Ludwig Thoma: Heilige Nacht

 

 

Ludwig Thoma

Heilige Nacht

Eine Weihnachtslegende

 

 

 

Ludwig Thoma: Heilige Nacht. Eine Weihnachtslegende

 

Neuausgabe mit einer Biographie des Autors.

Herausgegeben von Karl-Maria Guth, Berlin 2016.

 

Umschlaggestaltung unter Verwendung des Bildes:

Joseph Heintz d.Ä., Anbetung der Hirten, 1609

 

ISBN 978-3-8430-8079-8

 

Dieses Buch ist auch in gedruckter Form erhältlich:

ISBN 978-3-8430-7557-2 (Broschiert)

ISBN 978-3-8430-7558-9 (Gebunden)

 

Die Sammlung Hofenberg erscheint im Verlag der Contumax GmbH & Co. KG, Berlin.

 

Erstdruck: München (Langen) 1917.

 

Der Text dieser Ausgabe folgt:

Ludwig Thoma: Gesammelte Werke in sechs Bänden. Erweiterte Neuausgabe. Textredaktion: Albrecht Knaus, München: Piper, 1968.

 

Die Paginierung obiger Ausgabe wird in dieser Neuausgabe wortgenau mitgeführt und macht dieses E-Book auch in wissenschaftlichem Zusammenhang zitierfähig. Das Textende der Vorlagenseite wird hier durch die Seitennummer in eckigen Klammern mit grauer Schrift markiert.

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind über http://www.dnb.de abrufbar.

 

Jetzt, Leuteln, jetzt loost's amal zua!

Mein Gsangl is wohl a weng alt,

Es is aba dennascht schö gnua.

I moan, daß 's enk allesamm gfallt.

 

Erstes Hauptstück

Es war selm in Nazareth hint

A Mo, der si Joseph hat gnennt;

So brav, wia ma net oft oan findt

Und wia ma's net glei a so kennt.

 

Er hot als a Zimmamo glebt.

Und koa Geld war freili net do,

Mit da Arwat hot a's dahebt,

Daß a grad a so furt macha ko.

 

's werd gwen sei, wia's heunt aa no is.

Ma hat oft halt grad a so z' toa.

Bal baut werd, na hot ma sei G'wiß,

Sinscht is da Vodeanst eppa kloa.

 

A richtiga Mensch richt si's ei'

Und halt seine Kreuza beinand.

No ja, und dös muaß amal sei',

Und dös sagt oan scho da Vastand.

 

Da Joseph hat's wohl a so gmacht

Und hot nia nix unnütz valor'n,

Denn, bal ma dös richti betracht',

Sinscht waar a koa Heiliga worn.

 

I woaß, daß ma 'r eppa sagn kunnt:

De Zimmaleut mögn gern a Bier,[9]

Und Brotzeit, de macha s' all Stund,

De meischt'n hamm jetzt de Manier.

 

Vielleicht aba selbigs Mal net?

Obwohl daß ma's net so gwiß woaß,

Und weil's in die Büacha oft steht,

Z' Palästina waar's a weng hoaß.

 

Da kunnt oana 's Bier net ganz g'rat'n,

So moant ma. Dös hätt no koa G'fahr,

Denn drei und vier Maß san koa Schad'n,

Weil's selbigs Mal billiga war.

 

Ko sei und net aa, – is, wia's mog,

Ma hot nia nix Unrechts net ghört,

Und hört ma no heut nia koa Klog,

Und hot sie koa Mensch net beschwert.

 

Sei Frau, no dös wißts ja allsamm,

Da brauchts ja koa Wort mehra net,

Indem daß mir's alle glernt hamm,

Was im Katekisimus steht.

 

Ganz Nazareth sagt, wia de leb'n,

So friedli und brav und so staad! –

Dös muaß's wohl net glei wieda gebn!

Waar schö', bal's as öfta gebn tat.

 

Jetzt, daß i enk weita vazähl:

Es kimmt selm auf oamal a Schreibn,

Es müaßt si, und glei auf da Stell,

A jeda bei'n Rentamt ei'schreib'n.

 

Da Kaiser Augustus will's hamm.

Er braucht eahm halt wieda a Geld.

Ma treibts vo de kloana Leut z'samm;

Dös is amal so auf da Welt.

 

Was tean jetzt de Leut z' Nazareth?

Sie wern halt aa schimpfa und zahl'n,

Und wia'r oan de Sach g'ärgert hätt',

Dös siecht ma danach bei de Wahl'n.[10]

 

An Joseph hot's aa net schlecht gift'.

Balst moanast, du kamst a weng z' toa,

Na kriagast a sellene Schrift,

Als waar ge de Steuerlast z' kloa!

 

Ja, kratz di no hinta de Ohrn,

Do ko'st scho nix macha, mei Mo!

Und zahlt is no jedesmal worn,

Mit'n Staat, da fangt koana o.

 

Da Joseph sagt z'letzt: »In Gotts Nam«,

Na roas' ma auf Bethlehem nei'

As Rentamt und sag'n, was ma hamm,

Es werd scho net gar so vui sei'.«

 

»Was is na mit dir, bleibst du do,

Maria? Du woaßt scho, warum.«

»I bleibet ja gern, liaba Mo,

Aba 's Rentamt will, daß i kumm.

 

Da Steuerbot hot's ins ja gsagt,

Denn a jeda, sagt a, muaß her,

Und d' Weiberleut aa, hot a gsagt,