Cover

Über dieses Buch:

ENWOR: Kriegsgeboren und vom Feuer getauft – eine postapokalyptische Welt voller Gefahren.

Die Gesichtslosen Predigern haben den Satai-Krieger Skar in jahrelangen Schlaf verfallen lassen. Doch nun ist er erwacht und muss erfahren: ENWOR ist nicht mehr zu erkennen. Die ehrenhaften Satai haben sich mit ihren schlimmsten Feinden verbündet und überziehen das Land mit Terror. Flucht scheint die einzige Rettung vor den entfesselten Horden. Doch Skar wird ein Ausweg gezeigt, der ihm eine entsetzliche Entscheidung abverlangt: Muss er seinen Sohn opfern, um ENWOR zu befreien?

Über den Autor

Wolfgang Hohlbein, 1953 in Weimar geboren, ist Deutschlands erfolgreichster Fantasy-Autor. Der Durchbruch gelang ihm 1983 mit dem preisgekrönten Jugendbuch MÄRCHENMOND. Inzwischen hat er 150 Bestseller mit einer Gesamtauflage von über 44 Millionen Büchern verfasst. 2012 erhielt er den internationalen Literaturpreis NUX.

Der Autor im Internet: www.hohlbein.de

Bei dotbooks veröffentlichte Wolfgang Hohlbein die Romane FLUCH – SCHIFF DES GRAUENS, DAS NETZ und IM NETZ DER SPINNEN, die ELEMENTIS-Trilogie mit den Einzelbänden FLUT, FEUER UND STURM und die große ENWOR-Saga; eine chronologische Übersicht der einzelnen Romane finden Sie am Ende dieses eBooks.

Wie wird es mit den Kriegern Skar und Del weitergehen? Finden Sie es heraus im nächsten Roman der ENWOR-Saga: ENWOR – Band 7: Das schweigende Netz. Eine Leseprobe finden Sie am Ende dieses eBooks.

***

Neuausgabe November 2015

Copyright © der Originalausgabe 1987 bei Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Copyright © der Neuausgabe 2015 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Tanja Winkler, Weichs

E-Book-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95824-437-5

***

Wenn Ihnen dieser Roman gefallen hat, empfehlen wir Ihnen gerne weiteren Lesestoff aus unserem Programm. Schicken Sie einfach eine eMail mit dem Stichwort ENWOR 6 an: lesetipp@dotbooks.de

Gerne informieren wir Sie über unsere aktuellen Neuerscheinungen und attraktive Preisaktionen – melden Sie sich einfach für unseren Newsletter an: http://www.dotbooks.de/newsletter.html

Besuchen Sie uns im Internet:

www.dotbooks.de

www.facebook.com/dotbooks

www.twitter.com/dotbooks_verlag

http://instagram.com/dotbooks

http://blog.dotbooks.de/

Wolfgang Hohlbein

ENWOR

Band 6: Die Rückkehr der Götter

Roman

dotbooks.

PROLOG

»Du hast dich also entschieden.«

Es war etwas im Klang dieser fünf Worte, was ihn frösteln ließ. Die Stimme des greisen Predigers verlor sich fast in der Leere des fensterlosen Raumes und rief – wie überall im Inneren des ausgehöhlten, aus Schweigen und Dunkelheit und erstarrter Zeit erschaffenen Berges – keine hörbaren Echos hervor, sondern versickerte irgendwo zwischen den Ritzen der Realität.

Es war nichts Neues für ihn, aber der Effekt erschreckte ihn jedes Mal genauso wie am Anfang. Der Berg war groß genug, eine Stadt aufzunehmen, und manche der Hallen, die durch ein Labyrinth finsterer Gänge und Treppen miteinander verbunden waren, hätten einem kleinen Dorf Platz geboten: man erwartete Echos und verzerrten Widerhall, das Wispern und Flüstern der Leere, das Tropfen von Wasser und das leise Klicken und Schaben fallender Steine, all die Geräusche und Laute, die untrennbar mit der Vorstellung unterirdischer Höhlen und Katakomben verbunden waren.

Das genaue Gegenteil war der Fall. Der Tempel der Gesichtslosen Prediger war ein Ort der Stille, des Schweigens und der Ruhe, einer Ruhe, die tiefer und allumfassender war als alles, was er je zuvor erlebt hatte. Jeder Laut, jedes Geräusch, alles, was von draußen kam – er begann das Wort schon auf die gleiche, abwertend spöttische Art zu denken, in der es die Gesichtslosen Prediger aussprachen – verlor hier drinnen seine Bedeutung, verschwand ohne Spuren und Echos.

Er hatte sich unwohl hier drinnen gefühlt, vom ersten Augenblick an, und es lag nicht allein an der sonderbaren Umgebung oder den Geschichten, die man sich über die verrückten Prediger erzählte. Es war etwas Körperliches, und es flößte ihm körperliches Unbehagen ein. Ein dumpfer Druck lastete auf seinen Ohren, vielleicht eine Folge der bizarren Akustik dieser Welt aus Stein, und er hatte ständig Durst.

In jeder der letzten fünf Nächte hatte er länger geschlafen als in der vorangegangenen, und trotzdem war ihm das Aufstehen immer schwerer gefallen, und er ertappte sich tagsüber immer öfter dabei, in einen Dämmerzustand zwischen Schlaf und Wachen zu versinken. Er war immer müde. Kraftlos. Vielleicht, dachte er matt, war es wirklich so, wie man sich erzählte: vielleicht fraß dieser Tempel seine Kraft, saugte seinen Körper und seinen Geist gleichermaßen aus. Vielleicht, dachte er mit einer Spur von Hysterie, würde sich sein Körper auflösen, wenn er zu lange hierblieb. Er würde schwach und kraftlos werden und irgendwann verblassen, bis er schließlich –

Skar verscheuchte den Gedanken. »Ich habe mich entschieden«, sagte er. Er versuchte gleichzeitig gelassen wie selbstsicher zu klingen, aber seine Stimme schwankte und sagte das Gegenteil dessen, was seine Worte behaupteten: daß er sich nicht entschieden hatte, weil eine Entscheidung nicht nötig und wahrscheinlich nicht einmal möglich war, und daß er gar keine andere Wahl hatte, als es zu tun. Daß er vielleicht mit dem einen, logischen Teil seines Denkens begriffen hatte, daß es sein mußte, aber trotz der tagelangen geduldigen Erklärungen des Predigers noch immer nicht genau wußte, was dieses es überhaupt war. Und daß er in Wahrheit Angst davor hatte, es zu erfahren. Der Prediger bewegte sich. Skar war sich nicht sicher, ob das papierne Rascheln, das er dabei hörte, von seinen Kleidern oder der Haut des Alten stammte. Sein Blick verharrte einen Moment auf den gebeugten Schultern des Predigers, löste sich von ihm und suchte den steinernen, nur mit wenigen Büscheln aus getrocknetem Stroh gepolsterten Trog; den einzigen Gegenstand außer dem Gebetsstein und dem gemauerten Feuerloch in der Wand, der die strenge rechteckige Geometrie des Raumes durchbrach. Die Schatten schienen dort hinten tiefer, dunkler und das Schweigen fester. Er war schon nicht mehr ganz Teil dieser Welt, sondern mit dem Prediger verbunden, hinübergeglitten auf eine andere, erschreckende Stufe des Seins, auf der sie lebten, dieser Alte und die anderen.

Ein seltsames Gefühl breitete sich in Skar aus. Er wußte nicht was es war.

»Hast du Angst?«

Skar schüttelte den Kopf, schwieg, sah den Prediger unentschlossen an und nickte schließlich. »Ja.«

»Das ist gut«, sagte der Alte. Vielleicht war er auch nicht alt; nicht wirklich. Seine Stimme schien die eines jungen Mannes, obwohl er niemals laut genug sprach, um mehr als zu flüstern.

Nein – Skar wußte nicht, ob er wirklich alt war. Sein Gesicht war so zeitlos wie die strengen Rechtecke und Geraden, aus denen der Tempel zusammengefügt war, von tiefen Falten und Linien durchzogen und so bleich, wie das Gesicht eines Menschen nun einmal war, der niemals die Sonne sah. Aber Skar war sich nicht sicher, daß es Linien waren, die das Alter hineingegraben hatte. Vielleicht war es etwas anderes. Wenn, so wollte er nicht wissen, was es war.

Der Prediger wandte sich um, trat an den Gebetsstein und tat etwas, das Skar nicht erkennen konnte. Als er sich wieder zu ihm herumdrehte, waren seine Hände nicht mehr leer.

»Es ist gut, daß du Angst hast, Satai«, sagte er noch einmal, und zum ersten Mal, seit Skar ihm begegnet war, glaubte er etwas wie eine menschliche Regung in seiner Stimme zu erkennen. Mitleid. Mitleid? »Nur wer die Furcht kennt, kann sie auch bezwingen. Trink.«

Skar nahm gehorsam die Schale aus den Händen des Alten entgegen. Sie war schwer und so kalt, daß seine Finger zu prickeln begannen. Langsam setzte er sie an die Lippen. Aber er trank noch nicht. Plötzlich, als schrien alle seine Sinne verzweifelt auf und griffen – ein letztes Mal – gierig nach der Welt, von der sie während der letzten Tage Stück für Stück abgeschnitten worden waren, nahm er alles um sich herum mit einer übernatürlichen Klarheit und Schärfe wahr. Die Kälte, die Böden, Wände und Decke verströmten wie einen eisigen Atem, die winzigen Unebenheiten unter seinen nackten Füßen, die dunklen verzweigten Linien im Gesicht des Predigers, den sterilen Geruch nach Erde und Stein, der den unterirdischen Tempel erfüllte, das Knistern der Flammen im Feuerloch, die kühle Glätte der Schale in seinen Fingern, und tausend andere Dinge.

Sein Blick suchte noch einmal das steinerne Bett am anderen Ende der Kammer, und das Gefühl in ihm, von dem er noch immer nicht wußte, was es war, verstärkte sich zu quälendem Schmerz.

Das Kind lag reglos, als schliefe es, obwohl seine Augen offenstanden. Zu Anfang hatte es viel geschrien und mit den Beinen gestrampelt, aber seine Bewegungen waren jedes Mal, wenn Skar kam und es sah, matter geworden, sein Schreien kraftloser und leiser. Vielleicht war es tot.

»Ihr habt ihm … einen Namen gegeben?« fragte er stockend.

Der Prediger lächelte. »Es braucht keinen Namen, Skar. Niemand, der hier lebt, braucht einen Namen. Auch ich habe keinen.«

Skar nickte, setzte die Schale abermals an die Lippen und senkte sie wieder, ohne getrunken zu haben. »Es wäre mir lieber, wenn es einen Namen hätte«, sagte er. Er wußte selbst nicht genau, warum er diese Worte sprach. Und trotzdem war es vielleicht das erste Mal, seit er hier herunter gekommen war, daß er etwas mit Nachdruck sagte.

Der Prediger blickte ihn aus seinen unergründlichen Augen an. »Sein Name ist Tod, Satai.«

Zorn flammte in Skar auf, aber nur für einen Moment. »Ich bin hier, damit es nicht so kommt«, sagte er. Es fiel ihm schwer, aber er hielt dem Blick des Alten stand; diesmal.

»Es geht nicht«, sagte der Prediger. »Wie könnten wir ihm einen Namen geben, wenn wir nicht wissen, wer er ist? Namen engen ein. Sie sind schädlich. Sie legen Dinge fest, die noch nicht bestehen. Sie formen das Ungeformte. Unser Glaube verbietet uns, Namen zu tragen, und es ist eine weise Entscheidung. Du kannst ihm einen Namen geben, wenn alles vorüber ist.«

Für einen Moment regte sich noch einmal Widerstand in Skar, aber er erlosch auch diesmal so schnell, wie er kam. Er war nur noch müde. Er wollte es hinter sich bringen, so schnell er konnte. Er hatte zu lange gekämpft.

»Ich verstehe dich, Satai«, fuhr der Prediger fort. »Glaube nicht, daß wir grausam sind. Ich weiß, daß die Menschen Angst vor uns haben und uns für grausam und böse halten. Aber das stimmt nicht. Ich begreife deine Qual, und ich teile sie. Du hast ihm das Leben gegeben, und du hast gekämpft wie nie ein Mensch zuvor, um es zu schützen. Jetzt wirst du es vielleicht töten müssen, obgleich es ein Teil deiner selbst ist. Alles, was du ihm noch geben zu können glaubst, ist ein Name.«

Skar starrte den Alten verwirrt an. Las er seine Gedanken? Oder war es so leicht, sie auf seinen Zügen zu erkennen? Er erschrak. Wieder spürte er diese Schwäche, eine Erschöpfung, die nichts mehr mit körperlicher Müdigkeit zu tun hatte. >Sein Name ist Tod<, hatte der Prediger gesagt. Aber war das nicht in Wahrheit sein eigener Name? Standen nicht Furcht und Angst in den Augen der Menschen, wenn sie über ihn sprachen? Vielleicht war das, was er bisher immer für Ehrfurcht und Respekt gehalten hatte, in Wahrheit nichts anderes als nackte Angst.

Ohne ein weiteres Wort setzte er die Schale an die Lippen und leerte sie in einem einzigen Zug. Die Flüssigkeit war eisig, kälter noch als Eis, und die Kälte ließ sie geschmacklos werden und betäubte das Brennen, mit dem sie seine Kehle herabrann. Der Prediger hatte versprochen, daß es fast schmerzlos sein würde. Und plötzlich hatte er keine Angst mehr. Er fühlte sich frei, ein Mann, der alles getan hatte, was er tun mußte. Es gab nichts mehr, was auf ihn wartete. Seine ganze Sorge hatte dem Kind gegolten, in den letzten dreieinhalb Monaten, aber auch das war vorbei. Ruhig gab er dem Alten die Schale zurück.

»Wie lange wird es dauern?«

»Niemand weiß das, Satai. Stunden, Wochen, Jahre – vielleicht Jahrhunderte. Für dich wird keine Zeit vergehen. Du wirst einschlafen und wieder aufwachen.«

»Vielleicht.«

»Vielleicht.«

Skar schwieg. Die Spur dumpfer Betäubung, die die Flüssigkeit in seiner Kehle zurückgelassen hatte, .wich langsam einem schmerzhaften Prickeln und Brennen, aber gleichzeitig breitete sich, von seinem Magen kommend und im Rhythmus seiner Herzschläge, ein Gefühl wohltuender Betäubung in seinem Körper aus. Es würde ein Wettlauf werden, aber wenn überhaupt, dann würde er nur für sehr kurze Zeit Schmerzen ertragen müssen. Er fürchtete sich nicht davor. Der Schmerz war sein Bruder. Er hatte gelernt, ihn zu lieben.

»Was«, murmelte er, »wenn ich … wenn ich verliere?«

»Wir werden dir helfen«, antwortete der Prediger. »Wir und Er.«

Er. Skar schauderte. Der Gesichtslose Gott. Der Gott ohne Namen. Warum hatte er plötzlich Angst, Angst vor einem Begriff, einem Gott, der nur aus einer Idee bestand, wie all die anderen Götter auch? Wovor hatte er Angst, gerade er, der Unbesiegbare, der stärkste Mann, der jemals den fünfzackigen Stern der Satai getragen hatte? Er, der die Existenz von Göttern und Dämonen stets verleugnet und ihnen ins Gesicht gelacht hatte?

»Du bist stark, Satai«, sagte der Prediger und fügte nach einer Weile des Schweigens hinzu: »Und wir werden dir beistehen.«

»Stark …« Skar lächelte bitter. Die Taubheit breitete sich schnell in seinem Körper aus und begann seine Gedanken einzulullen. Es war ein angenehmes Gefühl. »Vielleicht bin ich stark, aber er –«

»Hat die Macht eines Gottes?« Diesmal lachte der Alte wirklich, und zum ersten Mal, seit Skar dieses unterirdische Reich des Schweigens betreten hatte, glaubte er ein Echo zu hören, nicht mit seinen normalen menschlichen Sinnen, denn sie zählten hier unten nicht, sondern mit seiner Seele: ein leises, vielleicht spöttisches, möglicherweise höhnisches Lachen, mit dem … Etwas auf seine Worte reagierte. Der Gesichtslose Gott mochte keinen Namen haben, aber er war nicht stumm.

»Vielleicht hat er sie«, fuhr der Alte ernsthaft fort. Das Brennen in Skars Kehle wurde stärker und fast unerträglich. »Aber du bist sein Vater, Satai. Kann er ein Gott sein, wenn ein Sterblicher ihn gezeugt hat?« Wieder lachte er. »Du fürchtest ihn, Satai, und du tust recht daran, ihn zu fürchten, denn sein Name ist Tod, und er ist ein Kind des Hasses. Aber du hast ihn schon einmal besiegt.«

»Er war jünger. Gerade geboren und … unsicher. Und ich habe ihn nicht besiegt. Darum ging es nicht.« Er schüttelte den Kopf. »Zerstören ist leichter als Erschaffen, alter Mann.«

»Nicht Erschaffen. Formen. Du wirst er, und er wird du. Kämpfe nicht gegen ihn. Forme ihn. Denke daran, daß es unmöglich ist, ihn zu vernichten. Du kannst ihn töten, aber damit würdest du alles nur noch schlimmer machen.«

Skar wollte antworten, aber seine Stimme versagte ihm plötzlich den Dienst. Die Woge der Lähmung erreichte seine Knie. Er wankte, griff zitternd nach dem Prediger und fiel, als seine Finger nicht mehr die Kraft hatten, zuzupacken.

»Wehr dich nicht, Satai«, sagte der Prediger. »Es geht schneller, wenn du dich nicht wehrst. Aber ich fürchte, das kannst du nicht. Dazu bist du zu stark. Und Stärke wird leicht zum Fluch.«

Er sprach noch weiter, aber Skar verstand nicht mehr, was er sagte. Ein dumpfes, immer unangenehmer werdendes Brausen und Rauschen war mit einem Mal in seinen Ohren, und dann, ganz plötzlich, war der Schmerz da. Ein entsetzlicher Schmerz, der von Augenblick zu Augenblick schlimmer wurde. Der Alte hatte ihn belogen. – es tat weh. Sehr.

Aber nicht einmal mehr diesen Gedanken dachte er zu Ende.

1. Kapitel

Er war nicht allein, und es war dieses Gefühl, das ihn weckte: Jemand war bei ihm.

Skar versuchte die Augen zu öffnen, aber im ersten Moment ging es nicht. Auf seinen Lidern lag ein schwerer, nicht einmal unangenehmer Druck, ein Gefühl wie von weichen Fingern, die sich auf seine Augäpfel preßten, und in seinen Gliedern war jene betäubende Schwere, die von langem Schlaf kündete. Überhaupt hatte er das Gefühl, sehr lange geschlafen zu haben; und sehr, sehr tief. Trotzdem fühlte er sich wohl. Da war nichts von der Benommenheit, dem schlechten Geschmack und dem Druck auf Kopf und Schläfen, der das Erwachen aus zu langem Schlaf normalerweise begleitete; Skar fühlte sich allenfalls ein bißchen matt.

Und er spürte, daß er nicht allein war.

Es war ein Gefühl von fast körperlicher Intensität, und es war sehr unangenehm. Wer immer in seiner Nähe war, war nicht sein Freund. Er konnte die Augen noch immer nicht öffnen, denn seine Lider waren vom langen Schlaf verklebt, und er hatte noch nicht den Willen, den kleinen Schmerz in Kauf zu nehmen, den die Überwindung des. Widerstandes bedeutet hätte. Aber er spürte, daß etwas da war, und daß dieses Etwas auf unangenehme Weise lauernd und bedrohlich zu sein schien.

Skar lauschte.

Er hörte … nichts.

Um ihn herum war Stille, ein absolutes, fast stofflich wirkendes Schweigen, in dem die einzigen Laute das gleichmäßige schwere Schlagen seines Herzens und seine eigenen Atemzüge waren, und obwohl sein Erinnerungsvermögen noch nicht zurückgekehrt war, war dies doch etwas, worauf er sich besann. Die Stille. Die allgegenwärtige, lastende Stille, die in dieser unterirdischen Welt aus quadratischen Räumen und rechteckigen Gängen herrschte. Eine Stille, wie es sie nur im Herzen eines Berges geben konnte, in einer Welt tief unter der Welt. Für einen Moment blitzte dieses Bild vor seinem geistigen Auge auf. Aber vielleicht war es auch genau umgekehrt: Vielleicht implizierte der Kokon aus Schweigen, in den er eingesponnen schien, auch nur diese Vorstellung, und alles war ganz anders.

Dann kam die erste konkrete Erinnerung: Er hatte ihn belogen.

Skar wußte nicht, wer ihn belogen hatte, geschweige denn wie. Trotzdem war dieses Wissen ganz deutlich in ihm, wie etwas von so großer Wichtigkeit, daß es sich unauslöschlich in sein Bewußtsein eingegraben hatte. Das waren drei Tatsachen, die er wußte: Es war still, jemand hatte ihn belogen, und er war nicht allein.

Aber wenn jemand bei ihm war, warum hörte er dann nichts? Er verscheuchte den Gedanken, entspannte sich ganz bewußt und versuchte noch einmal, die Augen zu öffnen. Es tat ein bißchen weh, aber nicht sehr, und dann konnte er sehen.

Im ersten Moment.

Dann kam die Übelkeit, warnungslos und hart wie ein Schlag in die Magengrube und so schnell, daß er gerade noch Zeit fand, sich zur Seite zu drehen, ehe er sich übergab; würgend und von krampfartigen, immer schneller kommenden Schmerzen gepeinigt. Das Stechen in seinem Nacken steigerte sich zur Raserei. Er schrie, verschluckte sich an seinem eigenen Erbrochenen und hatte für Sekunden das entsetzliche Gefühl, ersticken zu müssen. Bittere Galle lief in seinen Rachen, und der Geschmack verstärkte die Übelkeit noch.

Dann, so plötzlich, wie sie gekommen waren, ebbten Schmerzen und Übelkeit wieder ab. Skar ließ sich zurücksinken, hielt sekundenlang den Atem an und wartete darauf, daß seine Eingeweide abermals zu revoltieren begannen. Aber es geschah nicht. So lange er ruhig lag, fühlte er nichts.

Der Trank, dachte er. Der Gedanke stand völlig isoliert in seinem Bewußtsein, wie ein Wort, das man auf ein weißes Blatt Papier geschrieben hatte.

Erst jetzt merkte er, daß er keine Erinnerungen hatte. Dort, wo sie sein sollten, gähnte eine entsetzliche Leere.

Es war nicht etwa so, daß er das Gedächtnis verloren hätte. Sein Bewußtsein war nicht leer. Alles war da, säuberlich geordnet und aufgereiht wie in großen, schon ein bißchen staubig gewordenen Regalen, aber jedesmal, wenn er versuchte, nach einem Teil seiner Erinnerungen zu greifen, war da etwas, das seine Hand beiseite schlug.

Nein, korrigierte er sich in Gedanken. Auch das war nicht richtig. Er …

Zum Teufel, es war, als hätte er verlernt, wie man sich erinnerte!

Aber konnte ein Mensch das Denken verlernen?

Skar stöhnte. Der Laut hallte gebrochen und sonderbar dumpf von den Wänden zurück. Das Echo verriet ihm, daß er sich in einem sehr großen Raum befand; und in einem, der beinahe leer sein mußte.

Der Tempel. Wieder ein Wort, um das leere Blatt zu füllen. Die Gesichtslosen Prediger. Der Namenlose Gott, die …

Es ging schnell, jetzt. Wie Wasser, das sich beharrlich seinen Weg durch ein Hindernis gräbt, sickerten die Erinnerungen in sein Bewußtsein zurück, ein dünnes, tröpfelndes Rinnsal scheinbar zusammenhangloser Begriffe zuerst, das aber rasch zu einem Bach, dann zu einem reißenden Strom wurde. Es war, als hätte es allein der Erkenntnis bedurft, daß er sich nicht erinnerte, um die Erinnerungen zurückzuholen. Die Türen in seinem Geist waren nicht verschlossen. Er hatte nur vergessen, wie man sie öffnete, und jetzt, als er es wieder wußte, war es wie ein Sturmwind, der sie alle gleichzeitig aufstieß.

Skar lag still, bewegte sich nicht, atmete flach und gleichmäßig und versuchte an nichts zu denken. Er versuchte nicht, die Erinnerungen zu greifen, einen Zusammenhang herzustellen, sondern wartete, bis sich Bilder und Namen zu einem Ganzen formten. Er sah … Dinge. Den Dronte. Gowenna. Del, der nicht Del war, und Helth, der sich in ein Ungeheuer verwandelt hatte. Feuer. Überall Feuer. Der Daij-djan. Die Sternenbestie …

Skar stöhnte, als die Erinnerungen allmählich die Intensität von Schmerzen erreichten. Da war irgend etwas in ihm, das sich dagegen aufbäumte; ein Teil seines Bewußtseins, das sich nicht erinnern wollte, weil es Angst davor hatte. Angst vor dem, was aus den Abgründen seiner Seele emporsteigen mochte, was …

Sein Dunkler Bruder. Ausgelöscht. Fort. Und dann:

DAS KIND!

Der Prediger hatte ihn belogen. Er hatte gesagt, es würde nicht weh tun, und er hatte gesagt, daß sie ihn beschützen würden, aber es hatte weh getan, ganz entsetzlich weh sogar, und wenn das, was sie getan hatten, Schutz sein sollte, dann verstanden sie herzlich wenig von ihrem Handwerk.

Skar erinnerte sich noch nicht an alles: es war da, aber die Reihenfolge stimmte nicht. Was er in seinem Kopf fand, waren Teile eines zerbrochenen Glasbildes, wild durcheinandergewürfelt und mit scharfen Kanten, an denen er sich schnitt, wenn er versuchte, sie zu ordnen. Aber er wußte jetzt, daß er sehr lange geschlafen hatte, und nicht traumlos. Etwas Fürchterliches war geschehen in dieser Zeit, und was immer es gewesen sein mochte, es war die Hölle.

Skar versuchte erneut, die Augen zu öffnen. Ganz instinktiv spannte er sich, denn er rechnete damit, daß das Licht die Übelkeit und die Schmerzen zurückbringen würde. Aber es geschah nichts. Ein ganz kleines bißchen wurde ihm schwindelig, aber das war vermutlich normal, nach all der Zeit, die er geschlafen hatte. Er wußte jetzt, daß es Tage gewesen sein mußten. Vielleicht Wochen.

Er versuchte sich zu erinnern, wie er hierhergekommen war, in diesen Raum – wie beinahe alles hier unten ein schmuckloser steinerner Würfel, aber anders als die Kammer des Predigers von geradezu gigantischen Ausmaßen. Seine Augen funktionierten noch nicht richtig, so daß es ihm unmöglich war, die Höhe der steinernen Decke zu schätzen, die sich wie ein Himmel aus grauem Fels über ihm spannte – aber der Raum mußte gewaltig sein. Obwohl er nirgendwo eine Lichtquelle entdecken konnte, war es nicht dunkel: Ein sonderbarer, fast unheimlicher grüngrauer Glanz hing im Raum, aus keiner bestimmten Richtung kommend, sondern allgegenwärtig, als bringe etwas die Luft selbst zum Glühen. Schatten waren da, die ihm irgendwie nicht richtig erschienen: wie die Schatten von Dingen, die es gar nicht gab.

Und er war eindeutig allein.

Vorsichtig setzte Skar sich auf. Er war nicht auf einem Bett erwacht, sondern auf einem gewaltigen, monolithisch anmutenden Block aus nachtschwarzem Basalt, der ihn auf sehr unbehagliche Weise an einen Altar (er konnte gerade noch verhindern, in Gedanken das Wort Opferstein zu verwenden) erinnerte. Er war nackt, das merkte er erst jetzt, und der Stein war empfindlich kalt, wo er nicht von seinem Körper erwärmt worden war. Skar schauderte. Eine Gänsehaut breitete sich auf seinen Unterarmen und seinem Rücken aus. Er widerstand im letzten Moment der Versuchung, seinen Bizeps mit den Händen zu massieren, um sich selbst aufzuwärmen. Er hatte das sichere Gefühl, daß er für jede hastige Bewegung bitter bezahlen würde.

Statt dessen setzte er sich behutsam ganz auf, schwang – noch immer sehr langsam – die Beine über den Rand der steinernen Liege und ließ die Schultern nach vorne sinken. Mühsam hob er den Arm, fuhr sich mit dem Handballen über die geschlossenen Augen und preßte die Lider so fest zusammen, bis grellgelbe Sterne vor seinen Augen erschienen.

Dann hob er abermals die Lider.

Er sah immer noch nicht sehr viel mehr, aber das lag wohl eher daran, daß es einfach nicht viel zu sehen gab: der Raum, in dem er erwacht war, war ein steinerner Würfel mit exakt gleich langen Kanten, und er war vollkommen leer bis auf den altarähnlichen Tisch und ein flaches Wasserbecken, das daneben stand, auf einem steinernen Sockel ruhend und vor so langer Zeit ausgetrocknet, daß sich Staub auf seinem Grund angesammelt hatte. Der gleiche graue Staub hing wie körniger Nebel in der Luft, und als Skar die Füße auf den Boden setzte, spürte er die Kälte, die der Stein ausstrahlte.

Er hätte nicht kalt sein dürfen. Die Erinnerung, die sich am tiefsten in sein Gedächtnis gegraben hatte, war die an die stickige Wärme, die überall in der unterirdischen Festung der Gesichtslosen Prediger herrschte. Aber der Fels war kalt, und die Luft, die er atmete, brannte in seinen Lungen. Und das bedeutete …

Etwas in Skar schreckte davor zurück, den Gedanken zu Ende zu denken.

Lange Zeit saß er einfach so da, dachte an nichts und wartete, daß das Leben in seinen Körper zurückkroch. Es war möglich, dachte er. Er hatte nie davon gehört, aber es war möglich – die Gesichtslosen Prediger standen im Ruf, Zauberer zu sein, und wenn Skar auch nicht an Zauberei glaubte, so wußte er zumindest, daß es eine Menge Dinge gab, die vielleicht nichts mit Magie zu tun hatten, im Ergebnis aber ebenso erschreckend waren. Und war das, was ihn hierhergebracht hatte, nicht letztlich gerade das gewesen, was man sich über die Gesichtslosen Prediger erzählte?

Er verschob die Lösung dieses Problems auf später, atmete tief ein und aus und noch einmal ein – und stand auf.

Seine Fußsohlen begannen zu prickeln. Kälte kroch wie die Berührung einer eisigen Hand in seinen Beinen empor; für einen Moment wurde ihm schwindelig. Aber er hatte sich jetzt schon wieder weit genug in der Gewalt, um das Gefühl niederzukämpfen.

Vorsichtig, mit halb ausgebreiteten Armen und gespreizten Fingern, um einen eventuellen Sturz abzufangen, machte er einen Schritt, atmete abermals tief durch und machte einen zweiten, dritten, vierten. Es ging besser, als er erwartet hatte. Statt sich schwach zu fühlen, gewann er im Gegenteil mit jedem Schritt an Kraft zurück, als wäre sein Körper eine Maschine, die sehr lange Zeit nicht mehr benutzt worden war, jetzt aber schnell in ihren gewohnten Rhythmus zurückfand.

Langsam durchquerte er den Raum, blieb unter der einzigen Tür stehen und sah noch einmal zurück, ehe er sie aufstieß. Es gab nichts, was er mitnehmen mußte. Der Raum war leer. Einen Moment lang erinnerte er sich noch an das bizarre Gefühl, nicht allein zu sein. Dann lächelte er – auf dem Boden lag Staub, nicht sehr dick, aber unberührt. Ein Traum. Ein Stück seines Traumes war ihm in die Wirklichkeit gefolgt, um ihn noch einen Moment zu narren. Mehr nicht. Mit einem Ruck wandte er sich um, trat unter der niedrigen Tür hindurch und richtete sich auf der anderen Seite wieder auf.

Er war in einem Teil des Tempels, den er nicht kannte. Aber das besagt nichts, denn obwohl er fast eine Woche in diesem unterirdischen Labyrinth verbracht hatte, hatten seine Gastgeber doch streng darauf geachtet, daß er sein Quartier nicht verließ, und wenn doch, so nur auf genau festgelegten Wegen, von denen er niemals abgewichen war, ohne sofort freundlich, aber mit großem Nachdruck zurückgeführt zu werden.

Skar fragte sich allerdings bald, welche Geheimnisse die Gesichtslosen Prediger wohl so sorgsam vor ihm beschützt haben mochten – der Tempel war leer. Er durchquerte ein Dutzend Räume lind Hallen, die alle nichts anderes als Staub und Leere enthielten, und irgendwie hatte er das bestimmte Gefühl, daß er auch nichts anderes finden würde, wenn er den ganzen Tempel durchsuchte. Es war sehr still: Die einzigen Laute, die er hörte, waren die Geräusche, die er selbst verursachte; und dann und wann ein dumpfes, schweres Mahlen und Knacken, das ihm immer wieder in Erinnerung brachte, wie viele Tonnen Sand und Gestein sich über seinem Kopf türmten. Sie hatten ihm die Augen verbunden, lange bevor er den Tempel betrat, aber er hatte die Stufen gezählt, als sie ihn in die Tiefe geführt hatten – es waren weit über tausend. Wenn er bedachte, daß der Eingang des Tempels am Fuße des Berges lag, dann mußte über ihm eine Meile massiver Granit sein.

Und vor ihm vielleicht hundert Meilen leerer Gänge und Hallen. Was, flüsterte eine dünne boshafte Stimme in seinem Kopf, wenn die Gesichtslosen Prediger vielleicht nur einen kleinen Teil eines Labyrinthes von Gängen und Stollen bewohnten, das sich unter dem gesamten Gebirge dahinzog? Denn wenn der Tempel viel, viel größer war, als er angenommen hatte, und wenn er sich verirrte, vielleicht geradewegs in die falsche Richtung lief? Was, wenn …

Skar verscheuchte den Gedanken, blieb einen Moment stehen, um sich zu orientieren, und zuckte hilflos die Achseln. Wo alles gleich aussah, gab es nichts, woran man sich orientieren konnte. Er beschloß, einfach geradeaus zu gehen. Auf diese Weise würde er wenigstens den Rückweg finden, sollte es nötig sein.

Zumindest überwand er seine Schwäche jetzt zusehends: seine Muskeln arbeiteten wieder geschmeidig und mit der gewohnten Mühelosigkeit, und im gleichen Maße, in dem er die Kontrolle über seinen Körper zurückgewann, wuchs auch seine geistige Disziplin: Es gelang ihm jetzt, die Kälte vollends zu ignorieren und auch den stechenden Schmerz in seinem Nacken niederzukämpfen, bis er zu einem kaum mehr spürbaren Pochen wurde.

Dafür meldeten sich auch die natürlichen Bedürfnisse seines Körpers: Er bekam Hunger, und kurz darauf – was schlimmer war – Durst. Den Durst konnte er stillen, denn er fand Wasser, das aus einem Riß in der Decke sickerte und in einem steinernen Becken auf halber Höhe der Wand aufgefangen wurde. Es schmeckte abgestanden und nach Metall, und es hinterließ einen widerwärtigen Nachgeschmack auf seiner Zunge, aber es stillte wenigstens seinen Durst.

Skar rastete eine Weile unter dem Becken. Da er nackt war, hatte er keine Möglichkeit, etwas von dem Wasser mitzunehmen, und so trank er, so viel er nur konnte, auch wenn der schlechte Geschmack in seinem Mund dabei so intensiv wurde, daß er fast fürchtete, sich abermals übergeben zu müssen.

Eine Weile spielte er mit dem Gedanken, zurückzugehen und eine der zahlreichen Abzweigungen zu nehmen, an denen er vorübergekommen war, verwarf die Idee aber wieder. Das einzige, was er damit erreichen würde, wäre, sich gründlich zu verirren – und das war nun weiß Gott das Letzte, was er sich leisten konnte.

So ging er schließlich weiter.

Seine Geduld wurde belohnt. Der Gang weitete sich plötzlich zu einer gewaltigen, würfelförmigen Halle, und als er sie zur Hälfte durchquert hatte, erkannte er sie wieder: er war in jenem Teil des Tempels, in dem seine Kammer lag. Die Halle gehörte zu dem Weg, den er fast täglich zurückgelegt hatte, um den Oberpriester zu sehen.

Aber auch sie hatte sich verändert, auch wenn Skar den Unterschied im ersten Moment nicht in Worte zu fassen vermochte. In einer Umgebung, die ohnehin fast vollkommen leer war, waren Veränderungen schwer zu bemerken.

Aber gerade das war es:

Bisher war der Tempel fast leer gewesen. Jetzt war er es wirklich.

Die Fackeln, die in eisernen Haltern an der Wand gebrannt hatten, waren fort. Die Gebetsmühlen, die neben jeder Tür angebracht gewesen waren, verschwunden. Auf dem Boden lag Staub; nicht sehr viel, aber es war eine geschlossene Decke, halb so stark wie sein kleiner Finger und seit Wochen von keinem Fuß mehr berührt.

Skar erschrak. Wie lange hatte er geschlafen?

Für einen Moment drohte er die Beherrschung zu verlieren. Angst packte ihn, eine vollkommen irrationale Angst, die keinen Grund zu haben schien und gegen die er wehrlos war. Seine Hände und Knie begannen zu zittern. Er fuhr herum, so schnell, daß ihm abermals schwindelte, starrte aus weit aufgerissenen Augen in die Halle und stellte fest, daß er vergessen hatte, welche der zahllosen Türen zu seinem Quartier führte.

Mit aller Macht kämpfte er die Panik nieder, die der Furcht folgen wollte, schloß die Augen und zwang sich, an nichts zu denken. Aber es fiel ihm sonderbar schwer, obwohl er Satai war und eine Übung wie diese zu seinem täglichen Trainingsprogramm gehörte. Eine völlig irrationale, gräßliche Furcht packte ihn. Er schrie abermals auf, krümmte sich und ballte die Fäuste, bis jeder einzelne Muskel in seinen Armen und Schultern zu schmerzen begann.

Es half. Der Schmerz war schlimmer als die Furcht, und als die Panik verging, kehrten auch seine Erinnerungen zurück – natürlich wußte er, welchen Weg er nehmen mußte; schließlich war er ihn oft genug gegangen. Für einen Moment schien es ihm schlichtweg lächerlich, daß er vergessen haben sollte, welcher Gang der richtige war!

Aber er begriff auch, daß etwas mit ihm ganz und gar nicht in Ordnung war. Irgend etwas war mit ihm geschehen, während er schlief – geschehen oder getan worden – und wenn er auch nicht wußte was, so mußte er sich vorsehen.

Rasch, ehe sein Unterbewußtsein Gelegenheit bekam, ihm einen neuen bösen Streich zu spielen, durchquerte er die Halle, bückte sich ganz automatisch unter dem niedrigen Türsturz hindurch und betrat den Gang, an dessen Ende die kleine Felsenkammer lag, in der er zwei Wochen lang gelebt hatte.

Instinktiv hatte er erwartet, sie leer vorzufinden, aber zu seiner Überraschung standen auf dem Tisch ein mit Wachstuch verschlossener Wasserkrug und eine Schale mit verschrumpelten braunschwarzen Dingern, die einmal Früchte gewesen sein mochte, und einem Laib Brot.

Das Wasser war schal und trotz des Wachstuches mit einer dünnen, öligen Staubschicht bedeckt. Skar blies sie fort, trank und tauchte seine Fingerspitzen in den Krug, um seine Augen zu benetzen. Dann verschloß er den Krug sorgfältig wieder, streckte sich auf dem steinernen Bett aus und schloß die Augen.

2. Kapitel

Er schlief lange und ausgiebig, und es war eine andere Art des Schlafes als die totenähnliche Starre, in die ihn der Trank des Predigers hatte fallen lassen. Diesmal träumte er, und diesmal erinnerte er sich auch hinterher, was er geträumt hatte, wenn es auch im großen und ganzen nichts als krauses Zeug war, das keinen Sinn ergab: Träume, in denen er sich selbst sah, rennend und rennend und rennend, auf der Flucht vor einer Gefahr, die immer ein ganz kleines bißchen schneller war als er, ganz gleich, wie schnell er auch lief, dann wieder gegen ein gesichtsloses Monstrum kämpfend, ein Ding mit dem Körper eines alten Mannes, aber den Kräften eines Titanen. Ein paarmal sah er das Kind, aber irgend etwas stimmte nicht damit. Er wußte nicht was, aber es machte ihm Angst.

Trotzdem: Als er erwachte, fühlte er sich noch immer müde und benommen, doch auf eine sehr angenehme Art. Eine Weile lag er einfach mit halb geschlossenen Augen da und genoß das Gefühl, ganz allmählich vom Schlaf ins Wachsein hinüberzugleiten. Dann stand er auf, trank den kleinen Wasserrest, der sich noch im Krug befand, und untersuchte zum zweiten Mal den Obstkorb – mit dem gleichen Ergebnis wie beim ersten Mal. Das Obst war so verrottet, daß ihm allein der Geruch schon wieder Übelkeit bereitete.

Sein Hunger war mittlerweile so quälend geworden, daß er eine der Früchte sogar aufbrach, um vielleicht noch einen kleinen, halbwegs eßbaren Rest zu finden. Aber sie waren verdorben. So gründlich, als lägen sie seit Wochen hier.

Skar maß diesem Gedanken große Bedeutung zu: Bei der sorgsamen, fast überpräzisen Art der Gesichtslosen Prediger war es eigentlich unvorstellbar, daß sie etwas wie diese Obstschale vergessen sollten; dazu kam, daß der Tempel zwar leer, aber keineswegs fluchtartig verlassen worden war. Er machte eher den Eindruck eines Gebäudes, das von seinen Bewohnern in aller Ruhe geräumt worden war. Skar war fast sicher, daß dieser Krug mit Wasser und die Schale mit verfaultem Obst und steinhart gewordenem Brot alles waren, was er finden würde.

Und das – zusammen mit der Tatsache, daß sie in seinem Gelaß gestanden hatten – konnte eigentlich nur bedeuten, daß beides für ihn zurückgelassen worden war. Aber wenn das stimmte wie lange zum Teufel hatte er dann geschlafen?!

Der Gedanke beunruhigte ihn; weit mehr, als er sich eingestehen wollte. Irgend etwas Entsetzliches mußte geschehen sein, während er unter dem Einfluß der Droge dagelegen hatte …

Er verscheuchte den Gedanken, trank den letzten Rest Wasser aus seinem Krug und verließ die Kammer. Ganz kurz dachte er noch einmal an das Gefühl, das er beim Erwachen am Tage zuvor gehabt hatte: das Gefühl, nicht allein zu sein. Aber er mußte sich wohl getäuscht haben.

In den nächsten Stunden durchsuchte er den Tempel der Gesichtslosen Prediger so gründlich, wie er nur konnte, ohne zu riskieren, sich abermals zu verirren. Alles, was er fand, waren Staub und leere Kammern. Die Gesichtslosen Prediger waren fort. So spurlos, als hätte es sie niemals gegeben. Und mit ihnen das Kind.

Skar kehrte in die Kammer des Oberpriesters zurück, am Ende seiner ergebnislosen Suche. Sie war wie alle Räume hier – leer und kalt und voller Staub, aber sie schien noch ein bißchen leerer zu sein als die anderen; vielleicht, weil sie voller Erinnerungen war. Erinnerungen an den Alten, an all die Worte, die er nur zum Teil verstanden hatte – vielleicht, weil er es gar nicht gewollt und ihn der Teil, den er verstand, schon bis ins Mark erschreckt hatte – und Erinnerungen an das Kind, das …

Skar erschrak, als er begriff, daß es ihm unmöglich war, sich an seinen Sohn zu erinnern. So sehr er sich auch anstrengte – es ging nicht! Dabei war alles da – die Erinnerungen lagen vor ihm, säuberlich geordnet und ausgebreitet wie lose Blätter in einem Buch, aber es war wie gestern, nach seinem ersten Erwachen: jedesmal, wenn er danach zu greifen versuchte, schien eine unsichtbare Hand die seine beiseite zu schlagen; seine Erinnerungen waren wie Nebel, der stets vor ihm zurückwich, wenn er nach ihm griff. Aber gestern war es seine Benommenheit gewesen, die Tatsache, daß er nach Tagen und Wochen des Dahindämmerns selbst so grundlegende Dinge wie das Denken erst wieder mühsam lernen mußte. Jetzt … war es anders.

Auf eine sonderbar unkörperliche Art erschöpft, ließ er sich auf die Tischkante sinken, stützte die Ellbogen auf den Oberschenkeln auf und bettete das Kinn auf die verschränkten Fäuste. Eine schwer in Worte zu fassende Stimmung ergriff ihn, während er so dasaß. Er verspürte Zorn; eine fast kindische Wut auf die Gesichtslosen Prediger, die ihm Hilfe versprochen und ihn statt dessen allein gelassen hatten, aber auch Zorn auf Gowenna – Kiina, wie sie jetzt hieß – die ihn hierhergeschickt hatte, auf sich selbst, der auf ihren Rat gehört hatte. Ja, dachte er sarkastisch: es war eine Art Weltschmerz, gepaart mit einer gehörigen Portion Selbstmitleid, und auf eine Skar selbst völlig neue Art erleichterte ihn dieses Gefühl. Bisher war er einfach nur ratlos gewesen. Jetzt hatte er wenigstens etwas, auf das er zornig sein konnte; wenn auch nicht sehr, denn mit einem anderen, völlig selbständig arbeitenden Teil seines Bewußtseins begriff er sehr wohl, daß all dies weder Zufall noch Teil eines heimtückischen Planes war, sondern …

Sondern?

Sondern was? dachte er wütend. Was war hier geschehen?

In diesem Moment hörte er das Geräusch.

Skar fuhr hoch. Er hatte den Laut nicht bewußt wahrgenommen, aber seine Sinne waren scharf wie eh und je, und etwas in ihm reagierte, ohne daß es des Zutuns seines bewußten Denkens bedurfte.

Er sah einen Schatten aus den Augenwinkeln, ließ sich blitzschnell zur Seite fallen und rollte hinter den niedrigen Steinquader, der dem Prediger als Tisch gedient hatte. Dann schnellte er wieder in die Höhe, kampfbereit, mit leicht gespreizten Beinen, die Linke zur Faust geballt und vor dem Leib, die rechte Hand leicht gespreizt und in Höhe seines Kehlkopfes haltend.

Im nächsten Moment kam er sich so albern vor wie schon seit langer Zeit nicht mehr.

Seine Sinne hatten ihn nicht getrogen – er hatte Schritte gehört, und er hatte eine Bewegung in seinem Rücken wahrgenommen.

Aber es war kein Angreifer, der sich heimlich anschlich.

Hinter ihm stand ein schwarzhaariger Knabe von allerhöchstens acht Jahren, der ihn schreckensbleich und aus Augen anstarrte, die weit und dunkel vor Furcht waren. Seine Hände zitterten, und sein Mund stand ein wenig offen, als wolle er schreien. Trotzdem kam kein Laut über seine Lippen. Er starrte Skar nur an, mit einer Mischung aus Entsetzen und Erleichterung, wie sie Skar selten im Blick eines Menschen gesehen hatte. Seine kleinen Hände umklammerten einen Stock, ganz in der Art, in der ein Mann ein Schwert hielt, aber sie zitterten, und Skar sah die dunklen Linien in seinem Gesicht, die Furcht und Erschöpfung hineingegraben hatten. Skar sah auch, daß seine Knöchel und Knie blutig waren. Über seiner rechten Schläfe prangte eine große, erst halb verschorfte Wunde, und sein rechtes Bein war verbunden, mit mehr gutem Willen als Sachkenntnis. Sein Gewand, das mehr einem schmutzigen Sack glich als einem Kleid, klebte in dunklen Flecken an seiner Haut. Sein Atem ging sehr schnell. Er war gerannt.

Skar ließ langsam die Hände sinken, entspannte sich ein wenig und versuchte zu lächeln. Er selbst hatte den Eindruck, daß es ihm gelang, aber die Reaktion des Knaben bewies das Gegenteil: Der schwache Funke von Erleichterung in seinem Blick erlosch und machte jäh aufflammender Panik Platz. Und plötzlich schrie er doch: hoch und schrill und so spitz, daß Skar abermals erschrocken zusammenfuhr und unwillkürlich einen Schritt auf ihn zutrat.

»Warte!« sagte Skar hastig. »Ich –«

Der Junge wirbelte herum und rannte aus der Kammer, ehe er auch nur aussprechen konnte.

»Heda!« schrie Skar. »So bleib doch stehen! Ich tue dir doch nichts!«

Natürlich reagierte der Junge nicht. Im Gegenteil – Skar sah, wie er erschrocken über die Schulter zu ihm zurücksah und noch schneller lief, dann war er ganz aus der Kammer heraus und im Halbdunkel des Ganges verschwunden.

Skar schluckte einen Fluch herunter, sprang mit einem Satz über den Tisch und rannte hinter dem Jungen her, wobei er ihm unentwegt zuschrie, doch stehenzubleiben. Aber die einzige Antwort, die er bekam, war das verzerrte Echo seiner eigenen Stimme.

Der Junge hatte bereits einen gehörigen Vorsprung, als Skar aus der Kammer stürmte – er sah gerade noch einen Zipfel seines zerrissenen Gewandes in einem Seitengang verschwinden, dann war nicht einmal mehr das Echo seiner Schritte zu hören.

Skar hörte auf, nach dem Jungen zu rufen, und sparte sich seinen Atem dafür, rascher zu laufen. Der Junge war nicht sehr schnell, obwohl ihm die Angst zusätzliche Kräfte verleihen mußte, aber Skars Herz begann bereits nach wenigen Schritten schnell und hart zu hämmern, und in seiner Kehle erwachte ein dünner, stechender Schmerz. Er war wahrlich nicht sehr gut in Form.

Trotzdem verdoppelte er seine Anstrengungen, ihn einzuholen, bog mit gesenktem Kopf in den Seitengang ein und sah den Jungen plötzlich dreißig, vierzig Schritte vor sich.

»Zum Teufel – bleib endlich stehen!« schrie er. »Ich will nichts von dir! Nur deine Hilfe!«

Und tatsächlich blieb der Junge stehen und sah zu ihm zurück, wenn auch nur für einen Moment – dann wirbelte er abermals herum und verschwand in einer Tür. Skar fluchte ungehemmt, griff noch weiter aus und versuchte das Stechen in seinen Lungen zu ignorieren. Wenn er den Jungen in diesem Labyrinth von Gängen und Treppenfluchten aus dem Auge verlor, hatte er keine Chance mehr, ihn einzuholen. Der Tempel war groß genug, eine Armee zu verstecken. Kaum drei Schritte hinter ihm stürmte er durch die niedrige Tür.

Er sah die Bewegung im letzten Augenblick, aber diesmal kam seine Reaktion zu spät. Skar versuchte sich herumzuwerfen und gleichzeitig die Arme in die Höhe zu reißen, aber er war zu langsam. Etwas traf ihn mit der Wucht eines Hammerschlages im Gesicht und schleuderte ihn zu Boden.

Er fiel, versuchte den Sturz ungeschickt mit Händen und Knien abzufangen und prallte schmerzhaft mit der Schläfe gegen die Wand. Kreise aus blutrotem Schmerz drehten sich vor seinen Augen. Er spürte, wie seine Arme unter seinem Körpergewicht nachgaben, prallte mit dem Gesicht gegen den harten Boden und stöhnte ein zweites Mal vor Schmerz. Er konnte nicht mehr richtig sehen. Schatten umtanzten ihn. Er hörte Schritte, dann einen überraschten, hellen Schrei – nicht den einer Kinderstimme –, versuchte den Kopf zu heben und fühlte die Gefahr noch, dann traf ihn ein zweiter, sehr viel härterer Schlag gegen den Unterkiefer. Skar schrie vor Schmerz auf, riß ganz instinktiv die Arme über den Kopf und spürte, wie er irgend etwas traf, das unter seinem Hieb zurücktaumelte. Ein neuerlicher Schrei erscholl, gleichzeitig voller Wut und Schmerz, und dicht neben ihm stürzte ein Körper schwer zu Boden.

Skar wälzte sich stöhnend auf den Rücken, blinzelte die grellen Schmerzblitze vor seinen Augen fort und richtete sich auf. Auf seiner Zunge war Blut, sehr viel Blut, und Schmerz lähmte seine gesamte rechte Gesichtshälfte. Mühsam rappelte er sich hoch, spuckte Blut, ein Stück eines abgebrochenen Zahnes und noch mehr Blut und fuhr sich mit dem Handrücken über die Lippen.

»Beweg dich nicht!« sagte eine Stimme neben ihm. »Bleib, wo du bist, oder ich schlage dir den Schädel ein!«

Skar sah mühsam auf. In seinem Kopf drehte sich alles. Ihm war übel und schwindelig zugleich, und der Schmerz in seinem Kiefer wurde fast unerträglich. Er wäre nicht einmal in der Lage gewesen, sich zu wehren, wenn er es gewollt hätte. Und er konnte noch immer nicht richtig sehen. Vor seinen Augen wogten blutige Schatten.

Mühsam richtete er sich weiter auf, sah einen der Schatten sich bewegen und fuhr erschrocken zusammen. Der Schlag, auf den er wartete, kam nicht, aber die Stimme wiederholte ihre Warnung, sich nicht zu bewegen.

Skar spürte kalten Stein im Rücken, ließ sich gegen die Wand sinken und fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. Er fühlte Blut, das aus seiner aufgeplatzten Lippe quoll, und einen raschen, stechenden Schmerz.

Als er die Hände herunternahm, geronnen die Schatten vor seinem Blick zu den Umrissen zweier Menschen. Der eine war der Junge, den er verfolgt hatte. Er stand mit gespreizten Beinen da, den Stock, an dem jetzt Blut klebte, mit beiden Fäusten umklammernd und zitternd vor Angst, aber gleichzeitig auch sehr entschlossen.

Der andere war der einer Frau, und sie war es auch gewesen, die ihn vollends niedergeschlagen hatte, eine Frau von allerhöchstens fünfundzwanzig Jahren. Sie hockte vor ihm, halb auf ein Knie erhoben, und in ihren Augen stand die gleiche panische Angst, die er schon in denen des Jungen gelesen hatte. Ihre rechte Hand umklammerte den faustgroßen, kantigen Stein, den sie ihm ins Gesicht geschlagen hatte.

Skar versuchte etwas zu sagen, aber es ging erst, nachdem er einen weiteren Mundvoll Blut ausgespien hatte. Stöhnend hob er die Hand, fuhr sich über Kinn und Lippen und machte Anstalten, sich vollends zu erheben. Sofort hob die Frau den Stein drohend höher, und Skar erstarrte wieder. Aber er sah auch, daß ihre Hand zitterte. Der Ausdruck auf ihren Zügen war Panik, nicht Wildheit.

»Nimm den Stein herunter«, sagte er mühsam. »Ich bin nicht dein Feind!« Er stöhnte, berührte seine schmerzende Wange mit spitzen Fingern und fügte gepreßt hinzu: »Wenigstens noch nicht.«

Die Frau – nein, korrigierte sich Skar in Gedanken: das Mädchen – zögerte. Ihre Hand begann stärker zu zittern. Der Stein mußte sehr schwer sein. Und wahrscheinlich war sie halb wahnsinnig vor Angst. Aber es war die gleiche Angst, die ihr die Kraft gegeben hatte, ihn niederzuschlagen. Skar begriff plötzlich, daß er einfach Glück gehabt hatte – hätte der Stein seine Schläfe getroffen, statt seines Kiefers, wäre er jetzt wahrscheinlich tot.

»Nimm den Stein herunter«, sagte er noch einmal. »Bitte.«