Inhaltsverzeichnis

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Epilog

Kommentar

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN - Die Serie

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Nr. 2676

 

Der Chalkada-Schrein

 

Es ist Trumeris Plan – ein Vernichtungskrieg droht

 

Christian Montillon

 

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Wir schreiben das Jahr 1469 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ) – das entspricht dem Jahr 5056 christlicher Zeitrechnung. Auf eine bislang ungeklärte Art und Weise verschwand das Solsystem mit seinen Planeten sowie allen Bewohnern aus dem bekannten Universum.

Die Heimat der Menschheit wurde in ein eigenes kleines Universum transferiert, wo die Terraner auf seltsame Nachbarn treffen. Die Lage spitzt sich zu, als die Planeten von fremden Raumfahrern besetzt und die Sonne Sol »verhüllt« wird. Seither kämpft die solare Menschheit um ihr Überleben.

Von all diesen Entwicklungen weiß Perry Rhodan nichts. Auch ihn hat es in einen fremden Kosmos verschlagen: Mit dem gewaltigen Raumschiff BASIS gelangt er in die Doppelgalaxis Chanda. Dort regiert die negative Superintelligenz QIN SHI, die für ihre Pläne das geheimnisvolle Multiversum-Okular benötigt.

Nicht zuletzt durch die Aktivitäten des unsterblichen Terraners bröckelt mittlerweile QIN SHIS Macht – und der Widerstand setzt zum entscheidenden Schlag an. Doch die Kämpfer gegen die Superintelligenz sind uneins und versuchen, sich für die finale Auseinandersetzung in Position zu bringen. Eine entscheidende Rolle dabei spielt DER CHALKADA-SCHREIN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Terraner muss seine Motive hinterfragen.

Högborn Trumeri – Der Oracca spielt seinen letzten Trumpf aus.

Protektor Kaowen – Der Xylthe greift nach der Macht in Chanda.

Ramoz – Die Seele der Flotte wird aktiv.

Gucky – Der Mausbiber ist im Dauereinsatz.

Ich fühle den Atem des Kosmos.

– Ramoz –

 

 

Prolog

Abgesang (1)

 

»Die letzte Zuflucht ist der Tod.«

Högborn Trumeris Stimme hallte in dem engen Felsengang, brach sich und kehrte als verzerrtes Echo zurück.

Ein knöchernes Gesicht wandte sich dem Oracca zu. Die Augen darin lagen tief in den Höhlen; das Licht von Trumeris Brustlampe fiel hinein. Die Pupillen zogen sich in dem verschrumpelten Weißgrau zusammen, das sie umgab. »W... was willst du damit sagen?«

Trumeri gab ein raschelndes Lachen von sich, das klang, als würde Sand auf verdorrte Erde rieseln. »Hör mir gut zu, Terrig Neari! Wenn du nicht verstehst, was ich dir nun sage, wirst du untergehen. Ich bin bereit, dir zu helfen, aber was du daraus machst, entscheidest nur du. Jetzt ist der Augenblick, in dem du über dein Schicksal bestimmst. Der Tod wird reiche Ernte halten in den nächsten Tagen. Feuer werden ausbrechen, überall, und ganze Sterne und Planeten hinwegfegen. Wir müssen uns nur eine einzige Frage stellen: Auf welcher Seite wollen wir stehen, wenn die Galaxis brennt?«

»Wie meinst du das?«

Ein Wassertropfen löste sich von der Decke und platschte vor Trumeris Füßen auf. »Ein Feuer wird wüten, und es wird alle Lebewesen ohne Unterschied fressen. Ich habe meine Entscheidung bereits gefällt und weiß, wie ich handeln muss und auch werde. Also, sag mir: Willst du leben oder sterben?«

Terrig Neari, der Trumeri ohnehin nur bis zum Kinn reichte, schien noch weiter zu schrumpfen. Seine Lider senkten sich über die Augen, die wie zu klein geratene Kugeln in den Höhlen lagen. Die Gesichtshaut ähnelte dürrem Pergament, das aussah, als würde es jeden Moment reißen. Neari fiel förmlich in sich zusammen, und er antwortete nicht. Womöglich war das auch seine Form der Antwort.

Die beiden Oracca gingen seit einer gefühlten Ewigkeit durch einen düsteren Höhlengang, nur erhellt vom Licht der Lampen aus dem Brustbereich ihrer Schutzanzüge. Deren Lichtschein tanzte bei jedem Schritt über die feucht glitzernden Wände und den mit Geröll bedeckten Boden, in dem es mehr als eine Stolperfalle gab.

Ein Wunder, dass nicht längst alles in sich zusammengefallen war.

Ein Wunder? Nein, dachte der Oracca, ganz sicher nicht. Seine Vorfahren hatten keinen Platz für Wunder gelassen, sondern sich auf jede nur denkbare Weise abgesichert.

Zwar konnte Trumeri nur im Abstand von einigen Metern Stützpylone aus kupferfarbenem Metall sehen, aber es gab sicher weitaus mehr, das die Stabilität dieses Tunnels über Äonen hinweg garantierte. Unsichtbare Energiefelder oder in den Felsen eingearbeitete ...

Ein Wimmeln vor ihm riss ihn aus seinen Gedanken. Mindestens zehn spinnenartige Tiere, groß wie Trumeris knöcherne Faust, huschten davon, als sie nach einem Leben in völliger Finsternis plötzlich in Helligkeit standen.

Zweifellos existierte diese Art seit vielen Generationen in schwarzer Dunkelheit. Der Einstieg in den Tunnel war energetisch versiegelt gewesen – seit Ewigkeiten. Sicher konnten die Tiere das Licht nicht sehen, weil sie im Lauf ihrer Evolution die Augen verloren hatten; völlig nutzlose Organe für ein Leben in diesem unterirdischen Gang, der steil in die Tiefe führte ...

... der Kammer entgegen.

Die Tiere nahmen das Licht der Brustscheinwerfer aber offenbar auf eine unbestimmbare Weise wahr oder reagierten auf den Lärm, mit dem sich die beiden Oracca annäherten. Sie huschten völlig lautlos davon und verschmolzen mit der Finsternis. Einige eilten die senkrechten Wände hoch.

Die Vorstellung, dass die Tiere über seinem Kopf kauerten und jeden Augenblick in die Tiefe regnen konnten, gefiel Trumeri überhaupt nicht. Aber er ignorierte das Unbehagen. Es gab Wichtigeres.

Vor den beiden Oracca weitete sich der Höhlengang. Die Wände waren dort komplett mit Metall verkleidet, ebenso Boden und Decke. Lichter schienen plötzlich, woher auch immer, und schufen blitzende Reflexe.

Nur noch zwanzig Schritte bis zur Kammer.

Trumeri konnte die Kaverne bereits vor sich sehen, zehn Meter breit und hoch. Rechts und links des eigentlichen Eingangs ragten mächtige Stützsäulen auf, als müssten sie das Portal tragen, das in ein Heiligtum führte.

Als die beiden Oracca wenig später gemeinsam hineintraten, flammten augenblicklich zwei winzige Lichtpunkte an der Decke auf, noch ehe sie sich umschauen konnten.

Grellgrün leuchtende Strahlen zuckten in die Tiefe, trafen zielgenau die Gesichter der Besucher.

Trumeri blieb gelassen. Er hatte gewusst, was auf ihn zukam. Terrig Neari hingegen schrie auf, verstummte aber abrupt. Wahrscheinlich, weil er bemerkte, dass er sich verhielt wie ein schreckhafter Krell-torn – kaum anders als die Spinnentiere im Höhlengang, gesteuert von ihren Instinkten und nicht von einem überlegenen Verstand.

Die scharf gebündelten Strahlen wanderten über die Gesichter der beiden Besucher, tasteten sich zu den Augen vor und bohrten sich hinein. Trumeris Welt explodierte in der Helligkeit einer grünen Sonne, versank mit dem nächsten Atemzug in lichtloser Schwärze.

Ruhig bleiben. Der Blend-Effekt währt nur kurz. Es geht vorüber. Ich werde bald wieder sehen können.

Högborn Trumeri dachte an seinen Begleiter, dem inzwischen klar sein musste, dass die automatischen Systeme der Kammer die Eindringlinge auf diese Weise einem Test unterzogen. »Du wirst nicht dauerhaft geblendet bleiben«, sagte er. »Das System erstellt in diesen Augenblicken eine grundlegende Analyse, die unsere genetische Identität als Nachfahren der Oraccameo bestätigt.«

»Und wenn wir ...«

»... keine Oracca wären?« Högborn Trumeri lachte raschelnd, was in ein trockenes Husten überging. Die Strahlen erloschen und grüne Sterne tanzten überall. »Dieser Raum wäre bereits versiegelt und wir bereits in unsere Bestandteile aufgelöst.«

Ein Dutzend Herzschläge lang blieb es still; die immateriellen Sonnen zerflossen in Trumeris Sicht zu wabernden Nebelschwaden, in denen Fäden helleren Lichtes trieben wie sich windende Würmer.

Schließlich fragte Neari: »Was ist das für ein Ort?«

Statt einer Antwort stellte Trumeri ebenfalls eine Frage. »Warum hast du mich begleitet?«

»Weil du es mir befohlen hast.«

»Nein! Sondern weil ich dich auserwählt habe. Du darfst dabei sein, wenn die Zukunft dieser Galaxis beginnt, wenn das neue Zeitalter Gestalt annimmt!« Dass er es nicht aus Freundlichkeit getan hatte, verschwieg er. Auch er wusste nicht genau, wie die Systeme reagierten. Womöglich brauchte er Hilfe. »Gemeinsam werden wir den Chalkada-Schrein aktivieren.«

Der andere starrte ihn entsetzt an. »Der Schrein? Hier? Du meinst, dies ist ...« Terrig Neari brach ab. Seine Stimme zitterte vor Angst. Er warf den Kopf hastig herum, als befürchte er, dass sich ihm tödliche Gegner näherten.

Langsam kehrte Trumeris Sehvermögen zurück. Das Erste, was er sah, war sein Begleiter, der taumelnd rückwärtswankte.

»Was hast du geglaubt, wohin ich dich führe? Hast du noch immer nicht begriffen, dass das Ende bevorsteht? Also müssen wir am größten Geheimnis der Oracca rühren. Uns bietet sich eine einmalige Chance!«

»Ich habe natürlich vom Chalkada-Schrein gehört und kenne die Gerüchte, aber was ... was ist er? Trägt er wirklich die Macht zur Veränderung in sich? Die Schlüssel zur Herrschaft? Oder nur den Tod für dich und mich? Ich beschwöre dich ... wir dürfen ihn nicht aktivieren!«

»Du irrst dich«, sagte Högborn Trumeri, und es gab nur wenig, von dem er in den letzten Jahren so sehr überzeugt gewesen war wie davon. »Wir müssen es sogar. Denn hier und heute wird sich das Schicksal unseres Volkes erfüllen. Es wird höchste Zeit!«

1.

Du bist nicht allein

 

»Es ist nicht leicht, ein Ilt zu sein.« Der eiskalte Wassertropfen, der Gucky auf den Kopf gefallen war, rann ihm durch das Fell am Hinterkopf.

Der Mausbiber seufzte und grub seinen Nagezahn in das Fell unterhalb seines Mundes. Es fühlte sich trocken und spröde an, er musste es dringend wieder pflegen. Allerdings gab es bessere Momente, darüber nachzudenken, als in diesem dunklen, kalten Höhlengang.

»Das kann ich nicht beurteilen«, sagte Nemo Partijan auf seine typisch nüchterne und Guckys Meinung nach erschütternd humorlose Art. »Ich bin schließlich ein ...«

»Ich weiß, ich weiß! Du bist ein Simsalabim-Topologe.«

Partijan schwieg. Immerhin. Gucky konnte schon gar nicht mehr zählen, wie oft der Terraner ihn bislang bereits verbessert und ihm erklärt hatte, dass sich sein Fachgebiet Quintadim-Topologie nannte: Simsalabim weckt völlig falsche Assoziationen! Meine Arbeit ist reine Wissenschaft und hat mit Zauberei nicht das Geringste zu tun!

Als ob der Mausbiber das nicht wüsste. Vielleicht schwieg Partijan ja deswegen, weil er durch ihren gemeinsamen Einsatz doch etwas gelernt und ein wenig Humor entwickelt hatte. Wenigstens ein bisschen ...

Nicht, dass Gucky alles verstand, was Nemo üblicherweise von sich gab, wenn er sich über irgendwelche Hyperkristall-Phänomene in Rage redete, aber das versuchte er auch gar nicht.

Es gab Wissenschaftsbereiche und Diskussionen, in denen er seit Jahrhunderten einfach abschaltete. Ein geheuchelt-interessierter Blick und vielleicht das eine oder andere telepathisch geesperte Fachwort in den Gedanken des Gegenübers, das man laut aussprach – und schon stand man gut da. Das war leichter, als zu versuchen, alles zu verstehen.

Wozu gab es schließlich Fachleute auf jedem nur denkbaren Gebiet? Er, Gucky, war der Mann der Wahl, wenn es darum ging, vor dem Frühstück noch schnell das Universum vor dem Zusammenbruch zu retten – das musste genügen.

Die nächsten Worte des Hyperphysikers bewiesen, dass er sich in Sachen Humor auf dem richtigen Weg befand: »Ich bin Wissenschaftler, und du, Kleiner, bist der Überall-zugleich-Köter. Also: Komm mit, bei Fuß!«

»Nicht übel, Nemo«, lobte Gucky. »Gar nicht übel. Nicht ganz meine Preisklasse, aber immerhin ein Anfang. Wie lange hast du darüber nachgedacht und diesen Spruch vorbereitet?«

Partijan blieb stehen, beugte den Oberkörper leicht vor und rieb sich das Kreuz. Vielleicht hatte er dort Schmerzen, oder er tat es nur aus alter Gewohnheit. »Wir sollten jetzt wieder etwas ernsthafter an die Sache herangehen.«

»Das tue ich schon die ganze Zeit über«, versicherte der Ilt. »Ich versuche nur, dich bei Laune zu halten und dir die Angst zu nehmen.«

»Angst? Wieso sollte ich ...« Partijan verstummte, als er Guckys Grinsen sah. »Verstehe«, murmelte er noch, ehe er beim nächsten Schritt über Geröll am Boden stolperte und sich nur mühsam auf den Füßen hielt. Der Mausbiber wollte ihn schon telekinetisch stützen, doch es erwies sich als nicht nötig.

Die beiden verfolgten ihre Zielperson, seit Gucky telepathisch einige bedrohliche Gedankenfetzen des Oracca aufgefangen hatte. Trumeri war bis zuletzt undurchschaubar geblieben, niemand wusste, wie man ihn einschätzen sollte. Perry Rhodan hegte großes Misstrauen, Mondra genauso, und auch dem Mausbiber ging es nicht anders. Also war Gucky mit seinem Begleiter losgezogen, um dieses Thema ein für alle Mal zu klären.

Welche Rolle spielten die Oracca im Verzweifelten Widerstand? Konnte man wirklich auf sie zählen, oder intrigierten sie nur zu ihrem eigenen Vorteil?

Wie stand Högborn Trumeri zu Ramoz, der in Diensten der Oraccameo vor Unzeiten gelernt hatte, die im Kalten Raum versteckte Armada aus Sternraumern zu führen? Ramoz war alles andere als gut auf die Oracca im Allgemeinen zu sprechen, weil er von deren Vorfahren erpresst und zu einem besseren Knecht degradiert worden war. Übertrieb er es mit seiner völligen Ablehnung, oder bewies er einen guten Instinkt?

Noch gab es keine Gewissheit. Eine Menge Fragen blieben offen. Sie liefen alle letztlich auf eine einzige Unsicherheit hinaus: War Högborn Trumeri Freund oder Feind?

Immerhin galt er schon lange als Mitglied des Verzweifelten Widerstands; es fragte sich nur, aus welchen Motiven heraus. Guckys telepathische Sondierung zog ihn zumindest noch mehr ins Zwielicht.

Lassen wir Ramoz gewähren, hatte er einen Gedankenfetzen des Oracca aufgefangen, solange wir dieselben Ziele haben, dann schlagen wir zu.

Seitdem es gelungen war, QIN SHIS Ankerplanet zu zerstören, sammelten sich die Einheiten des Verzweifelten Widerstands samt ihrer Sympathisanten beim planetenlosen G-7-Stern und den Sternraumern von Ramoz' Flotte. Von dort aus hatten Gucky und Nemo Partijan im Obeliskenraumer MIKRU-JON Trumeris Schiff verfolgt, die ORA ...

... und das etwa hundert Lichtjahre weit, bis zu dieser Welt, der die Sternkarten den Namen Esithai verliehen. Allerdings war über diesen Planeten außer dieser kartografischen Bezeichnung offenbar nichts bekannt.

Kaum gelandet, waren Trumeri und sein Begleiter durch ein metallenes Bodenschott am Fuß eines Gebirges in diese unterirdische Bereiche geeilt. Der Höhlenweg wand sich in Kurven und Biegungen immer weiter in die Tiefe.

Rundum herrschte völlige Stille, vom fast lautlosen Krabbeln diverser insektenartiger Tiere abgesehen. Es war so kalt, dass Guckys Atem zu kleinen Nebelwölkchen kondensierte.

»Was Trumeri hier will, steht wohl in den Sternen«, sagte Partijan.

»Schön wär's«, meinte Gucky. »Dann könnten wir es dort ablesen.«

Der Hyperphysiker räusperte sich, wie oft, wenn er zu einer Erklärung ansetzte, schwieg dann aber.

Der Nagezahn des Mausbibers blitzte. »Woher kennst du überhaupt diese uralte Redewendung? Sie stammt immerhin aus einer Zeit, als die Sterne für die Terraner noch unerreichbar fern waren. Heutzutage ergibt sie ja gar keinen Sinn mehr.«

»Um abzuschalten, betreibe ich abends ein paar sprachhistorische Studien, seit ich Perry, Mondra und dich getroffen habe.« Der Wissenschaftler tippte sich an die Stirn. »Um euch besser zu verstehen. Eure Wurzeln.«

Gucky verzichtete auf den Hinweis, dass diese Redewendung mit seinen Wurzeln überhaupt nichts zu tun hatte. Er war ja kein biologischer Terraner, auch wenn er sich längst wie einer fühlte – seit dem späten zwanzigsten Jahrhundert alter terranischer Zeitrechnung schon, also seit über dreitausend Jahren.

Stattdessen dachte er darüber nach, dass ausgerechnet sprachhistorische Studien eine sehr seltsame Methode waren, um abzuschalten ...

Er gönnte sich eine letzte flapsige Bemerkung: »Wie dem auch sei – wir sind nicht hier, um zu plaudern! Also sorgen wir dafür, dass wir Trumeri auf den Fersen bleiben. Dank deiner Beschäftigung mit längst vergangenen Redewendungen wirst du bestimmt ...«

»Ja«, unterbrach der Quintadim-Topologe. »Die Floskel mit den Fersen verstehe ich auch. Und ich gebe dir absolut recht. Wir sollten uns um unser eigentliches Ziel kümmern.«

Partijan schreckte zusammen und fuhr sich mit der flachen Hand über die Augen, als ihm – ähnlich wie Gucky – ein Wassertropfen von der Decke genau auf die Stirn fiel und nach unten rann. Seine Pupillen weiteten sich, und einen Augenblick lang sah er aus wie ein in die Enge getriebenes Tier.

»Stehst du noch in telepathischem Kontakt mit den beiden Oracca?«

»Ich nehme sie wahr«, sagte der Mausbiber leise. Es gelang ihm auch weiterhin nicht, exakte Gedankeninhalte zu erfassen; er erhaschte nur hin und wieder einen vagen Eindruck.

Immerhin konnten sie Trumeri und seinen Begleiter namens Terrig Neari auf diese Art verfolgen, ohne entdeckt zu werden. Sie hielten problemlos einen so großen Abstand, dass sie nicht geortet werden konnten; gleichzeitig bestand keine Gefahr, dass sie den Anschluss verloren.

So stapften sie schon seit etlichen Minuten durch diesen stockdunklen unterirdischen Höhlengang, auf dessen Wände Feuchtigkeit perlte. Alles um sie herum glitzerte in dunklem Grau, durchzogen von grünlichen Adern. Vereinzelt ragten wie irreale Boten einer anderen Welt metallische Stützpfeiler auf. Sie schienen mit dem kalten Gestein zu zerschmelzen.

Gucky und Nemo Partijan nutzten die in ihre Schutzanzüge eingebauten Scheinwerfer nur mit minimaler Leuchtstärke, gerade hell genug, ihre Umgebung in ein Zwielicht zu tauchen, um halbwegs sicher voranzukommen. Zu große Helligkeit würde womöglich die Aufmerksamkeit der Zielpersonen wecken, auch wenn diese ihnen weit voraus waren.

Der Mausbiber warf einen Blick auf den Orter des SERUNS, den er nur passiv einsetzte, um sich nicht auf diese Weise zu verraten. Er wunderte sich nicht, dass sie sich inzwischen über zweihundert Meter unter der Oberfläche befanden. Der Tunnel führte ständig bergab.

Der Multimutant pfiff leise. »Schau dir das an!«

Partijan kam näher, warf einen Blick auf den handtellergroßen Orterbildschirm von Guckys Multifunktionsarmband. In weniger als einem halben Kilometer Entfernung endete der unterirdische Gang – genauer gesagt: Er führte in eine Kaverne von den Ausmaßen einer kleinen Halle, zehn Meter hoch und ebenso breit.

»Dort sind Trumeri und Neari inzwischen angekommen«, sagte Gucky. »Und sie wollten garantiert exakt dorthin. Also los!«

»Was?«

»Finden wir heraus, was es mit dieser Kaverne auf sich hat!«

 

*

 

»Die Oraccameo haben alles perfekt geplant«, sagte Högborn Trumeri zu seinem Begleiter. »Der Augenblick, auf den unser Volk seit 300.000 Jahren gewartet hat, wird sich bald erfüllen.«

Terrig Neari schwieg. Sein Blick wanderte suchend durch die Kaverne, doch er sah nicht glücklich aus. Offenbar entdeckte er nicht, wonach er Ausschau hielt. Es schien an diesem Ort nur die kupferfarbenen Metallplatten zu geben, die sich rundum mit fingerbreiten Fugen aneinanderreihten. Weder der Boden noch die leicht nach oben gewölbte Decke boten dem Blick in dieser Hinsicht eine Abwechslung.

Nirgends zeigte sich Technologie oder auch nur irgendetwas – die Höhle war augenscheinlich leer, ein vor Ewigkeiten verlassenes Refugium. Nicht einmal Staub lag auf oder zwischen den Platten.

Wieso eigentlich nicht?,