Meine Freundin Elke sagt von sich: »Ich bin bekennende Apokalyptikerin und stehe auch dazu.« Sie möchte zum Beispiel seit Jahren wirklich gern nach Istanbul reisen. »Weil ich die Stadt und die Kultur so aufregend und interessant finde.«
Aber Elke bleibt in München. Nicht, weil ihr das Geld fehlt, sie keine Zeit oder kein passendes Hotel oder noch keinen Reiseführer gefunden hätte, der ihren Ansprüchen genügt. Nein. Die Wahrheit ist: »Ich habe mal gelesen, dass man in Istanbul jederzeit mit schweren Erdbeben rechnen muss.«
»Bitte?«
»Ja. Wissenschaftler haben 2012 bei Ausgrabungen im Westen Istanbuls Hinweise auf ein katastrophales Erdbeben im elften Jahrhundert gefunden und damit bewiesen, dass es im Stadtgebiet bereits früher extreme Erdstöße gegeben hat.«
»Elftes Jahrhundert? Hmm ... Nicht gerade aktuell ...«
»Aber natürlich! Denn für die nächsten Jahre besteht die Gefahr von Erdbeben, weil fast die gesamte Naht an der Nordanatolischen Verwerfung gerissen ist, da, wo zwei Erdplatten aufeinanderstoßen«, so Elke. Einzig im Westen, genau dort, wo Istanbul liegt, verharre die Spannung der Erdplatten. »Und wenn sich diese Spannung in einem Erdbeben entlädt, wovor die Forscher warnen, möchte ICH NICHT in Istanbul sein.«
Ich auch nicht. Aber: Wie hoch ist denn realistisch gesehen das Risiko, dass in absehbarer Zeit und ausgerechnet dann, wenn Elke in der Stadt ist, in Istanbul ein Erdbeben ausbrechen wird?
Abgesehen davon, dass einem ja überall auf der Welt etwas passieren kann – man wird in Miami an einer Straßenkreuzung Opfer eines Raubüberfalls. Man holt sich in Paris eine ordentliche Fischvergiftung. Oder in New York eine fette Erkältung mit anschließender Bronchitis.Ich hab mir Krebs geholt. Zu Hause. In München.
Wäre ich – wie Elke – eine überzeugte Apokalyptikerin, wäre ich auch nie nach Istanbul gefahren. Hiiiilfe! Erdbeben! (Was schade gewesen wäre, denn die Stadt ist hinreißend und beeindruckend.) Ich wäre nie ohne Mundschutz auf die Straße gegangen. Ich sage nur: Abgase, Feinstaub. Und bevor ich eine neue Wohnung gemietet hätte, wäre vor meinem Einzug eine Untersuchung auf Asbest und sonstige gefährliche Ausdünstungen Bedingung gewesen. Und ich hätte bestimmt nie, nie, nie eine Zigarette angefasst. Aber so bin ich nicht.
Es trifft immer nur die anderen – dazu zählt(e) für mich auch Krebs. Diese Krankheit, deren Name schon so abschreckend und unnachgiebig klingt. So niederringend, so endgültig. Allein der Klang des Wortes »Krebs« lässt einen schon zusammenzucken. Dieses barsche »K« am Anfang. Das »r« dahinter, das klingt, als ob es sich hinten an der Zungenwurzel festkrallt und nicht raus möchte. Das »e«, das sich so hämisch anhört. Das »b« versöhnt ein bisschen, aber dann folgt gleich dieses scharfe »s«, das zischend und nach Unheil klingt.
Wenn ich früher von Menschen hörte, die sich mit der Krankheit Krebs und den damit verbundenen Therapien, Schmerzen und Ängsten von scheinbar unfassbaren Ausmaßen quälen, dann meldete sich bei mir im Hinterkopf augenblicklich eine wispernde Stimme: »Bin ich froh, dass es mich nicht erwischt hat ...« Und ich bin mir sicher, dass es ganz, ganz vielen anderen Menschen ebenso geht. Das ist ja irgendwie auch menschlich und verständlich.
Dann hat er mich doch gepackt, der Krebs. Zwei Tumore in der Lunge, jeder so groß wie ein Babykopf. Synchronkrebs. Das ist eine ziemlich seltene Krankheitsangelegenheit. Die Ärzte gaben mir noch ein halbes Jahr. »Eher weniger.«
Es war aber mehr, denn sonst hätte ich eineinhalb Jahre später nicht den Gehirntumor (eine Metastase vom Lungenkrebs, so groß wie ein Golfball) bekommen können. Da meinten die Ärzte: »Vielleicht noch zwei bis drei Monate, Frau Eyssen.«
Aber was sind schon Prognosen?
Ein paar Wochen vor der Krebsdiagnose bekam ich meine Kündigung. Einsparungen. Personalabbau. Die üblichen Begründungen. Es war mein Traumjob gewesen: stellvertretende Chefredakteurin für Fashion, Beauty und Lifestyle bei zwei Hochglanzmagazinen eines Münchner Verlags. Die Termine waren meist glamourös: Neueröffnung eines Hermès-Stores, Vorstellung des neuen Parfums von Bul gari, Reisen zu den Fashion Weeks in Paris, Mailand und Berlin sowie Essen mit PR-Leuten in feinen Restaurants. Zu meiner Arbeit gehörten auch Konferenzen mit Anzeigenkunden und der Marketingabteilung. Und natürlich täglicher Stress – von einer Konferenz zur nächsten, zwischendurch schnell mal von der Semmel abbeißen, Besprechungen mit den Ressortleitern und Redakteuren, Mails beantworten, Layouts abnicken oder Änderungen veranlassen, Telefonate führen, Streit unter Mitarbeitern schlichten und die Post durchsehen, die meine Sekretärin mir auf den Tisch legte. Zehn bis zwölf oder auch vierzehn Stunden Arbeit täglich sind – waren – völlig normal.
Was soll ich sagen? Diese Kündigung tat weh. Verdammt weh. Und sie war mit meiner sofortigen Freistellung verbunden. »Damit es keine Unruhe in der Redaktion gibt, verstehen Sie?« Hatten die oberen Herren im Verlag vielleicht Angst, ich würde die Redaktionsarbeit in irgendeiner Form sabotieren? Oder die Redakteure, Grafiker und Sekretärinnen würden sich zusammenrotten und eine Demo für mich organisieren? »Wir wollen Conny zurück!! Wir wollen Conny zurück!!« Oder sie würden gar in den Streik treten?
Als ich meiner Living-Ressortleiterin Steffi von meiner natürlich ironisch gemeinten Demo-Vermutung erzählte, sagte sie: »Conny, ich würde für dich sofort in der ersten Reihe mit dabei sein. Mit einem ganz großen Schild in der Hand.« Das meinte sie ganz ernsthaft. Da wären mir fast die Tränen in einem winzigen Bach über meine Wangen gelaufen. Das hat mich so berührt. Aber zu weinen wäre mir peinlich gewesen. Ich wollte stark und cool wirken. Wie Mitglieder der Chefredaktion nun mal sein wollen. Und auch sein sollten.
Freigestellt – da fand ich also endlich einmal Gelegenheit, zum Arzt zu gehen. Die vergangenen Jahre war ich im Job viel zu eingespannt gewesen, um eine Routine-Kontrolle bei meinem Dermatologen einzuplanen. »Keine Zeit! Es gibt wichtigere Dinge! Gerade jetzt habe ich so viele Termine!«
Ja, ich weiß: Man nimmt sich oft viel zu wichtig, fühlt sich unersetzlich und glaubt, ohne die eigene Anwesenheit liefe im Job gar nichts. Aber wahrscheinlich möchte man sich – ich mich – nur gebraucht fühlen?
Natürlich hätte ich die freie Zeit genießen, lange schlafen, spazieren gehen, mit einem Italienischkurs oder Yoga anfangen können. Aber das kam für mich nicht infrage. Dafür liebe ich meine Arbeit viel zu sehr. Das ist seit über 40 Jahren so. Seit dem Tag, an dem ich meine Ausbildung als Journalistin begonnen habe. Davon einmal abgesehen mag ich Herausforderungen und freue mich über Anerkennung. Für eine mehr als dreiwöchige Auszeit bin ich auch viel zu hektisch.
Ich bemühte mich sofort, einen neuen Job zu finden – knüpfte Kontakte, traf mich mit Chefredakteuren und Kollegen und ging zu Presseterminen. Da ich schon so lange in diesem Job arbeite, bin ich entsprechend gut vernetzt. Außerdem habe ich einen guten Ruf, sodass die Aussichten auf einen neuen Job sehr positiv waren. Daneben blieb aber auch viel ungenutzte Zeit. Deshalb mein Anruf bei meinem langjährigen Hautarzt Thomas Kaliebe. Mal wieder checken, ob meine frühere Lust auf Sonne ohne Folgen geblieben war. Wo Schatten war, da war ich nie gewesen. Und dabei mal wieder gemütlich mit meinem genussfreudigen Doc plaudern – zum Beispiel über die Provence im September, entzückende Orte wie Les Arcs, neu entdeckte Rotweine und Restaurants, die man unbedingt besuchen sollte. Wir sind beide Südfrankreich-Verehrer.
Ein Tag im April, der Tag X. Termin in der Praxis von Thomas Kaliebe. Fotofinder-Check negativ, was positiv ist, denn das heißt: kein Hautkrebs. Danach tauschen wir Restaurant- und Weintipps aus.
»Aahhh! Das ›Chez Bruno‹ in Lorgues! Da müssen Sie nächstes Mal hingehen, Frau Eyssen. Das Trüffelmenü – einfach wundervoll! Wun-der-voll! Und gleich um die Ecke dann einen Abstecher zum ›Château Les Crostes‹ machen und ein oder zwei Kisten von dem Rosé mitnehmen.«
»Kommt sofort auf meine Liste.«
Als ich mich schon verabschieden will, fällt mir ein, dass ich ihm, weil ich ihm sehr vertraue, noch etwas erzählen könnte, was mich seit einiger Zeit beschäftigt. Dass ich mich seit Längerem irgendwie schlapp fühle, abgenommen habe und mir schon nach knapp zweihundert Metern beim Joggen die Luft ausgeht. Wo ich doch sonst seit über zehn Jahren im Park bei uns um die Ecke locker eine Stunde und länger meine Runden drehe. »Und im Januar, bei der Fashion Week in Berlin, da musste ich mit meinem Rollkoffer im Schlepptau im Flughafen von Terminal eins zu Terminal zwei hetzen, um meinen Flug nach Berlin noch zu erwischen. Ich meine, das ist ja keine große Entfernung. Aber am Gate klopfte mein Herz bis zum Hals, ich bekam kaum Luft und zitterte so, dass mir mein Ticket fünf Mal aus der Hand fiel.«
Der Blick meines Dermatologen: eindringlich. Sehr eindringlich. Aber er sagt kein Wort.
Also füge ich – so ganz nebenbei, damit es möglichst undramatisch klingt – noch hinzu: »Ach ja, und seit etwa drei, vier Monaten huste ich morgens des Öfteren.«
Das habe ich bisher niemandem erzählt. Schon gar nicht meinem Mann. Er hätte darauf bestanden, dass ich SOFORT zu einem Arzt gehe. Genau das wollte ich vermeiden. Könnte ja sein, dass irgendeine Krankheit der Grund ist und ich dann für einige Zeit krankgeschrieben werden muss und nicht in die Redaktion gehen kann. Eine schreckliche Vorstellung für mich. Wirklich. Wie gesagt: Ich liebe meinen Job. Meinen Mann liebe ich natürlich mehr. Viel mehr. Trotzdem höre ich nur im Notfall auf ihn. Obwohl er es immer nur gut meint. Ich weiß. Ich bin ein Dickkopf.
Mein Dermatologe fragt: »Husten Sie auch Blut?«
»... auch Blut.«
»Sie sollten sofort einen Ultraschall und auch eine Computertomografie machen lassen Frau Eyssen. Ich kenne einen sehr kompetenten Internisten, bei dem Sie in den besten Händen sind. Ich verabrede gleich einen Termin für Sie.«
Einen Termin machen, das hätte ich auch allein gekonnt! Traut er mir etwa nicht? Bin etwas angesäuert.
Zwei Tage später sitze ich in der Praxis, in der sie die Untersuchungen durchführen werden. Sie liegt bei uns um die Ecke und ich kann zu Fuß hingehen. Nach einer Stunde Warterei komme ich endlich dran. Der Internist macht erst einmal eine Ultraschalluntersuchung. Ich plappere dabei vor mich hin, erzähle von meinem Job (verschweige die Kündigung) und dass sie in der Redaktion schon auf meine Rückkehr warten. Wichtige Konferenz und so. Ich hoffe, dass die ganze Sache mit dieser kleinen Lüge ein bisschen schneller vorangeht. Draußen scheint die Sonne und ich würde mich gern noch in ein Straßencafé an der Leopoldstraße setzen.
Dann sagt der Arzt: »Tja, das sieht nicht gut aus. Da ist was, unten rechts an der Lunge. Und oben links auch. Das müssen wir unbedingt genauer anschauen.«
Was soll »sieht nicht gut aus« heißen?
Auf dem Bildschirm ist eine komische Wolke aus unzähligen grünen, welligen Strichen zu sehen. So ein bisschen wie ein Fingerabdruck bei der Polizei. Was soll das schon sein? Vielleicht das Überbleibsel einer Lungenentzündung? Hatte ich aber nie. Oder vielleicht ein bisschen Wasser in der Lunge? Woher? Keine Ahnung.
»Genauer anschauen« bedeutet, es muss eine Computertomografie gemacht werden. Wieder eine Stunde warten und dann zum CT. Ganz schön groß, das Ding. Und die Röhre erscheint mir ganz schön eng ... Jetzt wird mir doch mulmig. Angst legt sich wie ein heißer, schwerer Stein auf meinen Magen und bleibt dort liegen. Die werden doch wohl nichts finden?! Was auch? Beruhige dich, Conny. Mach dich nicht verrückt.
Die Schwestern legen mir einen Infusionszugang in der rechten Armbeuge. Dann bin ich allein in dem Raum. Die Radiologieassistentinnen sind draußen und können mich durch eine Scheibe sehen. Sie können mich auch hören (wenn ich denn etwas sagen will) und ich sie. Ich fühle mich schrecklich einsam.
Über einen dünnen Schlauch läuft Kontrastmittel in meine Vene. Das ist eine jodhaltige Lösung, die dafür sorgt, dass Blutgefäße, Entzündungen oder eben Tumore besser sichtbar werden. Hat mir der Arzt vorher erklärt. Mir wird ganz heiß. Bevor ich etwas sagen kann, höre ich die Stimme einer Assistentin: »Es ist ganz normal, dass Ihnen jetzt warm oder auch heiß wird. Das ist das Kontrastmittel. Bleiben Sie bitte ganz ruhig liegen und atmen Sie normal.«
Die hat leicht reden. Sie liegt ja nicht hier in dem surrenden Ding, in dem ich mich eingeschlossen und beengt fühle. Vier Minuten später ist alles vorbei.
Zurück ins Wartezimmer. Die Mitarbeiter in der CT-Abteilung sollen meine Aufnahmen auf eine CD brennen, auf die der Arzt dringend wartet. So eine CD zu brennen, kann ja nicht so lange dauern, oder? Tut es aber.
Über eine Stunde vergeht. Ich schicke meinem Mann eine SMS:
Dauert alles länger. :-( Volles Wartezimmer. Und ein Notfallpatient ... Kisses
Ich wandere im Wartezimmer umher. Fast jeder Platz ist besetzt. Schaue aus dem Fenster. Gehe zum achtundzwanzigsten Mal den langen, schmalen Gang vom Praxiseingang zum Wartezimmer entlang. Habe einen Kloß im Hals. Und wieso steigen mir dauernd Tränen in die Augen? Ich hab doch gar nichts. Ich bin doch gesund. Ich war mein Leben lang gesund. Hab nie etwas Ernstes gehabt. Nicht mal einen Arm gebrochen. Trotzdem kommen immer wieder Tränen, die ich vergeblich versuche wegzuwischen. Die anderen Patienten sollen nicht sehen, dass ich weine. Das wäre mir peinlich.
Endlich. Der Arzt lässt mich in sein Zimmer rufen. Wir sitzen uns gegenüber, fast Knie an Knie. Warum sitzt er nicht hinter seinem Schreibtisch? Komisch ... Seine Hände liegen auf seinen Oberschenkeln. Er sieht mich an. Wirkt so ernsthaft. »Liebe Frau Eyssen, es hat keinen Sinn, lange drum herumzureden. Sie haben Krebs. Lungenkrebs. So wie es aussieht, sind es wahrscheinlich zwei Tumore. Aber wir müssen noch genauere Untersuchungen machen.«
Was? Was sagt er? Leere im Kopf. Ich kann keinen Gedanken in meinem Kopf finden. Die Tränen schießen unkontrolliert aus den Augen. Das Kinn, die Mundwinkel zucken. Ich kriege keinen Ton heraus. Meine Hände zerren und zupfen an dem schon halb zerfledderten Papiertaschentuch, mit dem ich mir vorhin im Wartezimmer die Tränen weggewischt habe. Der Arzt nimmt meine Hände in seine. Ich WILL NICHT berührt werden! Ziehe meine Hände weg. Wische Tränen ab. Das muss ein Irrtum sein! Das kann nicht sein! Die haben die CDs vertauscht. Das CT-Gerät ist kaputt. Ich kann keinen Krebs haben. Ich will keinen Krebs haben. Ich will nicht sterben.
Dann setzt mein Überlebensmechanismus ein. Oder etwas anderes? Ich weiß es nicht. Hektik macht sich in meinem Kopf breit. Im Telegrammstil formuliert mein Gehirn: Krebs. Medizin. Operation. Blut. Skalpell. Narbe. Chemo. Erbrechen. Sterben. Tod. Krebs haben so viele Menschen. Habe ich so oft gelesen, diese Geschichten, die einen bis in den Schlaf verfolgen ... Wie die Kranken leiden. Wie verzweifelt sie sind. Welche Ängste und Schmerzen sie quälen. Wie oft sie weinen. Und oft auch: Wie sie ihren Kampf gegen diese Krankheit verloren haben ... Eine Sekunde absolute Stille in meinem Kopf. Und dann: Ja, das stimmt. Aber es gibt auch viele Kranke, die den Krebs besiegt haben!!! Das kann ich bestimmt auch?! Ich frage den Arzt: »Was können wir tun? Wie werde ich den Krebs los? Ich will so schnell wie möglich alles hinter mich bringen.« Ich höre mich an, als ob ich hier über einen Beinbruch sprechen würde.
Die Antwort: weitere Untersuchungen, Biopsie, Operation, Chemotherapie, Bestrahlungen, eben das volle Programm. Das beruhigt mich jetzt irgendwie. In meinem Gehirn surren ganze Sätze statt nur Wörter: Man kann was machen. Die Ärzte können mir helfen. Die moderne Medizin macht so vieles möglich. Die Krankheit angehen, den Kampf beginnen. Etwas tun, statt stumm und verzweifelt sitzen zu bleiben. Das hilft mir in diesem Moment. Dagegen hat die Angst keine Chance. Im Moment jedenfalls.
Auf dem Weg nach Hause rufe ich meinen Mann an. Ich muss es jemandem sagen. Ich kann mich jetzt nicht auf eine Bank setzen und über das Erlebte nachdenken. Ich bin schrecklich aufgeregt. In mir toben so viele Gefühle, von denen ich nur ein paar erfassen kann. Mein Leben wird sich von dieser Sekunde an ändern. Was steht mir bevor? Werde ich die Schmerzen ertragen können? Gibt es Hilfe für mich? Muss ich sterben?
NICHT nachdenken. Ich muss ETWAS TUN. Ich erzähle meinem Mann von der Diagnose. »Krebs. Er hat gesagt, ich habe Krebs.« Ich reagiere jetzt ganz ruhig. Bin ich in einem Schockzustand? Wahrscheinlich. Oder will ich nur mal wieder die Starke spielen, die Frau, die nichts umhauen kann? Ich neige dazu.
Mein Mann bemüht sich, ruhig zu bleiben: »Hat der Arzt wirklich das K-Wort benutzt?«
»Ja, eindeutig. Krebs. Karzinogen.« Über das »Z« in »Karzinogen« stolpert meine Zunge seit Jahren. Noch heute. Sprachproblem. Kein psychisches. Abgesehen davon, dass es früher um karzinogene Tumore anderer Menschen ging ...
Kurzes Schweigen am anderen Ende der Leitung. »Mach dir keine Sorgen, meine Süße, wir kriegen das hin. Du bekommst die besten Ärzte. Ich bin für dich da.«
»Ich mache mir keine Sorgen. Ich bin nicht krank, ich hab nur Krebs. Aber nicht mehr lange.« Vielleicht will ich mit diesen Sätzen der Diagnose den Schrecken nehmen? Diese unbändige Angst bezwingen, die in mir tobt und die ich nicht zulassen will, weil ich befürchte, dass sie mich niederringt. Ich will stark sein. Ich werde stark sein. Ich will nicht unter Angst und Verzweiflung begraben sein. ICH WILL LEBEN.
Frauen werden älter als Männer, heißt es – also überlebt mich meine Frau. Nicht, dass ich mir bisher große Gedanken darüber gemacht hatte, aber irgendwie war das immer eine beruhigende Vorstellung.
Unser Leben ist schön. Meine Frau und ich, wir haben Berufe, die uns ausfüllen und faszinieren. Wir reisen gerne. Machen gelegentlich Kurztrips nach Paris, Rom oder Florenz. Wir gehen gerne in Museen und Galerien. Und ich genieße die Abende, wenn Freunde an unserem großen Tisch beim Abendessen sitzen.
Das Leben schien so normal zu sein. Normal und geordnet, bis zu diesem Anruf, der alles veränderte. Ich kam gerade von einem Meeting und war auf dem Weg zu unserer Wohnung.
»Ich habe Krebs«, sagte meine Frau zu mir am Telefon. Da war es, dieses Monster von einem Wort und wollte nicht mehr aus meinem Kopf raus. Ich wollte einfach nicht wahrhaben, was sie mir da gerade gesagt hatte. Ich schaute mich um. Wieso blieben die Autos nicht stehen? Wie konnten die Menschen weitergehen? Wieso hielt nicht alles den Atem an? Meine Frau hatte Krebs, verdammt noch mal. Sie konnte sterben! Warum blieb die Welt da nicht stehen? Ich merkte verwundert: Nein, sie blieb nicht stehen ... Alles ging normal weiter. Das war ein Moment wie die totale Sonnenfinsternis vor ein paar Jahren. Von einer Minute zur anderen wurde es kalt und die Welt versank in absoluter Stille, schien stillzustehen.
»Ich bin nicht krank, ich hab nur Krebs«, hatte meine Frau am Telefon gesagt. Sie wollte tapfer sein, aber ihre Stimme klang dünn und gepresst. Ich kenne meine Frau und ich spürte die Verzweiflung, die hinter ihren Worten stand.
In meinem Kopf entstanden sofort schreckliche Bilder: Was, wenn sie nicht mehr weitergehen konnte und hilflos irgendwo auf der Straße lag? Wenn sie weinend und verängstigt irgendwo saß, jemanden brauchte, der ihr Halt gab? Und ich sie nicht in den Arm nehmen konnte? »Bleib, wo du bist. Ich hole dich ab!«
»Nein, ich komme allein nach Hause.«
»Ich bin in fünf Minuten da!«
»Nein. Ich hab doch gesagt, mach dir keine Sorgen. Ich will allein gehen. Wir treffen uns in der Wohnung.«
Ich weiß, dass meine Frau Mut hat, ich weiß, dass sie sich von nichts und niemandem unterkriegen lässt. Aber während dieses Anrufs war ihre Angst für mich körperlich spürbar. Als ich einen Moment später weiterging, brach ich in Tränen aus, ich konnte gar nichts dagegen tun.
Als Arzt ist man ja ständig mit unterschiedlichen Ausprägungen von Krankheiten und auch mit dem Tod konfrontiert. Wenn man so lange im Beruf ist wie ich, glaubt man, so ziemlich alle menschlichen Verhaltensmuster zu kennen – die einen reagieren mit Tränen und Jammern auf schlechte Nachrichten, andere spielen den Helden, einige Patienten gehen sofort in die Offensive und wollen aktiv etwas gegen ihre Krankheit tun.
Ich finde es äußerst befriedigend, Menschen helfen zu können, es erfüllt mich unverändert mit einem großen Glücksgefühl. Der Patient ist häufig geheilt und kehrt zurück in sein normales Leben – und ich höre erst wieder etwas von ihm, wenn es ihm wieder schlechter geht, was hoffentlich auch weiterhin nur ganz selten der Fall sein wird.
Als Frau Eyssen mir von ihren Problemen erzählte, der Müdigkeit, der Atemnot und dem Gewichtsverlust, war mir sofort klar, dass es sich um eine sehr beunruhigende Krankheit handeln musste. All ihre Symptome deuteten auf Krebs hin. Frau Eyssen ist schon lange meine Patientin und ich weiß, dass sie zu den Menschen gehört, die immer arg untertreiben, wenn es um Schmerzen oder gesundheitliche Beeinträchtigungen irgendwelcher Art geht. Ich wollte nicht, dass sie noch lange mit der Ultraschalluntersuchung und dem CT wartete. Wenn jemand schon diese Symptome zeigt wie sie, ist unbedingt Eile geboten. Deshalb habe ich ihr den Termin sozusagen aufgenötigt und alles gleich für sie arrangiert.
Als Frau Eyssen die Praxis verließ, habe ich ihr nachdenklich nachgeschaut. Würde sich meine Meinung bestätigen? Ich habe mir wirklich große Sorgen um sie gemacht.
Wenn meine Mitarbeiterin mich mitten in einer Behandlung aus meinem Zimmer und an den Empfang ans Telefon bittet, dann muss es sich um etwas wirklich Wichtiges handeln. Um etwas, das sie nicht allein entscheiden kann. Etwas, das sie nicht ohne meine Hilfe erledigen kann. Oder etwas, das sie nicht notieren kann, damit ich später zurückrufe. Denn ich mag es nicht, wenn ich die Behandlung eines Patienten unterbrechen muss. Es sei denn, es handelt sich um einen Notfall. Jeder Patient hat das Anrecht, dass ich mir für ihn Zeit nehme. Aber an diesem Tag trat genau das ein. Ich untersuchte in meinem Zimmer gerade einen Mann mit Neurodermitis, er war also kein Notfallpatient. Aber auch, wenn es kein Notfall war – grundsätzlich mag ich es einfach nicht, wenn ich von einem Patienten weggeholt werde.
Der Anruf kam von Frau Eyssen. Sie sagte, sie käme gerade von der Untersuchung. Ultraschall und CT. Ihre Stimme klang ganz anders als sonst – so ein bisschen hektisch, kurzatmig und seltsam verletzlich. Ich brauchte sie gar nicht erst nach dem Ergebnis zu fragen, sie erzählte gleich von sich aus, es sei Krebs. »Aber ich lasse mich nicht unterkriegen. Ich werde kämpfen. Ich bin stärker, als viele glauben.« Und dann kamen die Sätze, die mich umhauten, bei denen mir Tränen in die Augen stiegen: »Ich habe eigentlich nur angerufen, um Ihnen zu danken – denn ohne Sie wäre ich nicht zu diesen Untersuchungen gegangen. Sie haben mir das Leben gerettet. Danke.«
Das war mir zuvor noch nie passiert und dieser Anruf hat mich unsagbar beeindruckt. Dass jemand, der gerade erfahren hat, dass er Krebs hat – und zwar in einem fortgeschrittenen Stadium –, dem Menschen dankt, der ihn auf die Krankheit aufmerksam gemacht hat. In so einer Situation denkt verständlicherweise jeder nur an sich, an seine Krankheit und daran, ob und wie er wieder gesund werden kann. Dieser Anruf ist mir mitten ins Herz gegangen.
In der Nacht nach der Ultraschalluntersuchung und dem CT weine ich ins Kissen. Allein. Ich habe schreckliche Angst. Und ich würde es nicht ertragen, wenn mein Mann mich jetzt in den Arm nehmen würde. Ich weiß, dass er es sehr gern tun würde – um mir zu zeigen, dass er mich liebt, er bei mir ist, mich beschützen wird, ich mich auf ihn verlassen kann. Aber dann, so glaube ich, würde ich nicht mehr aufhören können zu weinen.
Ich will nicht sterben. Ich will nicht sterben. ICH WILL NICHT STERBEN. Wie ein Mantra flüstere ich diesen Satz immer wieder vor mich hin, bis ich endlich einschlafe.
Einen Tag später. Was tut man, wenn einem am Vortag gesagt wurde, dass man Krebs hat? Mein Mann und ich warten zu Hause auf den Anruf des Internisten, der gestern Ultraschall und CT gemacht hat. Er will für mich einen Termin in einer Münchner Klinik machen. Eine Biopsie ist notwendig. »Von Kollege zu Kollege geht das viel schneller, als wenn man sich als Patient selbst kümmern muss«, hat der Internist gestern gesagt.
Mein Mann und ich überlegen: Sollen wir es der Familie sagen oder nicht, dass ich Krebs habe? Und erzählen wir es nur engen Freunden oder gehen wir ganz offen mit dieser Geschichte um? Überfordern wir möglicherweise die Menschen um uns herum, wenn wir sagen »Ähm, ja, also, weißt du ... ich habe Krebs.«?
Ich argumentiere, dass wir es – zumindest erst einmal – verschweigen sollten. Aus Rücksicht auf die Familie, auf die Verwandten und Freunde. Denn den meisten Menschen ist so eine Situation doch schrecklich unangenehm, sie wissen nicht, wie sie reagieren sollen. Die Stimme senken, ein betroffenes Gesicht machen und ein »Oh, das tut mir schrecklich leid« murmeln? Die Augen aufreißen und rufen »Das kann doch nicht sein! Bist du sicher?«. Den Kranken umarmen und ein paar Tränen verdrücken? All das wäre mir unangenehm. Und wie soll ich auf diese Reaktionen reagieren? Selbst heulen? Tapfer lächeln? Das Thema wechseln oder in allen Details vom Krebs erzählen, von dem ich ja selbst noch so gut wie gar nichts weiß?
Meine wahren Beweggründe sind: Ich habe keine verdammte Ahnung, wie ich jemandem sagen soll, dass ich diese Scheißkrankheit habe, ohne dass ich in Weinkrämpfe ausbreche. Außerdem fürchte ich, irgendwie von einem Augenblick zum anderen stigmatisiert zu sein. »Die hat Krebs, die kannst du abschreiben, die lebt sowieso nicht mehr lange.« Oder: »Sie hat Krebs – damit wollen wir nichts zu tun haben. Oh nein, bitte keine Probleme!«
Ein weiterer wichtiger Punkt: Ich will KEIN Mitleid.
Mein Mann beschwichtigt meine unausgesprochenen Befürchtungen, die er erahnt. Er kennt mich zu gut, um sich von meinen Argumenten täuschen zu lassen. »Man muss den Menschen, die dich lieben und sich Sorgen um dich machen, doch die Gelegenheit geben, ihre Anteilnahme auszudrücken. Natürlich können wir deine Krankheit verschweigen. Aber wie lange? Und wie erklären wir später die Geheimnistuerei?«
»Also gut, wir werden ganz offen über meine Krankheit reden.«
»Wir« – von wegen. Nein, mein Mann muss es der Familie und auch den Freunden mitteilen. Ich schaffe es an den ersten zwei Tagen einfach nicht, mit jemandem außer ihm über den Krebs, die sicherlich bevorstehenden Operationen, die Therapien und meine Angst vor dem Sterben zu sprechen.
Aber am dritten Tag geht es dann doch. Natürlich will die Familie, wollen die Verwandten und Freunde nicht nur mit meinem Mann, sondern ebenso mit der Betroffenen sprechen. Den Originalton hören sozusagen. Sie wollen Mut machen, Anteilnahme zeigen, mir beweisen, dass sie an mich denken, an mich glauben und mich wissen lassen, wie lieb sie mich haben. Und das tut mir gut. Das hätte ich nicht gedacht. Ich hatte angenommen, dass mir diese Gespräche unangenehm sein würden, weil sie so emotionsgeladen sind. Und man den anderen so nah an seine Ängste, an sein Herz heranlassen muss. Aber mir wird jedes Mal ganz warm ums Herz.
Und es tut merkwürdigerweise auch verdammt gut, eine neue, offenbar bisher verborgene Stärke in mir zu entdecken. Auch wenn sie manchmal nur aufgesetzt sein mag. Denn ich will bei den Telefonaten mit meiner Schwiegermutter Ruth, meiner Schwägerin Gaby, meinem Bruder und besorgten Freunden nicht herumjammern oder heulen. Ich will sie nicht noch trauriger machen, als sie eh schon sind. Deshalb hole ich vor jedem Telefonat erst einmal tief Luft. So klingt meine Stimme halbwegs kräftig und zuversichtlich: »Ja, klar, die Operation und so, das schaffe ich schon. Ich bin doch ein zäher Hund. Mich haut so leicht nichts um. Da hat sich der Krebs die Falsche ausgesucht. An mir wird er sich die Zähne ausbeißen.«
Und dieser Optimismus steckt mich mehr und mehr an. Setzt sich mehr und mehr in meinem Kopf und meinem Herzen fest. Ich werde es schaffen! Ich WILL leben und ich WERDE leben!
Mein Papi und ich haben immer sehr viel Zeit miteinander verbracht. Schon als ich noch ganz klein war. Ich kenne ihn fast so gut wie mich selbst. Was wahrscheinlich daran liegt, dass wir uns so ähnlich sind. Wir lieben Filme und schluchzen schon, bevor die traurigen Szenen überhaupt beginnen. Wir sind beide etwas hypochondrisch und gehen beim kleinsten Zwicken panisch zum Arzt. Wir schauen zum Beispiel sechs Stunden auf den Bildschirm des Computers, sehen dann schwarze Punkte und befürchten sofort, blind zu werden. Wer so hypochondrisch ist wie wir, ist natürlich auch ein hundertprozentiger Kümmerer. Wir können nachfühlen, wie andere Menschen leiden, und wollen ihnen sofort helfen. Erst einmal Fieber messen. Dann ein Pfefferminztee? Ein kalter Wadenwickel? Vielleicht eine Schmerztablette? Oder eine Hühnerbrühe – die hilft immer. Mein Vater und ich genießen es, jemanden rund um die Uhr zu bemuttern. Danach verlangen wir aber auch umgekehrt – und sei es auch nur, weil wir winziges Magendrücken verspüren.
Es gibt aber Menschen, die sind einfach zu stolz, um zu krank zu sein, zu stolz, um zuzugeben, dass es ihnen nicht gut geht. Conny beispielsweise. Klassischer Fall. Eine richtige Grippe mit Husten, Fieber und Rückenschmerzen? Andere gehen zum Arzt und legen sich ins Bett. Vernünftig. Conny? Augen zu und durch. Geht auf High Heels mit stolz erhobenem Kopf und einer Großpackung Papiertaschentüchern sowie Hustensaft in die Redaktion. Nach einem Presse-Dinner hatte sie mal eine richtig schlimme Fischvergiftung. Hat fast die ganze Nacht im Badezimmer verbracht. Musste sich dauernd übergeben. Und morgens? Duschen, das blasse Gesicht schminken und so tun, als sei nichts passiert. Nach dem Motto: »Danke, es geht mir gut. Mich haut nichts um. Ich bin die starke Frau, die nichts erschüttern kann.«
Vor ein paar Wochen bin ich zu meinem Freund Robert nach Berlin gezogen und hatte meinen Vater schon seit Tagen anrufen wollen, weil es eine Neuigkeit gab. Meine Mutter wusste es schon. Und nun wollte ich auch meinen Papi überraschen.
Ich saß gerade in einem Café bei uns um die Ecke und hatte mir einen Latte macchiato bestellt, als das Handy klingelte. Temperatur: 29 Grad. Veilchenblauer Himmel. Die Blätter in den Bäumen glitzerten wie silberne Federn. Es war einer von diesen Tagen, an denen plötzlich alle Leute lächeln, als hätten sie sich gerade frisch verliebt. An denen einem nicht mal ein Brief vom Finanzamt die Laune verderben kann. Na ja, kommt drauf an ...
»Hallo, Papi!« Ich nahm die Sonnenbrille ab, ohne kann ich besser reden. Denn was ich meinem Vater schon seit Tagen erzählen wollte, war sehr wichtig für mich und für ihn und überhaupt. Es würde alles verändern. Und dann hörte ich ihn sagen: »Es ist etwas passiert ... Conny war beim Arzt. Sie hat Krebs. Lungenkrebs. Sie ist tapfer. Aber es ist alles nicht einfach ...«
Ich hörte an der Stimme meines Vaters, wie sehr er litt, wie sehr diese Situation ihn quälte. Wie verzweifelt er war, wie viel Angst er hatte. Und dass er stark sein wollte, weil seine Frau ihn brauchte.
Mir fehlten in diesem Moment die Worte. Das sagt man immer so. Aber wenn eine Situation wie diese eintritt, dann weiß man, dass das wirklich stimmt. Dass es das gibt. Der Kopf ist einfach leer und nirgendwo im Gehirn ist auch nur ein einziges Wort zu finden. Alle Wörter haben sich versteckt.
Krebs – davon hört man immer nur. Diese Krankheit haben stets nur andere. Und jetzt war der Krebs so nah in meinem Leben. Er bedrohte unsere Familie. Mir war plötzlich kalt. Mein Vater versuchte, die ganze Situation etwas zu entschärfen, er sprach von Ärzten und Operationen und von dem Mut, den Conny zeigte.
»Ihr Optimismus hilft mir. Du kennst sie ja ... Er gibt mir Kraft, die ich jetzt dringend brauche.«
Ich versprach ihm, Conny noch am selben Tag anzurufen. »Und wenn es irgendetwas gibt, was ich tun kann, Papi, egal, was, dann sag es mir. Ich helfe sofort. Jederzeit. Was auch immer es ist.«
»Das ist lieb von dir, danke. Ich muss jetzt auflegen.«
»Ciao, Papi. Ich hab dich lieb.« Ich drückte auf »Beenden«.
Mein Latte macchiato war kalt geworden. Tränen stiegen mir in die Augen. Eigentlich hatte ich meinem Papi schon seit Tagen sagen wollen, dass ich schwanger war. Ein Baby erwartete. Dass er Opa werden würde. In ein paar Monaten würde mein erstes Kind zur Welt kommen. Aber wie hätte ich meinem Vater das in dieser Situation sagen können?
Nach all den Gesprächen mit unseren Freunden und Verwandten über meine Krankheit fühle ich mich von lauter Krebskranken geradezu umzingelt. Denn jeder kennt zumindest einen in seiner Familie oder im Bekanntenkreis, der Krebs hatte oder hat. Und er möchte die dramatische Geschichte unbedingt erzählen – als Trost für mich, unter dem Motto: »Guck mal, Conny, der hat es auch geschafft!«
Zum Beispiel dieser krebskranke Mann, der schon ein Abschiedsfest für all seine Freunde gegeben hatte, dann plötzlich irgendeine neue Ernährung mit Weizendrinks oder was weiß ich entdeckte und nun glücklich und gesund mit seiner Frau irgendwo in Hamburg lebt.
Oder die Geschichte von der Frau mit Unterleibskrebs, die nach Aussagen der Ärzte keine vier Monate mehr zu leben hatte und nun schon ihren fünfzehnten Geburtstag nach der Todesnachricht feiert. Weil sie sich in irgendeiner Klinik behandeln ließ, die zu hundert Prozent auf eine homöopathische Therapie setzt.
Oder dieser Mann aus England, der zu einem Guru nach Indien ging und sich dann durch Meditation selbst heilte.
Oder die Frau mit Darmkrebs, die nach einer wahren Odyssee von Arzt zu Arzt durch eine Klangschalentherapie geheilt wurde.
Oder diese Frau – ich glaube, sie hatte Brustkrebs –, die durch Zufall von irgendwelchen Tropfen erfuhr, die ein ehemaliger amerikanischer Goldgräber (!) entdeckt hatte. Einfach die Tropfen schlucken und schwupps, schon war sie gesund. KEIN Tumor mehr. Einfach in Luft aufgelöst. Von dieser Frau gab es leider keine weiteren Informationen darüber, wo sie jetzt lebt – und ob sie noch lebt.
Wer daran glaubt, bitte schön. Und wem’s hilft, umso besser. Aber ich will diese Geschichten nicht hören. Ich bin wahrscheinlich auch zu spießig für solche Experimente. Wenn es um mein Leben geht, bitte KEINE Experimente. Ich glaube an die Schulmedizin. Ich glaube an die Kunst der Ärzte und die Wirksamkeit von Medikamenten.
Vielleicht hat es auch damit etwas zu tun, dass ich Sternzeichen Jungfrau bin. Erste Dekade. Jungfraugeborene gelten allgemein als realistisch, penibel und extrem kritisch allen Dingen gegenüber, die man nicht exakt beweisen kann oder die durch internationale Studien belegt sind. In meinem Fall trifft das hundertprozentig zu. Ich weiß, das Beispiel hinkt, trotzdem: Wenn ich höllische Zahnschmerzen habe, gehe ich ja auch zum Zahnarzt und buche nicht eine Klangschalenstunde. Was nicht heißt, dass ich naturmedizinische Mittel strikt ablehne. Aber wenn überhaupt, dann nur als Ergänzung. Ich reagiere misstrauisch auf Berichte von angeblichen Wunderheilungen. Ich glaube nicht, dass man eine so aggressive und oft tödliche Krankheit wie Krebs durch Pilzextrakte, Walnüsse (sollen bei Prostatakrebs helfen), Meditation oder Kräuter, die bei Vollmond im Wald gesammelt wurden, bekämpfen und sogar besiegen kann. Das gilt aber nur für mich. Jeder muss letztendlich für sich entscheiden, welche Therapie er für die beste hält. Da gibt es kein richtig oder falsch.
Heute muss ich ins Krankenhaus. Zur Biopsie. Dabei wird mit einer Feinnadel eine Punktion gemacht und eine Gewebeprobe entnommen. Die wird dann mikroskopisch untersucht, um krankhafte Veränderungen der Zellen zu diagnostizieren. Leider muss ich über Nacht im Krankenhaus bleiben. »Zur Beobachtung«, hat der Internist gestern beim Vorgespräch in der Klinik in Bogenhausen erklärt.
Habe ich schon erwähnt, dass ich Krankenhäuser hasse? Allein dieser Geruch! Diese langen Gänge! Meist mit Linoleumfußboden, auf dem jeder Schritt unangenehm quietscht. Überarbeitete Schwestern. (Die machen wirklich einen verdammt harten Job. Und werden dafür mies bezahlt. Mein Mitgefühl haben sie.) Ärzte, die meist keine Zeit haben. Und dann die Kranken – blasse, dünne Menschen, aus deren Augen so viel Leid spricht, dass ich gar nicht hinsehen kann. Oh Gott, werde ich bald auch so aussehen? Werde ich ans Bett gefesselt sein und Morphium gegen meine Schmerzen bekommen? Horrorfantasien schwirren durch meinen Kopf. Unsinnig, ja, aber ich kann nichts dagegen tun.
Ich bin seit dem Morgen schrecklich aufgeregt, will aber nicht, dass es jemand merkt. Vor allem nicht mein Mann, der mich begleitet. Ich will kein Jammerlappen, kein Weichei sein. Eine Biopsie! Pah! Was ist das schon? Ein kleiner Stich – und schon vorbei! Das mach ich doch mit links.
Auf der Station im dritten Stock warten wir erst einmal über eine Stunde auf den harten Holzstühlen im Gang. An der Wand links schräg vor mir sehe ich auf einer Tür ein Plakat. Vierfarbig. Groß. Fast so groß wie die Tür. Zu sehen ist die schematische Darstellung einer starren Bronchoskopie: Ein langes Metallrohr mit einem Griff an einem Ende (ähnlich wie diese Dinger, mit denen man an der Zapfsäule Benzin tankt) wird durch den Mund und die Luftröhre hindurch bis in die Lunge geschoben.
Ich kann gar nicht hingucken.
Endlich bleibt ein Arzt vor uns stehen. »Guten Tag, Sie sind Frau Eyssen?«
»Ja.«
»Sie sind wegen der Biopsie hier?«
»Ja.«
»Um was geht es denn eigentlich bei Ihnen?«, fragt der Arzt und versteckt beide Hände in den Taschen seines weißen Kittels. Das wirkt entschlossen, aber auch ungeduldig.
»Man hat ein Ultraschall und ein CT gemacht. Beides ergab den Verdacht auf Lungenkrebs. Wahrscheinlich gleich zwei Tumore.«
»Aha. In diesem Fall sollten wir auch unbedingt eine Bronchoskopie ...«
»Nein!«, falle ich dem Arzt ins Wort. »Das kommt überhaupt nicht infrage. Ich bin nur wegen der Biopsie hier. Wegen nichts anderem.« Das Bild! Ich habe das Bild von der Bronchoskopie an der Tür vor meinem geistigen Auge!
»Aber Frau Eyssen, eine Bronchoskopie ist absolut notwendig in einem Fall wie Ihrem.«
»Das ist mir egal. KEINE Bronchoskopie. Eine BIOPSIE. So wurde es gestern zwischen meinem Arzt und dem Internisten Ihrer Klinik verabredet.«
Ich weiß, das ist arrogant von mir. Ich habe mich auch im Ton vergriffen. Aber ich bin so panisch – NIEMAND, KEINER wird so einen Metallstab in meine Luftröhre stecken!!!!
Mein Mann schaltet sich ein. Er klärt die Situation auf seine ruhige und konstruktive Art.
Der Arzt ist zwar sauer, dass über seinen Kopf hinweg Abmachungen mit anderen Kollegen in der Klinik getroffen wurden, aber er gibt nach.
Ich komme in ein Zwei-Bett-Zimmer. Im zerwühlten Bett am Fenster sitzt eine Frau um die sechzig. Sie löffelt eine Suppe. Es ist inzwischen Mittagszeit. Sie reagiert nur mit einem kurzen »Tag!« auf meine Begrüßung. War ich vielleicht nicht freundlich genug? Sie isst weiter. Hm ... Ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll.
Eine Krankenschwester hält mir ein Hinten-offen-Nachthemd hin.
Ich lehne ab. »Ich kann sehr gut laufen, ich bin schon erwachsen. Ich brauche das Hemd nicht.« Das halte ich für Humor. Soll aber nur meine Angst und Unsicherheit übertünchen.
»Sie bekommen eine Narkose. Da können Sie dann nicht laufen.«
Dann legt sie mir einen Zugang für Injektionen und Infusionen am linken Unterarm und ich werde im Bett liegend von einem Pfleger vom dritten Stock ins Untergeschoss geschoben. Mir ist schwummerig zumute. Und meine stumme Angst hat sich noch verstärkt. Mein Mann ist an meiner Seite, er hält meine Hand. Im Untergeschoss werde ich samt Bett an der Seite eines laaaaaangen Ganges abgestellt – und bleibe da erst einmal stehen beziehungsweise liegen. Warten. Warten. Warten.
Mein Mann sitzt auf meinem Bett und liest mir aus einer Tageszeitung vor, die er auf sein iPad geladen hat. Ich weiß, er will mich jetzt ablenken – aber ich kann mich nicht konzentrieren, kann nicht zuhören. Ich WILL, dass diese blöde Biopsie SOFORT anfängt, damit sie schnell vorbei ist.
War gar nicht schlimm, die Biopsie. Ich war dank der leichten Narkose weggetreten und habe so gut wie nichts mitbekommen. :-)
Das Ergebnis gibt es erst in zwei bis drei Tagen.
Abends allein mit meiner Bettnachbarin im Zimmer. Der mit Gazeverband fixierte Zugang für Spritzen und Infusionen an meinem linken Unterarm schmerzt. Die Schwester, die ich vor einer Stunde gebeten habe, das Teil zu entfernen, hat mit deutlichen Worten abgelehnt. »Der Zugang bleibt! Nachher passiert etwas und wir fangen an, an Ihnen rumzustechen, um eine Vene zu finden.«
»Aber das tut wirklich weh.«
»Das kann nicht sein.«
Ich widerspreche nicht. Ich ärgere mich über mich selbst. Wieso, wann und warum habe ich mich von einer selbstbewussten und durchsetzungsfähigen Frau in kürzlich noch leitender Position eines großen Verlags in eine domestizierte Patientin verwandelt, die brav gehorcht und keine Widerworte von sich gibt?
Wieso: Weil ich das erste Mal in meinem Leben in einem Krankenhaus bin.
Wann: Seitdem ich den ersten Schritt in dieses Krankenhaus gesetzt habe.
Warum: Weil mir verdammt noch mal hier alles so fremd hier ist.
Stumm und klein liege ich in meinem Bett. Meine Nachbarin rechts neben mir hat noch kein einziges Wort mit mir gesprochen. Sie hat das Abendmenü – undefinierbares Brot mit undefinierbarer Wurst, einer eingelegten Gurke (die habe ich erkannt) und einem Himbeerjoghurt (auch erkannt!) – gegessen und schaut sich eine Arztserie im Fernsehen an (über Kopfhörer, Gott sei Dank!). Man liegt im Krankenhaus und sieht sich eine Arztserie an – das sind mir eindeutig zu viele weiße Kittel, zu viele Stethoskope, zu viele Spritzen und Tupfer und zu viele verletzte, kranke Menschen.
Zwischendurch schlurft meine Mitbewohnerin mindestens fünfmal mit ihren Hausschuhschlappen ins Bad. Dabei hat sie immer einen Strohhalm im Mund, durch den sie ausatmet. Sie atmet normal durch den Mund ein und dann durch den Strohhalm aus, was alle zwei, drei Sekunden zu einem grässlich pfeifenden Geräusch führt. Es treibt mich in den Wahnsinn. Auf meine höflich formulierte Nachfrage erklärt sie: »So krieg ich besser Luft. Damit ich nicht hyperventiliere.« Wenn das so ist, dann ist es wohl so. Und ich halte meinen Mund.*
Um 22:30 Uhr ist Bettruhe. Die Schwester zieht die Vorhänge zu. Ich HASSE es, im Dunkeln zu schlafen. Aber weder sie noch meine Zimmernachbarin lassen sich überreden. Meine Mitbewohnerin stellt ihre beigefarbene Sauerstoffflasche ordentlich in Höhe des Kopfkissens neben ihr Bett und legt sich diesen durchsichtigen Schlauch um, der in den Nasenlöchern endet. Sie dreht an einem Knopf und legt sich dann schwer atmend, aber irgendwie zufrieden in die Kissen.
Um 1:20 Uhr stürmen erst die Nachtschwester und dann ein Arzt ins Zimmer. Alle Lampen an. Es ist taghell. Meine Bettnachbarin hat den Notknopf gedrückt. Sie röchelt. Wedelt mit den Armen. Packt die Schwester an der Schulter. Kommt mit dem Oberkörper hoch. Die Schwester drückt die Patientin sacht zurück aufs Kissen, der Arzt fühlt ihr den Puls.
Die Schwester: »Frau Sowieso, was soll denn das? Sie wissen doch genau, wie Sie mit der Sauerstoffflasche umgehen müssen. Das haben wir Ihnen doch schon mindestens viermal gezeigt.«
Frau Sowieso murmelt irgendetwas Unverständliches.
Der Arzt: »Frau Sowieso, jetzt beruhigen Sie sich. Es gibt keinen Grund für eine Panik. Es ist alles in Ordnung. Sie werden übermorgen entlassen. Und zu Hause müssen Sie auch mit der Sauerstoffflasche zurechtkommen. Sie können das. Das weiß ich.«
Frau Sowieso beruhigt sich. Mit leiser, trotziger Stimme sagt sie: »Ja, ja, ich weiß, wie das alles geht. Ich hab aber keine Luft mehr bekommen.«
Als im Zimmer wieder Dunkelheit und Ruhe herrschen, versuche ich, wieder einzuschlafen. Nur noch ein paar Stunden, bis ich rauskann aus dieser Klinik. Endlich!
Noch zweimal in dieser Nacht hastet die Nachtschwester in unser Zimmer, knipst das Licht an und beschwichtigt Frau Sowieso. Der Arzt ist geblieben, wo er war.
Dann ist es endlich 7 Uhr und ich kann aufstehen und ins Badezimmer. Schnell alles zusammenpacken. Ich klingle nach der Schwester. Jetzt WILL ich den blöden Zugang endlich loswerden. Ich bin übermüdet, genervt und wütend genug, um mich dieses Mal durchzusetzen. Die Schwester macht zwar ein beleidigtes Gesicht, aber das ist mir vollkommen egal.
Fix und fertig angezogen und mit der Tasche in der Hand stehe ich wie Tante Berta vor ihrer ersten großen Reise an meinem Bett. Ich will gehen. Jetzt. Sofort. ICH WILL NACH HAUSE. Aber die Stationsärztin hält mich auf. »Es ist noch Visite.«
»Wann?«, frage ich.
»So gegen 11, 12 Uhr.«
»Zu spät.«
»Die müssen Sie aber abwarten.«
»Warum?«
»Weil der Chefarzt Sie noch mal sehen muss.«
»Warum?«
»Weil es nach einer Biopsie zu Komplikationen kommen kann. Deshalb mussten Sie ja auch über Nacht bleiben. Falls etwas passiert wäre.«
»Was hätte denn passieren können?
»Zum Beispiel ein Bluterguss. Oder auch Blutungen.«
»Ich habe aber nichts – keinen Bluterguss und auch keine Blutungen oder sonst was!«
»Trotzdem. Nur der Chefarzt kann beurteilen, ob alles in Ordnung ist und Sie nach Hause gehen dürfen.«
» Mir fehlt aber nichts!«
»Trotzdem sollten Sie warten.«
»Nein.« Ich. Gehe. Und zwar jetzt. Ich will hier raus. Ich will nach Hause. Meine Nerven liegen blank. Ein hysterischer Weinkrampf sitzt in meiner Kehle. Ich werde ihn nicht rauslassen.
Um 8:20 Uhr sitze ich draußen vor der Klinik auf einer Bank und rufe meinen Mann an. »Hol mich bitte sofort ab. Bitte. Sofort.«
* Heute weiß ich, dass das die Lippenbremsen-Atmung ist, die es Patienten mit zum Beispiel Asthma oder COPD erleichtert, bei Stress oder Atemnot besser Luft zu bekommen. Dadurch, dass man nur durch die kleine Öffnung des Strohhalms ausatmet, entsteht ein Gegendruck in den Atemwegen, der verhindert, dass die Bronchien in sich zusammenfallen und die Atemluft nicht mehr aus der Lunge entweichen kann.
Also: Shame on me! Und zwar ganz viel.
Ehrlich, das Erste, was ich gesagt habe, als ich erfuhr, dass Conny Krebs hat, war: »Scheiße! Scheiße! Scheiße!« Ich weiß, wie man sich fühlt, wenn man diese Krankheit hat. Welche Ängste man durchleidet. Wie oft die Panik einen überfällt. Wie man sich nachts im Bett hin und her wälzt und sich fragt, wie lange man wohl noch leben wird. Und wie sauschwer es ist, tapfer zu bleiben und die Hoffnung nicht aufzugeben. Ich hatte selbst Krebs. Brustkrebs. Bin aber seit fünf Jahren ohne neuen Befund. Toi, toi, toi. Die Ärzte hatten mir damals noch sieben Monate gegeben, höchstens neun. Tja, ich lebe noch.
Mensch, die arme Conny. Die ist extrem zierlich, aber stark, das weiß ich. Ich kenn diesen Typ Frau, sensibel, zart, rebellisch, dickköpfig und stark. Und letztendlich nicht unterzukriegen. Ich bin auch so.