die Entscheidungsfreudigkeit seitens der Frau brechen können.

Kerstin etwa beschreibt es wie folgt:

Ich hatte bereits Erfahrungen mit dem Krankenhaus. Man hat mir zu wenig Zeit gelassen, alles musste streng nach Plan laufen, ich war dort nur Gast und musste mich dem dortigen Alltag unterwerfen. Ich hörte, dies sei bei einer Hausgeburt anders. Klar, dort ist die Hebamme Gast. Ich wollte selbstbestimmt gebären. (T194, S. →)

Wer zur falschen Zeit am falschen Ort ist, bei dem ist es mit der Selbstbestimmtheit eventuell rasch vorbei. Vor allem dann, wenn der vielerorts als Allheilmittel geglaubte Operationssaal nur ein paar Schritte entfernt ist und eine Sectio derzeit auch aus forensischer Sicht die Geburt für den Geburtshelfer „sanft“ ausklingen lässt.

Ein Geburtsverlauf mit sehr guten Folgen

Ob in der Regentonne (wie etwa T171 auf S. →), auf der Matte oder im Stehen, ob im Hocken, über dem Gymnastikball hängend oder an den Partner geklammert: Hausgeburten sind so unterschiedlich wie ihre Mütter und lassen sich nicht über einen Kamm scheren.

Deshalb reicht es auch nicht aus, einige wenige Geburten stellvertretend für das Phänomen der Hausgeburt zu zeigen, sondern es braucht schon eine Übersicht wie in „Luxus Privatgeburt“, um den Nichtwissenden das Wunder der heimischen Geburt schmackhaft zu machen.

Obgleich etliche der in diesem Buch vorgestellten Geburten alles andere als einfach und schon gar nicht schmerzfrei waren, ist sich die überwältigende Mehrheit unserer Mütter darin einig, dass die Geburtserfahrung in den eigenen vier Wänden eine

„sehr gute“

Erfahrung war.

Rund 95% (!) der von uns befragten Mütter geben die Bestnote „sehr gut“ auf ihre Hausgeburt(en).3

Jene Mütter, die nicht ganz so zufrieden sind, haben meist einen triftigen Grund dafür. Zum Beispiel, weil die Hausgeburt zwar mit Hebammenbeistand, aber „versehentlich“ stattfand und eigentlich nicht als solche geplant war, weil das Kind sehr schwer war, weil die Hebamme zu spät kam und die Geburt in einer ungewollten Alleingeburt endete – oder aber weil die Hausgeburt verlegt werden musste und im Krankenhaus in einer Sectio endete.

Berufe unserer Hausgeburtsmütter

Etliche der von uns befragten Mütter hatten das ein oder andere mangelhafte Geburtserlebnis durchschritten, bevor sie sich an die Planung ihrer Hausgeburt machten und im Anschluss zu unserem Projekt dazustießen.

Mit 40 Teilnehmerinnen (14,9%) waren es zuallererst die Hebammen, die – obwohl oft selbst im Krankenhaus angestellt – als „Profis“ genau wissen, wo man seine Kinder am besten ungestört bekommt.

Nach Auswertung aller Anmeldungen haben wir die zehn häufigsten Berufe unserer Hausgeburtsmütter vorliegen. Diese sind (Häufigkeit absteigend):

  1.  Hebamme (40; 14,9%)
  2.  Hausfrau (16; 6,0%)
  3.  Angestellte (12; 4,5%)
  4.  Krankenschwester (11; 4,1%)
  5.  Mutter (10; 3,7%)
  6.  Doula (9; 3,4%)
  7.  Lehrerin (8; 3,0%)
  8.  Physiotherapeutin (8; 3,0%)
  9.  Studentin (8; 3,0%)
  10.  Ärztin (6; 2,2%)

Die „Hausfrau“ nur an zweiter, die „Mutter“ nur an fünfter Stelle? Ja, wenn es nach den wörtlichen Nennungen unserer Teilnehmerinnen geht. Denn auch Hausgeburtsfrauen gehen neben ihrer vollen Verantwortung als Hausfrau und Mutter den verschiedensten Berufen nach und sehen die Hausfrau und Mutter in sich als so selbstverständlich an, dass sie keiner besonderen Erwähnung bedarf.

Um sich einen umfassenden Eindruck davon zu verschaffen, welchen teils außergewöhnlichen Tätigkeiten unsere 268 Mütter zum Zeitpunkt der Befragung nachgehen, möchten wir nachfolgend sämtliche der von den Teilnehmerinnen genannten Berufe abdrucken. Diese alphabetisch sortierte Liste zeigt, dass die Hausgeburt prinzipiell für jede Frau geeignet ist. Von der AHS-Lehrerin bis zur Zahntechnikerin sind über 150 unterschiedliche Berufsgruppen in „Luxus Privatgeburt“ vertreten:

AHS-Lehrerin

Altenpflegerin

Anästhesistin

Angestellte

Apothekerin

Arzthelferin

Ärztin

Assistentin

Astrologin

Astrophysikerin

Auszubildende

Babymassagekursleiterin

Bäckerin

Bankkauffrau

Bauzeichnerin

Beamtin

Bild-/Filmnachbearbeiterin

Biologie-Studentin

Biomedical Scientist

Buchbinderin

Buchhalterin

Bürogehilfin

Bürokauffrau

Coach

Comedian

Counselorin

Cutterin

Damenschneiderin Designerin

Diplom-Betriebswirtin

Diplom-Designer

Diplom-Finanzwirtin

Diplom-Gebärdensprachendolmetscherin

Diplomkrankenschwester

Diplom-Pädagogin

Diplom-Pflegepädagogin

Dolmetscherin

Doula

Druckerei

Einzelhandelskauffrau

Elternbildnerin

Elternzeit

Englischlehrerin

Entwicklungsberaterin

Ergotherapeutin

Erzieherin

Ethnologie

Familienbegleiterin

Familiencoach

Familienfrau

Familienunternehmen

Fernuni-Dozentin

Filmemacherin

Finanzwirtin

Floristin

Flugbegleiterin

Fotografin

Fotolaborantin

Freelancer

Freiberuflerin

Freies Unternehmertum

Friseurin

Frühförderin

Geburtsvorbereiterin

Geographin

Geschäftsführerin

GfG-Geburtsvorbereiterin

Grafikerin

Gutachterin

Hausfrau

Hausgeburtshebamme

Hauswirtschafterin

Hebamme

Hebammenschülerin

Heilerin

Heilpraktikerin

Heimerzieherin

Hôtelière-Restauratrice

Immobilienkauffrau

Industriefachwirtin

Industriekauffrau

Informatikerin

Innenarchitektin

Journalistin

Kauffrau

Kindergartenpädagogin

Kindergärtnerin

Kinderkrankenschwester

Kinderpflegerin

Kinesiologin

Klangtherapeutin

Köchin

Kommunikationstrainerin

Körpertherapeutin

Kosmetikerin

Krankengymnastin

Krankenschwester

Kräuterpädagogin

Künstlerin

Kunstpädagogin

Lacklaborantin

Landschaftsökologie

Landschaftsplanerin

Landwirtin

Lehrerin

Leiterin einer Beratungsstelle

Leiterin eines Eltern-Kind-Zentrum Lebensraums

Lernbetreuerin

LLL-Stillberaterin

Mama

Marketing

Marktforschung

Medienwissenschaft

Medizinstudium

Montessoripädagogin

MTF (Medizinisch-technische Fachkraft)

Musikerin

Mutter

Notärztin

Online-Händlerin

Pädagogin

Pensionistin

Personal-Recruiterin

Personal-Sachbearbeiterin

Pflegedienstleitung

Pflegefachfrau

Phonetikerin

Physiotherapeutin

Pilatestrainerin

Polizeibeamtin

Postangestellte

Praxisassistentin

Pressereferentin

Primarlehrerin

Professorin

Psychologin

Rechtsanwaltsfachangestellte

Reiseverkehrsfrau

Relocation Consultant

Rentnerin

Restauratorin

Sachbearbeiterin

Sängerin

Säuglingspflegerin

Schauspielerin

Schwangerschaftsberatungsstelle

Sekretärin

Selbstständig

Shiatsupraktikerin

Sonderschullehrerin

Sozialarbeiterin

Sozialberaterin

Sozialpädagogin

Sozialwirtschafterin

Soziologin

Sparkassenangestellte

Spielgruppenleiterin

Sprachwissenschaftlerin

Steuerfachangestellte

Stewardess

Stillberaterin

Stimmpädagogin

Studentin

Tagesmutter

Tanzlehrerin

Teamassistentin

Technische Übersetzerin

Technische Zeichnerin

Textilmustergestalterin

Theaterpädagogin

Therapeutin

Trageberaterin

Trainerin

Übersetzerin

Unternehmensanwältin

Veranstaltungskauffrau

Verkehrsfachwirt

Versicherungsfachwirt

Versicherungskauffrau

Veterinärmedizin-Studentin

Volksschul-Lehrerin

Vollzeitmutter

Werbedesignerin

Werbeassistentin

Werbebranche

Wissensvermittlung

Yogalehrerin

Zahnarztassistentin

Zahntechnikerin

Statistik unserer Mütter: Alter

An „Luxus Privatgeburt“ haben sich im Zeitraum Anfang November 2008 bis Ende April 2009 insgesamt 268 Mütter im Alter von 19 bis 89 Jahren beteiligt. Das mittlere Alter lag bei 34 Jahren.

Bei der Hausgeburt des ersten Kindes war die jüngste Mutter 19 Jahre (T277, S. →) und die älteste Mutter 48 Jahre alt (T184, S. →).

Familienstand

Die meisten unserer Mütter, nämlich 200 (74,6%), sind zum Zeitpunkt der Projektteilnahme verheiratet, 49 (18,3%) leben in fester Partnerschaft, 9 (3,4%) sind ledig, 7 (2,6%) sind geschieden und 1 (0,4%) ist verwitwet. 2 Teilnehmerinnen (0,7%) gaben bei der Frage nach der Partnerschaft „sonstiges“ an.

Herkunft

153 und somit über die Hälfte unserer Mütter (57,1%) wohnen in Deutschland, am zweitstärksten sind Frauen aus Österreich (68 bzw. 25,4%) vertreten, auf dem dritten Platz Mütter, die in der Schweiz ihren Lebensmittelpunkt haben (29 bzw. 10,8%).

Außerdem haben wir 8 Teilnehmerinnen (3,0%) aus Spanien, je 2 (0,7%) aus Großbritannien bzw. Kanada sowie je 1 Teilnehmerin (0,4%) aus Italien, den Niederlanden, den USA, China, Südafrika und Brasilien.

Schulbildung

Was die Schulbildung der Mütter aus „Luxus Privatgeburt“ angeht, so besitzen fast zwei Drittel der Teilnehmerinnen (171 bzw. 63,8%) mindestens Matura-Niveau (Abitur) und mit 105 Teilnehmerinnen (39,2%) ist die Gruppe der studierten Frauen am stärksten vertreten.

41 Frauen (15,3%) haben eine berufsbildende mittlere Schule abgeschlossen, 37 Frauen (13,8%) eine Lehre. Nur 7 Frauen (2,6%) haben lediglich einen Pflichtschulabschluss. Es sind dies teils ältere Teilnehmerinnen und teils Mütter, die Kreativberufe (z.B. Schauspielerin) ausüben, also nicht den klassischen Ausbildungsweg gewählt haben.

Anzahl der Kinder

Unsere 268 Mütter haben insgesamt 648 Kinder geboren, wovon 443 und somit über zwei Drittel (68,4%) zuhause zur Welt kamen. 130 Frauen (48,5%) haben bislang nur zuhause geboren und kein klinisches Geburtserlebnis.

Im Durchschnitt haben unsere Hausgeburtsmütter je 2,4 Kinder geboren (Median: 2). Dies liegt deutlich über dem allgemeinen Schnitt, der in Deutschland im Jahr 2007 bei rund 1,33 Kindern pro Frau (Quelle: destatis.de), in Österreich bei rund 1,40 Kindern pro Frau (Quelle: statistik.at) und in der Schweiz bei rund 1,46 Kindern pro Frau (Quelle: statistik.admin.ch) lag.4 3 unserer Mütter haben sogar 7 Kinder, eine davon Zwillinge. Eine weitere Mutter ist gerade mit dem 7. Kind schwanger.

Anzahl der Hausgeburten

Die Mehrheit, nämlich 150 Mütter (56,0%), hatte zum Zeitpunkt der Projektteilnahme genau 1 Hausgeburt, 69 Mütter (25,7%) hatten 2 Hausgeburten, 25 Mütter (9,3%) hatten 3 Hausgeburten, 9 Mütter (3,4%) hatten 4 Hausgeburten, 6 Mütter (2,2%) hatten 5 Hausgeburten und 2 Mütter (0,7%) hatten 6 Hausgeburten.

Im Durchschnitt hatten unsere Mütter je 1,6 Hausgeburten. Bei durchschnittlich 2,4 Kindern pro Mutter bedeutet dies, dass viele Frauen auch außerheimische Gebärerlebnisse vorweisen können. Zumeist ging in diesem Fall einer gelungenen Hausgeburt eine eher unglückliche Klinikgeburt voraus. Nur in wenigen Fällen gingen Frauen mit Hausgeburtserfahrung bei weiteren Kindern zum Gebären (zurück) in die Klinik, zum Beispiel, weil das Kind in Beckenendlage lag (T228, S. →) oder weil die Mutter Zwillinge erwartete (T227, S. →).

Zwillingsgeburten

7 unserer Mütter (2,6%) haben Zwillinge geboren. Bis auf ein Zwillingspaar (ambulante Klinikgeburt) kamen alle Zwillinge zuhause zur Welt. Alle Zwillingsmütter haben ihr Geburtserlebnis mit „sehr gut“ bewertet.

Operative Geburten („Kaiserschnitt“)

23 unserer Mütter (8,6%) hatten eine oder zwei operative Geburten („Kaiserschnitt“) zum Zeitpunkt der Teilnahme an „Luxus Privatgeburt“ hinter sich.

17 Frauen (6,3%) hatten eine Sectio, 6 Frauen (2,2%) hatten zwei Sectiones, teils nach verlegten Hausgeburten.

Gesamt wurden somit 29 Kinder durch Sectio entbunden. Dies ergibt bei der Grundgesamtheit von 648 Kindern für dieses Buch eine rechnerische Quote von lediglich 4,5% Sectio-Kindern.

Begonnene Hausgeburten

7 unserer 268 Mütter (2,6%) haben am Buch teilgenommen, obwohl sie bislang keine Geburt zu Hause vollendet haben. Die Hausgeburt war zwar geplant gewesen, wurde jedoch aus verschiedenen Gründen verlegt. 3 dieser Mütter konnten nach dem Transfer ins Krankenhaus spontan gebären, 4 Mütter wurden operativ entbunden („Kaiserschnitt“).

Verletzungen der Mutter

Manchmal kam im Interview die Sprache auf eine Schürfwunde oder eine leichtere Blessur des Dammes. Wirklich große, versorgungspflichtige Dammverletzungen gab es wenige, und wenn ja, dann haben unsere Mütter diese fast immer in der Klinik bzw. im Geburtshaus erlitten.

Warum die eine Frau komplett unversehrt aus der Geburt geht und eine andere relativ leicht „reißt“, ist im Vorfeld schwer zu sagen. Generell gilt wohl, dass während der Schwangerschaft die Massage des Dammes und die Beschäftigung damit keinesfalls schaden kann.

Allerdings haben uns die zahlreichen Berichte unserer Mütter, die keinerlei Vorbereitungen durchlaufen haben, auch gezeigt, dass der weibliche Körper prinzipiell auf eine verletzungsfreie Geburt eingestellt ist, auch wenn vor der Geburt nichts massiert, kein Himbeerblättertee getrunken und keine Akupunktur betrieben wird.

Das Wichtigste ist für die Frau eine entspannte und sichere Atmosphäre, dann nimmt sie zur Geburt automatisch eine Position ein, die geburtserleichternd und dammschonend wirkt.

Gesundheit der Kinder zuhause und Gefahrenpool Krankenhaus

Eine Hausgeburt bereitet das Kind optimal auf sein späteres Leben außerhalb des mütterlichen Körpers vor. Denn nicht nur der natürliche Geburtsstress ist von der Natur so gewollt und hat durchaus seinen Sinn (z. B. werden hierbei die Lungen gequetscht, um überflüssiges Fruchtwasser herauszupressen), auch die Landeposition des Kindes im heimischen Keim-Milieu bedeutet pure Sicherheit und Schutz vor heimtückischen Ansteckungen.

Besonders gefährlich sind in der Klinik die sogenannten „Superbakterien“ wie der multiresistente Staphylococcus aureus (MRSA). Was kaum eine Schwangere weiß, die sich für eine Klinikgeburt entscheidet: Etliche der Krankenhauskeime sind mit herkömmlichen Antibiotika nicht mehr zu bekämpfen. Laut einer Meldung der Deutschen Presseagentur litten darüber hinaus „rund vier Prozent der Patienten in Kliniken an dort erworbenen Infektionen.“ (Quelle: stern.de, 20. September 2007)

Weil besonders für Kinder die multiresistenten Keime eine Bedrohung darstellen, hat Dr. Klaus-Dieter Zastrow von der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene in der Zeitschrift „Eltern“ (Ausgabe 2/2009) explizit darauf hingewiesen, dass MRSA-Bakterien auf der Haut oder in der Nase zwar ungefährlich sind, „eingedrungen in eine Wunde oder die Lunge aber können sie schwere Infektionen auslösen, gerade auch bei kleinen Kindern, deren Immunsystem noch nicht so gut entwickelt ist“. Kinder sollten daher zum Beispiel beim Besuch der Oma im Krankenhaus „lieber zu Hause gelassen werden“, so Dr. Zastrow.

Auch Neugeborene sind Kinder, sogar sehr kleine und schutzbedürftige. Diverse Meldungen über Keime in Neugeborenen-Intensivstationen (teils mit Todesfolge für die dort stationierten Säuglinge) lassen aufhorchen, dass ein Krankenhaus eben kein Ort mit häuslichem Keimspektrum ist, sondern ein Ort, wo sich gefährliche Keime eventuell unbemerkt versteckt halten und in denkbar ungünstigen Lebenssituationen ihre schädigende Wirkung entfalten.

Angeblich schmerzfreier Kaiserschnitt und tatsächlich gute Geburt

Während Medien(vertreter) sich manchmal dazu hinreißen lassen, gefährliche Marketingfloskeln zum Kaiserschnitt zu propagieren und diese schwere Bauchoperation dann auch noch als „möglichst ähnlich einer Vaginalentbindung“ beschreiben (FORMAT, Nr. 18/09, Seite 59), wissen Hausgeburtsmütter ganz klar um die Vorzüge der interventionsfreien heimischen Geburt.

Zuhause sind Mutter und Kind von Anfang an gut aufgehoben, und zur intimen Atmosphäre kommt der Luxus der privaten Betreuung durch die eigene Hebamme.

Ein Traum von einer Geburt, könnte man sagen, den manche jedoch nur durch schicksalhaften Zufall erleben, wie etwa Katrin (T278, S. →). Wenig überraschend ist hingegen, dass sie sich – wie fast alle unserer Hausgeburtsmütter – bei einem weiteren Kind wieder eine Hausgeburt vorstellen kann. Dann allerdings von vornherein gut geplant und nicht „aus Versehen“ in Form einer Notfallhausgeburt, wie dies bei ihrer ersten Geburt der Fall war.

Traditionelle Hausgeburt: Wer mit wem?

Im Buch „Luxus Privatgeburt“ gibt es einige Familien, in denen die Hausgeburt Tradition hat. Hier wird nicht nur der leckere Kuchen nach Omas Überlieferung gebacken, sondern es wird auch das wertvolle Rezept zur heimeligen Geburt als Familienschatz bewahrt.

Folgende Verwandtschaftsverhältnisse tauchen auf:

Vielleicht wird „Luxus Privatgeburt“ auch dazu beitragen, dass Großmütter, Mütter, Töchter und alle anderen Familienmitglieder wieder über die Geburt in den eigenen vier Wänden sprechen und dass diese ursprünglichste Form des Kinderkriegens langfristig gesehen eine wahre Renaissance erfährt.

Luxus Privatgeburt – Selbstbestimmte Geburt in Geborgenheit und Würde

Unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer bestätigen das, was wir in der Tiefe unseres Herzens immer schon geahnt haben: Eine Geburt zuhause ist durch nichts zu übertreffen. Denn kein wie auch immer gearteter High-Tech-Apparat mit einer vermeintlich noch so hohen Sicherheit kann das eigene Bett, das eigene Wohnzimmer und das Gefühl, wirklich daheim zu sein, ersetzen. Jenes Gefühl, das uns Frauen die für eine Geburt erforderliche Ursprünglichkeit gibt und uns anleitet, unsere Kinder voller Freude aus eigener Kraft zu gebären.

„Selbstbestimmte Geburt, Geborgenheit, Würde, Intimität, Ruhe“ – das sind einige Begriffe aus „Luxus Privatgeburt“, die von unseren Müttern bei der Frage nach der spontanen Erinnerung an die Hausgeburt immer wieder genannt wurden. So häufig, dass man fast glauben könnte, die Mütter hätten voneinander abgeschrieben – was natürlich nicht der Fall war.

Rezept für die perfekte Hausgeburt

Was aber kennzeichnet die „perfekte“ Hausgeburt, wenn es nun darum gehen würde, quasi den Prototyp dafür zu entwickeln und ein für alle Frauen dieser Welt anwendbares Rezept zu stricken?

Die Antwort ist: Der Königsweg existiert nicht, jede Frau wird ihr eigenes Muster finden, ihren eigenen Rhythmus. Jede wird ihre eigenen Vorlieben entwickeln und was der einen gefällt, muss der anderen noch lange nicht recht sein.

Während einige unserer Mütter die Geschwisterkinder unter der Geburt mit dabei haben und diese teils sogar die Ankunft des neuen Geschwisterchens kritisch inspizieren (siehe z.B. T151, S. →), verwenden andere Teilnehmerinnen an „Luxus Privatgeburt“ viel Sorgfalt darauf, einen Babysitter zu organisieren, um bei der Hausgeburt nur ja nicht gestört zu werden.

Ein anderes Beispiel ist neben der Anwesenheit der Kinder das Beisein des Partners unter der Geburt. Nicht jede Frau fühlt sich automatisch wohl dabei, wenn sie der Partner während der Wehen im Geburtspool mit warmem Wasser übergießt und ein aktiver Teil bei der Geburtsbewältigung ist (siehe z.B. T254, S. →).

Eine andere Teilnehmerin beschreibt die Situation zu Hause mit dem Partner bzw. die Hausgeburt kurz und knapp wie folgt: „Männerfreundlich, da sie ‚Fluchtmöglichkeiten‘ haben.“ (T042, S. →).

Hebamme ist nicht gleich Hebamme

Auch die richtige Hausgeburtshebamme will erst einmal gefunden sein, und auch hier gilt: Die universell einsetzbare Super-Hebamme existiert schlichtweg nicht. Und zwar nicht deshalb, weil es keine exzellenten Meisterinnen ihrer Kunst gäbe. Nein, vielmehr aus dem Grund, weil nicht jede mit jeder kann – und andersrum.

Bei der Hebammensuche sollte sich eine Frau ganz auf ihre Intuition und ihr „erstes Gefühl“ verlassen. Wer sich schon zu Beginn eigentlich unwohl fühlt mit einer bestimmten Person, der sollte sich nicht dazu zwingen, diese Person in einer der exponiertesten Phasen des weiblichen Seins, nämlich unter der Geburt, als Beschützerin dabei zu haben.

Natürlich ist zum Beispiel die Empfehlung der besten Freundin bei der Suche nach der Hausgeburtshebamme eventuell von Vorteil – aber, ganz ehrlich: Hatte die beste Freundin überhaupt eine Hausgeburt oder war sie nicht vielleicht in der Klinik und bekam dort einen ungewollten Kaiserschnitt?

Die Hausgeburtshebamme

Wirklich gute Hausgeburtshebammen sind rar. Man findet sie nicht an jeder Ecke und sie sind, im Gegensatz zu beispielsweise den Gynäkologen, Frauen in der Regel weniger geläufig, weil erst nach Eintritt einer Schwangerschaft nach einer Hebamme gesucht wird.

Eine Hausgeburtshebamme ist, wenn sie Schwangere betreut, immer im Dienst und daher oftmals unabkömmlich. Sie arbeitet – bis auf wenige Sprechstundentermine ausgenommen – dort, wo wir Frauen zuhause sind. Egal, ob Mittwochnachmittag um drei oder Sonntagfrüh um 2 Uhr nachts – die Hausgeburtshebamme ist für die von ihr betreuten Frauen da und wächst im Idealfall in die Familie hinein.

Einige unserer Mütter haben uns bei der Erinnerung an „ihre“ Hausgeburtshebamme von einem Gefühl berichtet, das an Verliebtheit grenzt. Und das ist wenig verwunderlich, denn die Hausgeburtshebamme ist ja schon Monate vor der Geburt und Wochen danach in einer Zeit starker hormoneller Schwankungen für die Frau und den Rest der Hausgeburtsfamilie da, um mit all ihrer Fürsorglichkeit, Herzlichkeit und ganz und gar nicht aufdringlich vermitteltem Fachwissen den perfekten „All-in-One-Geburtsservice“ zu bieten.

Die Rolle der Ärzte

Natürlich hat uns interessiert, wie die Ärztinnen und Ärzte bzw. Gynäkologinnen und Gynäkologen unserer Teilnehmerinnen auf das Vorhaben der Frau, die Geburt in den eigenen vier Wänden zu gestalten, reagiert haben.

Neben einigen vernünftigen Reaktionen – zum Beispiel, weil der betreuende Gynäkologe gut informiert war und wusste, wie in Holland Geburten üblicherweise ablaufen (siehe T096, S. →) – kamen auch kuriose Antworten, die teils einen recht beleidigenden Unterton aufweisen:

„Wir sind doch nicht im Urwald!“ (Hausarzt). Mein Frauenarzt zeigte sich neutral. (T057, S. →)

Mein Arzt wollte kurz vor der Geburt noch ein Ultraschallbild machen, das im Mutter-Kind-Pass nicht vorgesehen ist. Ich fragte ihn, wozu das nötig sei. Er meinte, um zu sehen, ob genug Fruchtwasser da ist. Das Kind war bereits in der richtigen Lage und mir ging es bestens. Ich verweigerte den Ultraschall. Der Arzt meinte: „Aber die Herztöne hören wir schon ab.“ Ich: „Gut.“ – Als das Ungeborene dem Druck immer auswich, sagte der Arzt: „Das Kind ist schon genauso eigenwillig wie die Mutter!“ Ich fand diese Aussage eine ziemliche Frechheit. (T102, S. →)

Was kann der Weg sein, wenn der Gynäkologe des Vertrauens einer Hausgeburt massiven Widerstand entgegensetzt?

Der Wechsel des Arztes bietet hier in den meisten Fällen eine rasche und sorgenfreie Lösung. Oftmals berichten unsere Frauen auch darüber, dass sie die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und unter der Geburt gänzlich in die Hände der Hausgeburtshebamme gelegt haben und sehr gute Erfahrungen damit gemacht haben:

„... Sie sind verrückt!“ Ab dem dritten Kind hat die Hebamme die gesamte Vorsorge übernommen und so musste ich mich mit keinem Arzt auseinandersetzen. (T114, S. →)

Was tun bei Angst vor der Geburt?

Die „Angst vor der Geburt“ ist laut einer im Buch „Der Kaiserschnitt hat kein Gesicht“ (edition riedenburg 2008) veröffentlichten Expertenumfrage unter GeburtshelferInnen der Hauptgrund für eine medizinisch nicht indizierte Sectio. Mit anderen Worten: Das frühe Eingeständnis der Angst und die Aufarbeitung angstspezifischer Blockaden können unnötige Kaiserschnitte verhindern.

Sofern es eine Gebärtradition innerhalb der Familie gibt, werden eventuell die Großmutter oder die Mutter an die schwangere Tochter einschlägiges Wissen weitergeben, das zur Vermeidung von angsthysterischen Zuständen beiträgt. Sollte sich die Schwangere jedoch – wie übrigens die meisten Schwangeren in heutiger Zeit – in einem hausgeburtsfremden Umfeld bewegen, das selber zu Unsicherheit und Geburtspanik neigt, so ist es wenig sinnvoll, genau hier die Unterstützer des Vorhabens „Hausgeburt“ zu suchen.

Eine erfahrene Hausgeburtshebamme kann, das wissen wir aus den vielen Aussagen der von uns für dieses Buch befragten Frauen, nicht nur die Angst von der Schwangeren nehmen, sondern auch die des Partners bzw. des begleitenden Umfelds auf ein Minimum reduzieren. Oftmals reicht bereits das erste Kennenlerngespräch mit der Hebamme aus, um die bislang geäußerten Vorbehalte des Mannes in den Wind zu schießen und sich mit vereinter Kraft auf die große Herausforderung zu konzentrieren, die da Geburt lautet.

Eine angstvolle Geburt mündet häufiger in Komplikationen als eine Geburt, die mit dem ganzen Wissen um die natürlichen Kräfte der Frau vonstatten geht. Blockaden gleich welcher Art können Hausgeburtsfrauen nicht gebrauchen, und nachdem der ängstlich-skeptische Frauenarzt gewechselt wurde, kann es sogar sinnvoll sein, den eigenen Mann für die Dauer der Geburt bei den (manchmal ebenfalls ängstlichen) Schwiegereltern unterzustellen.

Nicht selten jedoch ist der Partner ebenso fest davon überzeugt, dass die Hausgeburt die beste aller möglichen Geburtsformen ist, und absolut felsenfest in seiner Entscheidung. Gemeinsam mit seiner Partnerin mutiert er nach der perfekt vorbereiteten und zuhause unspektakulär reibungslos verlaufenden Geburt bisweilen zum Geburts-Gladiatoren:

Es war für meinen Mann und mich von Anbeginn klar, dass wir unser Kind zu Hause in unserer eigenen, uns vertrauten, ganz persönlichen und intimen Atmosphäre empfangen. Fast das gesamte Umfeld reagierte mit Angst: „Und wenn etwas passiert?“. Später, nachdem „alles gut ging“, waren wir die Helden... (T049, S. →)

Malerfolie und Abdeckplane

Wenn es darum gehen würde, ein typisches Utensil der geplanten Hausgeburt zu zeigen, so wäre dies wohl die Malerabdeckfolie aus dem Baumarkt.

Es gibt glitschige und weniger glitschige Folien am Markt, besonders knittrig-dünne und etwas stabilweichere. Kuschelig ist jedoch keine von ihnen. Wer unsere Fotos genau betrachtet, wird hie und dort ein Stückchen Plastik hervorblitzen sehen, bisweilen unter einer Wolldecke versteckt, bisweilen als hauptsächliches Stil-Element auf dem Bild erkennbar (T105, S. →) – es könnte ja Flecken geben!!!

Diese Sorge ist bei einem nagelneuen Designer-Sofa um 15.000 Euro sicherlich nicht ganz von der Hand zu weisen. Wer jedoch seine Hausgeburt in einem normalen Umfeld mit kinderfreundlicher Atmosphäre haben wird, für den reichen gewöhnlich auch ein paar Einmalunterlagen aus – oder eben relativ wenig Abdeckplane.

Durst und Liebe stillen

„Ich habe mein Baby gestillt“, lautete ein Abschnitt unseres Fragebogens, und wir waren überwältigt von der Stillbegeisterung, die unsere Hausgeburtsmütter an den Tag legen.

Keine einzige unserer Mütter beantwortete die Frage nach dem Stillen abschlägig, und es ist natürlich und sonnenklar, dass eine Frau, die zuhause geboren hat, nicht mit unnötigen Gerätschaften hantieren möchte, um dem Wertvollsten in ihrem Leben aufgewärmte Fertignahrung aufzutischen.

Das Stillen nach einer Hausgeburt ist die direkte Fortsetzung der Liebesgeburt. Es ist in vielen Fällen problemlos möglich und erfüllt Mutter und Kind teils über Jahre mit ganz besonderer Freude und Zuneigung. Etliche unserer Mütter haben ihre größeren Kinder „tandemgestillt“ oder tun dies teils unmittelbar nach der Geburt, was auf wundervoll stimmungsvollen Fotos festgehalten ist.

Mitunter gibt es beim Stillen aber auch manche Herausforderungen zu meistern. Etwa dann, wenn die empfindlichen Brustwarzen schmerzhaft reagieren (Neugeborene saugen unglaublich stark an der Brust!), sich ein Milchstau bildet oder aber wenn zum Beispiel ein Kind mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte gestillt wird. Dass es auch hier auf die richtige, liebevolle Stillberatung und den natürlichen Start ins Leben ankommt, zeigt die berührende Geschichte von Inge (T143, S. →).

Das Wochenbett

Das Wochenbett bezeichnet die ersten 6 bis 8 Wochen nach der Geburt und ist inhaltlich in unserer schnelllebigen Zeit der Spaß- und Event-Gesellschaft weitgehend in Vergessenheit geraten. Immer öfter sieht man in den Massenmedien scheinbar supererfolgreiche Geschäftsfrauen, die (womöglich nach einer Sectio) schon wenige Tage nach der Geburt wieder „ihren Mann“ stehen und – freilich ohne Neugeborenes im Gepäck – diversen „Pflichten“ nachkommen.

Hausgeburtsfrauen wissen über die Annehmlichkeiten des Wochenbettes sehr viel besser Bescheid als Mütter, die im klinischen Umfeld geboren haben, aus dem sie entweder nach wenigen Stunden („ambulante Entbindung“) oder Tagen nach Hause „entlassen“ werden. Nachdem der Klinikkoffer für die Reise in das fremde Terrain gepackt worden und die eigene Leibesfrucht in keimbesiedelter Umgebung hervorgebracht wurde (übrigens bei Klinikgeburten in sehr vielen Fällen nach unterschiedlich massiven Interventionen), geht es zurück in ein Zuhause, das den neuen Erdenbürger erst als fremden Gast entdecken muss. „Bringen Sie Ihrem Hund aus der Klinik eine volle Windel mit, damit er sich an den Geruch des Babys gewöhnen kann“, liest man immer wieder bei den „Tipps und Tricks für neue Eltern“.

Hausgeburtsmütter haben das Privileg, dass sich keines der zwei- oder mehrbeinigen Familienmitglieder anhand von Ausscheidungen an die veränderte Situation anpassen muss. Hausgeburten finden nämlich dort statt, wo die ganze Familie daheim ist. Und in diesem familiären Kokon kann sich die Mutter auf das Neugeborene, kann sich die Familie ganz sachte auf die insgesamt veränderte Situation einstellen.

So bringt Christine (T148, S. →) ihr heimisches Wochenbett auf den Punkt, wenn sie schreibt:

Entspannt, leckere Hühnersuppe von meinem Mann gekocht, kein Besuch, Ruhe.

Luxus Privatgeburt: Authentische Informationen aus erster Hand

So gut wie alle unsere Hausgeburtsmütter würden wieder zuhause gebären wollen. (Einige unverrückbare Umstände wie zum Beispiel die Menopause halten jedoch manche davon ab.) Viele unserer Mütter kommen aus klinischen Geburtserfahrungen, die sie ehemals nicht zufrieden gestellt haben. Die sie vielmehr oftmals unnötig verletzt, verunsichert und geschwächt haben.

Eine Hausgeburt, die glücklich verläuft, ist das Nonplusultra. Es geht nicht besser, und dieser Tatsache sollten sich alle Frauen bewusst sein, die eine Klinikgeburt anpeilen.

Auf den zahlreichen Foto-Doppelseiten offenbaren unsere Mütter, wie sie „das mit der Hausgeburt“ angestellt haben. Und sie geben vielerorts ein Testurteil ab über die anderen, von ihnen – teils unfreiwillig – probierten Geburtsvarianten (wie etwa Dagmar, T175, auf S. →).

Unsere Mütter werden von uns nicht bewertet nach ihren Gebärerlebnissen, sondern sie reihen sich nach der Anzahl ihrer Hausgeburten und nach dem Alter – also rein zufällig, von der Jüngsten bis zur Ältesten. Alle Foto-Doppelseiten wurden von unseren Müttern vor der Drucklegung dieses Buches schriftlich freigegeben, keine der Aussagen wird ohne Erlaubnis von uns verwendet.

Dies ist wichtig für unsere Leserinnen und Leser, um die Authentizität der Beiträge zu bewerten.

Natürlich erfolgte auch die Auswahl der – übrigens unretuschierten! – Fotos in Absprache mit den jeweiligen Müttern und Familien. Hierbei war uns wichtig, dass „Luxus Privatgeburt“ ein Buch für alle Altersgruppen ist. Die zurückhaltende Schwarzweiß-Darstellung unterstützt uns in dem Ziel, das große Ereignis der menschlichen Geburt auf das Wesentliche zu reduzieren.

 

1 Einige Teilnehmerinnen-Nummern wurden im Vorfeld vergeben, obwohl dann keine unterschriebene Anmeldung eintraf, daher reichen die T-Nummern über T268 hinaus.

2 Stowasser, lateinisch-deutsches Schulwörterbuch, Verlag Hölder-Pichler-Tempsky, Wien 1998.

3 Die Antwortmöglichkeiten waren „sehr schlecht“, „eher schlecht“, „eher gut“ und „sehr gut“.