Die Klassenregeln
Guter Unterricht mit
Classroom-Management
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Klett-Cotta
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© 2014 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung
Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
Umschlag: Rothfos & Gabler, Hamburg
Fotos: © getty-images
Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
Printausgabe: ISBN 978-3-608-98040-0
E-Book: ISBN 978-3-608-10718-0
Dieses E-Book entspricht der 1. Auflage 2014 der Printausgabe
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.d-nb.de abrufbar.
Klassenregeln – erste Tipps
Kapitel 1: Das Geheimnis eines geordneten Klassenzimmers
Präventiv handeln – das A und O im Classroom-Management
Rituale
Schüler mit »oppositionellem« Verhalten als Verbündete gewinnen
Vorausschauend handeln – die Philosophie von Classroom-Management
Ruheritual
Kapitel 2: Klassenregeln aufstellen, lernen, üben, einhalten
Vorhersehbarkeit, Verlässlichkeit und Sicherheit im Klassenzimmer
Die Klassenregeln – eine lohnende Herkulesaufgabe
Klassenregeln brauchen Beziehung
Die Classroom-Management-Beobachtungsskala: Wertschätzung und emotionale Unterstützung
Klassenregeln – grundsätzliche Überlegungen
Lerntraining Klassenregeln
Kapitel 3: Problemfalle »Strafen« Warum Sanktionen, und wenn ja, welche?
Präsenz zeigen
Richtig intervenieren
Realistisch und cool bleiben....
Sanktionen.
Kapitel 4: Lob, Anerkennung und Wertschätzung……
Anerkennung und Wertschätzung
Formen von Lob, Anerkennung und Wertschätzung
Materielle Verstärker wirken manchmal Wunder
Die Checklisten und Trainingspläne – das Wichtigste auf einen Blick
Checkliste Kapitel 1: Rituale erfolgreich einführen und langfristig festigen
Checkliste Kapitel 2: Klassenregeln – nachhaltig einführen, dauerhaft festigen
Kapitel 2: Lerntraining Klassenregeln: Mein Trainingsplan
Kapitel 2: Lerntraining Klassenregeln: Auswertung
Checkliste Kapitel 3: Problemfalle »Strafen« – warum Sanktionen und wenn ja, welche?
Checkliste Kapitel 4: Lob, Anerkennung und Wertschätzung
Die wichtigste Literatur
Klassenregeln sind für gute Lehrer-Schüler-Beziehungen und guten Unterricht unersetzlich. Sie entfalten ihre Wirkung am besten dann, wenn die Lehrerin:
Oder anders gesagt: Klassenregeln lernen Schüler ähnlich wie Englisch oder Mathematik. Deshalb geht es nicht an erster Stelle darum, Klassenregeln aufzustellen, sondern vor allem darum, diese den Schülern langfristig bewusst zu machen. Und zwar auf attraktive Weise.
Deshalb ein erster Tipp:
Benutzen Sie bitte gegenüber Ihren Schülern NIE das Wort »Klassenregeln«, weil es antiquiert klingt und bei vielen Assoziationen von Zwang und Freiheitsbeschneidung auslöst. Was Sie stattdessen alles tun können, zeigt Ihnen dieses Buch.
Klassenregeln im Classroom-Management
Die drei Hauptkennzeichen guten Unterrichts sind:
Die ersten beiden Dimensionen sind zentraler Bestandteil von Classroom-Management. Es ist damit nicht einfach irgendein weiteres Modul für guten Unterricht, sondern legt die Basis,
Und das hat Konsequenzen. So zeigt die internationale Forschung, »dass kein anderes Merkmal so eindeutig und konsistent mit dem Leistungsniveau und Leistungsfortschritt von Schulklassen verknüpft ist, wie Classroom-Management« (Helmke, 2014, S. 10). Und Klassenregeln spielen im Classroom-Management eine zentrale Rolle. Für Helmke (2014) sind Regeln sogar das »A und O« einer erfolgreichen Klassenführung.
Classroom-Management fördert gute Lehrer-Schüler-Beziehungen
Gute Lehrer-Schüler-Beziehungen sind die Basis guten Unterrichts. Über diesen Punkt herrscht international Einigkeit. Der Effekt ist so stark, dass Lehrer mit guten Beziehungen sogar 30 Prozent weniger Disziplinprobleme haben als solche mit schlechten (Marzano and Marzano, 2003, S. 1). Das leuchtet auch unmittelbar ein. Schüler, die ihren Lehrer sympathisch finden, kooperieren eher mit diesem als Schüler, die zu ihren Lehrern ein konfliktreiches Verhältnis haben.
Classroom-Management und Schüler mit herausforderndem Verhalten
Unter den schulbasierten Interventionsprogrammen für Schüler mit herausforderndem Verhalten spielt Classroom-Management die wichtigste Rolle, wie zahlreiche große Meta-Analysen zeigen. Gutes Classroom-Management, so Hennemann und Hillenbrand (2010), reduziert die Wahrscheinlichkeit des Auftretens massiver aggressiver Störungen um sage und schreibe 50 Prozent!
Was dieses Kapitel Ihnen bietet
In diesem Kapitel erfahren Sie:
Gerlinde Gabriel erklärt ihren Fünftklässlern eine Aufgabe im Sitzkreis. Sie ist eigentlich schon damit fertig, als ein Schüler noch eine Frage stellt. Während Frau Gabriel darauf antwortet, stehen die ersten Schüler schon auf, um zu ihrem Platz zurückzukehren. Allerdings nehmen sie nicht den direkten Weg, sondern schlagen kleine Umwege durch das Klassenzimmer ein. Vedat nimmt einen Radiergummi vom Pult eines Mitschülers und wirft ihn in die Luft. Klar, dass dieser lautstark protestiert. Was geschieht jetzt in vielen Klassenzimmern? Normalerweise wird der Lehrer den Schüler ›bestrafen‹. Das muss er ja auch tun. Denn er kann dieses Verhalten nicht durchgehen lassen. Aber wie würden Sie das tun? Welche Sanktion würde Sie aussprechen? Dem Schüler eine Strafe geben und ihn einen Text abschreiben lassen? Ihn vor der Klasse zurechtweisen? Ihn unauffällig ermahnen? Werden diese Sanktionen dazu führen, dass sich der Schüler ändert? Da müssen wir schon ganz geschickt sanktionieren. Mehr dazu erfahren Sie später.
Classroom-Management zielt darauf ab, dass es zu solchen Störungen am besten gar nicht mehr oder nur noch in Ausnahmefällen kommt. Wie das gelingt, zeigen Ihnen Schritt für Schritt die folgenden Kapitel.
Übergänge bewältigen
Dem amerikanischen Erziehungswissenschaftler Jacob Kounin (1976) kommt das Verdienst zu, als Erster die enorme Bedeutung von Classroom-Management erkannt zu haben. Er weist unter dem Stichwort »Übergänge meistern« (engl. managing transitions) darauf hin, dass Übergänge, wie zum Beispiel
potenziell störungsanfällige Situationen sind. Laut einer Studie treten pro Tag etwa 30 solcher Übergangssituationen auf. Auf die potenziellen Störungsrisiken dieser Übergangssituationen sind Rituale die beste Antwort.
So geht die Lehrerin Ricarda Graf vor:
Sie klärt ihre eigenen Erwartungen. Der Wechsel vom Sitzkreis zurück zur Schulbank soll wie folgt vor sich gehen:
Sie bespricht mit ihren Schülern die angestrebte Veränderung: »Ihr habt auch bemerkt, dass der Wechsel vom Sitzkreis an euren Platz nicht gut klappt. Wie möchten wir das in Zukunft anders gestalten?« Und im Anschluss: »Welche Vorteile hat es denn für euch, wenn das in Zukunft rundläuft?« Zum Beispiel, dass sich alle wohler fühlen, besser lernen und Zeit einsparen, wenn sie gut lernen. Selbstverständlich notiert sie diese Punkte an der Tafel.
Aber bedeutet das, dass ihre Schüler sich am nächsten Tag wirklich daran halten? Eher nicht. Wir müssen also mehr tun, um unsere Schüler dazu zu bringen, diesen Ablauf regelmäßig einzuhalten. Aber wie?
Rituale erklären
Frau Graf bespricht mit ihren Schülern, wie der Wechsel vom Sitzkreis an den Platz in Zukunft vonstattengehen soll. An der Tafel hat sie notiert:
Sie prüft, ob ihre Schüler dies verstanden haben. Dazu bittet sie am besten einen Schüler mit Migrationshintergrund, das Ritual noch einmal zu erklären. Damit sie sicher sein kann, ob es auch wirklich alle verstanden haben. Dabei ist wichtig: Der Schüler soll es nicht Frau Graf erklären, sondern seinen Mitschülern.
Alternativ oder zusätzlich bittet sie einen Schüler mit besonders »herausforderndem« Verhalten, das Ritual seinen Mitschülern zu erklären. Die Vorteile sind:
Aber auch das reicht meist noch nicht, damit sich die Schüler daran halten. Für das weitere Vorgehen bieten sich gleich mehrere Varianten an.
Variante 1: Normales Üben
Frau Graf sagt: »Wir üben es gleich mal ein.« Nehmen wir an, Frau Graf hat das Ritual jetzt schon zweimal geübt – es klappt aber immer noch nicht. Was jetzt? Sie könnte sagen: »Was seid ihr nur für eine Klasse – jetzt haben wir es schon zweimal geübt, und ihr könnt es immer noch nicht.« Und was wäre der Effekt? Sie würde damit den Widerstand ihrer Schüler anheizen.