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Inhaltsverzeichnis

Impressum

Widmung

Vorwort

Jänner 2016

Wien, 29.03.1936

Jänner 2016

30.03.1936

Jänner 2016

Böhmen, 1942

Jänner 2016

Wien, 1944

Wien, 1946

1947

Haufenreith, 1948

Jänner 2016

Haufenreith, 1952

Graz, 1954

Jänner 2016

Graz, 1957

Jänner 2016

Graz, 1957

Jänner 2016

Passail, 1959

Jänner 2016

Passail, 1961

Jänner 2016

Graz, Passail, Februar 1963

1965

1967

Jänner 2016

Passail, 1974

Jänner 2016

Passail, 1978

Jänner 2016

Passail, 1981

Jänner 2016

Passail, 1983

Passail, 1989

Jänner 2016

Passail, 1990

Jänner 2016

Passail 1992

Jänner 2016

Passail, 1995

Jänner 2016

Passail, 1996

Juli 1998

Jänner 2016

Südafrika, Jänner 1999

Graz/Passail, August 1999

Jänner 2016

Passail, 2000

Jänner 2016

Passail, 2003

Passail, 2004

Jänner 2016

Passail, 2008

Jänner 2016

Passail, 2009

Passail, 2014

Weihnachten 2015

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2017 novum Verlag

ISBN Printausgabe: 978-3-99048-851-5

ISBN e-book: 978-3-99048-852-2

Lektorat: Alexandra Eryigit-Klos

Umschlagfoto: Ursula Rettinger

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

Innenabbildungen: Ursula Rettinger

www.novumverlag.com

Widmung

Gewidmet meiner Großmutter, Anna Velek

Vorwort

Ein echter Rettinger zu sein, das ist für meinen Vater immer sehr wichtig gewesen. Dabei ist er eigentlich ein echter Velek. Wir alle sind eigentlich echte Veleks. Tschechisches Blut von meiner Großmutter. Aber mein Großvater hat seine Kinder aus der unehelichen Beziehung zu Anna Velek adoptiert und deshalb sind wir doch echte Rettingers.

Und darum geht es eigentlich in diesem Buch. Um die Findung der eigenen Identität eines Waisenkindes, um das Wurzelnschlagen, das Heimatfinden, den Aufbau von Beziehungen, die Entwicklung von Verantwortungsgefühl und Machtanspruch, die Entstehung eines tief verwurzelten Wertesystems und die Brücke von der Großvater- zur Enkelgeneration.

Um diese Brücke zu bauen, wurde die Perspektive des Enkelsohnes gewählt, die ein literarisches Werkzeug ist, um den biografischen Teil modern, kritisch und mit der nötigen Distanz zu ergänzen. Wie sieht ein 16-Jähriger im Jahr 2016 seinen Opa und was kann er von ihm lernen? Der Angelpunkt des Werkes ist dementsprechend die Geburt dieses Enkelsohnes, die das Werk zweiteilt in die Zeit vor seiner Geburt und die Zeit danach, die er selbst mit seinem Großvater erlebt hat.

Ursula Rettinger

Graz, 26.07.2016

Jänner 2016

Ich, Severin Rettinger, kam am 08.08.1999 zur Welt. Inzwischen bin ich 16 Jahre alt und versuche gerade, die Welt zu verstehen. Meine Mutter arbeitet hart, um mir mehr bieten zu können, als es alleinerziehende Mütter eigentlich schaffen können. Karrierefrau aus der Babyboom-Generation, die alles gibt und darüber sich selbst vergisst. Trotzdem war ihre Karriere nie wichtiger als ich. Irgendetwas treibt sie an, eine perfekte Mutter zu sein. Und meine Oma behütet, bekocht und beschützt mich. Mir fehlt es an nichts. Ein Digital Native, der den Computer bedienen konnte, bevor er wusste, wie man Schuhbänder schnürt. Vom Zweiten Weltkrieg habe ich in der Schule gelernt, auch viel darüber gelesen. Vorstellen kann ich mir eine Zeit ohne Handy und Computer nicht wirklich. Geboren nach 1995, von Geburt an „serviciert“ von Eltern, Großeltern, Lehrern und Institutionen.

Typisch Generation Z. Wäre da nicht mein Opa …

Wien, 29.03.1936

Die Kerze flackerte heftig auf dem Tisch, der Raum war nur spärlich erleuchtet, es herrschte eine unheimliche Stille. In die Stille hinein die unsäglichen Schmerzen, ein Stöhnen, tiefes Atmen. Die Hebamme legte der Frau einen nassen Lappen auf die Stirn. Anna Velek wusste, dass etwas nicht stimmte. Diese Geburt nahm einen anderen Verlauf als die Geburten davor.

Anna Velek war 29 Jahre jung bei der Geburt ihres sechsten Kindes. Ein Arzt wurde zu Hilfe geholt und seine gerunzelte Stirn verriet nichts Gutes. Entweder das Kind oder die Mutter. Es gab keine Überlebenschance für beide.

Anna Velek war stark. Sie wusste, dass dieses Kind kräftig genug sein würde, um ohne sie zu überleben. Sie spürte, dass dieses Kind einen Lebenswillen hatte, dem man sich nicht entgegenstellen durfte. Und sie hatte Vertrauen in dieses Kind, ein ganz besonderes Vertrauen, wie sie es nie zuvor gehabt hatte bei den anderen Kindern. Dieser Junge gab seiner Mutter das Gefühl, dass alles rund um sie gut war, als sie in den blutüberströmten Leintüchern lag und langsam ihre Augen für immer schloss. Und sie gab ihm zuallerletzt all ihre Liebe mit, auf dass er etwas ganz Besonderes aus seinem Leben mache.

Jänner 2016

So, mein Opa hieß eigentlich Velek, Kurt Friedrich Velek. Mein Urgroßvater hatte meine Urgroßmutter nie geheiratet. Er war damals mit einer anderen Frau verheiratet, die keine Kinder bekommen konnte. Anna Velek war aus Böhmen und bei meinem Urgroßvater, einem K&K-Kellner in Wien, das Dienstmädchen. Ein ganz besonderes Dienstmädchen, das wusste wohl auch mein Urgroßvater. Und Anna Velek liebte diesen feschen K&K-Kellner über alles. Mehr als ihr Leben.

30.03.1936

Ein verzweifelter Leopold Rettinger mit seinen vier Kindern im Alter von zwei, vier, sechs und acht Jahren und einem frischgeborenen Säugling in Wien. Der Tod von Anna machte ihm schwer zu schaffen. Er hatte diese Frau geliebt und sie war die Mutter aller seiner Kinder. Ein Kind war gestorben. Und nun war auch Anna tot. Furchtbare Schuldgefühle überkamen ihn. Aber seine Verantwortung musste dem Jüngsten gelten, dem Neugeborenen. Er hatte keine Schuld am Tod der Mutter; und doch war da etwas, was nagte, was seine Liebe hemmte, und dennoch wollte er für diesen kleinen Winzling das Beste tun, ihm eine Chance geben.

Aber das Gesetz regelte die Dinge so, wie sie damals geregelt werden mussten. Anna Velek war aus dem kleinen Ort Husinec in Böhmen und dorthin musste das ledige Kind gebracht werden und so ging der Trommler durch das Dorf, auf dass sich jemand fände, der bereit war, dieses Kind aufzunehmen. Nicht die Verwandtschaft von Anna Velek meldete sich, nein, sondern eine der ärmsten Familien, der Vater Taglöhner, erbarmte sich des Neugeborenen mit dem österreichisch-böhmischen Namen Kurt Velek.

Pedjo, so nennen ihn seine Zieheltern, denn Kurt kennen sie nicht. Pedjo hat jetzt drei Schwestern, Eltern, ein Zuhause. Die Frühlingssonne lacht über die böhmischen Wiesen, als dieses winzige Etwas, gewickelt in Windeln und Decken, im Haus der Familie Plachta ankommt. Die Ziehmutter nimmt Pedjo in die Arme wie ihr eigenes Kind und die Laute der böhmischen Sprache umgeben ihn. Damit wird er aufwachsen, mit der Sprache seiner leiblichen Mutter, Böhmisch.

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Jänner 2016

Mein Opa war nun in guten Händen, aber dennoch auf sich gestellt. Wir wissen nichts von seinen ersten Lebensjahren, denn daran kann er sich selbst nicht erinnern, und Fotos gibt es keine. Er wuchs auf in dieser Familie, die keinen Unterschied machte zwischen den eigenen Kindern und dem Ziehkind. Für Pedjo waren das seine Eltern, zu denen er eine liebevolle Bindung entwickelte.