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Christian Schürer - Der Traum von Heilung. Eine Geschichte der Höhenkur zur Behandlung der Lungentuberkulose - HIER UND JETZT

Inhalt

Vorwort

Einleitung

Fragestellung, Untersuchungsgegenstand und theoretischer Ansatz

Quellen und Forschungsstand

Aufbau

Die gesunde Schweizer Alpenluft

Kathedralen der Erde

Reisen in die Alpen

Der Berg heilt

Der Aufstieg der Ärzte

Ärzte werden tonangebend

Die Tuberkulose und die Diätetik

Ärztemacht und die Verbreitung von Ärztewissen

Die Theorie des immunen Klimas

Hermann Brehmer verkündet Heilung

Alexander von Humboldt und die therapeutische Entdeckung der Höhe

Konkurrenz unter Kurorten

Eine Landschaft wird zum Sanatorium

Der Mann, der Davos erfand

Ein Zeitungsartikel bringt den Durchbruch

Davos als Kopie von Görbersdorf

Der Aufstieg von Davos

«Feinde ringsum»: Streit um die Höhenkur

Abschied vom immunen Klima

Die Liegekur und die Bazillen

Konfusion um den Erreger

Frische Luft: Bakteriologischer Support für die Höhenkur

Bazillenfurcht und hygienische Sanatorien

Der Tuberkulose-Tyrann von Davos und das erste Sanatorium

Arosa, Leysin, St.Moritz – und der Uetliberg

Robert Kochs Fehlschlag als Glücksfall für die Höhenkur

Sanatorium, Exzess, Tod – die Höhenkur um 1912

«Davos, ein Schwindel?» – Geschäftemacherei mit der Familie Mann

Volksseuche, Volkssanatorien, Höhenklima

Der schädliche Exzess und die totale Institution

Privatsanatorien, Libido, Toxine

Kritik, Chirurgie, Tod

Mieschers Traum

Friedrich Miescher und die Höhenphysiologie

Pathologien der Höhe

Mieschers Physiologie der Heilung

Zweifel an Mieschers Theorie

Die Verteidigung der «Blutrevolution»

Mieschers Traum wird wahr

Ein Forschungsinstitut für die Höhenkur

Adolf Loewys Ruf nach Davos

Ein Forschungsinstitut als «sicher wirkende Reklame»

Physiologische Erkundigungen in Teneriffa

Streit über die Zahl der Blutkörperchen

Emil Abderhalden, Joseph Barcroft und die Entfernung der Milz

Eine leise Enttäuschung

Der zerstörte Mythos

Bioklimatologie – Licht und Luft des Hochgebirges

Die Klimatologische Tagung von Davos und Carl Dorno

Das Mädchen, der Tod und der Glücksfall für Davos

Dornos «Studie über Licht und Luft des Hochgebirges»

Davoser Klimatologie vor Dorno: Carl Wetzel und Hugo Bach

Pioniere der Lichttherapie: Finsen, Bernhard, Rollier

Schicksalsschläge und das Lob der UV-Strahlen

Die Abkühlungsgrösse und «das gesündeste aller Klimata der Erde»

Wissenschaft, populäre Schriften und Propaganda

Dornos Tod

Die unendliche Suche nach dem Heilfaktor

Exkurs: Die Nazis und das Höhenklima

Der Herbst der Höhenkur – im Sanatorium um 1946

Heilung durch Streptomycin und ein Verrat

Das Unbehagen der Sanatoriumsärzte

Die ungebrochene Liebe zum Messer

Der Abstieg vom Zauberberg

Schluss: Behandlung ohne Heilung

Epilog: «Der allererste Fall»

Anhang

Quellen- und Literaturverzeichnis

Bildnachweis

Anmerkungen

Vorwort

Der Mythos der Höhenkur ist bis heute lebendig, und die Alpenluft wird noch immer als heilsam beschrieben. Was vor über 150 Jahren mit der Behandlung von lungenkranken Patientinnen und Patienten im Höhenklima begann, soll heute als sogenannter medical tourism reiche Früchte tragen und gesundheitssuchende Touristen in Schweizer Ferienorte führen. Die Faszination für Luft und Licht des Hochgebirges scheint ungebrochen, und gerade deshalb entschloss ich mich, eine Dissertation über die Höhenkur zur Behandlung der Lungentuberkulose zu schreiben, nachdem ich vor über zehn Jahren eine Lizentiatsarbeit zu diesem Thema verfasst hatte. Die Dissertation, die ich für das vorliegende Buch überarbeitet und gekürzt habe, entstand neben meiner hauptberuflichen Tätigkeit als Journalist. Dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen, konnte nur gelingen, weil mich zahlreiche Personen unterstützten. Ihnen allen bin ich zu grossem Dank verpflichtet. Namentlich danke ich Philipp Sarasin, meinem Gutachter am Historischen Seminar der Universität Zürich, der meinem Projekt jederzeit wohlwollendes Interesse entgegengebracht hat und mir konzeptuell und inhaltlich äusserst wertvolle Anregungen gegeben hat. Monika Dommann hat sich spontan bereit erklärt, die Zweitbegutachtung zu übernehmen. Dafür wie auch für versierte Vorschläge bin ich ihr sehr dankbar. Dank schulde ich auch Iris Ritzmann, deren Fachwissen für mich überaus wertvoll war. Wichtig war überdies die Mitarbeit derjenigen Personen, die mir beim Auffinden der Quellen zu dieser Geschichte geholfen haben. Ich bedanke mich insbesondere bei Timothy Nelson von der Dokumentationsbibliothek Davos und bei Monika Huber und Ursula Reis vom Medizinhistorischen Institut der Universität Zürich. Werner Schmutz, Direktor des Physikalisch-Meteorologischen Observatoriums Davos /Weltstrahlungszentrum, hat mir freundlicherweise Zugang zu seinem Archiv gewährt.

Mehrere Personen haben Teile dieser Arbeit gelesen und mir in Gesprächen wichtige Anstösse gegeben. Ich bedanke mich dafür bei Niklaus Ingold, Florian Rohner, Markus Binder, Stephan Durrer, Tamara Weder und Stefan Schürer. Sehr anregend waren zudem die fachlichen Diskussionen in meiner Lesegruppe, der auch Michael Jucker und Stefan Keller angehören. Im Weiteren konnte ich mich mit verschiedenen Personen austauschen, welche die Geschichte der Tuberkulosebehandlung aus eigener Erfahrung kennen. Zu grossem Dank verpflichtet bin ich Hedi Csomor-Scheiwiller, einst Lungenpatientin in Davos und später selbst Ärztin. Sie hat mir mit ihren Schilderungen eine andere Sichtweise des Themas ermöglicht. Sehr wertvoll war für mich auch der Austausch mit Markus Noll, emeritierter Professor für Molekularbiologie. Ebenfalls sehr anregend waren die Gespräche mit Peter Braun, dem langjährigen Chefarzt der Höhenklinik Clavadel in Davos. Für das Interesse an meiner Arbeit und die hilfreiche Unterstützung bedanke ich mich zudem bei Otto Brändli, ehemals Chefarzt der Zürcher Höhenklinik Wald, und bei Max Kuhn, ehemals Leitender Arzt für Pneumologie am Kantonsspital Chur.

Verschiedene Institutionen haben die Drucklegung finanziell unterstützt. Ich bedanke mich bei Lunge Zürich, der Schweizerischen Stiftung für Tuberkuloseforschung, der Kulturförderung Graubünden, der Claire Sturzenegger-Jeanfavre Stiftung und der Stiftung vormals Bündner Heilstätte Arosa. Zudem bedanke ich mich bei der Salomon David Steinberg-Stipendien-Stiftung. Bei der Suche nach Bildern für die Publikation war mir Pascal Werner von der Fotostiftung Graubünden behilflich. Ermöglicht hat die Publikation schliesslich der Verlag Hier und Jetzt in Baden. Ich danke Verlegerin Madlaina Bundi für die umsichtige Begleitung der Publikation und Rafael Werner für das sorgfältige Lektorat.

Am meisten zu danken habe ich aber meiner Familie, ohne deren Verständnis und Hilfe ich dieses Buch nicht hätte schreiben können. Ich bedanke mich bei Sara Galle für ihre Anteilnahme und für zahlreiche wertvolle Gespräche. Ihr und unseren Söhnen Andri und David ist dieses Buch gewidmet.

Zürich, im November 2016

Einleitung

An keiner Krankheit starben um 1900 in der Schweiz oder in Deutschland mehr Menschen als an Tuberkulose. Wirksame Medikamente gegen die Krankheit fehlten, weshalb die Behandlung in Sanatorien und Heilanstalten vielen als einziger Hoffnungsschimmer erschien. Viel frische Luft, reichliche Ernährung, Ruhe und Bewegung und häufig auch der Aufenthalt in einem als heilsam erachteten Klima waren die Eckpfeiler der Therapie. Verschiedene Ärzte propagierten diese Behandlung, während andere sie verwarfen. «Wie ich helfen soll, weiss ich nicht, aber was Sie meinen, Herr Kollege, ist Unsinn», gab der Davoser Arzt Friedrich Jessen die verfahrene Situation wieder.1 Das berühmteste Beispiel von Kritik am Sanatoriumsbetrieb ist Thomas Manns Roman Der Zauberberg von 1924. In Roman entpuppt sich Hofrat Behrens, ärztlicher Leiter des fiktiven Davoser Sanatoriums Berghof, als gewiefter Geschäftsmann, der sich seine Patientennachfrage gleich selbst schafft: «Früher hätten im Sommer nur die Treuesten der Treuen in diesem Tale ausgeharrt», heisst es im Roman. Diesen für die Davoser Sanatorien unerfreulichen «Missstand» verstand der Arzt zu korrigieren. «Er habe die Lehre aufgestellt», so die Erzählung eines langjährigen Kurgasts, dass «die sommerliche Kur nicht nur nicht weniger empfehlenswert, sondern sogar besonders wirksam und geradezu unentbehrlich sei. Und er habe dieses Theorem unter die Leute zu bringen gewusst, habe populäre Artikel darüber verfasst und sie in die Presse lanciert. Seitdem gehe das Geschäft im Sommer so flott wie im Winter.»2 Der wirtschaftliche Erfolg des Sanatoriums im Zauberberg war also auf eine Reihe von Artikeln zurückzuführen.

Die Passage aus dem Zauberberg umreisst anschaulich den Gegenstand dieses Buches: Ärzte empfahlen und bekräftigten in (populär-)wissenschaftlichen Schriften und Artikeln die Behandlung der Lungentuberkulose im Höhenklima und beschrieben dessen Heilkraft. Diese publizistischen Bemühungen waren sehr erfolgreich. Die Theorie, dass das Höhenklima die Lungentuberkulose heilt, konnte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der medizinischen Diskussion festsetzen und bis weit ins 20. Jahrhundert behaupten, obwohl sie von Anfang an infrage gestellt wurde. Eine entscheidende Rolle spielten dabei Artikel in Fachzeitschriften, worauf auch ein medialer Schlagabtausch unter «realen» Kurärzten hinweist: 1886 kritisierte der Arzt Andreas Siebenmann in der Zeitschrift Correspondenz-Blatt für Schweizer Aerzte, dass Davos wegen heftiger Lokalwinde und Schattenarmut als Sommerkurort nicht geeignet sei.3 Obwohl Siebenmann, der im nahe gelegenen Klosters praktizierte, Davos als Luftkurort für Lungenkranke insgesamt lobte, lösten seine Bemerkungen bei Davoser Ärzten helle Empörung aus. Der Davoser Arzt Alexander Volland versuchte, die Kritik zu parieren, indem er Siebenmann und einem weiteren Kritiker Unwissenheit vorwarf. Er schrieb im Fachblatt Deutsche Medicinische Wochenschrift, dass der Kurerfolg in Davos «eine auf langjährigen Erfahrungen beruhende Tatsache» sei. Bemerkenswert ist, dass Volland gegenüber den Kritikern explizit wirtschaftliche Argumente ins Feld führte und vor den wirtschaftlichen Folgen eines Verfalls des damals erfolgreichen Höhenkurorts warnte.4 1887 veröffentlichte Siebenmann im Correspondenz-Blatt eine Replik auf Vollands Artikel. Siebenmann wunderte sich angesichts der in seinen Augen geringfügigen Kritik über die empörten Reaktionen aus Davos. «Warum nun dieser Sturm im Glase Wasser?», fragte Siebenmann. Die Antwort war für ihn in den finanziellen Interessen der Davoser zu finden: Die dortigen Ärzte hätten Angst um ihr Geschäft. Mit ihren Stellungnahmen für Davos würden sie versuchen, die Werbetrommel für ihren Kurort zu rühren.5 Vertreter der Tuberkulosebehandlung im Höhenklima massen, das wird hier deutlich, einer positiven Berichterstattung in der Fachpresse grosse Bedeutung zu. Das Correspondenz-Blatt für Schweizer Aerzte oder die Deutsche medicinische Wochenschrift spielten für die ärztliche Meinungsbildung eine entscheidende Rolle. Und die Meinung der Ärzte war für die Kurorte in wirtschaftlicher Hinsicht entscheidend: Es waren die Ärzte, die ihren Patientinnen und Patienten den Aufenthalt in einem bestimmten Kurort empfahlen oder ihnen davon abrieten.

Die Thesen der Mediziner in Fachartikeln blieben nicht graue Theorie, sondern prägten das Handeln von Ärzten und von Patientinnen und Patienten: Immer mehr tuberkulosekranke Menschen strömten zur Höhenkur in eine steigende Zahl selbst ernannter Höhenkurorte. Die Schweiz habe von der Tuberkulose profitiert, schreibt der Medizinhistoriker Francis Barrymore Smith: Verarmte Bergtäler wurden durch die Behandlung der Lungentuberkulose zu Goldgruben.6 Wichtigster Schauplatz dieser Entwicklung war die Landschaft Davos im Landwassertal.7 Der Davoser Landschaftsarzt Alexander Spengler griff um 1860 geschickt die in der medizinischen Diskussion zirkulierenden Theorien über eine heilsame Wirkung des Höhenklimas auf und erkannte als einer der Ersten das Potenzial einer hoch gelegenen Landschaft in den Alpen als Höhenkurort. Spengler tat sich mit Financiers und Unternehmern zusammen. Der Bündner Kurort entwickelte sich in der Folge zum Inbegriff der Tuberkulosebehandlung und erlebte von 1890 bis 1914 seine Glanzzeit.8 Den Höhenkurorten kam zugute, dass die Schweizer Alpen seit dem 18. Jahrhundert auf ein steigendes Interesse von Künstlern, Naturforschern oder Reisenden gestossen waren und eine vorteilhafte, bisweilen geradezu erhabene Wahrnehmung der Alpen entstehen konnte. Es ist die These dieser Arbeit, dass Davos und später andere Orte in den Schweizer Alpen – anders als in der Fachliteratur häufig beschrieben – nicht wegen eines der Natur innewohnenden Heilfaktors zu berühmten Luftkurorten wurden, sondern weil sie sich clever als Orte der Gesundheit vermarkteten. Der Aufenthalt in Schweizer Höhenkurorten erschien wohlhabenden Patientinnen und Patienten in Europa dadurch beinahe als selbstverständlich: «Es war Sitte, wenn man die Mittel dazu hatte, wurde man nach Davos oder Arosa geschickt», berichtet Katia Mann im Buch Meine ungeschriebenen Memoiren.9 Sie weilte 1912 wegen einer vermeintlichen Lungentuberkulose ein halbes Jahr in Davos und ein Jahr später in Arosa und gab mit ihren Berichten über den Kurbetrieb ihrem Ehemann Anregungen für den Zauberberg.10

In der Schweiz wurden zahlreiche Sanatorien in hoch gelegenen Ortschaften gebaut. Doch auch Sanatorien und Kurhäuser im Flachland oder am Mittelmeer boten lungenkranken Patienten ihre Dienste an. Schweizer Höhenkurorte wie Arosa, Leysin, Crans-Montana oder eben Davos, die ebenfalls um eine zahlungskräftige ausländische Klientel buhlten, waren ständig bestrebt, sich gegen diese zu behaupten, und setzten alles daran, die Wirkung des Höhenklimas mithilfe von wissenschaftlichen Studien und eigenen Forschungsinstitutionen zu belegen. Beispielhaft ist die Stellungnahme des Davoser Arztes und Sanatoriumseigners Rudolf Wolfer von 1933: Die wissenschaftliche Ergründung der Kuren im Höhenklima stelle die beste Förderung der Höhenkurorte «auch in wirtschaftlicher Hinsicht dar». Insbesondere müsse mit wissenschaftlichen Studien dafür gesorgt werden, dass die Ärzte von einer Behandlung im Höhenklima überzeugt würden, denn diese seien die «Berater» ihrer Patienten. Als Höhenklima im medizinischen Sinn definierten Forscher den Höhenbereich zwischen 1200 und 1800 Meter über Meer.11 Tatsächlich vermochten Vertreter der Klimatherapie Ärzte von der Wichtigkeit des Höhenklimas zu überzeugen. Die Beschreibungen eines heilsamen Effekts des Hochgebirges auf die Tuberkulose trugen ab den 1860er-Jahren dazu bei, dass hoch gelegene Ortschaften in den Schweizer Bergen geradezu als Quelle der Gesundheit erschienen. Das Klima und die Ortschaften selbst erhielten einen «heilträchtigen Nimbus», der immer weitere Patientinnen und Patienten in Höhenkurorte lockte.12 Berge wurden mit der «magischen Eigenschaft» versehen, Körper und Seele zu regenerieren, was auch die Entwicklung von Tourismuszentren in den Alpen beförderte. Die Entstehung des Wintertourismus in der Schweiz vor 150 Jahren ist denn auch eine Folge der Behandlung von Lungenkranken.13 Exemplarisch kommt die Vorstellung des heilenden Bergs im Slogan von Otto Morachs oft reproduziertem Werbeplakat für Davos aus dem Jahr 1926 zum Ausdruck: «Der Weg zur Kraft u. Gesundheit führt über Davos».14

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Plakat von Otto Morach im Auftrag des Verkehrsvereins Davos, um 1926.

Unabhängig davon, ob die Tuberkulosebehandlung im Höhenklima oder wie in Deutschland oder England in einem Sanatorium im Flachland stattfand: Zentrales Element der Therapie war, dass sich die Patientinnen und Patienten möglichst lang an der frischen Luft aufhielten. Neben der Luft war ab 1900 für manche Mediziner auch das Licht entscheidend für die Therapie. Ärzte beschrieben die Tuberkulose als «Krankheit der Dunkelheit», die durch lichtarme, rauchbelastete Wohn- und Arbeitsverhältnisse in den Städten gefördert wurde. Ausserhalb der Industriezentren gelegene Lungenheilanstalten versprachen dank frischer Luft und Sonnenlicht Heilung. Aufgrund der Tuberkulosetherapie wurden Licht, Luft und Sonne zum Inbegriff von Gesundheit, was auch auf Kunst und Architektur ausstrahlte. Es entstanden spezielle Heilanstalten, Sanatorien mit geschützten Balkonen und Liegehallen, welche den Patienten den «Genuss» von möglichst viel Luft und Licht ermöglichten. Auch im Wohnhausbau der Moderne hielt dieses Ideal mit dem Einbezug von Balkonen, Terrassen oder grossen Fenstern Einzug.15 Und noch heute ist die «gute Bergluft» ein wichtiges Element für die Vermarktung der Alpenregion.16 Kürzlich hat die Regierung des Kantons Graubünden den «Gesundheitstourismus» zu einem Schwerpunkt ihrer Tätigkeit erhoben und dabei auf die Mitte des 19. Jahrhunderts erkannte «gesundheitsfördernde Wirkung des Hochgebirgsklimas» verwiesen.17 Und selbst in der neuesten Fachliteratur über Davos wird die Meinung vertreten, dass das Höhenklima die Tuberkulose heile.18

Einige elegante Bauten in Davos oder Leysin erinnern noch an die Sanatoriumsbehandlung, die während Jahrzehnten als Standardtherapie bei Lungentuberkulose galt. Zahllose Patienten suchten Heilung in solchen Heilstätten, nicht selten vergeblich. In der Schweiz war von 1891 bis 1900 mehr als jeder zehnte Todesfall auf Lungentuberkulose zurückzuführen.19 Wirksame Medikamente gegen die «weisse Pest» fehlten bis Ende der 1940er-Jahre, als gegen das Tuberkulosebakterium wirkende Substanzen erhältlich wurden. Die Hoffnung, die Tuberkulose mit den Antibiotika besiegen zu können, erfüllte sich trotz eines Rückgangs der Krankheit in den folgenden Dekaden nicht. Heute stellt die Tuberkulose nach wie vor eine äusserst gefährliche Infektionskrankheit dar: Zwei Milliarden Menschen sind Träger des Tuberkulosebakteriums, jährlich sterben rund eineinhalb Millionen Menschen an dieser Krankheit. Regelmässig berichten Medien über die «Rückkehr der Tuberkulose» nach Westeuropa und in die USA. Resistente Keime erschweren die medikamentöse Therapie, Patienten mit schweren Resistenzen können manchmal nicht mehr behandelt werden. Experten fordern deshalb gar die Wiedereinrichtung von Sanatorien, um Patienten mit resistenten Bakterien palliativ betreuen zu können und um die Bevölkerung vor Ansteckung zu schützen.20

Fragestellung, Untersuchungsgegenstand und theoretischer Ansatz

Wie kam es nun dazu, dass es unter den Gutbetuchten in ganz Europa «Sitte» war, zur Tuberkulosebehandlung nach Davos oder Arosa zu fahren, wie es Katia Mann beschrieben hat? Dieser Frage gehe ich in meiner Arbeit nach. Mich interessiert, wie sich die Theorie, dass das Höhenklima die Lungentuberkulose heilen könne, nach 1850 in Medizin und Gesellschaft etablieren und bis 1950 bei der Behandlung der Lungentuberkulose eine derart wichtige Rolle spielen konnte. Im Einzelnen ergeben sich daraus folgende Fragen: Wann und in welcher Form tauchte die Theorie des heilenden Höhenklimas in der medizinischen Diskussion auf? Mit welchen Argumenten konnte sie sich in der Medizin etablieren und behaupten? Wie setzten sich ihre ärztlichen Befürworter – die für die Diskussion zentralen Akteure – mit konkurrierenden Theorien auseinander, und wie reagierten sie auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse? Und schliesslich: Wie wirkte sich die Theorie auf die Praxis der Ärzte, auf die Situation von Patientinnen und Patienten und auf die Entwicklung von Höhenkurorten aus? Meine Arbeit geht somit primär wissenschaftsgeschichtlichen Fragen nach und untersucht die Entstehung und Zirkulation von Wissen, daneben kommen auch medizin- und sozialgeschichtliche Aspekte zur Sprache.21 Von Interesse sind auch biografische Bezüge von Ärzten und Wissenschaftlern, die über die Höhentherapie publizierten und diese verteidigten, da ihre persönliche Lebenssituation oftmals in enger Beziehung mit ihrem wissenschaftlichen oder therapeutischen Wirken stand. Untersucht wird in der Arbeit die Zeit zwischen 1850 und 1950. Ab 1850 setzen Ärzte die Idee um, dass hoch gelegene Orte die Lungenschwindsucht heilen könnten. Um 1950 verlor die Höhenbehandlung in Sanatorien an Bedeutung, unter anderem weil nun Antibiotika zur Verfügung standen, die eine Behandlung in Sanatorien nicht mehr zwingend notwendig erscheinen liessen. Davos war gemessen an den Gästezahlen der bedeutendste Kurort, in dem zahlreiche Interessenvertreter der Höhenkur tätig waren.22 Zudem entstanden wissenschaftliche Studien, welche die «Heilkraft» des Höhenklimas bei Lungentuberkulose belegen sollten, häufig in Davos, weshalb Davos als Pionierort und bekanntester Höhenkurort in dieser Arbeit häufig vorkommt. Es geht mir jedoch nicht um die Lokalgeschichte dieses Ortes, vielmehr sind auch andere hoch gelegene Orte in der Schweiz Schauplatz des Buches. Insgesamt waren es nämlich schweizerische Ortschaften, denen es gelang, eine heilsame Höhenklimawirkung geltend zu machen, obwohl der Anteil der Schweiz an den Alpen flächenmässig deutlich kleiner ist als derjenige von Österreich oder Italien. Dennoch kommen in meiner Studie auch Orte und Mediziner aus anderen Ländern vor: So wurde die Höhentherapie konzeptionell und methodisch um 1850 von einem Arzt im damals preussischen Schlesien entwickelt, und auch in anderen Ländern setzten Mediziner auf die therapeutische Wirkung von erhöhten Gegenden. Zudem hatte die Höhenkur in der Schweiz internationale Ausstrahlung, weshalb auch Ärzte aus anderen Ländern ihre Patienten zur Lungenkur ins Hochgebirge sandten.

In theoretischer Hinsicht nehme ich eine konstruktivistische Perspektive ein. Ich gehe davon aus, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Medizin nicht einfach die Entdeckung einer natürlichen Ordnung darstellen, welche unabhängig vom menschlichen Handeln existiert.23 Vielmehr können die Beziehungen zwischen Menschen und ihre sozialen Interessen zur Erklärung beitragen, wie es zu bestimmten wissenschaftlichen Aussagen kommt.24 So wurde die Höhenkur auch deshalb wichtig, weil Mediziner geschickt ihre Interessen vertraten und Verfechter der Höhenbehandlung unablässig Artikel und Studien über heilsame Faktoren des Höhenklimas publizierten. Ein Artikel ist gemäss dem Wissenschaftssoziologen Bruno Latour «eine kleine Maschine, um Interessen, Überzeugungen zu verschieben und in einer Weise zu orientieren, dass der Leser gleichsam unweigerlich in eine bestimmte Richtung gelenkt wird».25

Die Erforschung von Interessen, welche Theorie und Praxis der Medizin formen, wird als wichtiges Thema der Geschichtswissenschaft angesehen.26 Wissenschaftshistoriker stellen sie aber auch infrage, etwa weil sich der kausale Zusammenhang zwischen Interessen der Akteure und medizinischem Inhalt nicht belegen lasse.27 Interessen der damaligen Akteure geltend zu machen, nimmt zudem in Anspruch, deren Intentionen erkennen zu können.28 Ich halte es jedoch für angemessen, in dieser Arbeit über die Höhenkur eine Interessentheorie zu verwenden – weil Interessen wie das Streben nach Macht, Geld und Autorität in den Quellen fassbar werden: Viele der Ärzte, welche zur Höhenbehandlung der Tuberkulose anmahnten, zogen als Kurärzte oder Mitbesitzer von Kurhäusern und Sanatorien einen direkten finanziellen Nutzen daraus – der Medizinhistoriker Vincent Barras spricht vom Typus des «entrepreneur médical».29 Dies verweist auf die Gesundheitsökonomie mit ihrer Theorie der «angebotsinduzierten Nachfrage»: Der Arzt ist Anbieter von Leistungen, zugleich berät er die Patienten beim Entscheid, welche Leistungen sie nachfragen sollen.30 Die Ärzte haben so die Möglichkeit, die Nachfrage nach Therapien zu steuern. Ärzte können ihr Einkommen erhöhen, wenn sie mehr Patienten mehr medizinische Leistungen nachfragen lassen. Allerdings wäre es eine unzutreffende Verkürzung, den Einsatz der Ärzte für das Höhenklima auf finanzielles Eigeninteresse zu reduzieren. Nicht alle Ärzte, welche die Höhenbehandlung befürworteten, profitierten persönlich davon. Zudem waren wohl viele Ärzte in Übereinstimmung mit ihrer Berufsethik davon überzeugt, zum Wohl ihrer Patienten zu handeln. Die Ärzteschaft war in den ersten Jahren des Untersuchungszeitraums noch immer bestrebt, sich in der Gesellschaft als Heilkundige zu etablieren. Der «Aufstieg» der Ärzte konnte sich nur vollziehen, wenn sie Therapieangebote bereithielten, die Heilung versprachen.31

Selbstredend vermögen soziale Faktoren die Theorie des heilenden Höhenklimas allein nicht zu erklären. Diese ist nur in ihrer Vermittlung mit dem durchaus realen, vielfach tödlichen Wirken der Krankheit Tuberkulose zu verstehen. Eine einseitige soziologische Erklärung von wissenschaftlichem Wissen wird denn auch kritisiert.32 Zudem konnten die Aussagen und Argumente, welche die Ärzte in den von mir untersuchten Quellentexten entwickelten, ihre Durchschlagskraft auch unabhängig von Intentionen und Interessen der Akteure gewinnen. Damit sie «wahr» wurden, mussten sie aber an bestimmte historische Bedingungen und Umstände anknüpfen können, wie etwa an das breit akzeptierte Denkmuster einer positiven Wahrnehmung der Alpen.33 Da die Theorie des kurierenden Höhenklimas wiederholt von Kritikern infrage gestellt wurde, sei es von Wissenschaftlern oder Anbietern konkurrierender Therapiemöglichkeiten, betrieben die Verfechter der Höhenkur viel Aufwand, um ihre Position verbessern zu können – mit Erfolg: Es gelang ihnen immer wieder, die These des heilsamen Höhenklimas in der medizinischen Diskussion zu stärken. In Davos gründeten sie eigene Forschungsinstitute, um Belege für die behauptete Heilwirkung des Höhenklimas vorweisen zu können. Diese Forschung funktionierte keineswegs losgelöst von praktischen und monetären Interessen der Geldgeber, den Bündner Behörden und Ärzten. Meine Arbeit wirft somit auch ein Schlaglicht auf eine grundsätzliche, wenn auch oft verdrängte Eigenschaft wissenschaftlicher Forschung.34

Quellen und Forschungsstand

Um darzulegen, wie sich die Theorie des heilenden Höhenklimas in der Medizin etablieren und behaupten konnte, untersuchte ich Artikel, Aufsätze und andere Schriften von Ärzten und von Medizinern an Universitäten und Forschungseinrichtungen. Texte von Ärztinnen und Wissenschaftlerinnen sind weniger vorhanden, dass es insbesondere im 19. Jahrhundert erst eine kleine Zahl von Medizinerinnen gab. Texte von Frauen stammen vornehmlich aus den letzten Jahren des Untersuchungszeitraums.35 Hauptquelle sind Artikel aus medizinischen Fachzeitschriften. Systematisch ausgewertet habe ich das Correspondenz-Blatt für Schweizer Aerzte, welches 1871 gegründet und 1920 in Form von zwei Zeitschriften weitergeführt wurde: als Schweizerische Medicinische Wochenschrift und als Ärztezeitung. Das Correspondenz-Blatt war in der Schweiz das zentrale Organ für medizinische Wissenschaft und Standesfragen.36 In ihm lassen sich, wie später auch in der Schweizerischen Medicinischen Wochenschrift, die medizinischen Diskussionen wie diejenige über die Behandlung der Lungentuberkulose verfolgen. In den Fachzeitschriften schrieben Medizinprofessoren oder Ärzte für ein medizinisches Fachpublikum und beeinflussten die medizinische Meinungsbildung entscheidend. Weiter zählen zu meinem Quellenmaterial Schriften von Ärzten, Medizinwissenschaftlern oder Naturforschern, welche sich für die Diskussion über die Höhenbehandlung der Lungentuberkulose als bedeutsam erwiesen und auf die bereits in der zeitgenössischen medizinischen Diskussion verwiesen wurde. Zudem analysierte ich Kurführer oder Werbebroschüren und konsultierte Protokollbücher des Davoser Ärztevereins und Landrats sowie einzelne Jahresberichte von Sanatorien. Untersucht habe ich auch literarische Quellen, allen voran Thomas Manns Roman Der Zauberberg. Diese ermöglichen einen anderen, nichtärztlichen Blick auf den Untersuchungsgegenstand. Der Zauberberg kommt in praktisch jeder Studie über die Tuberkulose vor und darf auch in meiner Arbeit nicht fehlen, weil er in Bezug auf die Fragestellung wichtige theoretische Aussagen enthält und sich in seiner Entstehungsgeschichte bedeutsame Anhaltspunkte für die These meiner Arbeit finden lassen.37

Eine historische Monografie über die Höhenbehandlung der Lungentuberkulose in der Schweiz und ihre wissenschaftlichen Begründungen, welche deren Etablierung und deren Bestehen während eines Zeitraums von rund hundert Jahren aus einer konstruktivistischen Perspektive nachzeichnet, gibt es meines Wissens nicht.38 In Aufsätzen oder Artikeln wurden indes schon verschiedene Elemente dieser Geschichte dargestellt. Zu nennen sind insbesondere die Arbeiten der Historikerin Daniela Vaj von der Universität Lausanne: 2005 beschrieb sie in einem Aufsatz verschiedene wissenschaftliche Grundlagen der Entstehung der cure d’altitude, insbesondere die Genese der Vorstellung, dass es hoch gelegene, «immune» Orte gebe, in denen keine Lungentuberkulose vorkomme.39 Ebenfalls zu erwähnen ist der kurze Artikel «Heilsame Höhenluft? Die Höhenkliniken als Wallfahrtsorte» der Historikerin Iris Ritzmann, welche die Geschichte der Höhentherapie nachzeichnet und ebenfalls die Frage aufwirft, ob hinter dem Glauben an die Höhenkuren auch handfeste, wirtschaftliche Interessen standen.40 Einen Überblick über die Höhentherapie gibt der Artikel des Lausanner Medizinhistorikers Vincent Barras über «Nutzen und Gefahren der Höhenluft».41 Schliesslich ist ein Aufsatz des französischen Philosophen François Dagognet von 1959 zu erwähnen, der den Erfolg der Luftkur auch auf mythologische und psychoanalytische Grundlagen der «Elevation» zurückführte.42

Daneben existieren verschiedene Darstellungen über die Geschichte von Höhenkurorten. Zu nennen ist hier das Buch der englischen Kulturhistorikerin Susan Barton, Healthy living in the alps von 2008, welches die Geschichte von Davos, Arosa, St. Moritz, Leysin und Grindelwald als Kur- und Wintersportorte nachzeichnet.43 Ralf Schenks umfassende und in Bezug auf die Tuberkulosegeschichte informative Darstellung der Geschichte des heilklimatischen Kurortes Davos geht implizit von einer in der Natur bestehenden günstigen Wirkung des Höhenklimas bei Lungentuberkulose aus.44 Zudem sind verschiedene Arbeiten zur Geschichte der Tuberkulosebekämpfung in der Schweiz vorhanden. Zu nennen ist insbesondere Hausordnung und Liegekur (1998) von Iris Ritzmann, welche nicht nur die Geschichte der Zürcher Höhenklinik Wald aufarbeitete, sondern auch Grundsätzliches über die Sozialgeschichte der Tuberkulose in der Schweiz aufzeigt.45 Wichtig für meine Arbeit sind auch die umfassenden sozialgeschichtlichen Studien von Daniel Gredig über die Tuberkulosefürsorge in der Schweiz (2000) sowie die Arbeit der Historikerin Andrea Kaufmann, Luft zum Leben, von 2008 über die Geschichte der Lungenliga Zürich.46 Verschiedene Historikerinnen und Historiker haben die Sozialgeschichte der Tuberkulose einzelner Länder aufgearbeitet, wie es auch mehrere Darstellungen über die Geschichte der Sanatoriumstherapie gibt.47 Von Bedeutung für die Fragestellung meiner Arbeit ist dabei insbesondere der Aufsatz «Behandlung ohne Heilung» von Flurin Condrau über den Behandlungserfolg der Sanatoriumstherapie.48 Die Höhentherapie der Lungentuberkulose wurde in der Medizingeschichte immer wieder thematisiert, indem über ihre medizinische Richtigkeit debattiert wurde. Sie wurde rückblickend gutgeheissen oder, in der Schweiz erst in jüngerer Zeit, verworfen, etwa als eine «Geschichte der Trugschlüsse».49 Es ist indes nicht das Ziel meiner Arbeit, aus der heutigen Perspektive eine frühere medizinische Theorie zu kritisieren. Der konstruktivistische Ansatz will vielmehr aufzeigen, dass es nicht zwangsläufig hätte kommen müssen, wie es gekommen ist, und fragt, warum es so gekommen ist.50

Aufbau

Die Arbeit ist folgendermassen aufgebaut: Das auf die Einleitung folgende Kapitel «Die gesunde Schweizer Alpenluft» erörtert Grundlagen und Begleitumstände des Aufstiegs der Höhenbehandlung: die veränderte gesellschaftliche Wahrnehmung der Alpen und ihr neues Bild in Kunst, Literatur und Wissenschaft. Zudem profitierte die Höhenkur vom aufkommenden Interesse der Touristen an den Alpen wie auch von einer verbesserten Verkehrsinfrastruktur. Im folgenden Kapitel «Der Aufstieg der Ärzte» gehe ich auf die Situation der Medizin im 19. Jahrhundert ein und beleuchte den Kontext, in welchem die Höhenklimabehandlung der Tuberkulose entstand: Im 19. Jahrhundert konnten sich die akademischen Ärzte zunehmend gegen andere Heilkundige durchsetzen und versuchten, in der Medizin naturwissenschaftliche Betrachtungsweisen anzuwenden. Ab 1850 beschrieben Ärzte die Tuberkulose als heilbar. Nach diesen beiden einführenden Kapiteln folgen die drei Hauptteile der Arbeit, die jeweils einem Wissenskomplex gewidmet sind, der für die Höhentherapie prägend war. Die Entwicklung des Wissens und ihre sozialgeschichtlichen Implikationen werden innerhalb dieser Hauptteile chronologisch dargestellt.

Der erste Hauptteil mit den Kapiteln «Die Theorie des immunen Klimas», «Eine Landschaft wird zum Sanatorium» und «Die Liegekur und die Bazillen» befasst sich mit den für Mediziner des 19. Jahrhunderts wichtigen Vorstellungen der antiken Diätetik, welche Umweltfaktoren als Ursache von Krankheit und Gesundheit betrachtete. So gingen Ärzte in der Antike wie auch im 19. Jahrhundert davon aus, dass das «richtige» Klima Krankheiten heilen könne. Im Kapitel über das «immune Klima» wird gezeigt, wie Wissenschaftler und Forschungsreisende in der Tradition dieser Vorstellungen auf verschiedenen Kontinenten Belege dafür entdeckten, dass in grossen Höhen lebende Menschen weniger oder gar nicht an Tuberkulose litten. Das Höhenklima machte gemäss diesen Beobachtungen gleichsam «immun» gegen Tuberkulose. 1853 verkündete der schlesische Arzt Hermann Brehmer die Heilbarkeit der Tuberkulose und knüpfte sie an die Behandlung in hoch gelegenen, «immunen» Ortschaften, in denen Lungentuberkulose nicht vorkam. Im darauffolgenden Kapitel wird dargestellt, wie der Davoser Arzt Alexander Spengler in den 1860er-Jahren Brehmers Theorie des heilsamen Höhenklimas erfolgreich in die Schweizer Alpen verpflanzte und wie in Davos ein weltbekannter Höhenkurort entstehen konnte. Das Kapitel über «Die Liegekur und die Bazillen» beschäftigt sich mit den Folgen von Robert Kochs Nachweis im Jahr 1882, dass die Tuberkulose eine Infektionskrankheit ist, für die Höhenkur: Es entstanden geschlossene Heilanstalten und Sanatorien, in denen bakteriologische Hygieneregeln zur Anwendung kamen. Die Höhenkurorte profitierten in den folgenden Jahren vom Scheitern der Bakteriologie, ein wirksames Medikament gegen die Tuberkulose auf den Markt zu bringen. Das folgende Kapitel «Sanatorium, Exzess, Tod» ist sozialgeschichtlich ausgerichtet und stellt die Situation von Patientinnen und Patienten im Höhensanatorium in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg dar. Das Kapitel zeigt auch, welche Rolle die Theorie des heilsamen Höhenklimas beim Bau von Volkssanatorien für weniger bemittelte Kranke spielte. Zudem wird dargelegt, dass der Erfolg der Sanatoriumsbehandlung schon früh in Zweifel gezogen wurde und dass die Wirkung der Höhenkur durch lungenchirurgische Eingriffe verbessert werden sollte.

Beim zweiten Wissensgebiet mit den Kapiteln «Mieschers Traum» und «Ein Forschungsinstitut für die Höhenkur» handelt es sich um die Höhenphysiologie, die sich ab 1870 intensiv mit der Frage beschäftigte, welche Wirkung das Höhenklima auf Blut und Körper hat. In «Mieschers Traum» stelle ich dar, wie Physiologen begannen, die Auswirkung der dünnen Höhenluft auf das Blut zu erforschen, vorerst unter dem Aspekt der «Bergkrankheit». Der Basler Medizinprofessor Friedrich Miescher stellte 1893, wenige Monate vor seinem Tod in einem Davoser Sanatorium, eine zentrale Begründung auf, warum es im Höhenklima zu einer Blutvermehrung und zur Heilung von Lungentuberkulose komme. Sein Text nahm in der Diskussion über die Wirkung des Höhenklimas auf Blut, Körper und Tuberkulose eine wichtige Position ein. 1922 wurde der Berliner Physiologe Adolf Loewy zum ersten Leiter des neu gegründeten Forschungsinstituts für Hochgebirgsphysiologie und Tuberkuloseforschung in Davos berufen, wie das folgende Kapitel zeigt. Mit dem Institut vermochten die Davoser Behörden und Ärzte die höhenphysiologische Forschung im Höhenkurort zu institutionalisieren. Das Institut suchte nach Belegen für die behauptete Heilwirkung des Höhenklimas und veröffentlichte zahlreiche Studien.

Beim dritten Wissenskomplex handelt sich um die sogenannte Bioklimatologie, die im Kapitel über «Licht und Luft des Hochgebirges» behandelt wird: Ab 1900 untersuchten Naturwissenschaftler systematisch die Wirkung der Sonnenstrahlung und verschiedener Klimafaktoren auf den Körper. 1907 gründete Carl Dorno in Davos das Physikalisch-Meteorologische Observatorium (PMOD) und vermass in den folgenden Jahren das Licht und die Luft des Hochgebirges mit grosser Akribie. Er veröffentlichte Studien über die Sonnenstrahlung und die sogenannte Abkühlungsgrösse und suchte auf diesem Gebiet nach der für ihn gegebenen Heilwirkung auf die Tuberkulose. Das Davoser Observatorium führte auch nach der Zeit von Dorno Untersuchungen zur Strahlungsforschung und zur klimatischen Medizin weiter und versuchte, einen Heilfaktor zu identifizieren. Als 1946 mit Streptomycin das erste wirksame Medikament gegen Tuberkulose verfügbar wurde, reagierten viele Ärzte in den Höhenkliniken mit Skepsis. Gleichzeitig gingen die Patientenzahlen zurück. Im sozialgeschichtlich ausgerichteten Kapitel über den «Herbst der Höhenkur» zeige ich, wie das Streptomycin in Davos eingeführt wurde und das Ende der Höhenkur begann: Aus Tuberkulosesanatorien wurden Hotels oder Mehrzweckkliniken. Zudem lege ich in einem Exkurs dar, dass auch Nationalsozialisten an eine Wirkung des Höhenklimas glaubten und in Davos verschiedene Institutionen der Höhenkur nationalsozialistisch ausgerichtet waren.

Die gesunde Schweizer Alpenluft

Kathedralen der Erde

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vertrat eine steigende Zahl von Ärzten und Medizinunternehmern die Auffassung, dass das Höhenklima die Lungentuberkulose heilen könne. In der Folge entstand in der Schweiz eine stattliche Zahl von prosperierenden Kurhäusern und Luftkurorten. Diese Entwicklung war nur möglich, weil ein vorteilhaftes Bild der Alpen vorherrschte. Auf die geänderte Wahrnehmung der Berge gehe ich in diesem Kapitel ein. Das einnehmende Bild der Alpen im 19. Jahrhundert schufen insbesondere Künstler und Literaten wie der englische Schriftsteller, Kunsthistoriker und Sozialreformer John Ruskin (1819–1900), der im Abschnitt «The Mountain Glory» seiner einflussreichen Buchreihe Modern Painters 1856 ein erhabenes Bild der Berge zeichnete, welche für ihn den Anfang und das Ende aller natürlicher Szenerie darstellten. Je gebirgiger eine Landschaft, desto schöner wird sie gemäss Ruskin. Als Beweis für diese These zählte Ruskin die Faktoren auf, welche den Alpen Schönheit verleihen würden, etwa die Farben in den Felsen oder die vornehme Wirkung der Bäche und der Wolken.1 Seine Ausführungen münden in seine berühmte Beschreibung der Berge als «Kathedralen der Erde»: «… these great cathedrals of the earth, with their gates of rock, pavements of cloud, choirs of stream and stone, altars of snow, and vaults of purple traversed by the continual stars …»2 Diese Schilderung der erhabenen Alpennatur machte grossen Eindruck auf Ruskins Leserschaft; einige wurden geradezu «infiziert» mit Enthusiasmus für die Alpen.3

Die Wertschätzung der unberührten Alpenwelt war indes nicht immer und überall gleich gross. Die Geschichte der Alpenwahrnehmung ist sehr vielschichtig, wie der Schweizer Historiker Jon Mathieu schreibt, wobei die Alpen nie einfach nur furchterregend oder attraktiv waren. Den Übergang vom alten zum neuen, positiven Alpenbild sieht Mathieu in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, als die Zahl der Reisen in die Schweiz und der Reiseberichte sprunghaft anstieg.4 Im Zeitalter des Barocks galten die «chaotischen Bergesmassen» bisweilen als Ärgernis, ihre Bewohner wurden als krank und ärmlich wahrgenommen, und ihr übernatürlich erscheinendes Naturgeschehen gab über das Mittelalter hinaus Anlass zu Befürchtungen. Der berühmte Kunstgelehrte Johann Joachim Winckelmann (1717–1768) soll bei der Alpenüberquerung in der Postkutsche die Vorhänge zugezogen haben, «um die schauerliche Landschaft nicht sehen zu müssen».5 Infolge eines neuen Naturgefühls veränderte sich jedoch diese Wahrnehmung. Jean-Jacques Rousseau (1712–1778) verband die neue Wertschätzung der Natur mit einem Loblied auf die Alpen und warb äusserst erfolgreich für die Schweizer Berge. Schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts hatte der englische Dichter Joseph Addison (1672–1719) eine Ästhetik der Unregelmässigkeit propagiert und soll beim Anblick der unberührten Bergnatur einen angenehmen Schauer verspürt haben, während später Romantiker wie der Engländer George Gordon Lord Byron (1788–1819), welche die Schönheit in den Formen der Natur fanden, das Alpenbild weiter transformierten.6 Auch französische Gelehrte wie der Historiker Jules Michelet (1798–1874) trugen mit ihrer romantischen Beschreibung der Berge zu einer «Religion des Gebirges» bei und zum Glauben an dessen Heilkraft.7 Englische, deutsche und französische Maler wirkten zunehmend in der Schweiz. Der bekannteste unter ihnen, der Engländer Joseph Mallord William Turner (1775–1851), war erstmals 1802 in der Schweiz tätig.8 In England galt es im 19. Jahrhundert geradezu als Zeichen des guten Geschmacks, die Schweizer Alpen zu besuchen, «the great love affair of the English with the mountains had begun».9 Doch waren es nicht nur Romantiker, welche die Reputation der Alpen veränderten und diese ästhetisierten – mit der Renaissance waren die Alpen auch ins Blickfeld von Naturforschern gerückt. Humanisten untersuchten die Pflanzenwelt, sammelten Fossilien und Mineralien, erforschten Geschichten von Teufeln und Ungeheuern und ergründeten Klima und Gebirgsformationen.10 So priesen gelehrte Schweizer Ärzte schon früh die Vorzüge der Berge, etwa der Zürcher Stadtarzt und Naturforscher Konrad Gessner (1516–1565), der die Alpen als wertvollen Teil der göttlichen Schöpfung erlebte, oder Johann Jacob Scheuchzer (1672–1733), ebenfalls Stadtarzt von Zürich und Naturforscher, der die Alpenwelt positiv bewertete und sich intensiv um deren Erforschung bemühte.11 Der Berner Arzt, Dichter und Naturwissenschaftler Albrecht von Haller (1708–1777) vermochte schliesslich mit seinem Gedicht «Die Alpen» von 1729 eine europaweite Bewunderung für die Alpenwelt zu entfachen. Das Gedicht idealisierte das glückliche und frei lebende Schweizervolk und gab diesem Glück eine alpine Konnotation.12 Die Alpen wurden konstitutiver Bestandteil der schweizerischen Identität. Der heute immer noch bedeutsame Alpenmythos entstand, und auch im Ausland etablierten sich die Alpen im 18. und 19. Jahrhundert als Symbol für politische Freiheit.13

Reisen in die Alpen

Die Entdeckung der Alpen durch Naturforscher und Künstler lenkte auch den Blick von Reisenden aus dem Ausland auf die Alpenregion. Ab 1770 entwickelte sich ein noch bescheidener Fremdenverkehr in der Gegend des französischen Orts Chamonix-Mont-Blanc, welcher von Genf aus aufgesucht wurde.14 In der Folge wurden auch das Berner Oberland und das Wallis Ziel von ausländischen, anfangs vor allem englischen Gästen. Vorerst erschwerten allerdings unterschiedliche kantonale Währungen und schlechte Verkehrswege das Reisen. Die Schweiz begann erst um 1850, später als das Ausland, mit dem Bau von Eisenbahnlinien.15 Leistungen von Alpinisten machten die Alpen weiter bekannt.16 1787 hatte der Genfer Horace-Bénédict de Saussure (1740–1799) den Montblanc bestiegen, den höchsten Berg der Alpen, und seine Erfahrungen im vierten Band seines Buches Voyages dans les Alpes, das lange Zeit als Standardwerk für Reisende und Naturforscher galt, veröffentlicht.17 Das goldene Zeitalter des Alpinismus begann in den späten 1850er-Jahren, als der Alpinismus Ausdruck des Wohlstands und des Wunsches wurde, der Klaustrophobie der Städte zu entfliehen.18 Berichte von Pionieren wie Edward Whymper, der 1865 als Erster das Matterhorn bestieg, trugen zur Popularisierung der Alpen bei, später auch die Repräsentation der Berge in der Fotografie.19 Daneben machten die erfolgreichen Reisehandbücher des Londoner Verlegers John Murray den englischen Touristen das Reisen in die Schweiz schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts schmackhaft. Murrays Handbücher waren auch Vorbild für den vielfach aufgelegten Schweiz-Führer des Koblenzer Buchhändlers Karl Baedeker, der 1844 erstmals veröffentlicht wurde.20

Einen weiteren Aufschwung erlebte der Tourismus im Zeitalter der Lokomotiven und Dampfschiffe durch den Reiseunternehmer Thomas Cook. Ab 1863 bot er Pauschalreisen von England in die Schweiz an. Und 1868 schliesslich besuchte auch Queen Victoria zum ersten Mal die Alpen.21 In den 1860er-Jahren, in denen die Theorie des kurierenden Höhenklimas in der Schweiz bekannt wurde, waren die Alpen also bereits ein beliebtes Reiseziel. Graubünden als Ausgangspunkt der Theorie war allerdings zu dieser Zeit – abgesehen vom Engadin – touristisch noch kaum erschlossen.22 Davos und Arosa, aber auch Leysin oder Montana wurden in der Folge auch nicht aufgrund des Tourismus, sondern wegen der Tuberkulose zu bekannten Ortschaften.23 Umgekehrt entwickelten sich die schon früh von Touristen besuchten Ortschaften wie Grindelwald oder Zermatt nicht zu Zentren der Tuberkulosebehandlung.24 Die Einwohnerzahl von Davos stieg von 2000 im Jahr 1870 auf über 8000 im Jahr 1900. Kein Ort in den Alpen mit über 5000 Einwohnern im Jahr 1900 wies ein derart rasantes Wachstum auf.25 Der Höhenkurort entwickelte sich erfolgreich, obwohl die internationale Krise zwischen 1870 und 1890 den Fremdenverkehr in der Schweiz insgesamt hart traf.26 Dabei war es für die Touristen lange kein Thema, die Alpen im Winter zu besuchen, und die ersten Wintergäste im Jahr 1865 waren denn auch Lungenkranke, die in der kalten Jahreszeit in Davos und St. Moritz verblieben.27 In Lungenkurorten wie Davos oder Arosa war es der Zustrom der tuberkulosekranken Gäste, welcher die Nachfrage nach Wintersport entstehen liess.28 So erkannte der lungenkranke Kulturhistoriker John Addington Symonds (1840–1893), welcher 1877 nach Davos gekommen war, im einfachen Schlitten der Davoser ein zweckmässiges Sportgerät.29

Der Berg heilt

Im 19. Jahrhundert wurde die Alpenregion nicht nur zum begehrten Ziel von Touristen oder Bergsteigern, sondern auch zum Zufluchtsort für Kranke. Dass Kranke damals anfingen, in den Bergen Heilung zu suchen, stand im Einklang mit Vorstellungen der antiken Diätetik, gemäss der zwischen Klima und Gesundheitszustand ein Zusammenhang besteht. Schon Hippokrates von Kos, der als Begründer der Medizin als Wissenschaft gilt, hat im vierten Jahrhundert vor unserer Zeit auf die therapeutische Bedeutung des Aufenthalts- und Klimawechsels hingewiesen.30 Und der griechische Arzt Galen empfahl im zweiten Jahrhundert unserer Zeit frische Luft, erhöhte Gegenden oder Seereisen und Milch für die Behandlung der Tuberkulose. Auch in der Neuzeit suchten Ärzte und Kranke nach dem gesunden Klima. Allerdings existierten unterschiedliche Meinungen darüber, welches nun das vorteilhafteste sei.31 Warme Klimata wurden empfohlen, weshalb Orte an den Mittelmeerküsten von Tuberkulosekranken aufgesucht wurden.32 Auch Schiffsreisen auf dem Meer galten als probates Mittel.33 Und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam das Gebirge dazu. Schon lange bevor Alexander Spengler der Doktrin des heilenden Höhenklimas zum Durchbruch verhalf und den Mythos Davos schuf, wurden das Gebirgsklima und die Alpenluft als heilsam erachtet. Bereits um 1570 hatte der Bündner Pfarrer Ulrich Campell (ca. 1510–1582) festgestellt, dass die Davoser Luft äusserst gesund – «aëris saluberrimi» –, aber auch kalt und rau sei.34 Konrad Gessner hatte 1555 die reine Bergluft empfohlen, und Johann Jacob Scheuchzer bestätigte 1716, dass die Schweizer Luft gesund sei, was etwa dadurch belegt werde, dass die Pest und andere gefährliche Krankheiten selten seien.35 Jean-Jacques Rousseau schliesslich schrieb 1761 in seinem Roman Julie ou la Nouvelle Héloïse, es sei ein allgemeiner Eindruck, «dass man auf hohen Bergen, wo die Luft reiner und dünner ist, leichter atmet, sich leichter bewegt und sich heiteren Geistes fühlt». Er wunderte sich deshalb, «dass die heilsamen und wohltätigen Luftbäder der Gebirge nicht zu den vorzüglichen Heilmitteln der Medizin und der Moral gerechnet werden».36 Friedrich Nietzsche bestätigte 1887 die geistige Wirkung der Höhenluft: In seinem Wohnort Sils-Maria im Oberengadin räsonierte er über das, was dem Philosophen unentbehrlich sei: «eine gute Luft, dünn, klar, frei, trocken, wie die Luft auf Höhen ist, bei der alles animalische Sein geistiger wird und Flügel bekommt».37

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Kleingrafik aus einem Prospekt des Sanatoriums Valbella Davos, um 1915.

Hundert Jahre nach Rousseaus erstem Roman begannen die «heilsamen und wohltätigen Luftbäder der Gebirge» als vorzügliches Heilmittel gegen Tuberkulose zu gelten, worüber diese Arbeit berichtet. Denn auch Mediziner interessierten sich im Verlauf des 19. 383940