Cover.jpeg

 

Mein Rücken-Coach

 

MICHEL DURAN | SUSANNE LOACKER

MEIN RÜCKEN-
COACH

Starke Übungen für mehr Lebensqualität

174544.jpg

 

Dank

Verlag, Autorin und Autor danken Dr. Thomas Langenegger, Vizepräsident der Rheumaliga Schweiz, für das Fachlektorat und die wertvollen Anregungen.

 

download-picto.tifDownload-Angebot zu diesem Buch

Unter www.beobachter.ch/download (Code 8929) stehen sechs Übungsprogramme für Ihre Rückengesundheit bereit. Sie basieren auf den in diesem Ratgeber beschriebenen Übungen.

 

 

Beobachter-Edition

© 2015 Axel Springer Schweiz AG, Zürich

Alle Rechte vorbehalten

www.beobachter.ch

 

Herausgeber: Rheumaliga Schweiz

Lektorat: Käthi Zeugin, Zürich

Umschlaggestaltung: Cornelia Federer, Zürich

Fotos: Hanna Jaray, Eglisau

Reihenkonzept: buchundgrafik.ch

 

E-Book: Schwabe AG, www.schwabe.ch

 

ISBN 978-3-85569-892-9

eISBN 978-3-85569-918-6

 

Mit dem Beobachter online in Kontakt:

f_logo_sw.tifwww.facebook.com/beobachtermagazin

twitter_newbird_sw.tifwww.twitter.com/BeobachterRat

google_plus_logo_SW.tifwww.beobachter.ch/google+

Inhalt

Vorwort

146784.jpgDen Rücken verstehen

Volksleiden

Zahlen und Trends

Selbst schuld? Ein bisschen

So funktioniert der Rücken

Aufbau der Wirbelsäule

Stabilität und Mobilität

Haltung annehmen

Belastbarkeit und Belastung

Positive und negative Anpassung

Funktionelles Bewegungssystem

Am Anfang steht die Koordination

Eigenwahrnehmung – die Grundlage von Haltung und Bewegung

Das Core-Konzept

Das Wichtigste: der Alltag

Sitzen und stehen

Heben und tragen

Liegen

Wer kann helfen?

Was stimmt nicht? Diagnosemethoden

Tabletten gegen akute Schmerzen

Komplementäre Therapiemethoden

Was zahlt die Krankenkasse?

Was gilt bei einem Unfall?

173627.jpgDer Rücken im Lauf des Lebens

Der Kinderrücken

Was Hänschen nicht lernt

Die Schule tut nicht gut

Problem Schultasche

Problem Computer

Kinderspezifische Rückenprobleme und Therapien

Bewegung bringts

Zappelphilipp hatte schon recht: bewegtes Lernen

Der erwachsene Rücken

Rücken und Baby

Rücken und Büro

Der Arbeiterrücken

Der Hausfrauenrücken

Der Sportlerrücken

Rücken auf Reisen

Der alte Rücken

Der normale Alterungsprozess

Schonung versus Bewegung

173660.jpgSelbsthilfe bei Rückenproblemen

Rückenschmerzen verstehen

Die Funktion von Schmerz

Schmerzen entstehen im Kopf

Ursachenkatalog Rückenschmerz

Umgang mit Schmerzen: nicht zu viel schonen

Der Einfluss von Stress

Risikofaktor Übergewicht

Akute Rückenschmerzen

Schmerzen nicht chronisch werden lassen

Was tun bei akuten Rückenschmerzen?

Erste Abhilfe

Linderung mit Entlastungsstellungen

Schmerzlindernde Übungen zur Mobilisation

Spezifische Rückenprobleme

Ursache Nummer 1: Muskelverspannungen

Schmerzhafte Triggerpunkte

Hexenschuss (Lumbago)

Bandscheibenvorfall (Diskushernie)

Spinalkanalverengung (Stenose)

Arthrose der Wirbelgelenke (Spondylarthrose, Facettensyndrom)

Wirbelgleiten (Spondylolisthesis)

Skoliose

Osteoporose (Knochenschwund)

Morbus Bechterew

170702.jpgDen Rücken stärken: intelligentes Rückentraining

Wie Training stark macht

Der Körper passt sich an

Bewegung ist Medizin

Gezieltes Rückentraining für den Alltag

So trainieren Sie richtig

Wahrnehmungsübungen – der Anfang

Der optimale Haltungsaufbau

Koordinationsübungen – den Körper steuern

Mobilisation für die Wirbelsäule

Starke Füsse für einen stabilen Rücken

Krafttraining mit Köpfchen

Krafttraining mit dem eigenen Körpergewicht

173827.jpgAnhang

Nützliche Links

Literatur

Stichwortverzeichnis

Vorwort

Was verschreibe ich einem Grossteil meiner Patientinnen und Patienten? Mehr Bewegung! Für viele eine bittere Pille. Doch Bewegung ist das A und O bei der Behandlung von Rückenschmerzen.

Acht von zehn Menschen leiden im Lauf ihres Lebens unter Rückenproblemen. Die gute Nachricht: In 85 Prozent der Fälle handelt es sich um harmlose Ursachen wie Muskelverspannungen oder altersentsprechende Abnützungen. Diesen können wir durch Bewegung aktiv vorbeugen. Doch bei jedem vierten Betroffenen kommen die Schmerzen immer wieder, und bei jedem zehnten werden sie chronisch. Die grosse Herausforderung besteht darin, den Teufelskreis aus Schmerzen, Schonung, Inaktivität und daraus folgenden weiteren Schmerzen zu durchbrechen.

Heute weiss man, dass akute Rückenschmerzen langsamer verschwinden, wenn sich die Betroffenen übermässig schonen. Tagelanges Betthüten kann die Schmerzen sogar verschlimmern. Bewegung hilft auch, Rückenproblemen vorzubeugen. Für die Freizeit eignen sich vor allem Ausdauersportarten wie zügiges Gehen, Nordic Walking oder Schwimmen, um den Rücken zu stärken und geschmeidig zu halten. Noch gezielter wirken Rückengymnastik und andere Bewegungskurse.

Sie mögen keine Gruppenkurse? Sie sehen sich nicht mit Stöcken über Feld- und Waldwege walken? Und ins Fitnessstudio bringen Sie keine zehn Pferde? Aus den Übungen in diesem Buch können Sie wählen, was Ihnen guttut, und bei regelmässiger Anwendung erreichen Sie schon bald erste Trainingserfolge. Ganz ohne unerwünschte Nebenwirkungen!

Auch ich gehöre zu den Menschen mit gelegentlichen Rückenschmerzen. Zwei- bis dreimal pro Woche gezielte Rückenübungen, mit dem Hund spazieren gehen und wenn möglich mit dem Velo statt dem Auto zur Arbeit fahren, das ist mein persönliches Rezept dagegen.

«Mehr Bewegung im Alltag» lautet die Zauberformel. Lassen Sie sich von diesem Buch inspirieren und werden Sie aktiv – Ihrem Rücken zuliebe!

Dr. med. Thomas Langenegger, Leitender Arzt Medizinische Klinik / Rheumatologie und Osteoporose, Zuger Kantonsspital, Baar, Vizepräsident der Rheumaliga Schweiz
im April 2015

DSC_7738_def.psd

Den Rücken verstehen

Es gibt mehr Menschen, die Rückenschmerzen kennen, als solche, die ohne durchs Leben kommen. Wer weiss, was diese Schmerzen verursacht, weiss auch, wie man sie verhindert oder wieder loswird.

Volksleiden

Es ist in einem hoch zivilisierten Land des 21. Jahrhunderts gar nicht so einfach, «rückengerecht» zu leben: Annehmlichkeiten, die für unsere Vorfahren keine Selbstverständlichkeit waren und als äusserst erstrebenswert galten, machen heute unser Leben zwar bequemer und effizienter, sind aber für den Rücken nicht immer das Beste. Das fängt beim Auto an und hört beim Computer noch lange nicht auf.

Rund viereinhalb Millionen Menschen in der Schweiz geben an, mindestens einmal im Jahr Rückenschmerzen zu haben. Etwa ein Drittel dieser Patienten leidet unter den Folgen eines Bandscheibenvorfalls, unter einer Abnützung oder Deformation der Wirbel oder unter einem Hexenschuss. Die übrigen zwei Drittel haben keinen nachweisbaren Schaden – aber trotzdem Schmerzen.

Rückenschmerzen haben nicht nur erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität, sondern auch auf die Volkswirtschaft: Das Schweizerische Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) schätzt, dass der Wirtschaft jährlich 3,3 Milliarden Franken entgehen – in Form von Absenzen, Behandlungskosten und Produktivitätseinbussen. Da diese Berechnung frühzeitige Pensionierung und Arbeitslosigkeit nicht miteinbezieht, dürfte die tatsächliche Summe sogar noch höher sein. Fast 45 Prozent aller Arbeitsausfälle gehen auf das Konto von Rückenschmerzen – die Rheumaliga spricht von fünfzehn Millionen Ausfalltagen pro Jahr –, Menschen über 30 fallen deutlich häufiger aus als jüngere.

Der Sinn von Schmerzen ist es, dem Menschen mitzuteilen: Achtung, irgendetwas stimmt nicht! Deshalb ist es wichtig, Rückenschmerzen nicht langfristig mit Medikamenten zu betäuben, sondern sich um die Ursachen zu kümmern. Natürlich wird niemand auf die Annehmlichkeiten verzichten, die unser Leben heute auszeichnen: Man nimmt das Tram, statt zu Fuss zu gehen, und man bleibt vor dem Computer sitzen und chattet mit den Teamkollegen, statt aufzustehen und zu ihnen ins Büro nebenan zu gehen. Aber es lohnt sich, für ein wenig Ausgleich zu sorgen. Denn genauso, wie ein fittes Immunsystem weniger Mühe hat, eine Erkältung abzuwehren, verspricht ein gut trainierter Rücken bessere Chancen auf ein schmerzfreies Leben.

TRÖSTLICHE FAKTEN

Die meisten Erwachsenen – ungefähr 80 Prozent – leiden im Lauf ihres Lebens ein- oder mehrmals an Rückenschmerzen.

Die meisten Rückenschmerzen – 85 Prozent – sind ungefährlich und harmlos.

Rückenschmerzen vergehen in fast 90 Prozent aller Fälle von selbst im Lauf einiger Tage oder weniger Wochen.

Zahlen und Trends

Gemäss dem Rückenreport der Rheumaliga Schweiz, der 2011 einmalig durchgeführt wurde (siehe nächste Seite), sorgt der untere Rücken respektive das Kreuz für die meisten Schmerzen – sowohl bei Menschen mit sitzenden Jobs als auch bei denen, die körperlich arbeiten. Das erstaunt auf den ersten Blick, liest und hört man doch immer wieder, dass Rückenschmerzen die Geissel der Büromenschen sei. Offenbar ist das nur die halbe Wahrheit: Rückenschmerzen werden häufiger, weil wir immer älter werden (daran können und wollen wir auf keinen Fall etwas ändern!) und sich unser Alltag immer monotoner gestaltet. Sie sind der Preis für unsere hoch spezialisierte Gesellschaft. Während die Teilzeitangestellte früher am Abend für die Familie kochte, sind heute Nanny und Putzhilfe für den Haushalt zuständig, damit die berufstätige Mutter abends in die Oper oder zum Geschäftsessen kann – wo sie wieder sitzt wie schon den ganzen Tag.

Schweizerische Gesundheitsbefragung

Das Bundesamt für Statistik (BfS) veröffentlicht im Rahmen der Schweizerischen Gesundheitsbefragung, die alle fünf Jahre durchgeführt wird, auch Statistiken zum Thema Rücken. In der Statistik der häufigsten körperlichen Beschwerden werden Rücken- und Kreuzschmerzen am meisten erwähnt, von rund einem Drittel aller Männer und fast 45 Prozent aller Frauen. Nimmt man die Schulter-, Nacken- und Armschmerzen dazu, verdoppelt sich die Anzahl beinahe.

190115.jpg

Die Gesundheitsbefragung belegt auch, dass Menschen mit geringerer Schulbildung durchschnittlich häufiger Rückenschmerzen haben als höher Gebildete. Die Gründe dafür sind vielfältig. Einerseits mögen die körperlich weniger monotonen Jobs einen Einfluss haben. Besser Gebildete haben aber auch ein anderes Gesundheitsverhalten, tun mehr für ihre Fitness und sind weniger übergewichtig – alles Faktoren, die zur Rückengesundheit beitragen.

Rückenreport der Rheumaliga

Die Rheumaliga Schweiz hat 1000 Personen zwischen 15 und 74 zu ihren Rückenbeschwerden sowie zu Art und Häufigkeit befragt. Im «Rückenreport 2011» wurden die Ergebnisse dieser Umfrage veröffentlicht. Ziel war es, nicht nur zu erheben, wie viele Menschen unter welcher Art von Rückenschmerzen leiden, sondern auch zu erfahren, wie gut die Bevölkerung über dieses Thema Bescheid weiss und welche Präventions- und Behandlungsmassnahmen vor diesem Hintergrund am sinnvollsten sind.

Am häufigsten genannt wurden – analog zu den Ergebnissen der Gesundheitsbefragung des BfS – Schmerzen im Kreuz respektive unteren Rücken, gefolgt von (in absteigender Reihenfolge) Beschwerden im Nacken, in den Schultern, im mittlerem Rücken und in den Beinen. Menschen höheren Alters geben tendenziell weniger häufig Schmerzen in Kreuz und mittlerem Rücken an.

190117.jpg
190119.jpg

Selbst schuld? Ein bisschen

Für das Volksleiden Rückenschmerzen gibt es wie schon gesagt zwei Hauptgründe. Der eine ist paradoxerweise unser eigener Fortschritt: Wir haben uns von einer Agrargesellschaft zu einer Dienstleistungsgesellschaft entwickelt. Das bedeutet zwar, dass unser Leben körperlich viel weniger anstrengend ist. Die körperlichen Voraussetzungen des Menschen sind aber seit rund 40 000 Jahren im Grossen und Ganzen unverändert geblieben, also für ein sehr viel «bewegteres» Leben ausgelegt. Wir kommen noch immer mit rund 40 Prozent Muskelmasse – bezogen aufs gesamte Körpergewicht – zur Welt, doch im Lauf unseres Lebens passt sich unsere Muskulatur den Gegebenheiten an: Weniger Anstrengung bedeutet weniger Training, und weniger Training bedeutet automatisch weniger Muskulatur, die den Rücken stärken könnte (siehe auch Seite 29 und 165).

Der zweite Grund liegt darin, dass wir heute älter werden, gleichzeitig aber möglichst lang jung und fit bleiben wollen. Wer einmal Rückenschmerzen gehabt hat, weiss, wie uralt man sich dann fühlt. Und alt fühlen wollen wir uns um keinen Preis. Deshalb wehren wir uns gegen etwas, das unsere Vorfahren noch eher als normal akzeptiert haben. Schmerzt der Rücken, gehen wir zum Arzt, in der Erwartung, dass er die Beschwerden «wegmacht».

Da sieht man gar nichts!

Dabei ist «wegmachen» in den meisten Fällen leichter gesagt als getan: Der Grossteil aller Rückenschmerzen ist unspezifisch, hat also keine eindeutig fassbare Ursache. Deshalb ist auch nicht sofort klar, welche Behandlung die richtige und zielführende ist (siehe Seite 98).

Wenn der Arzt also «nichts sieht», ärgert man sich zwar vielleicht im ersten Moment. Eigentlich sollte man aber beruhigt sein: Man leidet weder an einer Diskushernie (Bandscheibenvorfall) noch an einem Tumor an der Wirbelsäule. Das ist die gute Nachricht. Die eher unbequeme: Man hat es (fast) immer selber in der Hand, die Schmerzen zum Verschwinden zu bringen.

Es kommt auch immer wieder vor, dass sich Menschen einer Rückenoperation unterziehen und nachher genau die gleichen Schmerzen haben wie vorher. Der Grund dafür: Der Arzt sieht zwar, was an den Strukturen beeinträchtigt ist, kann aber nie ganz sicher sein, dass diese Beeinträchtigung auch tatsächlich die Schmerzen auslöst. Deshalb geht man immer mehr dazu über, vorerst die vermutete Schmerzursache zum Beispiel mit einer lokalen Betäubung auszuschliessen. Nur wenn dadurch die Beschwerden tatsächlich reduziert werden, greift man zum Skalpell.