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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2164

 

Kinder der Sterne

 

Die SOL geht auf große Reise – der Weg zum Ersten Thoregon

 

von Susan Schwartz

 

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Auf den von Menschen bewohnten Planeten der Milchstraße schreibt man den April des Jahres 1312 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – dies entspricht dem April 4899 alter Zeitrechnung. Nach erbitterten Kämpfen hat sich die gefährliche Situation für die Terraner und ihre Verbündeten beruhigt.

Von all diesen Problemen in der Menschheitsgalaxis können die Besatzungsmitglieder der SOL nichts ahnen. Die Odyssee des gigantischen Hantelraumschiffes scheint fürs Erste weiterzugehen: Nach der Zeitreise in die Galaxis Segafrendo und den Abenteuern in Dommrath ging es erst einmal nach Wassermal.

Seit die Besatzung unter der Expeditionsleitung von Atlan in Wassermal wichtige Informationen von den Pangalaktischen Statistikern erhalten hat, sind neue Ziele anzusteuern. Der Rückflug in die Heimat muss erst einmal verschoben werden, denn eine wahrhaft kosmische Aufgabe wartet auf die Menschen an Bord.

Unter ihnen sind ganz besondere Menschen – es sind die KINDER DER STERNE ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Fee Kellind – Die Kommandantin der SOL startet mit ihrer Mannschaft zu einer neuen weiten Reise.

Atlan – Der Arkonide verbirgt ein seltsames Geheimnis vor seinen Begleitern.

Arlo Kellind – Der SOL-Geborene ist mit einer unbezähmbaren Neugierde ausgestattet.

Gizzo Kefinn – Arlos Rivale und Helfer wider Willen.

Porto Deangelis – Der Logistikchef der SOL entwickelt sich zu einem Händler.

1.

Die fliegende Heimat

13. Januar 1312 NGZ, 9 Uhr Bordzeit

 

Liebe Besatzungsmitglieder, hier ist SOLtv, der beliebteste Sender des Universums, mit eurer Nachtschwalbe Vesper.

Unsere Mission in Wassermal ist mit der Großen Konjunktion der Pangalaktischen Statistiker beendet. Nun sind wir mit mehr oder minder befriedigenden Informationen nach Salthi unterwegs.

Diese quasi benachbarte Galaxis, die als HCG 55B ebenfalls Mitglied der Hickson Compact Group 55 ist, liegt 16,44 Millionen Lichtjahre von uns entfernt. Wir können sie in gut 50 Tagen erreichen, also etwa Anfang März. Der dortige Mega-Dom soll uns die Passage ins Erste Thoregon ermöglichen, denn unser eigentliches Ziel, der Mahlstrom der Sterne, ist 690 Millionen Lichtjahre entfernt, und wir müssen schauen, dass wir so schnell wie möglich dorthin gelangen.

Die Informationen, die wir in Wassermal erhalten haben, bergen den Inbegriff allen Schreckens in sich, den sich ein Mensch vorstellen kann. Die Menschheit ist von einer tödlichen Gefahr bedroht, gegen die man nur im Mahlstrom der Sterne etwas ausrichten kann.

Ich denke, jeder von uns ist sich seiner Bedeutung in diesem kosmischen Spiel bewusst. Ich bin sicher, dass zu diesem Zeitpunkt niemand mehr Heimweh empfindet oder die Hoffnung zerstört sieht, bald nach Hause zu kommen und sich einen langen Urlaub zu genehmigen. Das ist nun bedeutungslos.

Wir haben ohnehin bei Vertragsabschluss gewusst, dass die Dauer der Reise ungewiss ist. Werde ich pathetisch, wenn ich sage, dass die meisten von uns in der SOL ihre wahre Heimat gefunden haben und sich gar nichts anderes mehr wünschen? Ist es übertrieben zu sagen, dass wir bereits zu Solanern geworden sind und nun unserer kosmischen Bestimmung folgen wollen?

Es ist immerhin ein Zeichen, dass wir derzeit 47 SOL-Geborene haben! Und bei dieser Zahl wird es bestimmt nicht bleiben. Ihr werdet sehen, wenn wir mit dieser Mission erfolgreich sind – und davon gehen wir alle aus – und die aktuelle Bedrohung beseitigt ist, was in der darauf folgenden Entspannungsphase hier an Bord los sein wird!

Die SOL ist eine Welt für sich und gerade deswegen der richtige Platz für alle Ruhelosen, die sich nirgends zu Hause fühlen. Die SOL ist unsere Basis, sie bietet uns alles, was wir benötigen – und dennoch sind wir in den Weiten des Alls unterwegs.

Ich bin sehr gespannt und erwartungsvoll, ob wir die Helioten im Ersten Thoregon finden. Und was sie nun wirklich sind: gut oder böse, Wahrheitssuchende oder Lügner, friedlich oder machthungrig oder – schlichtweg übergeschnappt.

Die Bandbreite ist groß, die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo dazwischen, und ich hoffe sehr, dass wir sie finden und damit den Countdown rechtzeitig anhalten können. Bleibt also alle am Ball!

Bis zur nächsten Sendung, eure Vesper.

 

*

 

»Gib's her!«

»Nein, das ist meins!«

»Gib's her, hab ich gesagt!«

Gizzo Kefinn verfolgte Marte Rachid mit schwingenden Fäusten. »Bleib stehen, du Feigling!« Er wusste genau, dass er keinen längeren Wettlauf durchhalten konnte, deswegen hoffte er, schneller zu sein. Dabei fiel es ihm nicht leicht, den für sein Alter ungewöhnlich großen, schweren Körper in Fahrt zu bringen.

Seine Eltern stammten von einer Siedlerwelt mit anderthalbfacher Erdschwerkraft. Hinzu kam noch, dass Gizzo keiner Süßigkeit widerstehen konnte und darum etwas zu viel hinderlichen Speck auf den Rippen hatte.

Marte Rachid presste den Spielzeugroboter fest an sich und flitzte durch die Gänge. Er war ein Jahr jünger und sehr viel kleiner als Gizzo, aber dafür sehr gewandt und flink – und vor allem ausdauernd. Seine breiten flachen, mit Schwimmhäuten versehenen Füße patschten auf dem glänzenden Boden.

Bis jetzt hatte es niemand geschafft, Martes Füße in Schuhe zu zwängen. Selbst wenn es einmal ohne wütenden Schreikrampf abging, flogen die Schuhe schon nach wenigen Minuten in eine Ecke, und der Kleine wieselte davon. Er sah es nicht ein, etwas tun zu müssen, nur »weil das eben so ist«, vor allem, wenn es ohne Schuhe viel bequemer war.

»Ich ... ich krieg dich!«, keuchte Gizzo hinter Marte. Er ruderte mit den Armen, als könne er sich damit schneller bewegen. »Und dann gibt's was!«

»Denkste!«, gab Marte zurück und schaute über die Schulter, um abzuschätzen, wie weit sein Gegner bereits abgeschlagen war.

Das war ein Fehler, denn so bemerkte er nicht, wie ihm plötzlich jemand den Weg vertrat und ihm ein Bein stellte. Der Junge stolperte und schlug der Länge nach hin.

»Gut gemacht, Kuni!«, rief Gizzo schadenfroh. »Jetzt haben wir ihn!« Er schwitzte, sein Atem pfiff.

Der Spielzeugroboter entglitt Martes Händen und rutschte zwei Meter über den glatten Boden, wobei er einige Teile verlor, die sich durch den harten Aufprall gelockert hatten.

»Fehl...funktion«, sagte die mechanische Stimme des Spielzeugs mit einem asthmatisch rasselnden Klang. »Systeme ... versagen ... bye ...« Mit einem letzten Röcheln und Ächzen kam der Roboter zum Stillstand.

»O nein!« Marte rappelte sich auf und wollte nach seinem Spielzeug greifen.

Kuni Murawe war schneller. Als Kind von Umweltangepassten überragte sie selbst Gizzo um einen halben Kopf. Sie packte den Spielzeugroboter und hielt ihn triumphierend hoch. Als Marte ihn Kuni entreißen wollte, schubste sie ihn weg, und er fiel wieder hin.

»Au!«, beschwerte sich der Junge. »Sag mal, spinnst du? Wieso bist du so grob?«

»Ich hab dich doch kaum angefasst, Schwächling«, meinte Kuni abfällig.

»Und das ist noch viel zu harmlos!« Gizzo hatte sich einigermaßen erholt und schien drauf und dran, sich auf den Jüngeren stürzen zu wollen.

Marte zuckte zusammen und wich kriechend ein Stück zurück, bevor er vorsichtig aufstand. »Gleich zu zweit, ihr seid ja besonders mutig!«, maulte er. »Gebt mir meinen Roboter zurück!«

»Deinen Roboter? Ich hab mich wohl verhört! Das ist meiner!«

»Gar nicht wahr!«

»Lass Marte in Ruhe!« Eine neue Stimme, mit einem herrischen Klang. Die streitenden Kinder wandten sich um.

Arlo Kellind war hinzugekommen. Immer mehr Kinder scharten sich um die Streithähne.

»Du hast hier gar nichts zu melden!«, fauchte Gizzo den Älteren an.

Arlo Kellind, Sohn der Kommandantin Fee Kellind und des Logistikchefs Porto Deangelis, war das erste auf der SOL geborene Kind seit der Rückeroberung. Am 2. August 1312 NGZ würde er seinen siebten Geburtstag feiern. Als terranisches Kind war er mit 1,32 Metern Größe für sein Alter schon ordentlich in die Höhe geschossen. Das Wachstum hatte er wohl von seinem Vater geerbt, ebenso die kräftige, athletische Statur. Von seiner Mutter hatte er das dichte, goldblonde Haar, das widerspenstig sein schmales Gesicht mit den tiefblauen Augen umrahmte.

Von Anbeginn war Arlo ein aufgewecktes, selbstbewusstes und wissbegieriges Kind gewesen. Er fühlte sich »verantwortlich« für die auf inzwischen 47 Köpfe angewachsene Kinderschar und wurde von den meisten auch anerkannt. Nur in letzter Zeit kam es immer wieder zu Querelen mit den fast Gleichaltrigen, allen voran Gizzo Kefinn.

»Genau, Arlo, misch dich nicht immer in alles ein!«, unterstützte Kuni ihren Verbündeten. »Das geht dich überhaupt nichts an!«

»Wieso legt ihr euch nicht mit jemandem an, der genauso groß und stark ist wie ihr?«, schnappte Arlo. »Ihr könnt immer nur auf die Kleineren losgehen!«

Zustimmendes Gemurmel erklang. Die meisten Jüngeren hatten unter Gizzos und Kunis Frechheiten zu leiden. Sie beanspruchten die besten Plätze, nahmen anderen das Spielzeug weg oder hänselten sie oft genug. Einige gingen daher ein Zweckbündnis mit den beiden Rabauken ein, nur um in Ruhe gelassen zu werden.

Arlos Stand war daher seit einiger Zeit nicht mehr der beste. Er musste Gizzo bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Stirn bieten und ihn in seine Schranken verweisen, sonst hatte er seinen Anspruch als Wortführer bald verwirkt. Anfangs war es leicht gewesen, den Ton anzugeben, und mit den Jüngsten hatte er nach wie vor keine Probleme. Aber die ungefähr Gleichaltrigen machten ihm seinen Rang zusehends streitig oder hörten nicht mehr auf ihn.

»Könnt ihr euch nicht auf was anderes konzentrieren?«, fuhr er fort. »Was ist so lustig daran, andere fertig zu machen?«

»Marte ist ein Dieb!«, fauchte Gizzo. »Er hat mir meinen Roboter weggenommen!«

»Es ist meiner!«, keifte der Jüngere wütend zurück.

Arlo griff blitzschnell nach dem Roboter, den Kuni noch in Händen hielt, und nahm ihn ihr weg, ehe sie reagieren konnte. An dem Spielzeug war nichts Auffälliges, es war ein Standardtyp, wie ihn jedes Kind besaß.

Arlo versuchte ihn anzustellen, aber er gab keinen Ton von sich. »Ihr streitet um einen kaputten Roboter?«

»Marte hat ihn kaputtgemacht!«

»Kuni hat mir ein Bein gestellt, ich kann nichts dafür!«

Arlo Kellind überlegte. Er musste eine Lösung finden, die jedem gerecht wurde und die vor allem Gizzo Kefinn ruhig stellte.

»Mein Papa hat die Verantwortung für solche Sachen«, sagte er. »Bestimmt gibt er mir zwei neue Roboter, die funktionieren. Die bekommt ihr dann.«

Martes Augen leuchteten auf. Gizzo hingegen zog ein mürrisches Gesicht.

»Ich will aber einen besseren als Marte!«, beschwerte er sich. »Außerdem hat er gar keinen Roboter verdient, weil er mir meinen geklaut und kaputtgemacht hat!«

»Kannst du das beweisen?«, fragte Arlo.

Nun hatte Gizzo genug. »Das brauch' ich nicht!«, brüllte er los. »Du gehst mir auf die Nerven, Arlo Kellind!« Und dann ging er mit beiden Fäusten auf den um fünf Monate älteren Sohn der Kommandantin los.

Arlo wurde von dem Angriff so überrascht, dass der erste Hieb in sein Gesicht saß. Er verlor das Gleichgewicht, seine Hände suchten instinktiv nach einem Halt, bekamen Gizzo zu fassen und rissen ihn mit. Ineinander verklammert stürzten die beiden Jungen, und dann rollten sie unter den Anfeuerungsrufen der übrigen Kinder, die sie aufgeregt umringten, über den Boden.

 

*

 

»Hallo, hallo, was ist denn hier los?«

Die Kinderschar stob auseinander. Über den verschwitzten Gesichtern der beiden Streithähne tauchte zuerst ein stahlblauer, schwarz gesträhnter Haarturm und dann Darla Markus' strenge Miene auf. »Auseinander, ihr beiden, und zwar sofort!«

Es war bestimmt keine Schande, dieser autoritären Stimme nachzugeben. Mit der Medikerin legte sich auch das mutigste Kind nicht an, denn in ihrer Hand lag es, ob die Medizin süß oder bitter war.

Arlo und Gizzo kämpften sich auf die Füße und klopften sich imaginären Staub von der Kleidung. In den Gängen der SOL waren ständig Reinigungsroboter unterwegs. Aber wenn man so tat, als müsste man sich um etwas Wichtiges kümmern, stand man nicht ganz so unterlegen da. Keiner der beiden wagte es, Darla direkt in die Augen zu blicken.

»Warum prügelt ihr euch?«, wollte Darla wissen.

Gizzo zuckte mit den Achseln. Arlo presste die Lippen zusammen. Sein rechtes Auge zuckte, er spürte, wie es allmählich heiß wurde, das Blut pochte darin. Gizzo hatte ihn gut getroffen, das gab ein hübsches Veilchen.

Eine unangenehme halbe Minute lang hing Darlas Frage in der Luft. Die anderen Kinder beobachteten die Szene aus sicherem Abstand. Man hätte eine Maus flüstern hören können, so still war es.

»Nun gut«, sagte die Medikerin schließlich. »Wenn ihr nicht wollt – ich werde mit eurer Lehrerin sprechen, dass sie euch eine besondere Hausaufgabe gibt. Das soll euch dann die Gelegenheit bieten, über euer Verhalten nachzudenken. Und selbstverständlich werdet ihr direkt nach dem Unterricht in eure Unterkunft gehen, um euch an die Arbeit zu machen. Jetzt geht.« Sie klatschte einmal in die Hände. »Ihr alle! Jeder dorthin, wo er hingehört, und keine weitere Unterhaltung mehr über diesen Vorfall, verstanden?«

Arlo und Gizzo fügten sich. Schweigend machten sie sich nebeneinander auf den Weg zum Unterrichtsbereich. Kurz bevor sie den großen, hellen, freundlichen Raum betraten, hielt Gizzo Arlo auf.

»Das ist nur deine Schuld«, zischte er leise. »Du bist ganz groß darin, andere in die Pfanne zu hauen und dann selbst als Musterbub dazustehen. Du hältst dich für was Besseres, nur weil deine Mutter die Kommandantin des Schiffes ist, aber du bist nichts als ein Angeber, der ohne Mamas Rockzipfel nicht mal fünf Minuten überleben würde! Sieht man ja schon an deinem lädierten Auge!«

Bevor Arlo etwas erwidern konnte, ging Gizzo zu seinem Platz, schaltete sein Terminal an und vertiefte sich in die aufleuchtenden Holobilder.

 

*

 

Der Morgen verging schnell. Den Kindern der SOL wurde auf spielerische Weise Wissen vermittelt, so dass sie mit Freude und Eifer dabei waren und kaum genug davon kriegen konnten. Arlo vergaß den frühen Ärger und das schmerzende Auge schnell, denn er hatte viele Fragen an die Lehrerin.

Roa Kellkem arbeitete ursprünglich in der wissenschaftlichen Kommunikation, Forschungsgebiet »Exo-Sprachen und Verhaltensweisen bei Erstbegegnungen«. Die neununddreißigjährige, stämmige Terranerin mit der melodischen Stimme war einst von der LFT hauptsächlich bei Botschaftsempfängen, galaktischen Konferenzen und Handelsabkommen als Dolmetscherin und Vermittlerin eingesetzt worden. Sie besaß ein ausgeglichenes Wesen, Humor und eine besondere Gabe im Umgang mit anderen. Damit und mit ihrer durch die Arbeit erworbenen hohen Allgemeinbildung war sie die beste Wahl für diesen Posten.

Die SOL-Geborenen waren etwas ganz Besonderes. Roa nannte sie oft »Kinder der Sterne«, da sie keine planetare Abstammung hatten, sondern auf einem durchs All kreuzenden Raumschiff geboren worden waren. Sie konnten nur im Observatorium nach »draußen« blicken. Die ausgedehnten, unter der Obhut der Kamashitin Zitonie Kalishan stehenden Hydroponischen Gärten und Wälder der SOL boten zwar einen Ersatz und Ausgleich für die sonst eher sterile, metallische Umgebung, aber es gab keine echte Sonne, keine planetare Atmosphäre, keine natürlich entstandenen Biotope.

Bis jetzt schienen die Kinder nichts zu vermissen. Sie tobten nach Herzenslust in den künstlich angelegten Wäldern oder durch die Ebenen und Decks der SOL, drangen dabei ungeniert in verbotene Bereiche vor. Sie kannten sich in manchen Regionen bereits jetzt besser aus als die meisten erwachsenen Besatzungsmitglieder.

Darla Markus hatte von Major Hery-Ann Taeg die medizinische Betreuung und Beobachtung übertragen bekommen, zusammen mit einem psychologischen Assistenten. Nahezu minutiös wurden physische und psychische Verhaltensweisen und Veränderungen festgehalten, um festzustellen, inwieweit diese besondere Umgebung auf den Nachwuchs Einfluss nahm. Eine Lebensaufgabe, wie es derzeit schien, die so schnell keine Langeweile aufkommen ließ.

Roa Kellkem hatte durch eigene Beobachtung bereits eine Veränderung dokumentiert. Zusammen mit drei Betreuerinnen kümmerte die Wissenschaftlerin sich um die Kinder nahezu von Geburt an und hatte festgestellt, dass ihre Schützlinge zum Teil geistig sehr viel weiter entwickelt und vor allem intelligenter waren als durchschnittliche »Planetengeborene«.

In der technisierten Umgebung eines Schiffes aufgewachsen, besaßen die Kleinen ein intuitives Verständnis für alle Vorgänge und konnten sie leicht erfassen, auch wenn sie diese noch nicht selbst in Worte kleiden und die Begriffe kaum aussprechen, geschweige denn wirklich verstehen konnten.

Die Älteren hatten schon zwei- oder dreimal mithilfe des Rechnernetzes so in die Vorgänge eingegriffen, dass einiges an Bord durcheinander geraten war – angefangen in der Wäscherei bis hin zur Logistik, Porto Deangelis' heiligem Bereich. Er hatte sich seinen Sohn, den er als Rädelsführer zuerst in Verdacht hatte, vorgeknöpft und ihn deutlich zurechtgewiesen. Aber es half nicht viel, die Neugier war größer und die Versuchung, etwas Verbotenes zu tun, unwiderstehlich.