Ich kann dich verdammt gut

riechen


 

 

Für Mutti

 

Kapitel 1

Der unheilvolle Müll

Die Tram

Die Modenschau

Kapitel 2

Die Intervention

Der Mädelsabend

Kapitel 3

Die Mitbewohner-

castings

Kapitel 4

Das Frühstück

Bei Ikea

Das Uniprojekt

Kapitel 5

Die Einladung

Die Poolparty

Der Kater

Der Herbstputz

Kapitel 6

Die Küken

Der Muskelkater

Kapitel 7

Der Kinobesuch

Candy Crush

Die Ohnmacht

Kapitel 8

Der Zeichenkurs

Der Kiwi-Konflikt

Die Räuchermännchen Sammlung

Kapitel 9

Das Geständnis

Der Spieleabend

Michas Flucht

Danksagung

 

 

 

 


 

 

Kapitel 1

 

Der unheilvolle Müll

 

Könnte Gestank einen töten, dann hätte der Mülleimer sie soeben erdolcht. Und wenn sie gewusst hätte, dass der Müll dafür verantwortlich war, dass sie bald den heißesten Mitbewohner überhaupt haben würde, dann hätte sie ihn jetzt umarmt.

Pia starrte angewidert auf das klumpige Etwas, das an der Seite des Mülleimers, am Deckel und an der Innenseite der Schranktüre, in dem der Eimer stand, klebte. Es trieb ihr Tränen des Ekels in die Augen. Schnell ließ sie die leere Milchpackung in den Restmüll fallen und setzte den Deckel wieder auf. Wie gerne würde sie den Müll vernünftig sortieren, doch wie immer war der Gelbe Sack so vollgestopft, dass nichts mehr hineinpasste. Und wie immer war es Daniel, der seinen Mülldienst versäumt hatte.

Mit zugehaltener Nase rannte sie aus der Küche und riss die Balkontür auf. Sie atmete tief ein und aus. Wie konnte man nur so widerlich sein? Genervt ließ sie sich in ihren lilafarbenen Sitzsack auf dem kleinen Balkon fallen.

 

Pia wohnte in einer dieser typischen alten DDR-Plattenbauten im Dresdener Westen. Damals, das heißt vor gut zwei Jahren, kam ihr die marode Gegend noch wie ein Traum vor. Günstige Wohnungen, grüne Wiesen, ausreichende Einkaufsmöglichkeiten … Als sie ihre gemütliche Vierzimmerwohnung das erste Mal betrat, hatte sie sich sofort in sie verliebt. Und das trotz des grünen Linoleumbodens, den man eher in einer Turnhalle aus den Siebzigern als in einer privaten Wohnung vermutete.

Die Wände waren in einem langweiligen, dreckigen Gelb, das bereits ins Beige überging, gestrichen und hier und da steckten noch Dübel in der Wand. Dennoch, es sollte ihre ganz eigene Wohnung sein. Sie konnte sich austoben, wie sie wollte; alles nach ihren Wünschen gestalten.

Ihren gesamten ehemaligen Haushalt brachte sie mit nur einer einzigen Fahrt in einem Kombi in die fast sechshundertfünfzig Kilometer entfernte Stadt. Endlich weg von Aachen, weg von ihrer nervigen Familie und hinein ins aufregende Studentenleben. Irgendwann würde sie eine berühmte Architektin sein, große Träume von reichen Leuten verwirklichen. Doch erst galt es, ihren ganz eigenen Traum der ersten Wohnung zu meistern.

Das war mittlerweile fast zwei Jahre her, zwei Jahre, in denen so viel passiert war.

Sie war angekommen in Dresden, sie war richtig angekommen. Sie hatte Freunde gefunden, ihre Wohnung renoviert und auch das Studium lief ganz gut. Es war ihre neue Heimat geworden. Sie liebte ihre kleine große Wohnung. Vor allem ihre Freundinnen schienen sie zu beneiden. Ein Schlafzimmer, Wohnzimmer, Gästezimmer und Arbeitszimmer für sich ganz alleine zu haben. Und das als Studentin, das konnte nicht jeder von sich behaupten. Dafür nahm sie auch gerne die weniger schicke Umgebung in Kauf. Auf das Innere kommt es an, hatte sie sich immer gesagt. Und ihre Wohnung konnte wirklich als charmant, wenn nicht sogar als elegant bezeichnet werden. Aber vor allen Dingen konnte sie locker mit den ebenso teuren Ein-Zimmer-Appartements der Altbauten in der Neustadt mithalten. Pia liebte ihre Wohnung über alles, bis eines Tages ein Brief in ihrem Briefkasten landete.

»Nebenkostenabrechnung.« Und da sah sie das erste Mal den Haken an ihrer günstigen Wohnung. Tausendzweihundert Euro nachzahlen und eine Mieterhöhung um knapp vierhundert Euro. Damit war das Singleleben für sie vorbei und das WG-Chaos war geboren.

»Pia?«, eine raue Stimme riss sie aus ihrer Erinnerung. Eben noch genoss sie die Freiheiten, die sie einst besaß und schon befand sie sich wieder in der stinkenden Gegenwart. Eine leichte Brise kitzelte ihre Nase und wehte eine einzelne, längst vertrocknete Blüte des Kirschblütenbaumes vom Garten zu ihr herüber.

»Pia?« Verwirrt schaute sie sich um. Die Balkontür war immer noch geschlossen.

»Pia? Hier!« Ihr Kopf schnellte in den Nacken, die Augen zum Nachbarbalkon gerichtet.

»Oh Angelo. Erschreck mich nicht immer so«, sagte sie mit müder Stimme.

»Bist wohl schwer beschäftigt, was? Kannst du mir einen Gefallen tun?« Angelo zeigte ihr sein liebevollstes Lächeln.

Pia stand auf und hockte sich neben den braun gebrannten Italiener im viel zu engen Poloshirt auf die breite Balkonreling. Nur die Zwischenwand trennte die beiden voneinander. Diese Balkonreling gehörte mittlerweile zu ihren Lieblingsplätzen. Hier saß sie immer dann, wenn sie Lust auf eine lockere Unterhaltung hatte. Manchmal aber auch einfach nur, um genüsslich die triste Umgebung zu betrachten. Wüsste man nicht, dass es sich bei ihrer tollen Aussicht um Plattenbauten handelte, könnte man glatt meinen, es wäre ein Gefängnishof. Vier hohe Gebäude, grau in grau, die eine ungemähte Wiese umgaben.

»Hmm, was gibt’s?«

»Kannst du mir bitte etwas ausdrucken? So vierzig Seiten?« Sein breiter, rechter Arm lehnte lässig an der Reling. Während er mit ihr sprach, lehnte er sich ein Stück weit zu ihr rüber, beinahe so weit, dass er sie berühren könnte, wäre da nicht eine Trennwand zwischen ihnen. Ein leichter Duft nach herbem Aftershave und rauchigem Whisky vom Vorabend wehte zu ihr herüber und sie rümpfte kurzzeitig die Nase.

»Was bekomme ich denn dafür?«

»Was möchtest du denn?« Er grinste.

»Hmm, ich habe Hunger. Kochst du mir etwas?«

Angelo griff sich verschwitzt in seine welligen, braunen Haare: »Sorry, ich hab nicht viel da. Kann dir ne Packung Brot und etwas Käse anbieten.«

»Hast du vielleicht eine Gurke?« Pia leckte sich ihre vollen Lippen; ein Salat dazu wäre genau das Richtige.

»Ja

»Dann nehme ich die auch noch und wir sind quitt. Schick mir die Datei bei Facebook

»Also, ich kann dir auch behilflich sein, wenn du willst. Da brauchst du keine Gurke.« Er zeigte auf seinen Oberkörper und zwinkerte ihr zu.

Pia verdrehte genervt die Augen. Das war so typisch für Angelo…

»Gibst wohl immer noch nicht auf, was? Was ist denn mit deiner Freundin?«

Er zuckte mit seinen breiten Schultern. »Welche Freundin?«

»Die freundliche Blondine, die nicht allzu viel von Kleidung hält. Du weißt schon. Die, die nur in BH und Schlüpfer morgens auf dem Balkon ihren Kaffee schlürft und mir dann auch noch freundlich zuwinkt und versucht, Smalltalk zu halten.«

Angelo zog scharf die Luft ein und kaute auf seiner Unterlippe. Das machte er immer, wenn er nervös wurde. Wie er es überhaupt schaffte, ständig Weiber aufzureißen, war ihr ein Rätsel. Er sah mit seinem kleinen Bauchansatz, dem Dreitagebart und den häufig fettigen dunklen Haaren nicht mal besonders gut aus. Klar, er war immer sehr schmeichelhaft und sein italienischer Charme trug mit Sicherheit auch dazu bei. Aber mal im Ernst, wer steht schon auf solche Anmachsprüche?

»Ah, Susi … ja …, du, das ist nur so ne offene Sache. Nichts Ernstes«, stotterte er und musste lachen. Bei ihm war es doch nie etwas Ernstes.

»Hmm…, klang bei ihr irgendwie anders. Na ja, ich geh mal rein. Wird ganz schön frisch hier. Leg mir das Futter auf den Balkon, wenn du mir das Zeug geschickt hast. Ich muss eh gleich den Müll runterbringen und schmeiß dir die Kopien dann in den Briefkasten. Du glaubst gar nicht, wie der bei uns wieder stinkt.«

»Kann ich mir vorstellen.« Klar konnte er das. Daniel hatte schon oft genug die vollen Müllsäcke einfach zur Zwischenlagerung auf den Balkon gestellt. Der Gestank dürfte allen im Block bekannt sein.

»Willst du meine Mitbewohner nicht haben? Die passen bestimmt super zu eurem Ambiente.«

Angelo verdrehte seine braunen Augen. »Ha, nett gemeint, aber lass mal. Und so dreckig ist es bei uns auch nicht.«

Überhaupt nicht! Nur dreckiges Geschirr und alte Klamotten, die überall in seiner WG herumlagen. Pia schüttelte fast unmerklich den Kopf: »Ich geh mal wieder rein. Bis später…«

»Jo, tschau.«

Sie winkte ihm kurz zu und sprang von der Balkonreling zurück auf den Sitzsack, knickste kurz ein, schaffte es dann aber doch noch rechtzeitig sich wieder zu fangen und schritt mehr oder weniger elegant zur Balkontür zurück. Hinter ihr konnte sie Angelo kurz auflachen hören.

»Blödmann«, dachte sie.

 

»Oh, shit!« Pia stand vor der Küchentüre, den Handrücken dicht vor die Nase gehalten. Sie hatte vergessen, die Schranktür zu schließen. Angewidert hob sie den Deckel des zweigeteilten Eimers hoch und legte ihn zur Seite. Der Geruch hatte sich inzwischen in allen offenen Räumen verbreitet. Sie zog den ersten Müllsack mit zwei Fingern heraus. Vorsichtig verschnüren, nur nicht reißen, dachte sie sich.

»DANIEL!« Keine Antwort. Offensichtlich war er wieder einmal nicht zu Hause. Wie sie es hasste, wenn er einfach ging, ohne auch nur eine seiner Aufgaben zu erledigen.

Der erste Beutel war verschnürt, der zweite wartete noch auf sie. Sie schnappte kurz nach Luft, dann nahm sie auch den zweiten Deckel ab. Jetzt galt es, sich zu beeilen.

Pia war eine Meisterin des Geruchunterdrückens. Dies hatte ihr schon so manches Mal die eine oder andere Peinlichkeit erspart. Denn ihre Nase war fein, sie definierte schon als Kind fast alles über Gerüche und so kam es, dass schon öfter ein Geruch ihr leckeres Mittagessen erneut hochkommen ließ.

Dem galt es heute entgegenzuwirken. Mit einem viel zu kräftigen Ruck zog sie den zweiten Müllbeutel aus dem Eimer und noch ehe sie ihn verknoten konnte, sah sie den großen Riss an der Seite des Beutels prangen. Es war zum Heulen! Sie presste die Lippen zusammen und ließ den Sack zurück in den Eimer fallen. Ihre Schläfen pochten vor Wut. Sie schnappte sich einen zweiten Müllbeutel und versuchte, den gerissenen in ihn hinein zu stecken. Das klebrige Etwas hing dabei schwer im Sack. Als sie es endlich geschafft hatte, stand ihr der Schweiß auf der Stirn. Dafür würde Daniel noch büßen.

Aus dem Flur hörte sie das Klimpern eines dicken Schlüsselbundes. Das musste Micha sein, ihr anderer Mitbewohner. Der Normale und Nette, wie sie ihn nannte. Obwohl auch er sich gerne mal alles andere als normal verhielt. Wieder ein Klimpern und die Tür ging auf.

»Micha?«

»Ja, Moment.« Es konnte nur Micha sein. Sie erkannte die beiden Jungs immer schon beim Aufschließen. Micha hatte so viele Schlüssel an seinem Ring, dass sie schon ein paar Mal vom Geklapper in der Nacht, wenn er vom Feiern kam, wach wurde. Daniel besaß dagegen genau zwei Schlüssel. Einen für den Briefkasten und einen für die Wohnungs- und Haustür. Nicht einmal ein Fahrrad besaß er, für das er einen gebraucht hätte.

Pia schleppte die beiden schweren Säcke durch das Wohnzimmer, vorbei an unzähligen Büchern, der Couch und dem Fernsehregal. Micha lächelte sie erst freundlich an und rümpfte dann die Nase.

»Was stinkt hier so?«

»Was wohl? Daniels bescheidene Kochkünste. Und er hat sich schon wieder nicht an den verdammten Plan gehalten. Er hätte den Müll schon vor zwei Tagen runterbringen sollen. Was soll der Mist? Ich gebe ihm schon immer die leichtesten Aufgaben und selbst die schafft er nicht.« Pia stellte die Tüten im Flur ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Dann ging sie in ihr Zimmer, um Angelos Dokumente auszudrucken.

»Kannst du bitte schon mal neue Müllsäcke in die Eimer packen«, rief sie Micha durch die angelehnte Zimmertür zu, der immer noch vor der offenen Wohnungstür stand, als warte er auf sie. »Und desinfizier alles.«

»Ja, mach ich. Am besten verbrenn ich gleich die ganze Küche, anders kriegen wir den Gestank vermutlich nicht raus«, rief Micha ihr zu.

Pia musste laut lachen.

»Wenn du willst, kann ich den Müll auch runterbringen«, bot er ihr höflich an.

Pia streckte ihren Wuschelkopf durch den Türspalt. Ihre braune Mähne war mittlerweile so lang, dass sie die Türklinke dabei streiften. Wenn sie ganz gerade stand und die Haare glatt zog, reichten sie ihr fast bis zum Po.

»Lieb von dir, aber ich will gleich eh noch in die Stadt fahren, ich habe doch am Montag ein Vorstellungsgespräch für das Praktikum, da will ich mir noch eine Bluse kaufen gehen.«

»Ich kann dich doch begleiten.« Hoffnung keimte in seinen blauen Augen auf und die Röte stieg ihm leicht ins Gesicht.

»Ne, glaub mir, das willst du nicht.« Bei der Vorstellung, wie sie ihn von Geschäft zu Geschäft jagte, musste sie lachen. In Michas Augen zeichnete sich dagegen Enttäuschung ab.

Mit einem dicken, großen Briefumschlag in der Hand kam sie zurück in den Flur. Micha stand immer noch dort. Immerhin hatte er inzwischen die Wohnungstür geschlossen.

Sie zog sich fix ihre neuen, braunen Echtlederstiefel an und schlüpfte in ihren roten Lieblingsmantel.

»Na ja, ich bring dann mal das Zeug hier runter. Bis nachher.«

»Okay, tschüss.« Sein Blick wirkte verlegen, als er ihr die Tür öffnete und ein leichter Windzug über sein kurzes, blondes Haar strich.


Die Tram

 

Dafür, dass der Herbst schon begonnen hatte, war es draußen noch wohlig warm. Der Wind brauste einem nur leicht um die Ohren und fegte einem die ersten Blätter vor die Füße. Pia stand an der Straßenbahnhaltestelle und blickte auf die Treppen, die durch die Unterführung führten, herab. Die Hände steckte sie in ihre warmen und wolligen Manteltaschen. Noch drei Minuten, laut Anzeige.

Sie betrachtete gerade die grünlich-blauen Graffitis, die die Wände rund um die Unterführung zierten und einen ins Reich der Meere entführen sollten, als endlich die Bahn eintrudelte.

Graffitis, die Kunst der Straße, dachte sie. Früher, als sie noch zur Schule ging, stand sie total auf den Graffiti-Style, auch wenn sie es nie gewagt hätte, etwas auf eine öffentliche Wand zu sprühen.

Hier oben in Gorbitz war das anders. Die Graffitis waren aufeinander abgestimmt, vermutlich sogar so von der Stadt bestellt. Alles harmonisierte und trotz des schlechten Rufes der Gegend war kaum einer so asozial, die liebevoll gesprühten Kunstwerke in den Unterführungen zu übersprühen oder neu zu taggen.

Gemütlich stieg sie in die gelbe Bahn ein. Eine angenehme Wärme umgab sie sowie ein unappetitlicher Geruch nach Zwiebeln und Tzatziki. Hier aß jemand einen Döner. Wieder das gleiche Spiel wie heute Morgen. Ihre Hand schoss zu ihrer Nase, sie drehte sich weg vom Geruch und wich ein Stück weiter in die Bahn hinein. Die Übeltäter hatte sie inzwischen entdeckt. Zwei halbstarke Dynamofans standen da, in voller Montur, und bekleckerten ihre gelben Schals mit der weißen Soße. Beinahe hätte sie gewürgt; doch dann hielt die Bahn und die beiden Jungs stiegen aus. Gott sei Dank! Für sie war es eine Frechheit, in der Bahn so etwas zu essen. Überhaupt zu essen. Mal aus der Wasserflasche nippen war okay, aber das Mittagessen konnte man doch bitteschön zu Hause verspeisen. Sie hasste diese Gerüche einfach.

Jetzt, wo sie wieder atmen konnte, ließ sie sich auf den erstbesten Platz, einen Doppelsitz, fallen. Gleich hinter einer dieser ledernen, schwarzen Ziehharmonika-Verbindungen, die die einzelnen Wagenteile zusammenhielten. Ihre Tasche stellte sie, so wie sie es bei den täglichen Busfahrten zur HTW in der überfüllten 66 gelernt hatte, auf ihrem Schoß ab.

Mit jedem Halt der Bahn füllten sich die Plätze. Langsam kam es ihr vor, als würden die Leute nur noch zusteigen, aber keiner stieg mehr aus. Die Luft wurde immer stickiger und bis zur Stadt waren es noch sechs Haltestellen und die Stehplätze in den Türbereichen platzten bereits aus allen Nähten. Man merkte, dass sich die Woche dem Ende neigte. Als würden die Geschäfte nicht schon am Montag wieder öffnen, war es doch jeden Samstag das Gleiche. Die Menschen strömten in die Stadt, räuberten die Regale leer und verstopften die Gänge mit ihren tausend Taschen und Wagen. Und Pia war eine von ihnen. Schon die ganze Woche hatte sie sich vorgenommen, ihren Kleiderschrank zu füllen, doch dann platzte jeden Tag jemand anderes dazwischen. Sei es Vanessa gewesen, ihre beste Freundin und Kommilitonin, die ins Schwimmbad wollte oder eine Projektarbeit, die sie während der Ferien vernachlässigt hatte.

Pia betrachtete die zusammenklebende Masse, die den Türbereich blockierte. Waren die Leute nur so dumm oder taten sie bloß so? Um sie herum war doch genug Platz. Neben ihr konnte man sich sogar noch hinsetzen. Doch der Platz blieb leer.