Geschichten sind Begleiter für alle Lebenslagen. Die Geschichten in diesem Büchlein sind für Menschen gedacht, die sich auf der Suche nach sich selbst befinden. Auf jedem Weg gibt es lichtvolle Etappen genauso wie den Abstieg in die Unterwelt. Jederzeit kann die Orientierung verlorengehen und das Aufgeben lohnender erscheinen, als das Erreichen eines Zieles. Dann können Geschichten Licht ins Dunkel bringen und den Weg zeigen - wie kleine Leuchttürme.

Autorin

Andrea Elster, Jahrgang 1965, ist bereits von Kindesbeinen an überaus fasziniert von Märchen und Abenteuergeschichten. Schon früh beginnt sie, selbst Kurzgeschichten und Gedichte zu schreiben. Doch ein ernst zu nehmender Teil ihres Lebens wird das Schreiben erst während einer schweren persönlichen Krise. Sie erfährt, wie heilsam der Vorgang des Schreibens und des kreativen Fabulierens sein kann und beschließt, es nicht nur weiter zu verfolgen, sondern auch das Geschriebene zu veröffentlichen. Ihre Romane und Kurzgeschichten befassen sich in unterschiedlicher Weise immer wieder mit der Suche des Menschen nach Antworten auf die großen Sinnfragen; eine Suche, mit der sie sich selbst lange beschäftigt hat und die vor einigen Jahren in einer tiefgreifenden Erkenntnis schließlich ein Ende findet. Diese Erfahrung bildet die Grundlage zu ihrem ersten Roman OPUS MAGNUM, der 2014 erschienen ist.

Von Andrea Elster ist außerdem erschienen:

Opus Magnum

Der Roman über das große Werk der Alchemisten

(Historischer Roman)

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

© 2018 Andrea Elster

Herstellung und Verlag:

BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 9783748113676

„Kindern erzählt man Geschichten

zum Einschlafen und Erwachsenen

damit sie aufwachen!“

Jorge Bucay

EINE GESCHICHTE ÜBER
DAS GESCHICHTENERZÄHLEN

Als die Welt noch jung und die Menschen noch unwissend waren, saß eine alte Eule auf dem Baum der Erkenntnis mitten im Garten Eden und kniff ein Auge zu. Seit einiger Zeit beobachtete sie auf diese Weise eine Szene, die sich direkt unter dem Baum abspielte: Der liebe Gott lag auf den Knien, weinte und wehklagte nun schon seit Stunden und eine Schlange umkreiste ihn mit demütig gesenktem Kopf mal in die eine, mal in die andere Richtung. Die Eule hatte mitbekommen, dass die Schlange eine bestimmte Angelegenheit gründlich versemmelt hatte und deshalb beim lieben Gott einen auf gut Wetter machen musste. Doch dieser war derart in seine Trauer vertieft, dass er sie gar nicht beachtete.

„Das geschieht diesen haarlosen Affen ganz recht“, murmelte die Eule gedankenverloren vor sich hin, „was hören sie auch auf einen Nichtwisser, wie diesen aufgeblasenen Wurm. So eine Dummheit wird zu recht mit Rauswurf bestraft!“ Sie schloss auch noch das andere Auge, überzeugt, dass man ihr Geflüster am Boden nicht gehört hatte.

Die Schlange, die für gewöhnlich nur sehr schlecht hörte, hatte jedoch ihre wenig wohlwollenden Worte vernommen und giftete sogleich:

„Wen nennst du einen ‚aufgeblasenen Wurm‘, du hässlicher Federball?“ Zur Sicherheit schickte sie noch ein scharfes Zischen hinterher.

„Ein solch missratenes Ding, das weder Nase noch Beine hat, sollte besser gut nachdenken, bevor es mich ‚hässlich‘ nennt“, gab die Eule unbeeindruckt zurück und öffnete beide Augen wieder.

„Ich stehe nämlich in der Nahrungskette über dir!“