TEIL 1

Hexenritt

Ein Bursche aus Berfa bei Alsfeld hatte sich in ein Mädchen verliebt und sie sich in ihn, und war beschlossen, sie wollten einander heiraten. So sahen sich Braut und Bräutigam nun häufig, und hatten sie ihre Lust aneinander.

Einmal kam der Bursche wieder zu ihr, und war es just zu Beginn jener Nacht, die ebenso nach der heiligen Walpurgis heißt wie die Hauptkirche in Alsfeld; da schlich sich der Bursche ins Haus seiner Braut hinein, wollte er sie doch überraschen. Aber, wie überrascht war er nun, als er ins Zimmer des Mädchens durch das Türfenster schaute und sah, wie sie gerade ihre Kleidung von sich tat, und als sie nackt war, griff sie nach einem Glas mit Salbe, und salbte sie sich vom Kopf bis zu den Füßen und ließ keine Handbreit am Körper aus, dazu sagte sie:

 

„Ich salbe mich mit Hexenfieder

Und stoß’ an keiner Ecke wider.“

 

Sofort fuhr sie zum Schornstein hinaus und zum nahen Bechtelsberge hin, dem hessischen Blocksberge, wie er im Volke heißt, sich zu treffen mit ihren Schwestern zum Tanze.

Der Bräutigam war erst erschrocken, dass seine Braut sollte eine Hexe sein. Aber dann nahm er’s gelassen und befiel ihn die Neugier. Da stand noch das Glas mit der Hexensalbe, und tat er es nun dem Mädchen nach, zog sich aus und bestrich sich gründlich mit der Salbe, und sagte er dabei:

 

„Ich salbe mich mit Hexenfieder

Und stoß’ an alle Ecken wider.“

 

Er hatte in der Aufregung nicht gut zugehört und darum versah er’s. So ging es auch mit ihm im Hui durch den Schornstein, aber stieß er an alle Ecken und Kanten und Bäume, dass es ihn am ganzen Körper gar schmerzte. Endlich gelangte auch er mit viel Mühe auf dem Bechtelsberge an. Dort sah er sich allein unter Hunderten Hexen. Die waren über sein Erscheinen ebenso erschrocken wie er über ihre Versammlung.

Nach kurzer Beratung machten die Hexen ihn zu ihrem Musikanten, und sollte er den Hexentänzen aufspielen. Er bekam eine glänzende, neue Trompete, auf der er zu blasen hatte, und hörte es sich an wie:

 

„Ich blase, ich blase die Haare weg,

Die Haare der Katz’ von hinten hinweg!“

 

Und wunderte er sich darüber. Auch spielte er schnelle Melodien, während die Hexen in einer kleinen Vertiefung, der Hexenkaute oder Silberkaute, in wildem Tanze sich drehten. Das ging so bis weit nach Mitternacht, ja bis in den frühen Morgen.

Als dann der Tanz endlich zu Ende war, machten die Hexen ihm die Trompete zum Geschenke, gaben ihm noch einen Ranzen voll Kreppeln obendrein, und sollte ein dreibeiniger Ziegenbock sein Reitpferd sein, doch durfte er beim Reiten weder denken noch sprechen. Mit einem Mal waren alle Hexen fort, und der Bursch gab dem Bocke die Sporen. 

Nach langer Zeit des Reitens kamen sie an ein großes Wasser.

 

‚Ich sehe hier Brücke nicht, nicht eine Fähre,

Ach, wenn ich nur über dies Wasser schon wäre!’

 

In diesem Augenblicke tat der Ziegenbock einen hohen Sprung wie über einen Kirchturm, und lag der Bursch nun, nach unsanftem Fall, am anderen Ufer. Sein dreibeiniger Bock aber blieb für immer verschwunden.

 

Alsfeld1

 

Nun befiel ihn der Hunger und wollte er speisen. So öffnete er den Ranzen, und wollte er sich an den Kreppeln erfreuen; doch befand sich an Stelle der Kreppel nun Pferdemist und statt der blanken Trompete lag eine verendete Katze darin, der er die Haare weggeblasen hatte. Nun verstand er die Worte.

So ging der enttäuschte Hochzeiter nun also auf Schusters Rappen gen Hause, und hatte er lange, lange zu gehen. Und konnte er nachdenken, ob er eine Hexe zur Braut haben wolle oder nicht.

 

 

Der Autor

Burckhard Garbe, geboren 1941 in Berlin, lebt heute in Holzhausen bei Kassel. Er ist germanistischer Hochschullehrer an der Uni Göttingen. Mitglied in den Autorenvereinigungen VS,  „Die Kogge“, „Segeberger Kreis“ und  „Plesse“.

Für seine etwa 200 Textveröffentlichungen und 32 Bücher erhielt er 12 literarische Preise und Auszeichnungen (z.B. ECON-Jubiläums-Wettbewerb 1975; Hamburger Literatur-Preis für Kurzprosa 1984;  Förderpreis Kurzprosa der Stadt Siegburg 1987; Joachim-Ringelnatz-Preis der Stadt Cuxhaven für Lyrik 1988;  Niedersächsischer Kunstpreis für Literatur 1991; Lichtenberg-Aphorismen-Preis der Stadt Göttingen 1992;  Kurzgeschichtenwettbewerb des Süddeutschen Rundfunks 1998). Einige seiner Texte sind ins Polnische, Chinesische, Belgische und Bosnische übersetzt. 

„Die schönsten Sagen aus Hessen“ ist Burckhard Garbes dritter Band der Sagenreihe. 

 

 

Die Vitalisnacht in Hersfeld

Just an dem Tage des Jahres 1378, den die Katholiken dem heiligen Märtyrer Vitalis gewidmet haben, am 28. April, wollten die Hersfelder ihren neuen Bürgermeister wählen.

Aber der damalige Abt des reichsunmittelbaren Klosters Hersfeld, Berthold von Völkershausen, trug großen Hass gegen die Bürger, weil sie seit langem schon fort von seiner Herrschaft und in die Selbständigkeit strebten und ihm keine Abgaben und Steuern mehr geben wollten. Nachdem alle Gespräche, Ermahnungen und Drohungen nichts gefruchtet hatten und er im Kampf gegen die Stadt immer nur unterlegen war, plante er, sich nun an ihnen empfindlich zu rächen.

Im Jahre 1370 hatten sich nämlich, im Kampf gegen immer stärker gewordene Ansprüche der großen Fürsten sowie der Land- und Markgrafen, die kleineren Herrschaften zusammengetan, und viele Ritter hatten den Bund der „Sterner“ gegründet, der von Herzog Otto von Braunschweig, in hessischen Landen aber vom Grafen von Ziegenhain angeführt wurde und gegen die Landgrafen den Sterner-Krieg führte.

Als es im Jahre darauf zum Kampf um die Sternerburg Herzberg am Harz gekommen war und die Landgrafen vor der Übermacht des Sternerheeres hatten fliehen müssen, hatte sich der Landgraf Hermann von Hessen mit seinem Heer bis Marburg durchgekämpft, der Landgraf Balthasar von Meißen und Thüringen aber war mit seinen Männern in die Gegend vor Hersfeld gezogen und hatte die Bürgerschaft um Schutz vor den verfolgenden Sternern gebeten. Nach Rücksprache mit dem Abt hatte die Stadt Hersfeld dem Landgrafen das Erbetene gewährt, sehr zum Ärger des Abtes, der gestanden hatte, Anhänger der Sterner zu sein. Ja, es war 1373 dann sogar zum Abschluss eines Schutz- und Trutzbündnisses zwischen der Stadt Hersfeld und den Landgrafen gekommen. Und weitere Vorkommnisse ähnlicher Art hatten den Abt Berthold von Völkershausen zu solchem Hasse auf die Bürger Hersfelds gebracht, dass er ein schlimmes Exempel an ihnen zu statuieren gedachte.

So ging der Hersfelder Ratsherr Heinrich Kremer am Nachmittage des Vitalistages mit anderen Räten und Schöffen der Stadt zu einem Empfange im Stift, zu dem sie der Abt gebeten, und bot er ihnen reichlich Imbiss und Trunk. Besonders die Gläser wurden von den Bedienten des Abtes immer gleich nachgefüllt. Heinrich Kremer genoss das Gebotene, und freute er sich darüber, dass nun wohl endlich Frieden eingetreten sei zwischen der Stadt und dem Kloster. Eben brachte der Abt mit guter Laune einen Toast aus, als ein Torwächter in schnellem Laufe herankam und dem scheidenden Bürgermeister einen Brief überreichte: „Dieser wurde soeben am Peterstore von einem reitenden Boten aus der Feldmark abgegeben.“ Das Stadtoberhaupt brach den Brief auf und las ihn, wurde bleich und rief allen seinen Getreuen zu: „Wir verlassen sofort das Fest!“ Und die erstaunten Räte und Schöffen gehorchten ihm, als sie den Ernst in seinen Zügen sahen: „Auf zum Rathaus!“

Dort angekommen, las er ihnen den Wortlaut des Briefes vor: „Wisset ihr von Hirßfeld, dass ich Simon von Hune, Ritter, Euer und der Eurigen Feind sein will, mit all meinen Helfern und Bundesgenossen. Und will euch nicht allein nach dem Gut stehen, sondern nach Ehr, Leib und Leben, und will das diese Nacht tun, danach habt euch zu richten. Datum unter meinem Insigil auf S. Vitalis Abend A. D. 1378.“

„Ein Feindbrief! Ein Fehdebrief!“, entfuhr es Heinrich Kremer.

„Die Sterner greifen uns noch diese Nacht an“, verkündete der Bürgermeister, „sie werden bereits in der Nähe der Stadt sein, und der scheinheilige Abt wollte uns nur in Sicherheit wiegen.“ Und sofort ordnete er die volle Besetzung der Stadtmauer und sämtlicher Türme durch die Bürgersoldaten und Türmer an, die Stadttore wurden fest geschlossen und alle Maßnahmen ergriffen zur Verteidigung der Stadt. Und sollte die Stadtpolizei in jedem Hause nach Mittelsmännern des Abtes und der Sterner fahnden, die dafür gedungen seien, im Dunkeln die Stadttore zu öffnen.

Und hatten sie bald Erfolg: Im Hause des Stiftsdekans am Markte fassten sie gleich sieben Männer, die gestehen mussten, viel Geldes vom Abte erhalten zu haben, um eben diese Tat zu begehen.

Auf Geheiß des Bürgermeisters packten die Bürger Hersfelds diese auf frischer Tat ertappten Verräter, banden und schleiften sie durch die Straßen der Stadt und zuletzt auf den Markt, wo ihnen die Köpfe abgeschlagen wurden. Und war da kein Mitleid mit ihnen.

Mittlerweile hatten sich Gruppen von Bürgern zu den in der Stadt gelegenen Häusern aufgemacht, die den Stiftsherren gehörten, und raubten sie aus. Auch wurde ein Loch in die Stiftsmauer geschlagen, so groß, dass ein stattlicher Mann hindurchschlüpfen konnte, und drangen viele Bürger hinein in das Stift und nahmen sie, was immer sie wollten. Und keiner der Burgmannen und Knechte des Abtes hinderte sie daran, da sie alle draußen vor der Stadt bei den Sternerrittern waren. Auch war der Abt jetzt nirgends zu sehen.

Es wurde Nacht, und die gesamte Bürgerwehr stand gerüstet auf den Zinnen der Stadtmauer oder sicherte die Stadttore, doch kein Feind kam in Sicht. 

Dann begann der Morgen zu dämmern, und die Türmer, die nicht in ihre Hörner blasen durften, waren angewiesen, mit weißen Tüchern Zeichen zu geben: Die Feinde kamen vom Finstertale heran. Schon konnte Ratsherr Heinrich Kremer Burgmannen und Knechte des Abtes erkennen, zudem einige Sternerritter aus benachbarten Orten wie Eberhard von Buchenau, Simon von Haun, der den Feindbrief geschrieben, die Herren von der Tann und etliche mehr.

 

Hersfeld

 

Als sie dicht vor der Mauer angelangt waren und glaubten, der Plan des Abtes sei gelungen, die ganze Stadt läge müde oder berauscht im Schlafe, und ihre Helfershelfer öffneten ihnen gar bald die Tore der Stadt, da streckte der Stadtkommandant seinen Arm in die Höhe, und ein ganzes Hundert von Hersfelder Armbrustschützen schoss seine Pfeile wie eine dunkle Wolke gegen die Feinde und tötete ihrer viele.

Doch die Sterner wollten nicht so schnell aufgeben und setzten zu einem Sturmangriff an, der aber zu neuem Blutvergießen führte. Einzig der Ritter Eberhard von Engern, dem seine Knechte mit Hilfe einer Leiter auf die Stadtmauer verholfen hatten, stand nun oben und prahlte lauthals, bereits neun Städte bestiegen zu haben und sei dies die zehnte: Da traf ihn der Pfeil eines Armbrustschützen mitten durch seinen eisernen Helm in die Stirn, dass er von hoch oben hinunterfiel bis in den Stadtgraben. Und ist sein durchlöcherter Helm im Hersfelder Museum zu sehen bis auf den heutigen Tag.

Die Sterner zogen sich auf den nahegelegenen Eichhof zurück, sammelten ihre Kräfte und griffen Hersfeld am nächsten Tage erneut an. Doch so sehr sie sich auch mühten, den Widerstand der Stadt mit Büchsen, Armbrüsten oder kleinen Geschützen zu brechen, es gelang ihnen nicht. Die tapferen Hersfelder drehten sogar den Spieß um und fielen in die draußen gelegenen Gebiete der Sterner und des Abtes ein und zerstörten und brandschatzten sie.

Binnen zweier Monate aber waren Stadt und Stift völlig erschöpft und am Ende, und setzten sie ihren Kampf nun in Prozessen fort. Drei lange Jahre hatten die Juristen das Wort, aber dann kam endlich doch ein Burgfrieden zustande, der beiden Streitenden gewisse Rechte zugestand. Und wählten sie als Bürgen ihrer Übereinkunft und Schutzherrn den Landgrafen Hermann von Hessen.

Im Gedenken aber an diese schlimme Vitalisnacht wurde das „Vitaliskreuz“ dort errichtet, wo die wackeren Bürger den Anschlag der Sterner auf Hersfeld abgewehrt hatten. Im vorigen Jahrhunderte schrieb ein Eschweger Pfarrer das Theaterstück „Die Vitalisnacht“, das in den Ruinen der Stiftskirche aufgeführt wurde. Und war das der Anfang der Festspiele in Hersfeld, der damaligen „Vitalis Festspiele“.

 

 

Die Frau von Bensheim

„Der kimmt hinnerum wie die Fraa vun Bensem“, so sagt man im Dialekt an der Bergstraße, wenn jemand hartnäckig seinen Willen durch die Hintertür durchsetzt. Aber, wer war die Frau von Bensheim?

Die Chronisten schrieben das Jahr 1644, es war also kurz vor Ende des Dreißigjährigen Krieges, da hatten Schweden und Franzosen Bensheim belagert, Wochen um Wochen, und die Bensheimer hatten sich tapfer verteidigt und gewehrt; aber hatten die Belagerer es zuletzt doch eingenommen und dann schrecklich unter den Städtern gehaust. Sie hatten nicht Frauen, nicht Männer, nicht Kinder geschont, weder Alt noch Jung, weder Reich noch Arm. 

Die Landsknechte hatten sich Zugang zu jedem Hause verschafft, und waren sie dort treppauf, treppab gegangen, und hatten sie jedes durchsucht vom Keller bis hinauf auf den Boden, ob sich nicht irgendjemand versteckt darin halte. Sie hatten alle gefunden, die sich in Kisten, in Kasten, in Schränke oder in Weidenkörbe geflüchtet hatten. Sie hatten in jeden Schornstein und unter jedes Bett geschaut; und die Gefundenen hatten sie auf die Straße gezerrt und sie dort vor aller Augen erstochen oder erschlagen. Und soll der Blutzoll der Bevölkerung so groß gewesen sein, dass das Blut der Getöteten wie ein rasch fließender Bach über den Marktplatz geströmt sein soll. 

Dann hatte das Morden ein Ende, aber Leid und Not waren damit noch nicht vorbei. Die Überlebenden hungerten und litten Durst; denn alles an Vorrat, was nach der Belagerung noch vorhanden war, hatten die schwedischen und französischen Landsknechte konfisziert, und waren die Krämerläden fast leer. Einzig Kartoffeln, Wurzeln und Rüben waren zu haben, oder musste man mit einer Armenspeise aus Hafer, Gerste und Hülsenfrüchten sich notdürftig sättigen.

Da kam unter den Bensheimern das Gerücht auf, die verbündeten Bayern rückten zu ihrer Befreiung heran, und war wieder Hoffnung. Und schaute nicht nur der angestellte Türmer auf dem Mittelturme nach ihnen aus; sondern war auch das gute Dutzend an Wehrtürmen auf der Stadtmauer jetzt von freiwilligen Bürgern bezogen. Dann wurden die sich nähernden Bayern gesichtet, und Freude kam auf. Bald lagen sie vor der Stadt und hatten in ein paar Tagen die äußere Stadtmauer überwunden und standen in der Vorstadt; aber die Schweden und Franzosen schlugen ihre Angriffe auf die innere Mauer mehrfach zurück, und konnten die Bayern nicht in die Stadt gelangen.

Eine sehr alte Frau aus der Vorstadt erinnerte sich aber, wie sie in ihrer Jugend mit ihren Geschwistern und Nachbarskindern ungesehen und, ohne durchs Stadttor zu müssen, in die Stadt gelangt war, nur wusste sie nicht mehr, wo der Eingang zu diesem geheimen Gang lag. So ging sie die Wege ihrer Jugend ab und suchte und suchte und fand. In einem Haus in der Vorstadt, das dicht vor der inneren Stadtmauer lag, hatte ein Keller eine eiserne Bodenklappe, die zu einem unterirdischen Gang führte; durch diesen gelangte man unter der Stadtmauer hindurch in den Keller eines in der Stadt gelegenen Hauses.

So ging sie zum Obersten der bayerischen Soldaten und noch in gleicher Nacht führte sie sie von hintenherum in die Innenstadt Bensheims. Wie überrascht und entsetzt waren die Schweden und Franzosen, als sich ihnen auf einmal mitten in der Stadt die Bayern entgegenstellten. Da gab es einen kurzen, heftigen Kampf, und alle Schweden und Franzosen wurden getötet, wie sie es zuvor mit den Einwohnern Bensheims getan.

Und lässt der Schriftsteller Grimmelshausen 1670 seinen „seltzamen Springinsfeld“ im achtzehnten Kapitel berichten: „wir ... nahmen Bensheim mit Sturm ein / allwo mein Obrister das Leben durch einen Schuß einbüste / darinnen hauseten wir etwas rigoroser als Chur=Bayrisch / und machten daß sich Weinheim auch auf Gnad und Ungnad an uns ergab.“

Zur Erinnerung an diese Errettung Bensheims wurde der „Fraa vun Bensem“ später an der Stadtmühle ein Denkmal gesetzt.

 

Bensheim

 

 

 

Frankenstein

 

Das Monster von Burg Frankenstein

Wer den Namen des Jagdschlosses Frankenstein bei Darmstadt hört, der nördlichsten Bergstraßen-Burg, auf dem Langenberg im Odenwald gelegen, denkt an den monströsen Forscher Viktor von Frankenstein aus dem berühmten Roman der englischen Schriftstellerin Mary Godwin Shelley. Und hat er da gar nicht falsch gedacht ...

Mary Shelleys Stiefmutter Mary Jane Clairmont nämlich, die englische Übersetzerin der Grimm’schen Kinder- und Hausmärchen und ihrer Sagen, erhielt im Jahre 1813 einen Brief von Jacob Grimm, in dem er ihr eine Sage mitteilte, die die Bewohner des Beerbacher Tals ihren Kindern erzählten.

Auf der Burg Frankenstein hat vor Zeiten ein böser Zauberer gehaust, der nicht nur Menschen in Tiere und Tiere in Menschen verwandelte, sondern streifte er oft auf den Friedhöfen im Tal und an der Bergstraße umher und, wo er ein frisches Grab fand, da setzte er zur Geisterstunde den Spaten an und grub er den toten Menschen aus und nahm ihn mit nach der Burg. Dort hatte er mehrere Kellerräume, in deren Regale er Leiche um Leiche legte. Oft fand er in den Gräbern auch abgetrennte Köpfe oder einzelne Arme und Beine und nahm er sie auch. Der Zauberer hatte sich in den Kopf gesetzt, wie es einst Gott getan bei der Schöpfung des Menschen, so selbst einen Menschen zu schaffen und zum Leben zu bringen. 

Und hatte er schon seit Jahren Teile von Leichen zusammengesucht, auf einem großen Tische aneinandergefügt und mit Zaubersprüchen versucht, sie zum Leben zu bringen, –

 

„Kopf und Arme, Rumpf und Bein’,

Sollst ein Mensch mit Leben sein!“

 

– aber all sein Mühen hatte nicht den Erfolg gebracht, den er sich gewünscht.

Dann hatte er heilkräftige Säfte aus Pflanzen gepresst, Sellerie, Schwarzwurzel, Meerrettich, Teufelskraut, Mondwurz und Fliegenpilz, und hatte den Saft eingekocht zu dickem Sud, und sollte der, auf die Lippen der künstlichen Frau gegeben, ihr Leben einhauchen, doch vergebens.