ZWEITES KAPITEL.

Auf der Fährte.

Inhaltsverzeichnis

Noch nicht lange war die Sonne über dem Horizonte erschienen, und sandte vom unbewölkten Himmel ihre wärmenden Strahlen zur Erde nieder, als die Türe des Blockhauses sich öffnete und Graf Edgar aus ihr ins Freie trat. Der junge Mann ließ sein Auge umherschweifen und erblickte nun klar im Tagesscheine, was nur verworren und kaum erkennbar sich gezeigt hatte, als er in später Abendstunde gestern hier anlangte. Dort lag die rauhe Straße, die er hergekommen war, hinter ihm das aus roh behauenen Blöcken aufgeführte und mit Schindeln bedeckte Blockhaus, welches ihn beherbergt hatte. Weiterhin zeigten sich Schuppen und Ställe, aus denen Laute drangen, welche die Anwesenheit von Schweinen und Kühen verrieten. Eine gute Strecke beackerten Landes zog sich um die Gebäude her, auf dessen Fläche noch vereinzelte dürre Bäume standen, welche umzuhauen und fortzuschaffen zu viel Arbeit gekostet haben würde. Diese verdorrten Bäume innerhalb der umgepflügten Felder sind eine charakteristische Eigentümlichkeit der jungen Ansiedlungen in den Wäldern Amerikas und geben diesen ein ganz absonderliches Gepräge. Statt sie zu fällen, »ringelt« man sie, wie der technische Ausdruck lautet, das ist, man schält an einer Stelle ringsum die Rinde ab, wodurch die Bäume absterben und endlich, freilich oft erst nach vielen Jahren, morsch zusammenfallen. Korn und Mais sproßten lustig im frischen Grün des jungen Jahres zwischen diesen abgestorbenen Baumriesen empor. Der schweigende Wald, aus dem dann und wann der Ruf der Spottdrossel drang, grenzte das Bild überall ein. Des Grafen umschauender Blick bemerkte, daß sich hier zwei Straßen kreuzten, was wohl Veranlassung gewesen sein mochte, daß sein, wie es schien, Ackerbau und Handel treibender Wirt sich hier niedergelassen hatte.

Langsam schlenderte er dann durch die Felder, zwischen den dürren Bäumen hindurch, deren Aeste nackt und kahl schier unheimlich in die Lüfte ragten. Nicht weit war er gegangen, als er, eine kleine Erdanschwellung ersteigend, einen ziemlich breiten Fluß vor sich erblickte, der seine bräunlichen Fluten langsam zwischen bewaldeten Ufern hintrieb.

Zwei Boote lagen dort am Ufer befestigt, das eine nach europäischer Art gebaut, während das andre, aus Rinde gefertigt, wohl indianischen Ursprungs war, wie er dergleichen bereits am Ohio gesehen hatte.

Der schweigende Wald, der Fluß im Morgensonnenschein, der weit herab sichtbar war, die feierliche Stille ringsum verfehlten ihren Eindruck auf das Gemüt des jungen Mannes nicht, denn dieses Schweigen der Natur spricht beredter zu fühlendem Herzen als der wüste Lärm im Tagestreiben der Städte.

In Gedanken versunken blieb er stehen. Die ferne Heimat stieg vor ihm auf, er sah seinen greisen Vater traurig im Lehnstuhl sitzen und es klang fernher tönend an sein Ohr: »Hast du sie noch nicht gefunden? Bring sie zurück, Edgar, daß ich sie noch segne, ehe ich zu meinen Vätern gehe und mein Haupt nicht kummervoll zu Grabe sinke.«

Ernst blickte der junge Mann vor sich hin. Aus seinem Sinnen erweckte ihn die Stimme seines Wirtes, der, auf hohem Ufer stehend, ihm zurief: »Ist ein glorioser Fluß, der alte Muskegon, Fremder, meint Ihr nicht?«

»Der Fluß ist schön mit seinen schweigenden Waldufern, ja, Wirt.«

»Ist ein mächtig schöner Fluß, keiner wasser und fischreicher im alten Mich. Seid früh auf den Beinen, Fremder, kalkuliere, hat Euch das Lager nicht gefallen? Müßt vorlieb nehmen, Mann, seid nicht in Lansing oder Detroit, seid in der Wildnis.«

»Ich ruhte gut genug aber ich liebe den Morgen und die Frühsonne lockte mich hinaus.«

»Ist ein schönes Ding um klaren Sonnenschein und frischen Morgenwind, habt recht, erfrischt das Herz und den Sinn, liebe ihn auch, den Morgen. Aber ich bin Euch nachgegangen, Euch zum Frühstück zu holen, meine alte Lady wartet mit dem Kaffee auf Euch.«

»Nun, ich bin bereit,« entgegnete der Graf freundlich, »die Morgenluft stärkt den Appetit.«

Sie schritten durch die Felder zurück und Grover erklärte seinem Gast nicht ohne Stolz, was er unter harter Arbeit seit einigen Jahren dem wilden Walde abgerungen habe, und wies auf die urbar gemachten Felder.

»Ist ein guter Boden hier, Fremder, hab's gut getroffen, mächtig guter Boden. Und der gesegnete Muskegon ist der Fluß, Mais und Korn hinabzuschaffen bis nach dem See und darüber hinaus bis Chicago. Ist ein guter Platz hier für Ackerbau und Handel, kreuzen sich die Straßen. Hat noch eine Zukunft, der Platz hier, kommen immer mehr Leute und bauen sich ein Haus in der Nähe, habe schon zehn Meilen von hier einen Nachbar.«

Während der Wirt so plauderte, langten sie am Hause an, in dessen Tür eine einfach, doch sauber gekleidete Frau stand.

»Ist meine alte Lady, Fremder, eine Frau, wie man sie suchen kann weit und breit. Hat manche Fährlichkeit an meiner Seite ertragen im wilden Wald, ist mein Stolz, Fremder, das alte Weib.«

Das alte Weib war eine ganz stattlich aussehende Frau, der man trotz des rauhen Lebens, welches sie im Walde führen mußte, ihre vierzig Jahre nicht ansah.

Er stellte ihr jetzt seinen Gast vor.

»Ist der Fremde, Nelly, von jenseits des großen Wassers, von welchem ich dir gestern abend sagte.«

Die Frau reichte dem Grafen die Hand und überflog nicht ohne Wohlgefallen dessen hübsches, freundliches Gesicht und seine schlanke Gestalt, welche die knappe Tracht vorteilhaft hervorhob.

»Ihr seid willkommen, Herr,« sagte sie einfach.

»Ist ein Lord oder so etwas, Nelly, wenn ich gestern abend richtig verstand. Kennen das bei uns nicht, Fremder, stammt noch aus dem alten Lande. Aber schadet nichts, nehmen's hier nicht so genau, seht ehrlich aus und habt Euch benommen wie ein Mann.«

Ein Lächeln trat in des jungen Edelmannes Angesicht, als ihm der Wirt so treuherzig versicherte, daß ihm seine vornehme Abkunft hier nichts schaden solle. Dann sagte er: »Wenn ich durch mein spätes Erscheinen Mistreß Grover in ihrer Nachtruhe gestört habe, so bitte ich nachträglich um Entschuldigung.«

»Sind's gewohnt, Sir, werden oft genug in der Nacht herausgepocht.«

Indem kam Heinrich von den Ställen her, wo er bereits nach den Pferden gesehen hatte. In seiner kräftigen Gestalt, dem gebräunten narbigen Antlitz, aus dem zwei scharfblickende graue Augen blitzten, dem Ausdruck von Energie auf seinen Zügen, lag etwas SelbstbewußtKühnes, wie es gewöhnlich dem Weidmann eigen ist.

»Sind die Pferde ausgeruht, Heinrich?«

»Zu Befehl, Herr Graf, sind frisch und munter.«

»Kommt herein, Fremde,« ließ sich die Frau vernehmen, »und laßt's euch schmecken.«

Sie ging voran und die andern folgten.

Auf einem großen, mit rauhem, aber sauberem Linnen bedeckten Tische war nach Landesart ein reichliches Frühstück hergerichtet. Aus einer umfangreichen Blechkanne stieg der Duft eines guten Kaffees empor und daneben zeigten sich frische Maiskuchen, Butter, Honig, Eier, Schinken und die reichliche Hälfte eines Truthahns.

Am Tische standen zwei junge Mädchen, einfach in selbstgewebtes Zeug wie die Mutter gekleidet, frische, gesunde Kinder, und blickten halb schüchtern, halb mit verstohlener Neugierde nach den Fremden hin.

»Sind meine Töchter, Fremder, Lizzy und Mary. Habe noch einen Jungen, den Erstgeborenen, siebzehn Jahre alt, aber der ist in Lansing und studiert mächtig Lesen und Schreiben und Rechnen. Kommt ihm schwer an, dem armen Burschen, läuft lieber mit der Büchse im Walde herum, aber muß sein, das Studieren, kommt nicht ohne das durchs Leben. Muß viel nachholen, hatten im wilden Walde keine Schule.«

Während er so plauderte und der Graf die jungen Mädchen mit leichter Neigung grüßte, waren sie um den Tisch getreten, Grover faltete die Hände und alle folgten dem Beispiel, die jüngste der Töchter sprach ein Gebet und dann sagte Grover, sich setzend: »Und nun langt zu, Fremde. Ist bei uns Sitte, an den lieben Gott zu denken, wenn der Tag beginnt, kalkuliere, ist eine mächtig gute Sitte. Haltet ihr's im alten Lande auch so?«

»Auch bei uns vergißt man nicht des Schöpfers zu gedenken, Mister Grover.«

Herzhaft griff man nun zu dem lecker bereiteten Mahle, welches der Vorratskammer des Hauses Ehre machte.

Als sich das Frühstück dem Ende nahte, äußerte Grover: »Spricht nicht englisch, Euer Gefährte, denk' ich, sagtet Ihr gestern abend?«

»Er spricht und versteht nur deutsch.«

»Ist Euer Diener, Fremder? Wie?«

»Nicht ganz, Sir, Heinrich steht als Jäger in Diensten meines Vaters, und ist mein Reisebegleiter. Heinrich ist ein mächtiger Schütze, Mister Grover.«

»Ist eine gute Eigenschaft für den Wald. Müssen hier alle mit der langen Rifle umzugehen verstehen, und verstehen's auch, sage Euch, Mann verstehen's hier. Freut mich, daß Euer Gefährte ein guter Schütze ist.« Heinrich war augenscheinlich in des Wirtes Achtung gestiegen. »Auch im Kampfe gegen die Frenchers gewesen?«

»Sicher, Herr, stand beim fünften Jägerbataillon, welches vor Paris wohl den heißesten Kampf auszufechten hatte, der während des ganzen Krieges stattfand. Standen da achthundert Jäger zwei Stunden lang zehntausend Franzosen gegenüber, die mit wilder Wut angriffen. Hielten diese achthundert sie hin, bis endlich Hilfe heran war und den Feind zurückwarf.«

Staunend horchte der Wirt.

»Ist ein Fakt, Mann?«

»Ja, Sir, ist ein Fakt, steht in der Kriegsgeschichte verzeichnet.«

»Segne meine Seele,« sagte Grover und warf einen bewundernden Blick auf Heinrich, der, unwissend, daß von ihm die Rede war, sich eifrig mit Schinken und Eiern beschäftigte, »segne meine Seele, sind Krieger, diese Deutschen, ja, sind, ist ein Fakt. Achthundert gegen zehntausend,« brummte er vor sich hin, »mächtig glorreiche Frolic. Bin als junger Mann einmal gegen die Roten ausgezogen, am Mackinaw droben, ging auch heiß her. Waren da ein sechzehn wohl gegen fünfzig heulende Wilde, sind arg in der Klemme gewesen, aber haben sie doch endlich gepfeffert. War auch eine glorreiche Frolic, waren einer gegen drei aber einer gegen zehn und gegen Franzosen, ist ein gewaltig Stück.«

Das Frühstück war geendet, die Mädchen räumten behende den Tisch ab und zogen sich dann mit der Mutter zurück.

Grover hatte sich erhoben und blickte nach der Ecke hin, in welcher die Waffen des Grafen und Heinrichs standen.

»Habt da eine absonderliche Büchse, Fremder,« ließ er sich vernehmen, »habe mir das Ding schon angesehen, wurde aber nicht recht klug daraus.«

Der Graf nahm die Waffe in die Hand. »Es ist ein Zündnadelgewehr, Mister Grover, wie die Preußen es seit Jahren führen, ein Zündnadelgewehr mit Büchsenlauf.«

»Hm, habe davon gehört, mögen auch solche Waffen schon im Lande sein, aber bis in die Wälder hier ist noch keine gelangt,« und neugierig untersuchte er die Büchse.

Bereitwillig öffnete Edgar den Verschluß und erklärte seinem Wirt die Konstruktion.

Mit dem regen Interesse des Waldmanns folgte Grover den Erklärungen des Offiziers. »Hm, ist neu hier, ganz neu. Hat sich bewährt? Wie?«

»Seit 1866 hat ganz Europa sich mit Hinterladern versehen, und 1870 besaßen die Franzosen in ihren Chassepots bereits eine bessere Waffe als wir.«

»Und trägt sicher?«

»So sicher wie jede andre gute Büchse.«

»Und worin besteht der Vorteil?«

»In der Feuergeschwindigkeit; Heinrich zum Beispiel feuert mit dieser Flinte achtbis neunmal in der Minute.«

»Segne meine Seele,« sagte staunend der Wirt, »ist eine gewaltige Sache; möchte es sehen.«

»Gerne würde ich Euch das Vergnügen machen, die volle Feuergeschwindigkeit vor Euren Augen zu erproben, nur führen wir dazu nicht Patronen genug mit. Aber Heinrich soll Euch zeigen, wie man Schnellfeuer macht, er versteht besser damit umzugehen wie ich. Ich selbst bin nur mit einer Perkussionsbüchse bewaffnet, und zwar deshalb, weil man Pulver und Blei überall auftreiben kann, doch schwerlich möchte es hier gelingen, Patronen für diese Büchse zu erwerben.«

»Habt recht, ist hier nirgends zu finden. Kalkuliere, haben bereits in der alten Dominion Hinterlader, werden auch schon in den Städten an den Seen sein, habe noch keine gesehen, wir führen hier noch unsre alte Rifle.«

Der Graf forderte nun Heinrich auf, die Waffe zu nehmen, eine Patrone abzufeuern und dann mit der Hülse ihrem Wirte die Lade und Feuergeschwindigkeit zu zeigen.

Sie begaben sich mit der Waffe ins Freie und Heinrich lud sie. Er schaute sich nach einem Ziele um und gewahrte etwa zweihundert Schritt entfernt eine Waldtaube auf dem Aste eines Baumes. Er hob die Büchse, feuerte und der Vogel fiel.

»Ist ein guter Schuß,« sprach Grover, »und ein gut gebohrter Lauf.«

Heinrich warf die Hülse heraus, zeigte sie dem aufmerksam beobachtenden Wirt und wiederholte vor dessen staunenden Blicken die Manipulation des Ladens, Zielens und Abfeuerns mit so großer Schnelligkeit, dcch nach des Grafen Uhr neunmal sich der Büchsendonner hätte hören lassen, wenn er sich gefüllter Patronen bedient hätte statt der leeren Hülse.

»Segne meine Seele, das ist eine furchtbare Waffe, wenn gegen anrückende Massen gefeuert wird, unsre Rifles erfordern Zeit, bis der Schuß fest sitzt im Laufe. Mächtig neue Erfindung, muß mir auch ein solches Ding kommen lassen von dem See her, koste es, was es wolle. Mächtig neue Erfindung.«

Heinrich trug die Waffe zurück und Grover und der Graf schlenderten langsam vor dem Hause auf und ab.

Nach einer Weile sagte Grover: »Habt da gestern nach einem Landsmann gefragt, Fremder, habe Euch versprochen, Joe Barina, darum anzugehen, der am längsten hier in den Wäldern lebt und Land und Leute den ganzen See entlang am besten kennt. Ist's Euch recht, reiten wir zum Alten hin, sind kaum zwanzig Meilen.«

»Ich halte jede Minute für verloren, die ich nicht auf Nachforschungen verbringe, Sir. Ich bin zu diesem Zwecke herübergekommen und suche schon lange vergeblich nach Walther.«

»Ist ein Verwandter von Euch, Mann?«

Nach einer Pause entgegnete der Graf mit trübem Ernst: »Er ist der Gatte meiner Schwester, und diese ist's, die ich suche.«

»Hm,« entgegnete der Amerikaner, »sucht Eure Schwester? War eine feine Lady? Wird wenig in die Wildnis gepaßt haben. Ist Euch so ganz aus den Augen gekommen? Seid doch ein Lord oder so was. Kalkuliere, ist nicht alles regelrecht zugegangen.«

Ein Schimmer von Röte flog über des jungen Mannes Antlitz und nach einem kurzen Schweigen erwiderte er: »Ich will Euch sagen, Grover, wie es zugegangen ist. Ihr habt recht, wenn Ihr meint, ich sei so etwas wie ein Lord. Mein Geschlecht gehört zu den ältesten und begütertsten Schlesiens und führt seit Jahrhunderten den Grafentitel. Zwei Kinder wurden meinem Vater geschenkt, meine Schwester Luise, die Erstgeborene, und ich, der nach langem Harren erschienene Erbe des Namens und der Besitzungen. Mein Vater hatte einen Verwalter Namens Walther in seinem Dienste. Ich entsinne mich seiner als eines schönen jungen Mannes von Bildung und guten Manieren. Meine Schwester und er faßten eine leidenschaftliche Zuneigung zu einander, doch war kein Gedanke, daß mein Vater jemals in eine Verbindung seiner Töchter mit dem Verwalter gewilligt haben würde. Als er von der Neigung meiner Schwester erfuhr, entbrannte er in wildem Zorne. Walther wurde sofort entfernt und harte Maßregeln gegen meine Schwester ergriffen. Ich war zehn Jahre alt, als sich dies begab. Liebe und Leidenschaft besiegten alle Hindernisse, meine Schwester entfloh, ließ sich dem Manne ihres Herzens in England antrauen und das Paar begab sich nach Amerika, um dort eine neue Heimat zu gründen. Walther hatte einiges Vermögen und wollte sich in den nördlichen Staaten ankaufen.

»Von jenem Tage an durfte der Name meiner Schwester, an der ich mit aller Zärtlichkeit hing, vor den Ohren meines Vaters nicht mehr genannt werden.

»Auf verschiedenen Wegen gelangten von Zeit zu Zeit Mitteilungen zu uns. Walther hatte sich in Ohio angesiedelt und bewirtschaftete eine größere Farm. Die Nachrichten wurden spärlicher, immer spärlicher, und seit fünf Jahren ist keine Kunde mehr zu uns gekommen. Es kam der Krieg gegen Frankreich, ich wurde schwer verwundet, war dem Tode nahe, meine Mutter war schon längst von uns geschieden, und da wachte endlich in meinem greisen Vater, dem mit meinem Hinscheiden ein einsamer, gramvoller Lebensabend drohte, die alte Zärtlichkeit gegen meine Schwester wieder auf, und während ich noch auf meinem Schmerzenslager ruhte, sagte der halbgebrochene alte Mann eines Tages leise zu mir: >Wo nur Luise sein mag?< und langsam rannen ihm die Tränen über die Wangen.

»>Gott segne diese Stunde,< erwiderte ich ihm freudig erregt, als ich die starre Rinde, welche sein Herz umlagerte, endlich gebrochen sah, >das macht mich wieder gesund, Vater,< und von der Zeit an begann ich von der schweren Wunde wirklich rasch zu genesen. Sofort wurden nun alle Mittel in Bewegung gesetzt, Kunde von den für uns Verschollenen zu erlangen. Ihr Aufenthalt in Ohio wurde festgestellt, aber von dort hatte Walther sich hinweg begeben, nachdem er seine Farm verkauft hatte, und es war trotz aller angewandten Mittel nicht zu erfahren, wohin. Als ich vollständig genesen war, machte ich mich auf, die Schwester zu suchen. In Ohio erfuhr ich endlich, daß Walther nach harten pekuniären Verlusten sich nach Michigan gewandt habe. Ich folgte hierher, forschte in Lansing, in Detroit vergeblich nach Walther, man wußte nichts von ihm, auch in den Grundbüchern war er nicht verzeichnet. So bin ich, fortwährend suchend, hierher an den Muskegon gelangt. Und nun helft mir, Grover, die Schwester zu finden. Die Liebe zu ihr ist im Vater mit voller Stärke erwacht und er kann nicht ruhig sterben, ehe er sein verstoßenes Kind wieder hat.«

Aufmerksam hatte Grover zugehört, als der junge Graf so sprach, und bedächtig entgegnete er: »Will Euch helfen, Mann, soweit ich kann. Steckt Eure Schwester im alten Mich, wollen wir sie finden, ist nicht aus der Welt hier. Wollen jetzt zu Baring reiten, wollen hören, was der meint. Ist's Euch recht?«

»Tag und Nacht bin ich bereit, Grover.« Dieser gab seinem Jungen Befehl, die Pferde zu rüsten, und nach kurzer Frist saßen der Wirt, Graf Edgar und Heinrich im Sattel, die Büchsen vor sich, denn Grover hatte es nicht für rätlich erachtet, unbewaffnet zu reisen, und trabten unter seiner Führung in den Wald hinein.

Nach kaum zweistündigem scharfem Ritte erreichten sie Barings Farm, ein ausgedehntes Besitztum, welches sich ebenfalls den Muskegon entlang erstreckte.

Als sie sich dem Hause näherten, welches nach Landesart aus rohen Holzblöcken aufgeführt war, aber doch schon die Spuren von verschönerndem Luxus zeigte, trat ihnen der Besitzer, ein schon weißhaariger, aber kräftig ausschauender Mann entgegen. Kaum erkannte er Grover, als er ins Haus hinein schrie: »Holla, Mary, deck den Tisch, Bill Grover kommt, laß tafeln, Mary, kenne den Mann, laß tafeln!« und dann herzhaft lachte.

»Kennst den Bill Grover, alter Joe,« lachte dieser auch; »bringt immer einen Wolfshunger mit.« Damit sprang er vom Pferde und schüttelte Baring kräftig die Hand. »Habe dich lange nicht gesehen, Bill,« sagte Baring, »ist eine Freude für mich, in dein ehrliches Gesicht zu blicken. Deine Lady und deine Mädchen wohl, he?«

»Alles beim Rechten, Joe. Habe hier Fremde sind meine Gäste, Leute von jenseits des Wassers.«

»Seid willkommen natürlich. Seid willkommen, Männer, bei Joe Baring, wen Bill Grover mit sich führt, ist bei Joe Baring willkommen.« Und er schüttelte den bereits Abgestiegenen die Hände, wobei er den Grafen nicht ohne einige Ueberraschung betrachtete. Die Pferde wurden befestigt und auf des Besitzers Einladung betraten sie das Haus, welches, umfangreicher als das Grovers, mehrere Gemächer im Erdgeschoß aufwies und noch in einem Oberstock einige Wohnräume enthielt.

In dem Zimmer, in welches sie geführt wurden, war man bereits emsig beschäftigt, einen Tisch zu decken.

»Meine Lady ist mit den Mädchen auf Besuch bei Nachbar Tennyson, Bill, kann euch also nicht willkommen heißen, müßt mit dem alten Joe fürlieb nehmen. Doch nun setzt euch und langt zu, Männer, wird gern gegeben.«

Nach dem zum Erstaunen Barings von seiten seiner Gäste ungewöhnlich rasch beendeten Mahle sagte Grover: »Sind herüber gekommen, Joe, wollen deinen Rat haben.«

»Sollt ihn haben, Leute, so gut ich ihn geben kann, doch erst steckt euch Pfeifen an und nehmt einen Schluck Cherry ist zu trinken, Bill.«

»Weiß schon, trinkst nichts Schlechtes.« Pfeifen wurden gebracht und die Gläser mit Wein gefüllt.

»Nun laß hören, Bill, womit kann ich euch dienen?«

»Siehst hier den Fremden, Joe, ist von jenseits des Wassers gekommen, eine Schwester hier zu suchen, sollst helfen, sie zu finden. Ist ein Deutscher, wirst es schon wahrgenommen haben; kennst fast alle Deutschen im Land, wirst hier helfen können.«

»Bin begierig, was da herauskommt. Sprich weiter,« sagte der Alte, den Grafen anschauend.

»Ist dir ein Farmer, ein Deutscher von Geburt, mit Namen Walther vorgekommen, Joe?«

Mit der Faust schlug dieser auf den Tisch: »Gott segne meine Augen, jetzt weiß ich, was mich so bekannt anmutete, jetzt weiß ich's, 's sind Lady Walthers Züge.«

»Ihr kanntet sie, Herr?« rief Edgar in hoher Aufregung.

»Tragt ihre Züge, Mann, jetzt weiß ich's.«

»Um Gottes willen, quält mich nicht lange! Ich bin der Bruder. Wo ist sie, wo?«

Der alte Farmer strich sich mit der Hand über die Augen, dann legte er sie auf Edgars Arm und sagte: »Seid ruhig, Mann faßt Euch. Seid ruhig, sollt alles erfahren, was ich weiß. Bin ganz erschüttert, wo mich Euer Gesicht an Lady Walther erinnert.«

»Lebt sie denn noch lebt sie?«

»Das weiß nur Gott, Fremder ich nicht,« sagte Baring sehr ernst.

Graf Edgar sank erbleichend in den Stuhl zurück.

»Seid der Bruder seh's: Müßt's tragen wie ein Mann.«

»So laßt mich's hören,« sagte Edgar in einem Tone, der bittere Seelenqual verriet. Grover rückte unruhig auf seinem Stuhl hin und her, während Heinrich, der, ob er gleich nicht verstand, was gesprochen wurde, wohl wußte, wovon die Rede war und aus dem Benehmen des Grafen leicht schloß, daß die Nachrichten des alten Farmers nicht günstig lauteten, ebenfalls in nicht geringer Aufregung war.

»Ist ein Glück, daß mein Weib nicht hier ist, stürzen ihr die hellen Tränen aus den Augen, wenn von Lady Walther gesprochen wird. Hatte sie sehr ins Herz geschlossen, die Alte.« Er bemerkte die sich steigernde Erregung des jungen Mannes und fuhr fort: »Will's kurz machen sollt's rasch haben, Mann. Kam da vor vier Jahren der Walther ins Land mit Frau und einem kleinen Knaben, kam damals in meiner Nachbarschaft an. Wohne erst seit zwei Jahren hier, war dies hier meines Bruders Farm, die ich erbte, als er starb, lebte früher am Miamis. Kam der Walther von Ohio, kaufte Bill Spurings Farm, zehn Meilen von mir und begann zu wirtschaften. Ist ein eigen Ding mit der Landwirtschaft hier, muß anders betrieben werden als im alten Europa. War ein rechter Mann, der Walther, ein Gentleman, wollt's aber auf seine Weise betreiben, glaubte, er verstünde es besser hatte immer Pläne und Projekte, die kosteten Geld und brachten nichts ein. Hatte eine Frau mitgebracht, hieß nur Lady Walther, bei Mann und Weib, paßte in den Wald wie eine Rose in einen Tannenstrauch, war schön und gut und fleißig. Liebten sie alle, die sie kannten, aber war keine Frau für den Hinterwald, war eine Lady, eine zarte Blume.«

Mit tiefer Spannung und Rührung horchte Edgar auf des Alten Worte.

»Hatten uns befreundet, der Walther und ich, na, und mein altes Weib und die Mädchen liebten und verehrten die Lady, als wenn sie so vom Himmel heruntergekommen wäre. Haben geholfen mit Rat und Tat, aber Walther kam zurück, immer mehr und mußte schließlich verkaufen. Da gab die Regierung Land am Manistee River. Bin mit Walther hingeritten, haben Land wohlfeil erworben, habe geholfen, alle haben geholfen, ihn wieder auf die Beine zu bringen, fing schon an vorwärts zu kommen, da na « dem alten Manne stiegen die Tränen in die Augen.

»Und da ?« fragte der Graf mit zitternder Stimme.

»Da« sagte Baring fast rauh, um die ihn beschleichende Rührung zu verbergen »da kam der Wilde von Norden, war gereizt von den schuftigen Agenten der Regierung und begann am Manistee zu brennen und zu morden.«

»Und und ?« schrie Edgar.

»Eures Schwagers Farm ward zerstört, er erschlagen «

»Großer Gott und meine Schwester?«

»Waren dort am zweiten Tage, hatten eine blutige Frolic mit den Ottawas, suchten nach Walthers Farm fanden sie, Walthers Leiche auch aber von Frau und Kind keine Spur waren verschwunden.«

»Ihr fandet ihre Leichen nicht?«

»Nichts so viel wir suchten. Haben geforscht, ob die Roten sie fortgeführt hätten, haben die Regierungsmänner geforscht, haben einen hohen Preis ausgesetzt, um Gewißheit über das Schicksal von Lady Walther zu erhalten nichts alles nichts konnten nichts erfahren; ob sie noch lebt wo und wie sie ihr Ende fand ich weiß es nicht.«

»Mein Gott, mein Gott meine arme, arme Schwester « stöhnte der Graf und senkte den Kopf auf den Tisch. Alle schwiegen, den Schmerz des Bruders achtend.

Der Graf richtete sich wieder auf und sagte, wenn auch mit bebender Stimme, doch in einem Tone, welcher festen Entschluß verkündigte: »Ich will Gewißheit über ihr Schicksal haben, und wenn ich die Wälder von Nord bis Süd durchforschen muß. O Mister Baring,« fuhr er dann fort, »wie danke ich Euch für die Liebe und Teilnahme, welche Ihr meiner Schwester erwiesen habt.« Er ergriff seine Hände und schüttelte sie herzlich.

»Hatten sie lieb, ist ein Fakt. Müßt's ertragen, Mann, ist Gottes Wille so gewesen dürfen nicht murren.«

»Arme, arme Schwester! Und haltet Ihr's für möglich daß sie noch lebt?«

»Will Euch sagen, Mann,« entgegnete Baring nach einer Weile »müßt Euch keine Hoffnungen machen. Möglich möglich wäre es aber wahrscheinlich ist's nicht. Ich glaube, die Indianer haben sie und das Kind fortgeschleppt, um vielleicht später Lösegeld zu erpressen, und sie ist den Anstrengungen eines indianischen Eilmarsches mit seinen Entbehrungen erlegen. Die Ottawas sitzen längst wieder friedlich auf ihren Reservationen und wir müßten etwas von Lady Walther erfahren haben, wenn sie noch lebte. Wir und später die Regierungstruppen sind streng mit den Roten ins Gericht gegangen; eine Gefangene zu verbergen, für den Fall sie noch lebte, wagen sie deshalb nicht und selbstverständlich sind sie schweigsam über das Ende derselben, ja sie leugnen überhaupt, sie entführt zu haben. Nein, Mann, macht Euch keine Hoffnungen.«

»Ich suche sie dennoch ich muß Gewißheit haben über Leben oder Tod, mein ganzes Leben wäre sonst mit Trauer überschattet.«

»Ist recht, Mann, ist natürlich, hätt's auch getan, habt meinen Segen zur Fahrt, wollte Euch nur warnen, Hoffnungen zu hegen, die Enttäuschung ist dann um so bitterer.«

»Ich hege keine Hoffnung, nur meine Pflicht will ich erfüllen und ihr Grab suchen, wenn ich sie im Leben nicht mehr finde. Und einen Knaben hatte meine Schwester?«

»Einen prächtigen Knaben, William, so ward er genannt nach Eurem Kaiser, müßte jetzt so neun oder zehn Jahre alt sein, wenn er noch lebte.«

»Und ein solches Kind sollten Eure Indianer erschlagen?«

»Kennt den Roten nicht, wißt nicht, was indianische Wut ist, die schont nicht den Säugling an der Brust.«

»Mein Gott, mein Gott. Sagt mir, wo ich suchen soll morgen mache ich mich auf den Weg.«

»Nur sachte, sachte. Habt eine lange Fahrt vor Euch. Wollen erst Rat halten; ist nicht gut, blindlings in die Wildnis zu stürzen, kennt auch indianische Schlauheit nicht.«

»Sagt mir, Herr, was ich tun soll, wie ich beginne?«

»Mary, bringe Wein und frische Pfeifen.«

Die Magd brachte beides.

»Müßt Euch in Geduld fassen, so sehr es auch da drinnen unruhig pocht, ist die erste Eigenschaft bei solcher Sache Kaltblütigkeit. Will Euch sagen, Mann, was zu tun ist. Waren es damals die Ottawas, welche am Manistee mordeten. Sind streng gestraft worden und mehrere ihrer Häuptlinge mußten, nachdem sie unterworfen waren, noch baumeln. Dieser Stamm ist nicht schwer zu finden. Aber das erste, was Ihr tun müßt, ist, Euch Empfehlungen zu verschaffen an den Landagenten und an den vornehmsten Häuptling der Ottawas, den Peschewa, die >wilde Katze<, dann dürft Ihr Geschenke an die einflußreichsten Wilden und deren Weiber nicht scheuen.«

»Ich führe Geld und Wechsel auf Chicago, Detroit und Lansing mit «

»Pst! nicht so laut, gibt Leute im Lande, die hören zu lassen, daß Ihr Geld mitführt, nicht gut ist.«

»Habt gestern abend so ein Kleeblatt bei mir gesehen,« fiel Grover ein.

»Was ist im Winde, Bill?« fragte rasch der Alte.

»Tyron war gestern in meinen vier Wänden.«

»Bei Jove, Mann! Und Ihr nahmt den Schurken nicht fest?« schrie Baring.

»Kannte ihn niemand; erst Jones fiel es ein, nachdem die drei davongeritten waren, daß der eine von ihnen, der sich fortwährend im Schatten gehalten, der Tyron gewesen sei.«

»Der Schurke hier am Muskegon? Nun, so sei uns Gott gnädig, das wird Pferdefleisch kosten. Weiß man's im Lande, Grover?«

»Waren zehn Männer bei mir, wird man heute weit und breit wissen.«

»Er traut sich wieder zwischen uns? Nun, soll Michiganmänner auf seiner Fährte sehen, diesmal soll er dem Strick nicht entgehen.«

»Denke so, bin dabei.«

»Doch,« fuhr Baring bedächtig fort, »erst das eine, dann das andre. Also das müßt Ihr tun, Mann, was ich vorhin sagte. Will Euch einen Brief geben an Tom Myers in Lansing, ist bei der Landvermessung, könnt ihn im Regierungsgebäude finden, ist ein alter Freund, der wird Euch helfen. Aber,« setzte er dann nachdenklich hinzu, »Ihr könnt die Fahrt doch nicht allein machen. Ihr kennt den Wald nicht, nicht indianischen Brauch. Ihr sprecht zwar gut englisch, aber findet nicht viel Indianer, mit denen Ihr Euch damit verständigen könnt. Hm, müßt einen erfahrenen Waldmann mithaben, einen von der Grenze. Muß er nicht, Grover?«

»Kalkuliere, hast recht, Joe. Kann die Fahrt allein nicht machen, findet auf viele Tage dort keine Menschenspur. Muß einen Waldmann mitnehmen, der seinen Weg bei Nacht findet. Aber wen?«

Der Alte stieß große Dampfwolken aus und fuhr dann fort: »Will dir etwas sagen, Bill, wenn der Kerl nicht so versoffen wäre, dein Indianer, der Athoree, wie er sich nennt, wäre vielleicht der rechte Mann.«

»Hm, der Bursche wäre gut genug und im Walde sollte er das Trinken wohl lassen. Ist ein fleißiger Jäger und liegt oft wochenlang draußen, ohne Rum zu riechen. Kommt er aber dann mit Beute zurück, so säuft er acht Tage ununterbrochen.«

»Wie lange ist der rote Mann bei dir?«

»Wird an drei Jahre sein. Habe nicht über ihn zu klagen. Geht zur Jagd, bringt mir seine Beute und vertrinkt sie bei mir. Werde nicht recht klug aus dem Burschen. Erschien so vor drei Jahren, kaum daß ich mich dort niedergelassen hatte, und brachte Biberfelle, und das wiederholte er, bis er sich ganz bei mir heimisch gemacht hatte. Ist so ein Hausfaktotum geworden. Kennen ihn alle in der Gegend und hat noch kürzlich bei der wilden Jagd auf Battle gute Dienste getan.«

»Und meinst du nicht, daß man ihm die Fremden anvertrauen könnte?«

»Es ist ein eigenes Ding um den schweigsamen roten Burschen. Habe ihn oft gefragt, warum er nicht zu den Leuten seines Volkes geht, aber die Antwort bleibt er schuldig. Kalkuliere, hat etwas auf dem Kerbholz, was ihm den Aufenthalt unter den Männern seiner Farbe verleidet, ja, man weiß nicht einmal, welchem Stamme er angehört. Genaue Kenner der roten Rasse wollen behaupten, er sei ein Hurone von jenseits der Seen, andre meinen, er sei ein Seneka oder Miamis. Als ich ihn einmal nach seinem Stamme ausforschen wollte, entgegnete er: >Warum fragst du? Du bist ein weißer Mann, ich ein roter. Frage ich dich, ob du ein Ohioman oder Michiganman bist? Ich gebe Felle, du gibst Rum, Pulver und Blei, damit gut.< Es war nichts aus ihm herauszubekommen.«

»Aber da er schon drei Jahre bei dir ist, mußt du ihn doch einigermaßen kennen gelernt haben?«

»Lerne du einen Indianer kennen. Es ist ja richtig, daß er eine gewisse Anhänglichkeit an uns hat, auch vor allen Dingen weiß, daß ich ihn ehrlich behandle und über das, was er bringt, und das, was er braucht, redlich Buch führe. Der Kerl hat augenblicklich über hundert Dollar bei mir gut. Auch stört der Bursche niemand, selbst im Rausche ist er still und schweigsam. Hat auch eine gewisse Liebe zu den Kindern, bringt ihnen sogar manchmal kleine Geschenke mit, und für meine Frau läuft er viele Meilen weit in jedem Wetter, wenn die einmal etwas braucht. Ist noch vorigen Winter, als der Schnee fußhoch lag und niemand zum Hause hinaus konnte, auf seinen Schneeschuhen bis Brook gelaufen, um dort Brusttee zu holen, nach welchem meine Frau jammerte, weil die Kinder so arg den Husten hatten. War fast zwei Tage unterwegs.«

»Ist ein gutes Zeichen, Grover.«

»Ja, ist es aber du kennst genug von den Roten, um zu wissen, daß dem besten von ihnen nie ganz zu trauen ist, ist eine launische, unzuverlässige Rasse.«

»Ueberlegt's. Wenn er will, ist der Indianer der rechte Mann für die Fahrt, besser als der beste Grenzer, dem der rote Mann doch immer mißtrauisch gegenübersteht.«

»Wollen mit ihm reden.«

Unterdes war es Mittag geworden und den jungen Grafen verzehrte Unruhe, doch der gastfreie Baring ließ sie nicht scheiden, ohne daß noch einmal der Tisch gedeckt ward. Nach beendetem Mahle aber wurden nach des Grafen Wunsch die Pferde zum Heimritt vorgeführt. Mit echter Herzlichkeit verabschiedete sich der Farmer von ihm. »Habt einen Platz in meinem Herzen, junger Mann, Eurer Schwester wegen. Wollt Ihr mir einen Wunsch erfüllen, schickt Botschaft an Tom Myers nach Lansing, wenn Ihr etwas erfahrt, der sendet sie mir zu. Den Brief an diesen will ich gleich aufsetzen. Ist eine mühsame Arbeit für mich, Mann, aber bringe es fertig, kostet freilich Zeit. Sende Euch den Brief noch hinüber. Könnte jetzt nicht schreiben muß allein sein und ruhig. Hat mich sehr bewegt, den Bruder von Lady Walther zu sehen und so an ihr liebes Bild erinnert zu werden. Gott segne Euch, Mann, und Euer Vorhaben.«

Damit schieden sie von Joe Barings gastlicher Behausung und trabten rasch nach Grovers Landing, wie der Platz genannt wurde, zu.

Der junge Graf hatte Heinrich kurz berichtet, was ihm hier mitgeteilt war, und der ehrliche Jäger, der die junge Gräfin von Jugend auf kannte, war tief bewegt worden, als er von ihrem so grausamen Geschick vernahm.

Rasch und schweigend trabten sie durch den Wald und die Sonne hatte nur wenig den Zenith überschritten, als sie vor Grovers Heim anlangten.

»Waren nicht gute Nachrichten, die Ihr dort hörtet, Fremder,« sagte Grover, als sie die letzte Meile im Schritt zurücklegten, »aber kalkuliere, war Joe Baring der rechte Mann, Euch Kunde zu geben.«

»Ich danke Euch von Herzen, Mister Grover. Ich bin auf das tiefste gerührt von der Liebe, mit welcher man meiner armen Schwester gedenkt. Endlich habe ich doch einmal hier von ihr reden hören so furchtbar auch die Nachrichten klangen. Ich muß erfahren, wie sie geendigt hat, und wenn ich jahrelang die Wälder durchstreifen sollte.«

»Entsinne mich sehr gut, daß vor drei Jahren eine weiße Frau von den Ottawas geraubt wurde, war mir nur der Name entfallen, wenn er mir damals überhaupt zu Ohren kam.«

Als sie zum Hause einbogen, erblickten sie den Indianer vor dessen Tür sitzen und ruhig seine selbstgefertigte Pfeife rauchen. Des Mannes dunkle Augen richteten sich auf die beiden Deutschen und verweilten besonders lange auf dem Grafen.

»Nun, John,« redete ihn Grover freundlich an, John war der Name, den man ihm in der Familie gab, da die indianische Benennung dieser nicht zusagte, »rauchst du die Friedenspfeife?«

Der Indianer antwortete nicht.

Edgar betrachtete ihn jetzt im Tageslichte. Es war ein echter Sohn der roten Rasse, der da vor ihm saß.

Ein schlanker und doch kräftiger Mann, aus dessen, von langem, straffem, tiefschwarzem Haar eingerahmtem braunen Gesicht zwei funkelnde Augen blitzten. Aermlich und schmutzig war die Kleidung des Indianers. Ein altes, vom Wetter arg mitgenommenes Jagdhemd aus Baumwollenstoff deckte seine Gestalt bis zu den Knieen. Die Beine steckten in hirschledernen Gamaschen und seine Fußbekleidung war aus gleichem Stoff gefertigt. Das Gesicht trug den ernsten, fast melancholischen Ausdruck, der den Leuten roter Farbe so eigentümlich ist.

Ein anmutiges Bild bot der rote Mann nicht.

»John hat keine Lust zu reden,« fuhr Grover unbeirrt fort, denn er kannte die Art der roten Leute, »will er ein Glas Rum trinken.«

»Er will nicht trinken,« entgegnete der Indianer ruhig.

Darüber erstaunte Grover und sah den Indianer fragend an.

»Willst du zur Jagd gehen?«

»Vielleicht. Die weißen Leute sollten nach ihren Pferden sehen.«

»Wie?« fuhr Grover empor, »weißt du etwas, John?«

Der Indianer deutete ruhig auf den Boden und sagte: »Gestern waren die drei größten Pferdediebe Michigans hier.«

»Bei Jove!« fuhr Grover empor, »du hast recht, hast du sie erkannt?«

»Gestern war mein Auge trübe, aber heute ist es klar, ich sah ihre Spuren auf dem Boden. Wirst bald von ihnen hören.«

»Es ist gut, daß das Land bereits ziemlich von der Anwesenheit der Schurken unterrichtet ist.«

»Werden bald hören,« wiederholte der Indianer, »Tyron war darunter und die rote Hand.«

»Die Schärfe der Sinne dieser Leute ist wunderbar, Sir,« sagte Grover zu dem Grafen, »sie lesen da, wo unser Auge nichts erblickt, die Zeichen des Bodens wie in einem offenen Buche. Du kennst die Schurken also, John?«

»Ich kenne sie, sah oftmals ihre Spur in den Wäldern.«

»Ist der, welchen du die >rote Hand< nennst, ein großer, breitschultriger Mann mit rauher Stimme?«

In dem Auge des Indianers blitzte ewas Unheimliches auf, als er sagte: »Das ist die >rote Hand<.«

»Weißt du, wie ihn die Weißen nennen?«

»Sie nennen ihn bald Brooker, bald Morris.«

»Der? der war's, den man in ganz Michigan schon seit drei Jahren sucht, der Mörder vom Kalamazoo, der war's? Dann, barmherziger Gott, schütze einsam liegende Farmen. Der Kerl,« wandte er sich an den Grafen, »hat vor drei Jahren in einem einsamen Farmhause, während die Männer auswärts waren, Weib und Kinder erschlagen, um unerkannt zu rauben, dennoch wurde seine Person mit Sicherheit festgestellt. Seitdem hat ihm ganz Michigan Rache geschworen, aber obgleich hie und da gesehen, ist er bis jetzt allen Verfolgungen entgangen. Den gebe Gott jetzt in die Hand des Richters. Mich schaudert, wenn ich daran denke, daß der Mörder hier erschienen sein könnte, während ich fern weilte. Hoffentlich sind unsre Boys schon auf der Fährte der Gesellen.«

Der Indianer schüttelte langsam seine Pfeife aus, steckte sie in den Gürtel und erhob sich. Erst jetzt vermochte man die schlanke und doch muskulöse Gestalt des Mannes, der zwischen dreißig und vierzig Jahren zählen mochte, ganz zu würdigen. Er sagte: »Komm!« und schritt auf eines der Fenster zu, die andern folgten ihm. Hier wies der Indianer mit dem Finger auf die Erde. Grover beugte sich nieder und untersuchte den Boden mit Kennerblick, richtete aber dann sein Auge wieder fragend auf John. »Iltis,« sagte der lakonisch.

»Iltis? der kleine Fred?«

»So nennst du ihn!«

»Segne meine Seele, war dieser Hauptgauner, dieser Pferdedieb und Hehler am Wege?«

»Stand gestern abend hier am Fenster.«

»Was wollte er denn?«

»Zählte die Männer, die bei uns waren.«

»Hatte er es auf meine Pferde abgesehen?«

»Deine nicht. Denke, Jones hat zwanzig im Pferch im Walde.«

»Nun, dann ist es ein Glück, daß der gestern abend den Tyron erkannt hat, er wird Fürsorge treffen, daß ihm kein Pferdeschwanz abhanden kommt. In dieser Nacht werden sie doch schwerlich bereits ihre Räuberhände ausgestreckt haben.«

»Iltis sehr klug. Wußte, daß Farmer viel in Brook zu Versammlung.«

»Alle Wetter, daß mir das alles erst jetzt erfahren! Hat sich mit einemmal die ganze Mord und Gaunerbande hier versammelt? Das ist ja eine Gefahr für das Land weit und breit. Was beginnen wir, John?«

»Denken, ihm schießen tot wie Battle.«

»Sollte mir auf den Schuß Pulver nicht ankommen,« brummte Grover, »nur erst haben. Daß die Halunken sich hierher trauen, wo erst kürzlich das blutige Exempel an ihrem Spießgesellen Battle vollstreckt worden ist? Muß ihnen anderswo zu heiß geworden sein. Hätte große Lust, zu Jones zu reiten und Nachfrage zu halten, wie es dort steht.«

Graf Edgar hatte mit Aufmerksamkeit der Unterhaltung der beiden gelauscht und wandte sich nun an Grover mit der Frage: »Ihr habt hier viel unter Pferdediebstahl zu leiden?«

»Es war eine Zeit lang eine Landplage hier in den westlichen Counties, haben uns vor ein paar Jahren endlich Ruhe geschafft. Wurde die Zeit über nichts von Pferdediebstählen gehört, war den Burschen der Boden zu heiß geworden. Wundre mich, daß sie sich hierher wagen; müssen das Land aufbieten, sind gefährliche Leute. Und hat der Indianer sich nicht geirrt, war der Kerl, mit dem Ihr gestern abend anbandet, wirklich der Morris, der blutige Mörder, dann macht sich auch alles, was eine Büchse führen kann, auf, um den Schurken zu verfolgen, sobald es nur im Lande bekannt ist. Schlimme Nachbarschaft, vor Hunger wahnsinnige Wölfe sind mir lieber.« Mit sorgenvoll gefalteter Stirn ging er ins Haus hinein. Der Graf winkte Heinrich heran und teilte ihm mit, daß der Indianer hier auf dem Erdreich unter dem Fenster Fußspuren entdeckt und sogar die Persönlichkeit des Lauschers festgestellt habe. Er forderte ihn auf, mit ihm gemeinschaftlich den Boden zu untersuchen. Beide beugten sich nieder und durchforschten denselben mit geschärften Blicken. Nach einer Weile richtete sich der Graf auf und sagte: »Ich kann nichts bemerken, du, Heinrich?«

»Nein, Herr Graf, ich würde hier nimmer eine Menschenspur entdecken. Wenn der rote Mann hier etwas sieht, dann muß er andre Augen haben als ich.«

Der Indianer stand dabei und verfolgte das Tun der beiden mit ruhiger Aufmerksamkeit. Zu ihm wandte sich jetzt Graf Edgar mit den Worten: »Will der rote Mann uns sagen, wie er hier menschliche Fußspuren zu entdecken vermag? Wir erblicken nichts.«

John oder Athoree, wie sein indianischer Name lautete, trat näher und sagte mit höflicher Gebärde: »Der Fremde möge seine Augen auftun.« Er wies auf das kurze Gras, welches unter den Fenstern wucherte, und sagte: »Ihm steht gerade, hoch. Hier,« und er zeigte auf eine andre Stelle, »er nicht gerade beugt sich.« Und in der Tat bemerkten die beiden jetzt, daß, was ihnen gar nicht aufgefallen war, an einigen Stellen das Gras weniger aufrecht stand. »Iltis hier Gras niedertreten, Gras sich wieder aufrichten, hier entzweitreten,« und er zeigte ihnen einige geknickte Grashalme. Heinrich, hierauf aufmerksam gemacht, sagte staunend: »Das sind Jägeraugen, Herr Graf, das hätte ich niemals geglaubt, wenn ich es nicht selbst gesehen. Wahrhaftig, ja, jetzt, wo ich aufmerksam gemacht bin, glaube ich, daß ein Mensch hier gestanden haben kann.«

Der Graf verwunderte sich nicht weniger über diese Probe indianischer Spürkraft, von der er bis jetzt nur gelesen hatte.

»Wenn ich nicht irre, weiß der rote Mann auch, wer hier gestanden hat, wie hat er das herausgefunden?«

Der Indianer bückte sich und bog das Gras an den gestern abend niedergetretenen Stellen auseinander.

»Will der Fremde hierher blicken?« Die Augen des Grafen und Heinrichs folgten dem hinweisenden Finger Johns. »Hier, Eindruck eines Stiefels;« und in der Tat bemerkten sie in dem weichen Erdreich einen Eindruck, ohne indessen unterscheiden zu können, wovon er herrührte. »Absatz« sagt der Indianer »schief dicke Nägel. Sah Iltis im Walde gestern, gehen auf seiner Spur, hier wieder Spur Iltis gestern abend hier.«

Das Erstaunen der beiden ward hiernach nicht geringer.

»Ich sehe mit Vergnügen, daß der rote Mann ein großer Spurenfinder ist und daß die Gerüchte über den Scharfsinn der roten Leute nicht übertrieben sind.«

Der Indianer verstand wohl nicht alles, doch begriff er so viel, daß ihm ein Kompliment gemacht wurde, er entgegnete mit einem leichten Lächeln: »Roter Mann, viel sehen, viel hören, Erde sprechen, Baum sprechen, Wind auch, er viel sehen.«

»Ich habe es mit Staunen wahrgenommen. Wie nenne ich den roten Mann?«

»Grover nennen ihm John, weißer Name, Indianer nennen ihm Athoree, ihm sagen >Pfeil< in Sprache von Inglis.«

»Gut, bleiben wir bei Athoree.«

»Ihm lieber hören.«

»Desto besser.«

»Wie heißt der weiße Mann?«

»Graf Bender.«

»Nicht verstehen, ihm ander Namen geben.«

»Nun gut, Athoree, so gib mir einen andern Namen.«

»Er Krieger?«

»Ja, ich bin Soldat.«

»Gut. Er tapfer.«

»O,« lächelte Graf Edgar, »steht mir die Tapferkeit auf der Stirne geschrieben?«

»Gestern abend viel Nebel hier,« sagte der Indianer und deutete auf seine Stirne, »Nebel im Kopf, Nebel vor Auge, dicker Nebel, nicht viel hören, nicht viel sehen, Hand lahm, Fuß lahm.«

»Ja, es schien mir auch so, als ob der Nebel ziemlich dicht gewesen sei, der dein Haupt umwallte.«

»Dicker Nebel nicht viel sehen, nicht viel hören, aber ein wenig. Sehen jungen Krieger vor Rothand stehen er tapfer.«

»Also das hast du doch trotz deines starken >Nebels< bemerkt?«

»Ihm sehen. Gut.«

»Aber nun, mein Name. Ich werde nicht wenig stolz darauf sein, einen indianischen Namen mit nach Hause nehmen zu können.«

»Jungen Krieger nennen Neataru, ihm sagen in Inglis: Gutherz, er gutes Herz, er tapferes Herz, Athoree es sehen.«

»Gut, den Namen acceptiere ich und will ihm allezeit Ehre machen. Nun mußt du hier für Heinrich auch einen indianischen Namen finden.«

»Ihm später geben, erst kennen.«

»Schön.«

Indem kam Grover wieder aus dem Hause.

»O, ich sehe, Fremder, Ihr habt Euch bereits mit John bekannt gemacht.«

»Ja, er hat mich Spuren finden gelehrt und mir bereits einen Namen erteilt, der auf mein kleines Rencontre mit dem Burschen von gestern abend Bezug hat, er hat mich Gutherz genannt.«

»Ein schöner Name, und ist unter Umständen von einem Indianer erteilt etwas wert. Mich nennt er den Biber, weil ich mir so flugs ein eigenes Heim baue.«

»Ja, er Biber, er sitzen Winter im Bau,« sagte der Indianer.

Grover nahm den Grafen zur Seite und fragte halblaut: »Wie gefällt Euch die Rothaut?«

»Der Mann macht mir keinen unangenehmen Eindruck.«

»Der Bursche ist gut genug, wenn er nüchtern ist, er wäre schon der rechte Mann für Eure Fahrt. Wenn er übrigens gestern abend trotz seines schweren Rausches bemerkt hat, daß Ihr für ihn eingetreten seid, so ist das für sein künftiges Verhalten Euch gegenüber sehr günstig.«

»Er hat es wahrgenommen.«

»Das ist gut. Man sollte es kaum für möglich halten, daß solch ein roter Bursche selbst schwer betrunken noch mehr sieht und hört als wir. Wenn er übrigens dem Burschen, der ihm gestern die Haut ansengen wollte, begegnet, so darf sich dieser hüten, dies und den Tritt rächt der Indianer mit Blut. Wir wollen ihn doch übrigens gleich einmal befragen, ob er Euch auf Eurer Reise begleiten will. Wenn nicht, müssen wir für einen andern Führer sorgen.« Sie traten zu dem Indianer zurück und Grover sagte:

»Höre, John, der Herr hier will eine Fahrt in die Wälder machen, nach Norden zu, willst du nicht die Pfade für ihn suchen?«

»Will der Fremde jagen?«

»Nun, eigentlich nicht, er hat einen andern Zweck, er sucht eine Verwandte im Lande.«

»In den Wäldern des Nordens?«

»Es ist am besten, man schenkt dem Indianer, wenn man sich seiner versichern will, reinen Wein ein, Herr Graf.«

»Sagen Sie ihm die Wahrheit.«

»Der Herr, John, hat hier im Lande eine Schwester wohnen, oben am Manistee, sie ist von den Ottawas vor drei Jahren in die Gefangenschaft geschleppt, als diese die Streitaxt ausgegraben hatten, und er ist aus fernem Lande gekommen, um sie zu suchen.«

Der Indianer lauschte bewegungslos mit tiefem Ernste den Worten Grovers.

»Wird John ihn zu den Ottawas führen? Damit >Gutherz<, wie du ihn genannt hast, nach der Schwester sich umschaue?«

Der Indianer schwieg mit ehernem Gesicht, dann richtete er die dunklen Augen auf Graf Edgar und sagte langsam: »Athoree wird nachdenken. Er wird es sagen.«

»Ich fürchte, wie ich schon bei Baring äußerte,« flüsterte Grover dem Grafen zu, »er hat etwas bei den Leuten seiner Farbe auf dem Kerbholz, und traut sich nicht zwischen sie. Wir müssen's abwarten.«

»Hat der Biber die rote Hand und den Iltis vergessen?« sagte jetzt der Indianer.

»Des Teufels, nein. Fürchtest du Gefahr für uns, John?«

»Nein, er kommt nicht zurück. Ich werde bald auf seiner Spur sein.«

»Willst du ihn verfolgen, John?«

»Athoree wird ihm folgen.«

»Nun, und wie willst du ihn finden?«

»Wirst bald von ihm hören, Grover, dann Zeit, Spur zu folgen.«