cover.jpg

img1.jpg

 

Nr. 65

 

Ein Hauch Ewigkeit

 

Ein Raumschiff durchbricht die Zeitmauer – und die Druuf schicken ihre Diener aus ...

 

von CLARK DARLTON

 

img2.jpg

 

Können sich Menschen auch ohne die Verwendung von Raumschiffen als Transportmittel mit Überlichtgeschwindigkeit bewegen ...?

Im »normalen« Universum wäre dies natürlich ein Ding der Unmöglichkeit, doch auf dem von den Druuf überfallenen Planeten Morag II herrschen keine normalen Verhältnisse mehr – jedenfalls nicht für Wesen, die dem langsamen Zeitablauf der anderen Dimension nicht unterliegen.

So sind die Mitglieder der sechsköpfigen Zeit-Expedition unter Leutnant Marcel Rous auf Grund ihrer beibehaltenen Eigenzeit so schnell, dass sie selbst Energieschüssen ausweichen können, die mit relativer Lichtgeschwindigkeit herannahen! Wer sollte ihnen also etwas anhaben können ...?

Und doch sind die Mitglieder der Zeit-Expedition verzweifelt! Das Eindringen in die fremde Dimension war ihnen mittels des Linsen-Feldgenerators gelungen – nun aber, da das »Fenster« in ihr eigenes Universum verschwunden ist, sind sie zu Gefangenen in Zeit und Raum geworden ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Ist es nur ein glücklicher Zufall, der den Administrator des Solaren Imperiums davor bewahrt, im »Meer der Zeit« zu versinken ...?

Reginald Bull – Perry Rhodans Freund und Stellvertreter.

Erb – Gustav VI. hat ihn richtig beraten.

Leutnant Marcel Rous – Der Leiter der verschollenen Zeit-Expedition.

Gucky – Der Mausbiber sieht einen Geist.

Ras Tschubai – Ein Teleporter des Mutantenkorps.

Kruukh – Ein gehorsamer Diener seines Herrn.

1.

 

In einer Entfernung von 7132 Lichtjahren umkreiste Tats-Tor als zweiter Planet die Sonne Morag. Vor fünf Jahrtausenden hatten Arkoniden diese Welt besiedelt und lebten von der Ausfuhr wertvoller Rohstoffe und dem Handel mit den Völkern des arkonidischen Imperiums, das von einem gigantischen Positronengehirn regiert wurde.

Dann aber ging die geheimnisvolle Zeitfront über Tats-Tor hinweg und ließ alles organische Leben verschwinden. Zurück blieb eine leere Welt, auf der nichts mehr existierte, wenn auch alle Städte heil geblieben waren. Die Menschen aber, die einst in ihnen geatmet, geliebt und gekämpft hatten, gab es nicht mehr. Sie hielten sich irgendwo in einer anderen Zeitebene auf.

Wenn Perry Rhodan auf Tats-Tor landete, so hatte er dafür seine besonderen Gründe. Denn hier war es gewesen, wo die von ihm geplante Zeit-Expedition unter der Leitung von Leutnant Marcel Rous gestartet und im Nichts verschwunden war.

Das war im Januar gewesen, vor mehr als sieben Monaten.

Im Januar des Jahres 2041!

Heute, am 16. Juli also, kehrte Perry Rhodan zum dritten Mal nach Tats-Tor zurück. Während der entvölkerte Planet auf den Bildschirmen der DRUSUS auftauchte, wanderten Rhodans Gedanken zurück, und er dachte an die ersten beiden Besuche, die so ergebnislos und ohne jede Hoffnung für die Verlorenen verlaufen waren ...

 

*

 

Es war der 13. Januar 2041.

Seit zehn Tagen bereits fehlte jede Spur der Zeit-Expedition. Leutnant Rous war mit seinen fünf Begleitern durch das Lichtfenster des Linsen-Feld-Generators in die fremde Zeitebene vorgedrungen, als die Überlappungsfront über Tats-Tor hinwegrollte und alles Leben unsichtbar machte. Aber Marcel Rous war nicht, wie vorgesehen, zurückgekommen.

Mit dem Superschlachtschiff DRUSUS, einer Kugel von anderthalb Kilometern Durchmesser, landete Rhodan auf Tats-Tor und fand nach einigem Suchen die verlassene Gazelle, in die der Linsen-Feld-Generator eingebaut worden war.

Mit Hilfe dieses genialen Gerätes war es möglich, im Augenblick einer Überlappung in die andere Zeitebene einzudringen, ohne die Eigenzeit zu verlieren. Mit anderen Worten: Die Verhältnisse jener anderen Existenzebene, die sich grundlegend von der normalen unterschied, hatten nicht den geringsten Einfluss auf einen Menschen, der durch das Feld des Generators in sie eindrang.

Das normale Universum wurde von einer fremden Zeitebene durchquert. Überall dort, wo eine direkte Überschneidung stattfand, verschwand das organische Leben. Die ungeheuerlichste Gefahr, die jemals aufgetaucht war, bedrohte alles Leben der Milchstraße.

Rhodan, Reginald Bull und einige Mutanten schritten mit sehr gemischten Gefühlen auf die Gazelle zu, die einsam und verlassen mitten in einer Wüste stand. Außer ihnen gab es auf dieser Welt kein Leben mehr, nicht einmal Insekten oder Würmer. Die Zeitfront hatte alles mit sich genommen und nur anorganische Materie und Pflanzen zurückgelassen. Ein Zeichen, dass zwischen Fauna und Flora doch ein gewisser Unterschied bestand, der von den Naturgesetzen der anderen Ebene berücksichtigt wurde.

Bully, wie man Reginald Bull gewöhnlich nannte, räusperte sich dezent und bemühte sich, seine Erregung zu verbergen. Auf keinen Fall sollten die anderen merken, dass er Angst hatte.

»Sie sind nun schon seit zehn Tagen – eh – verschwunden«, sagte er mit belegter Stimme. »Wenn sie durch das Lichtfenster in die andere Zeitebene gegangen sind, warum kommen sie dann nicht zurück?«

Rhodan warf ihm einen kurzen Seitenblick zu, während er ruhig weiterschritt.

»Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, kamen wir hierher, Bully. Ich habe das Gefühl, es könnte hundert Antworten geben – es wird an uns liegen, die einzig richtige herauszufinden. Dort steht die Gazelle!« Er zeigte auf den Fernaufklärer, einen Diskus von dreißig Metern Durchmesser und achtzehn Metern Höhe. Sie waren noch zweihundert Meter von ihm entfernt. »In seiner Zentrale befinden sich die Kontrollen für den Linsen-Feld-Generator. Wir werden gleich sehen, was mit ihnen los ist.«

»Was soll mit ihnen los sein?«, knurrte Bully voller Ungewissheit.

Rhodan sah ihn nicht an, als er antwortete: »Es gibt eigentlich nichts, was nicht auch mal kaputtgehen könnte ...«

Bully schwieg den Rest des Weges beharrlich.

Die Außenluke war geöffnet, und sie konnten ungehindert in das Innere des kleinen Raumschiffes eindringen. Drüben, in knapp einem Kilometer Entfernung, stand drohend die DRUSUS. Beim geringsten Zeichen der Gefahr würden die Geschütze des Giganten eingreifen.

Aber es geschah nichts, als Perry Rhodan mit seinen Begleitern in die Luftschleuse der Gazelle einstieg und zur Zentrale vordrang.

Und dann dauerte es auch nicht mehr lange, bis sie alle eine sehr eindeutige aber keineswegs befriedigende Antwort auf ihre Fragen erhielten.

Die erstarrten Metalltropfen auf dem glatten Boden der Zentrale besagten eigentlich schon genug, aber Rhodan begnügte sich nicht mit halben Sachen. Er versuchte selbst, die Anlage in Gang zu bringen, aber bald musste er einsehen, wie sinnlos sein Bemühen war.

Der Linsen-Feld-Generator der Gazelle war erledigt, ein für allemal erledigt. Die Spulen waren durchgebrannt und die Leitungen zerschmolzen. Eine Reparatur war unter den gegebenen Umständen so gut wie aussichtslos.

»Jetzt wissen wir wenigstens Bescheid«, murmelte Bully.

Rhodan nickte ihm zu.

»Ein Trost, mit dem die Mitglieder der verschollenen Zeit-Expedition nur wenig anfangen können. Wie holen wir sie aus ihrem Zeit-Gefängnis wieder heraus?«

»Wir bauen einen anderen Generator«, schlug einer der Mutanten vor.

»Ganz richtig.« Rhodan nickte. »Es gibt keine andere Möglichkeit. Aber dazu müssen wir zur Erde zurückkehren. Nur das Forschungszentrum in Terrania hat die Mittel, ein solches Projekt zu verwirklichen. Hoffentlich verlieren Leutnant Rous und seine Leute inzwischen nicht den Mut.«

Bully starrte nachdenklich gegen die erloschenen Bildschirme der Gazelle und sagte: »Wenn sie nur nicht zuviel Zeit verlieren ...«

Rhodan schüttelte den Kopf.

»Oder wir«, meinte er und verließ, ohne weiter zu zögern, das kleine Raumschiff. Er wusste, dass sie hier nichts mehr tun konnten, ohne wertvolle Stunden und Tage zu verlieren.

Und so kam es, dass Perry Rhodan mit der DRUSUS wenige Wochen später ein zweites Mal auf Tats-Tor landete, diesmal mit einem sehr großen und leistungsfähigen Linsen-Feld-Generator an Bord.

 

*

 

Sie benötigten einen ganzen Tag, das Gerät draußen in der Wüste neben der Gazelle aufzubauen. Die von der Erde mitgekommenen Techniker waren fest davon überzeugt, dass ihre Neuschöpfung funktionieren würde. Rhodan und Bully hofften es.

Natürlich auch Gucky, der diesmal mitkommen durfte. Mit ernster Miene watschelte der Mausbiber hinter den beiden Männern her, die Ohren steil nach oben gestellt und sich mit dem breiten Biberschwanz abstützend. In den braunen Hundeaugen schimmerte so etwas wie Zweifel, aber rein äußerlich ließ sich das überaus intelligente Tier nichts anmerken.

Dabei war Gucky eigentlich alles andere als ein Tier. Als Mitglied des Mutantenkorps verfügte er über mindestens drei parapsychologische Eigenschaften, und es war noch nicht klar erwiesen, ob weitere Gaben dieser Art in ihm schlummerten. Immerhin war er Telepath, Telekinet und Teleporter zugleich, sprach einwandfrei mehrere Sprachen und verfügte über eine Intelligenz, um die ihn jeder Mensch beneiden musste.

Gucky ging aufrecht und maß so einen knappen Meter. Er war ein Mittelding zwischen Maus und Biber, benahm sich jedoch völlig menschlich, wenn er auch meist auf eine Bekleidung verzichtete. Das rostbraune Fell schien ihm völlig ausreichend.

Rhodan machte bei den Technikern halt, die unmittelbar neben der verlassenen Gazelle ihr neues Gerät aufgestellt hatten. Die Projektoren zeigten nun in die gleiche Richtung, in die auch jene des inzwischen unbrauchbar gewordenen zeigten. Wenn nicht etwas Unvorhergesehenes eintrat, musste man nach Einschalten des Apparates den kreisförmigen Lichtbogen sehen, durch den man in die andere Zeitebene vordringen konnte.

»Sind Sie fertig?«, fragte Rhodan den leitenden Ingenieur und zeigte auf die komplizierte Apparatur. »Wann kann der Versuch unternommen werden?«

»Sobald die Leitungen an die Generatoren der DRUSUS angeschlossen sind, Sir. Der Linsen-Feld-Generator benötigt große Energien, um sein Zeitfeld aufzubauen.«

Rhodan nickte und drehte sich um.

»Ich werde selbst gehen. Gucky und die Mutanten werden mich begleiten. Bully bleibt zurück und übernimmt das Kommando, falls etwas schiefgehen sollte ...«

»Schief ...?«, erkundigte sich Gucky mit seiner hellen, piepsenden Stimme. »Und was dann?«

»Wir müssen das Risiko schon auf uns nehmen«, erklärte Rhodan ruhig. »Leutnant Rous tat es auch – und blieb verschollen. Aber wir haben eine Erklärung dafür. Ohne Generator gibt es keine Rückkehr aus der anderen Ebene. Dieses Gerät hier wird aber nicht versagen, dafür sorgen unsere Techniker. Wir werden also jederzeit zurückkehren können.« Er wandte sich wieder an die Wissenschaftler. »Wann ist es soweit?«

»In einer Stunde, Sir.«

 

*

 

Die Sonne Morag war nur ein kleines Stück weitergewandert und stand hoch am Himmel. Die Wüste des Planeten Tats-Tor lag einsam und tot unter ihren sengenden Strahlen und dokumentierte die Leblosigkeit der von der Zeitfront überrollten Welt.

Rhodan schob den Impuls-Strahler im Gürtel zurecht und warf seinen Begleitern einen letzten Blick zu. Neben ihm zitterte Gucky voller Ungeduld, aber Rhodan spürte die Scheu seines kleinen Freundes vor dem Unbekannten. So tapfer und mutig der kleine Mausbiber auch sein mochte, die fremde Zeitebene war etwas, was er nicht voll und ganz begriff – und darum hatte er Angst vor ihr.

»Wir bleiben zusammen«, sagte Rhodan und legte Gucky seine Rechte auf die Schulter. »Sobald wir durch das Lichtfenster gestiegen sind, musst du telepathisch auf Empfang gehen, damit wir Leutnant Rous möglichst schnell finden. John Marshall wird die Funkgeräte bedienen. Ich selbst sorge dafür, dass wir nicht von einem möglichen Gegner überrascht werden, aber wir wissen ja, dass alle Vorgänge hinter dem Zeitvorhang zweiundsiebzigtausendmal langsamer ablaufen. Also werden wir auch keinen Gegner zu befürchten haben.« Er nickte den Technikern zu. »Fertig, meine Herren.«

Bully stand abseits und bemühte sich, ein gleichgültiges Gesicht zu zeigen. In seinem Innern tobte der Sturm verschiedenartiger Gefühle. Natürlich war er froh, nicht an dem Experiment teilnehmen zu müssen. Leibhaftige Gegner fürchtete er nicht, aber das Vordringen in eine fremde, unbekannte Lebenssphäre war ein Wagnis, das mehr als bloßen Mut erforderte.

Trotzdem wäre er gern mitgegangen. Der Reiz des Abenteuers war zu verlockend.

Auf der anderen Seite ...

Er kam nicht mehr dazu, seine widersprechenden Gedanken weiter zu verfolgen. Der Telepath Gucky drehte sich mit einem Ruck um und sagte: »Du weißt nicht, was du willst, Dicker!« Dabei war Bully keineswegs dick, höchstens ein wenig untersetzt. Aber der Mausbiber übertrieb gern, wenn er seinen Busenfreund Bully damit ärgern konnte. »Einmal bist du froh, dass andere die Kastanien aus der anderen Zeitebene holen wollen, dann wiederum ärgerst du dich, nicht dabei sein zu können, wenn wir uns die Pfoten verbrennen. Wenn du brav bist, bringe ich dir von drüben eine Uhr mit. Da sie zweiundsiebzigtausendmal langsamer geht, kannst du dir deinen Feierabend damit gestalten.«

Ehe Bully die richtigen Worte für eine Entgegnung fand, schaltete der leitende Ingenieur die Energiezufuhr ein. Mit einem dumpfen Summen bauten sich die Magnetfelder auf, die ihrerseits wieder dazu dienten, eine Lücke in die Zeitmauer zu brechen. Diese Lücke würde sich durch das matte Flimmern eines Lichtbogens verraten, der das Fenster umschloss.

Aber dann geschah nichts weiter. Zwar vibrierten alle Teile der fest verankerten Apparaturen und das Summen verstärkte sich, der Lichtbogen jedoch blieb aus.

Der Ingenieur schaute verdutzt auf die schwankenden Zeiger der Messskalen und schüttelte den Kopf. Rhodan trat näher zu ihm hin und fragte laut, um das Summen zu übertönen: »Was ist? Das Feld baut sich doch auf, oder ...?«

»Es baut sich auf«, bestätigte der Ingenieur ratlos und ließ die Skalen nicht aus den Augen. »Ich kann keinen Fehler entdecken. Alles funktioniert genau nach Plan, und eigentlich müsste das Lichtfenster nun zu sehen sein. Ich verstehe nicht ...«

Niemand verstand es damals vor gut sechs Monaten. Zuerst wirkte die Enttäuschung fast niederschmetternd, und man suchte den Fehler in dem Licht-Feld-Generator selbst, bis ein kluger Kopf im Forschungszentrum von Terrania auf den Gedanken kam, ihn woanders zu finden.

In den auf Tats-Tor herrschenden Umständen nämlich!

Es war ein schwerer Schlag für Rhodan gewesen, der nun mit aller Sicherheit annehmen musste, dass die Zeit-Expedition des Leutnant Rous für alle Zeiten verloren war.

Aber er unterschätzte das Wissen seiner eigenen Leute.

Etwa drei Monate nach den oben geschilderten Ereignissen betrat Chef-Physiker Erb von der Elektronen-Abteilung sein Arbeitszimmer hoch über den Straßen von Terrania.

Rhodan hatte gerade eine Unterredung mit dem Administrator der Venus gehabt und schaltete ab. Der Bildschirm erlosch. Ohne besonderes Interesse bat er den Physiker, ihm gegenüber Platz zu nehmen. Er war davon überzeugt, es mit einem der üblichen Routineberichte zu tun zu haben.

»Was kann ich für Sie tun?«, eröffnete er das Gespräch und war mit seinen Gedanken ganz woanders. Die Siedler auf der Venus hatten um mehr administrative Freiheit gebeten, und es war nicht einzusehen, warum man sie ihnen verweigern sollte. Hinzu kam, dass ...

»Ich glaube«, sagte Erb, »dass ich nun endlich weiß, warum der Linsen-Feld-Generator damals auf Tats-Tor nicht funktionierte.«

Rhodan zuckte unwillkürlich zusammen und vergaß die Venus. Er beugte sich vor und sah den Physiker an.

»Tats-Tor ...! Die verschollene Expedition ...! Ich habe alle Hoffnung aufgegeben, Rous jemals helfen zu können. Erwecken Sie keinen falschen Optimismus in mir, Erb.« Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Unsinn! Hören Sie nicht auf mich, Erb. Berichten Sie lieber, was Sie herausgefunden haben. Jede Kleinigkeit ist wichtig, wenn wir damit unseren Leuten helfen können.«

Der Physiker, eine äußerst sympathische Erscheinung mit bereits grauen Haaren, lächelte verlegen zurück. In seinen Augen war so etwas wie Hilflosigkeit, aber Rhodan kannte seine Leute. Er wusste, wie sehr dieser Eindruck täuschen mochte. Erb war einer seiner fähigsten Mitarbeiter auf physikalisch-elektronischem Gebiet.

»Eigentlich war nicht ich es, der die Antwort fand, sondern Gustav VI.«

»Gustav VI.?«, fragte Rhodan erstaunt.

»Ja, so nennen wir das Positronengehirn unserer Abteilung. Es ist natürlich nicht so leistungsfähig wie die großen Gehirne auf den Schiffen oder gar auf der Venus, aber es hat uns schon gute Dienste geleistet. Ich habe also Gustav VI. alle Informationen gegeben, die ich über das Problem der anderen Zeitebene kannte, wobei ich zugeben muss, auch mit bloßen Vermutungen gearbeitet zu haben. Nach verschiedenen Anfragen kristallisierten sich die Antworten heraus. Stichproben ergaben ihre Richtigkeit. Ein Irrtum ist so gut wie ausgeschlossen, Sir.«

Rhodan hatte alle anderen Probleme vergessen, die ihn als Administrator des Solaren Imperiums belasteten. Nach drei Monaten der relativen Ruhe stand das Gespenst wieder, vor ihm – das Gespenst der anderen Zeitebene, die das eigene Universum durchquerte und überall dort, wo sich die Dimensionen berührten, Unheil und Verderben brachte.

»Sprechen Sie weiter, Erb. Welche Antworten fanden Sie?«

Der Physiker lächelte nun nicht mehr. Sein Gesicht war seltsam hart und starr geworden. Die Augen blickten Rhodan ohne jede Verlegenheit an.

»Zuerst wollte ich wissen, ob der von uns konstruierte Linsen-Feld-Generator einwandfrei arbeitete, weil er auf Tats-Tor so kläglich versagte. Die Antwort des Gehirns besagt einwandfrei, dass wir keinen Fehler machten und dass das Gerät einwandfrei gebaut war. Es musste demnach genauso einwandfrei funktionieren. Es funktionierte aber nicht! Also musste der Fehler woanders liegen.«

Rhodan nickte, unterbrach den Physiker aber nicht, wenn dieser auch eine Pause machte. Erst nach Sekunden fuhr Erb fort: »Also suchte ich den Fehler auch woanders, und zwar mit Gustavs Hilfe. Die Antwort lautet mit einem Wahrscheinlichkeitsfaktor von siebenundneunzig Prozent, dass überhaupt kein Fehler vorliegt.«

»Kein Fehler?«, murmelte Rhodan erstaunt. »Was soll das heißen?«

»Nun, ein gewisser Fehler existiert schon, aber er ist lediglich theoretischer Natur, Sir. Es war ein Fehler von uns, anzunehmen, dass die Verhältnisse während einer Zeit-Überlappung die gleichen seien wie nach einer solchen Berührung der beiden Zeitebenen.«

Rhodan sah Erb fest an. In seinen Augenwinkeln zuckte es leicht.

»Sagen Sie das noch einmal, bitte!«

Erb tat ihm den Gefallen und schwieg dann erwartungsvoll. Ob Rhodan zu dem gleichen Schluss kam wie er selbst vor einigen Tagen? Das würde die Logik des Gedankenganges einwandfrei beweisen.