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Die Gründung einer Stiftung

Hedda Hoffmann-Steudner

Die Gründung einer Stiftung

Ein Leitfaden für Stifter

und Berater

2. Auflage

StiftungsRatgeber, Band 1

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Impressum

Wegen der besseren Lesbarkeit verwenden wir in diesem Buch nicht durchgängig eine geschlechtergerechte Sprache. Mit der männlichen Form („Stifter“ usw.) sind sofern nicht anders angegeben immer auch Frauen mitgemeint.

V.i.S.d.P.:
Prof. Dr. Hans Fleisch, Generalsekretär
Bundesverband Deutscher Stiftungen

Verlag:
Bundesverband Deutscher Stiftungen e.V.
Haus Deutscher Stiftungen
Mauerstraße 93 | 10117 Berlin
Telefon (030) 89 79 47-0 | Fax -11
www.stiftungen.org

© Bundesverband Deutscher Stiftungen,
Berlin 2014

ISBN: 978-3-941368-64-4 (gedruckte Ausgabe)
ISBN (EPUB): 978-3-941368-65-1 (E-Book)

Autorin:
Dr. Hedda Hoffmann-Steudner

Lektorat:
Benita v. Behr, Doralice Jungkurth

Gestaltung und Satz:
stickfish productions | Christian Mathis

Druck:
USE gGmbH, Berlin

Dieses Buch wurde klimaneutral gedruckt. Der produktionsbedingte CO2-Ausstoß wurde kompensiert.

Coverfotos: © Marc Darchinger (links, rechts), David Ausserhofer (Mitte)

Inhalt

I.Einleitung

1.Die Motivation

2.Die Entwicklung von Stiftungen

3.Die Stiftungszwecke

4.Die Stifter

II. Die Errichtung einer Stiftung

1.Fragen im Vorfeld einer Stiftungserrichtung

2.Was ist überhaupt eine Stiftung?

3.Welche Rechtsform ist die richtige?

a.Rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts

b.Treuhandstiftung

c.Stiftungs-GmbH

d.Stiftungsverein

e.Verbrauchsstiftung

4.Wer kann eine rechtsfähige Stiftung errichten?

5.Das Stiftungsgeschäft

a.Errichtung einer Stiftung zu Lebzeiten

b.Errichtung einer Stiftung von Todes wegen

6.Die Vermögensausstattung

7.Die Stiftungssatzung

a.Name

b.Stiftungssitz

c.Stiftungsorgane

d.Stiftungszweck

e.Vermögensverwaltung

8.Anerkennung der Stiftung und Stiftungsaufsicht

9.Die Verbrauchsstiftung

10. Welche Alternativen zur Gründung einer Stiftung gibt es?

a.Spende

b.Zustiftung

c.Stiftungsfonds

d.Stifterdarlehen

III. Das Steuerrecht der Stiftungen

1.Steuervorteile für Stifter und Zuwendungsgeber

2.Steuerbegünstigung für die Stiftung

a.Freistellungsbescheid und Gemeinnützigkeit

b.Gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke

c.Der Grundsatz der „Selbstlosigkeit“ gemäß § 55 AO

Eigenwirtschaftliche Zwecke

Angemessenheit der Vergütung für Stiftungsorgane

d.Die Ausschließlichkeit (§ 56 AO) und Unmittelbarkeit (§ 57 AO) der Zweckerfüllung

Der Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung

e.Steuerlich unschädliche Betätigungen und Versorgung Angehöriger

f.Rücklagen und Vermögensbildung

g.Ausstattung mit Unternehmensanteilen

h.Körperschaftsteuer

i.Erbschaft- und Schenkungsteuer, Grunderwerbsteuer

j.Ausstellung der Zuwendungsbestätigung und Haftung

IV. Anhang

1.Mustertexte

Stiftungsgeschäft unter Lebenden zur Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung

Stiftungsgeschäft von Todes wegen (Testament) zur Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung

Satzung einer rechtsfähigen Stiftung

Stiftungsgeschäft zur Errichtung einer Treuhandstiftung zu Lebzeiten: Treuhandvertrag

Stiftungsgeschäft zur Errichtung einer Treuhandstiftung zu Lebzeiten: Schenkungsvertrag

Stiftungssatzung für eine Treuhandstiftung mit eigenem Entscheidungs- oder Beratungsgremium

Treuhandvereinbarung für eine Treuhandstiftung: Treuhandverwaltung

Satzung einer rechtsfähigen Verbrauchsstiftung

Mustersatzung gemäß Anlage 1 zu § 60 Abgabenordnung

2.Einschlägige Gesetzestexte

Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch

Auszug aus der Abgabenordnung

Auszug aus dem Einkommensteuergesetz

Auszug aus der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung

Auszug aus dem Körperschaftsteuergesetz

Auszug aus dem Gewerbesteuergesetz

Auszug aus dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz

Auszug aus dem Grunderwerbsteuergesetz

3.Grundsätze guter Stiftungspraxis

4.Glossar

5.Literaturhinweise

6.Adressen und Tipps

Stiftungsaufsichten

Staatliche Stiftungsaufsichten

Kirchliche Stiftungsaufsichten (evangelisch)

Kirchliche Stiftungsaufsichten (katholisch)

Weiterführende Informationen

Über den Bundesverband Deutscher Stiftungen

Über die Autorin

I. Einleitung

 

I. Einleitung

1. Die Motivation

Immer mehr Menschen entscheiden sich heutzutage, ihr Vermögen in eine Stiftung einzubringen. Die Motive sind vielfältig. Für die einen steht der Wunsch im Vordergrund, der Gesellschaft, in der sie beruflichen Erfolg erzielt haben, etwas zurückzugeben. Andere haben sich einem Thema, beispielsweise dem Umweltschutz, der Förderung von Kindern und Jugendlichen oder der Völkerverständigung verschrieben und möchten mit einer Stiftung hierfür Wirkungsvolles leisten. Wieder andere stehen vor der Frage, wer ihr Vermögen nach dem Tode erhalten soll, und wünschen sich, dass damit einfach „Gutes getan“ wird.

Stifterinnen und Stifter haben die Möglichkeit, die Welt in ihrem Sinne zu verändern. Indem sie z.B. soziale Einrichtungen schaffen, Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kunst fördern oder den Umweltschutz unterstützen, können sie die Gesellschaft mitgestalten und bleiben in Erinnerung. Dabei machen alle dieselbe Erfahrung: Stiften ist nicht nur sinnvoll, sondern bereichert das eigene Leben. Nicht umsonst besagt eine östliche Weisheit: „Wenn wir unserem Nächsten Gutes erweisen, tun wir, ohne es zu wissen, weit mehr für uns selbst als für den anderen.“

2. Die Entwicklung von Stiftungen

Stiftungen gewinnen in unserer Gesellschaft immer mehr an Bedeutung. Sie blicken auf eine lange Entwicklungsgeschichte zurück.

Bereits im Mittelalter entstanden in Europa die ersten Institutionen, die über stiftungsähnliche Strukturmerkmale verfügten und zum Teil noch heute existieren. Es waren vor allem kirchliche Stiftungen mit sozialen und mildtätigen Zwecken wie Krankenanstalten und Waisenhäuser. Eine Blütezeit erlebte das Stiftungswesen in Deutschland im 19. Jahrhundert, im beginnenden Industriezeitalter. Das aufstrebende Bürgertum nutzte die mit der Stiftung verbundenen Möglichkeiten für die Mitgestaltung des Gemeinwesens und zur Festigung der erreichten gesellschaftlichen Stellung.

CHECKLISTE: Welche Motivation habe ich?

image Möchte ich mit meinem Vermögen Gutes tun und es dem Gemeinwohl widmen, z.B. der Förderung von Kunst und Kultur, Wissenschaft und Forschung oder Umweltschutz?

image Möchte ich mein Vermögen für mich und/oder meine Familie erhalten, mein Lebenswerk (z.B. Unternehmen) auf Dauer sichern, Versorgung sichern (eigene Versorgung oder die der Angehörigen)?

image Wie viel Vermögen steht mir für die Verwirklichung meines Ziels zur Verfügung?

image Wie wichtig sind mir steuerliche Vorteile?

image Welcher Aspekt steht für mich im Vordergrund, z.B. Sicherung meines Stifterwillens auf Dauer durch staatliche Kontrolle, Flexibilität in der Organisationsstruktur, mitgliedschaftliche Struktur, schnelle unbürokratische Errichtung?

image Soll die Stiftung finanziell fördernd tätig sein und / oder eigene Projekte durchführen, d.h. operativ arbeiten?

image Welches ist dann die geeignete Rechtsform für meine Zwecke?

Im 20. Jahrhundert ging die Stiftungszahl aufgrund von Inflation, Kriegen und Nazi-Diktatur empfindlich zurück. In der DDR setzte sich der Niedergang des Stiftungswesens fort. Totalitär ausgerichtete Ideologie verträgt sich nicht mit nicht staatlichem bürgerschaftlichen Engagement. Im Westen hingegen erlebte das Stiftungswesen im Laufe der Jahrzehnte eine Renaissance, die bis heute anhält. Durch das „Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen“ aus dem Jahr 2000, das „Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts“ aus dem Jahr 2002, Reformen der Landesstiftungsgesetze, das „Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements“ aus dem Jahr 2007 sowie das „Ehrenamtsstärkungsgesetz“ aus dem Jahr 2013 wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen für Stiftungen in Deutschland stetig verbessert. Den positiven Effekt der Reformen kann man an den Errichtungszahlen von Stiftungen nachvollziehen. In den letzten 14 Jahren ist die Zahl der rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts in Deutschland von rund 8.700 im Jahr 2000 auf etwa 20.000 im Jahr 2013 gestiegen. Damit hat sich ihr Bestand in knapp eineinhalb Jahrzehnten mehr als verdoppelt.

Stiftungserrichtungen nach 10-Jahreszeiträumen in Ost und West

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Die Grafik zeigt die Anzahl der Gründungen rechtsfähiger Stiftungen des bürgerlichen Rechts nach Dekaden in Ost- und Westdeutschland. Die Daten für die Jahre 1951–1990 entstammen der Datenbank Deutscher Stiftungen des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen und berücksichtigen heute noch existierende Stiftungen. Die Daten der Jahre 1991–2013 basieren auf Umfragen bei den Aufsichtsbehörden.
Quelle: Bundesverband Deutscher Stiftungen, 2014

Stiftungserrichtungen 1990–2013 in Deutschland

Rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts

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Quelle: Umfragen unter den Stiftungsaufsichtsbehörden, Stichtag: 31. Dezember 2013

3. Die Stiftungszwecke

Die Stiftungen in Deutschland verfolgen die unterschiedlichsten Zwecke. Einige von ihnen sind aus heutiger Sicht geradezu kurios. Z.B. hatte eine Stiftung aus dem Jahre 1761 die „Verteilung von Flügelhemdchen an arme alte Damen zu Weihnachten“ zum Zweck. Auch finden sich Stiftungszwecke, die Ausdruck aktueller Problemlagen in der Zeit ihrer Errichtung sind, z.B. die Unterstützung von Wöchnerinnen und unehelichen Kindern. Die von Stiftern gewählten Stiftungszwecke spiegeln auch heute häufig die Probleme und Bedürfnisse der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Stiftungsgründung wider. Zugleich hat die Wahl des Zwecks oft auch etwas mit den persönlichen Erfahrungen und der Biografie des Stifters zu tun.

Kategorisiert man die unterschiedlichen Zwecke entsprechend dem Zweckkatalog der Abgabenordnung (AO) und fasst sie zusammen, ergibt sich bei deutschen Stiftungen heute folgende Verteilung:

Was deutsche Stiftungen fördern

Gewichtete Verteilung der Stiftungszweckhauptgruppen*

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* Einzelzwecke sind zu Hauptgruppen zusammengefasst, diese wurden gewichtet
(n = 15.193). Quelle: Datenbank Deutscher Stiftungen, Stand: Februar 2014

4. Die Stifter

So individuell wie sich jede Stiftung letztlich in ihrer Zwecksetzung und -verwirklichung darstellt, so verschieden sind auch die Personen und Persönlichkeiten, die diese Stiftungen ins Leben gerufen haben. Erhebungen zufolge gründen heute die meisten Stifter ihre Stiftung im Übergang vom Berufsleben in den Ruhestand. Folglich sind die meisten Stifter zum Zeitpunkt der Stiftungsgründung zwischen 60 und 70 Jahre alt. Der überwiegende Teil ist verheiratet und überdurchschnittlich oft kinderlos. Allerdings kann man heute immer weniger von einem „typischen“ Stifter sprechen. Stiftungen werden von Menschen aller Altersgruppen und ganz unterschiedlicher sozialer Milieus errichtet.

Frauen und Männer als Stifterinnen und Stifter in Dekaden seit 1951

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Die Grafik zeigt, wie viel Prozent der Stiftungen in den letzten Dekaden von Männern, von Frauen und von Männern und Frauen gemeinsam gegründet wurden. Berücksichtigt wurden rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts mit ausschließlich natürlichen Stiftern, bei denen Angaben zur Beteiligung von Frauen oder Männern vorlagen (n = 5.497).
Quelle: Bundesverband Deutscher Stiftungen (Hg.): Verzeichnis Deutscher Stiftungen. 7. Auflage, Berlin 2011

Stiftertypen

Stifterisches Engagement kann von natürlichen Personen, juristischen Personen privaten Rechts oder juristischen Personen öffentlichen Rechts ausgehen. Natürliche Personen sind Privatpersonen, die aus ihrem privaten Vermögen Stiftungen errichten. Wenn der Bund, die Länder, die Kommunen oder andere öffentliche Institutionen Vermögen für eine Stiftung bereitstellen, ist der Stifter eine juristische Person öffentlichen Rechts. In allen anderen Fällen ist der Stifter eine juristische Person privaten Rechts. Die Grafik zeigt, wie viel Prozent der rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts jeweils von den verschiedenen Stiftertypen errichtet wurden (n = 10.278).

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Quelle: Bundesverband Deutscher Stiftungen (Hg.): Verzeichnis Deutscher Stiftungen. 7. Auflage, Berlin 2011

II. Die Errichtung einer Stiftung

 

II. Die Errichtung einer Stiftung

1. Fragen im Vorfeld einer Stiftungserrichtung

Bevor man sich mit den Einzelheiten der Errichtung einer Stiftung befasst, gilt es, einige wichtige Vorfragen zu klären. Hierzu gehört vor allem die Frage, welche Vorsorge der Stifter für sich selbst und für seine nächsten Angehörigen treffen will. Da mit der Errichtung der Stiftung das Vermögen endgültig auf die Stiftung übergeht, sollten nur Vermögenswerte in die Stiftung eingebracht werden, auf die der Stifter auch unter Berücksichtigung einer angemessenen Versorgung im Alter verzichten kann.

Die Stiftung darf die Erträge des Vermögens grundsätzlich nur noch für die Stiftungszwecke verwenden. Die Ausnahme dieses Grundsatzes, wonach eine gemeinnützige Stiftung bis zu ein Drittel ihres Einkommens dazu verwenden darf, in angemessener Weise den Stifter und seine nächsten Angehörigen zu unterhalten, deren Gräber zu pflegen und ihr Andenken zu ehren, ersetzt keine vernünftige Altersvorsorge. Eine Rückübertragung des Stiftungsvermögens an den Stifter ist grundsätzlich nicht mehr möglich. Eine Stiftung ist daher kein „Steuersparmodell“, denn der Stifter gibt deutlich mehr weg, als er spart.

Im Vorfeld der Stiftungsgründung ist auch zu berücksichtigen, ob Pflichtteilsberechtigungen potenzieller Erben des Stifters bestehen. Ist dies der Fall, sollten Lösungen gefunden werden, um zu verhindern, dass die Stiftung später entsprechenden Ansprüchen Pflichtteilsberechtigter ausgesetzt ist, die unter Umständen die Existenz der Stiftung gefährden könnten. Besteht das Vermögen aus einem Unternehmen oder in einer Beteiligung hieran, muss zudem überlegt werden, ob und wie das Unternehmensvermögen mit der Stiftung verknüpft werden kann. Besonders in diesem Fall ist es ratsam, sich an Stiftungsrechtsexperten zu wenden, die fachkundig beraten können.

In einem zweiten Schritt sollte der Stifter für sich klären, mit welchem Stiftungstyp der angestrebte Zweck am besten verwirklicht werden kann. Eine privatnützige Familienstiftung kommt z.B. in Betracht, wenn in erster Linie für die künftigen Generationen der eigenen Familie gesorgt werden soll. Sollen mit der Stiftung gemeinnützige Zwecke verfolgt werden, kann dies z.B. durch eine rechtsfähige oder eine nicht rechtsfähige Stiftung, eine Stiftungs-GmbH oder einen Stiftungsverein wahrgenommen werden. Im Zweifel empfiehlt sich sachverständiger Rat, damit unter Berücksichtigung aller Aspekte, auch der steuerlichen, die richtige Entscheidung getroffen werden kann. Dabei sollten möglichst Berater gewählt werden, die über praktische Erfahrung in der Stifterberatung verfügen. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen hält eine Liste von Rat gebenden Dienstleistern für Sie bereit. Auch bietet er gründungswilligen Stiftern eine kostenlose Erstberatung an. Um die „Stiftungsszene“ in Deutschland näher kennenlernen zu können, von den Erfahrungen anderer Stifter bereits im Gründungsstadium zu profitieren, Kontakte zu knüpfen oder ständig über Neuigkeiten informiert zu werden, empfiehlt sich für potenzielle Stifter darüber hinaus die Mitgliedschaft im Bundesverband Deutscher Stiftungen. Nach Errichtung der Stiftung kann die Mitgliedschaft auf die Stiftung übertragen oder von dieser zusätzlich erworben werden.

2. Was ist überhaupt eine Stiftung?

Der Begriff der Stiftung ist im Gesetz nicht definiert. Allerdings verfügen Stiftungen über einheitliche charakteristische Merkmale. Dazu zählen insbesondere das Stiftungsvermögen, der Stiftungszweck und die Stiftungsorganisation. Beschreiben kann man die Stiftung als Vermögensmasse, die entsprechend dem Stifterwillen einem bestimmten Zweck auf Dauer gewidmet ist. Welche Zwecke die Stiftung verfolgt und wie ihre innere Organisation aufgebaut ist, legt der Stifter nach seinem Willen in der Satzung fest. Klassisches Instrument zur Verwirklichung eines auf Dauer angelegten Zwecks ist die rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts. Ihre Entstehungsvoraussetzungen sind in den §§ 80ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelt (siehe S. 106).

3. Welche Rechtsform ist die richtige?

Wenn von einer Stiftung die Rede ist, muss es sich nicht notwendigerweise um eine rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts handeln. Hinter dem Begriff „Stiftung“ können sich auch andere rechtliche Gebilde wie eine Treuhandstiftung, eine Stiftungs-GmbH oder ein Stiftungsverein verbergen. Die besonderen steuerlichen Vorteile für gemeinnützige Stiftungen finden indes nur bei der klassischen Stiftungsform der rechtsfähigen Stiftung bürgerlichen Rechts und der so genannten Treuhandstiftung Anwendung.

a. Rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts

Will der Stifter sichergehen, dass der von ihm vorgegebene Zweck nicht mehr verändert werden kann, so ist die rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts die richtige Rechtsform. Durch die staatliche Aufsicht, der die rechtsfähige Stiftung unterstellt ist, wird der dauerhafte Bestand der Stiftung sowie die Einhaltung der satzungsrechtlichen Vorgaben weitgehend gewährleistet.

Die Satzung ist nach der Anerkennung durch die Aufsichtsbehörde, die nur bei ausreichender Vermögensausstattung erteilt wird, in den wesentlichen Punkten nicht mehr abänderbar – oder jedenfalls nur begrenzt. Die Organe der Stiftung oder Dritte sind nicht befugt, den Stiftungszweck nachträglich beliebig zu ändern oder die Stiftung aufzulösen, solange der Zweck erfüllt werden kann. Des Weiteren ist das Stiftungsvermögen im Normalfall dauerhaft zu erhalten. Lediglich Vermögenserträge, Spenden und andere Einkünfte, nicht jedoch das Grundstockvermögen selbst werden für den Stiftungszweck eingesetzt. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nur in Absprache mit der Aufsichtsbehörde möglich – es sei denn, die Stiftung ist von vornherein als sogenannte Verbrauchsstiftung ausgestaltet (siehe dazu Abschnitt 3e., S. 26 und Abschnitt 9., S. 42).

Vorteile der Stiftung bürgerlichen Rechts sind nicht nur die durch die staatliche Kontrolle gesicherte dauerhafte Verwirklichung des Stifterwillens, sondern auch die steuerlichen Abzugsmöglichkeiten, die mit dieser Rechtsform einhergehen, sofern die Stiftung gemeinnützige Zwecke erfüllt. Voraussetzung für die Erlangung dieser Vorteile ist, dass der Stiftung nach Anerkennung durch die staatliche Stiftungsaufsicht auch noch die Gemeinnützigkeit durch die zuständige Finanzbehörde zuerkannt wird.

Die Kehrseite der staatlichen Aufsicht liegt darin, dass die Stiftung gegenüber der zuständigen Behörde umfassende Berichts- und Rechenschaftspflichten (z.B. Rechnungslegung) hat und damit ein entsprechender Verwaltungsaufwand besteht. Für bestimmte Beschlüsse kann außerdem die Beteiligung der Stiftungsaufsichtsbehörde landesrechtlich vorgeschrieben sein (Anzeige- oder sogar Genehmigungspflicht). Auch verfügt die Aufsichtsbehörde bei Gefährdung der Stiftung über Eingriffsmöglichkeiten, die von der Abberufung von Organmitgliedern bis hin zur Aufhebung oder Zweckänderung der Stiftung bei Unmöglichkeit der Zweckerreichung oder Gemeinwohlgefährdung reichen. Näheres zu den Gründungsvoraussetzungen finden Sie ab S. 27.

b. Treuhandstiftung

Die Treuhandstiftung – auch unselbstständige oder fiduziarische Stiftung genannt – bietet dem Stifter die Möglichkeit, mit geringem Zeit- und Verwaltungsaufwand eine eigene Stiftung zu gründen. Dabei wird das Stiftungsvermögen einer natürlichen oder juristischen Person, z.B. einer rechtsfähigen Stiftung, einer Stiftungsverwaltung, einer Kirche, einer kommunalen Körperschaft oder einer Bank, anvertraut, die es als Treuhänder entsprechend der vom Stifter vorgegebenen Satzung verwaltet.

Die Errichtung einer Treuhandstiftung kann in einem relativ kurzen Zeitraum erfolgen, da die für rechtsfähige Stiftungen geltenden Errichtungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches auf die Treuhandstiftung keine Anwendung finden. Das hat zur Folge, dass staatlicherseits allein die Mitwirkung der Finanzbehörde erforderlich ist, sofern eine gemeinnützige Stiftung als gesondertes Steuersubjekt errichtet werden soll.

Eine Treuhandstiftung kann bereits mit einem geringen Vermögen gegründet werden. Die Anforderung an die Höhe der Vermögensausstattung ist von Finanzbehörde zu Finanzbehörde unterschiedlich. Maßstab ist die Frage, ob die Erträge oder absehbare Zuwendungen eine dauerhafte Verwirklichung des Zweckes erlauben. Bei vielen Finanzbehörden ist ein Vermögen in Höhe von 10.000 Euro für die Gründung einer Treuhandstiftung ausreichend. Empfehlenswert ist sicherlich eine größere Summe. Nicht selten geben auch Treuhandverwaltungen eine Mindestsumme als Bedingung dafür vor, dass die Stiftung unter ihrem Dach verwaltet werden kann.

Da die Treuhandstiftung keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, kann sie z.B. keine Verträge im eigenen Namen schließen und testamentarisch nicht als Erbin eingesetzt werden. Will sie Rechtshandlungen vornehmen, ist sie immer auf den Treuhänder angewiesen, der die Stiftung im Rechtsund Geschäftsverkehr vertritt. Dabei ist der Treuhänder verpflichtet, das Stiftungsvermögen von seinem eigenen Vermögen getrennt zu halten und es nach den Vorgaben des Stifters zu verwalten. Die fehlende Rechtsfähigkeit bedeutet insofern eine Einschränkung in der Art der Zweckverwirklichung. Da eine aktive Projektarbeit normalerweise mit dem Abschluss einer Vielzahl von Verträgen einhergeht, eignet sich die Treuhandstiftung nur für reine Förderstiftungen, also solche, die ihre Zwecke dadurch erfüllen, dass sie mithilfe ihrer Erträge andere gemeinnützige Organisationen fördern, nicht aber für eine operative Zweckerfüllung, also zur Durchführung eigener Projekte.

Eine Treuhandstiftung kann rechtlich auf zwei Arten ausgestaltet werden: zum einen als Schenkungsversprechen (§§ 516, 525 BGB) und zum anderen als Geschäftsbesorgungsvertrag. Da die jeweiligen Vertragsformen unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich ziehen, enthalten die angefügten Mustertexte einen gesonderten Entwurf für die jeweilige Variante des Stiftungsgeschäfts (siehe S. 82–83). Die Gründung der Treuhandstiftung unter Lebenden setzt neben dem Errichtungsgeschäft (Schenkung oder Geschäftsbesorgungsvertrag) und der Satzung den Abschluss einer Treuhandvereinbarung zwischen dem Stifter und dem Treuhänder voraus, in dem die Bedingungen für die Verwaltung geregelt werden. Nicht selten werden diese Elemente in einem Dokument zusammengefasst.

Bei der Treuhandstiftung besteht eine große Abhängigkeit vom Treuhänder, was die Beziehung zum Treuhänder zu einer echten Vertrauensbeziehung macht. Im Jahr 2012 haben sich Vorstand und Beirat des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen daher auf „Grundsätze guter Verwaltung von Treuhandstiftungen“ verständigt, die klare Qualitätsanforderungen an Verwalter enthalten und Stiftern Orientierung bei der Auswahl eines Dienstleisters als Treuhänder des Stiftungsvermögens bieten. Verlangt wird darin u.a., dass Geschäftsführung und Gremien einer Treuhandstiftung mit ihren jeweiligen Kontrollfunktionen klar voneinander getrennt sind. Zudem betont der Kodex das Recht zur späteren Umgestaltung der Treuhandstiftung in eine rechtsfähige Stiftung und die Möglichkeit zum Wechsel des Treuhänders. Keinesfalls darf gewerbliches Eigeninteresse des Treuhanddienstleisters das gemeinnützige Handeln der Treuhandstiftung belasten. Dazu heißt es in der Präambel der Grundsätze: „Stiftungen sind keine Steuerspar- oder Altersvorsorgemodelle und dürfen auch nicht als solche vermarktet werden.“ Die Grundsätze bilden die Richtschnur für die Vergabe des „Qualitätssiegels für Treuhandstiftungen“, das ab Herbst 2014 von einem unabhängigen Vergabeausschuss im Auftrag des Deutschen StiftungService verliehen wird. Letzterer ist eine Gesellschaft des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, dessen Gremien die Einführung des Qualitätssiegels initiiert haben, um der besonderen Schutzbedürftigkeit von Treuhandstiftungen Rechnung zu tragen.

Die Treuhandstiftung kann als „kleine“ Lösung für denjenigen empfehlenswert sein, der erst einmal mit wenig Vermögen das Stiften „ausprobieren“ möchte. Die steuerrechtlichen Vorteile gelten auch für die Treuhandstiftung, sofern sie eine gemeinnützige Zweckausrichtung hat und das Finanzamt ihren Gemeinnützigkeitsstatus festgestellt hat. Ihre Errichtung kann zu Lebzeiten oder von Todes wegen erfolgen. Bei der Verfügung von Todes wegen sind die erbrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten und Formvorschriften zu beachten.

PRAXISTIPP: Das Wohl und Wehe einer Treuhandstiftung hängt im Wesentlichen vom Treuhänder ab. Machen Sie sich die Tragweite der Entscheidung für einen Treuhänder bewusst: Die Auswahl eines Treuhänders sollte mit entsprechender Sorgfalt erfolgen! Und für den Fall, dass es wider Erwarten doch nicht so läuft wie erwartet, sollte die Vereinbarung die Möglichkeit vorsehen, dass man sich ggf. wieder voneinander trennen kann. Eine Richtschnur bei der Auswahl des richtigen Treuhänders bieten Ihnen die Grundsätze guter Verwaltung von Treuhandstiftungen des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen (www.stiftungen.org/ggt) und das Qualitätssiegel für gute Treuhandstiftungsverwaltung (www.stiftungstreuhaender.org).

Rechtsfähige Stiftung und Treuhandstiftung: Unterschiede auf einen Blick