Fünf und vierzigstes Buch.

Jahre Roms 584 und 585.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt des fünf und vierzigsten Buchs.

Perseus wird auf Samothrace vom Ämilius Paullus gefangen genommen. Als Syriens König Antiochus das königlich Ägyptische Ehepar, den Ptolemäus und die Cleopatra, belagert, und den vom Senate an ihn abgefertigten Gesandten, die ihm die Belagerung ihres königlichen Bundesgenossen aufgeben heißen, nach Ausrichtung ihres Auftrages zur Antwort giebt, er wolle überlegen, was er zu thun habe, so zieht einer von den Gesandten, Popillius, mit seinem Stabe eine Linie um den König, heißt ihn, sich erklären, ehe er aus diesem Kreise trete, und bewirkt durch diese barsche Sprache, daß Antiochus den Krieg aufgiebt. Die Gesandschaften der Glück wünschenden Völker und Könige werden im Senate vorgelassen. Die der Rhodier wird, weil sie in diesem Kriege die Gegenpartei der Römer begünstigt hatten, ausgeschlossen. Bei der Tags darauf gehaltenen Umfrage, ob man ihnen den Krieg erklären solle, vertheidigen die Gesandten die Sache ihres Vaterlandes im Senate. Sie werden nicht als Feinde, aber auch nicht als Bundesgenossen, entlassen. Macedonien bekommt die Verfassung1187 einer Römischen Provinz. Ämilius Paullus triumphirt, ob sich gleich seine Soldaten wegen der zu geringen Beute widersetzen und Servius Sulpicius Galba die Bewilligung des Triumphs bestreitet; und fährt vor seinem Wagen den Perseus mit dessen drei Söhnen auf. Um ihn die Freude des Triumphs nicht ganz genießen zu lassen, bezeichnet sie zugleich der Todesfall seiner beiden Söhne, von denen der eine vor, der andre nach des Vaters Triumphe stirbt. Die Censoren begehen die Schlußfeier der Schatzung. Der geschatzten Bürger waren dreihundert und zwölftausend achthundert und fünf. Bithyniens König Prusias kommt nach Rom, dem Senate zu dem über Macedonien erfochtenen Siege Glück zu wünschen, und empfiehlt seinen Sohn Nicodemus dem Senate. Er selbst, ganz Schmeichler, nennt sich einen Freigelassenen des Römischen Volks.

Fünf und vierzigstes Buch.

1. Kamen gleich die Siegesboten Quintus Fabius, Lucius Lentulus, Quintus Metellus, mit möglichst schneller Eile nach Rom, so fanden sie doch; daß man schon einen Vorgenuß dieser Freude gehabt hatte. Am vierten Tage nach der Schlacht mit dem Könige verbreitete sich bei den auf der Rennbahn gegebenen Spielen auf einmal im Volke durch alle Zuschauer das Gerede, in Macedonien sei eine Schlacht vorgefallen und der König völlig besiegt. Darauf wurde dies Gerufe stärker und ging zuletzt in Geschrei und frohes Händeklatschen über, nicht anders als wäre eine zuverlässige Siegesnachricht eingelaufen. Die Obrigkeiten voll Verwunderung fragten nach dem Aussager einer so unerwarteten Freudenpost, und als sich keiner anfand, so verschwand zwar die Freude, wie über eine noch unzuverlässige Sache, allein eine erfreuliche Vorbedeutung senkte sich tief in die Gemüther. Als sich nun die Sache bei der Ankunft des Fabius, Lentulus und Metellus durch die wirkliche Anzeige bestätigte, so freuete man sich nicht des Sieges allein, sondern auch des eignen inneren Vorgefühls. Diese Freude der Versammlung auf der Rennbahn wird mit gleicher Wahrscheinlichkeit auch noch anders erzählt. Am sechzehnten1188 September, dem zweiten Tage der Römischen Spiele, habe dem Consul Cajus Licinius, als er eben auf den Wagen stieg, um den Rennwagen das Zeichen zum Auslaufen zu geben, ein Briefträger mit der Angabe, er komme aus Macedonien, einen mit einem Lorbeer umwundenen Brief [überreicht.] Als der Consul die Rennwagen hatte ausfahren lassen, setzte er sich wieder auf seinen Wagen, und als er über die Rennbahn nach den öffentlichen Schausitzen zurückfuhr, zeigte er dem Volke den belorbeerten Brief. So wie das Volk diesen erblickte, lief es gleich, des Schauspiels uneingedenk, mitten in den Platz herab. Hieher rief der Consul den Senat, und als er das Blatt1189 vorgelesen hatte, zeigte er mit Genehmigung der Väter vor den öffentlichen Schausitzen dem Volke an: «Sein Amtsgenoß Lucius Ämilius habe dem Könige Perseus eine förmliche Schlacht geliefert. Das Macedonische Heer sei besiegt und in die Flucht geschlagen; der König mit einem kleinen Gefolge entflohen. Die sämtlichen Städte Macedoniens seien in Römischer Gewalt.» Mit Jubelgeschrei und gewaltigem Händeklatschen vernahm das Volk diese Anzeige: Viele verließen die Spiele, um zu Hause Gattinnen und Kindern die frohe Nachricht zu bringen. Es war dies der dreizehnte Tag nach dem, an welchem in Macedonien die Schlacht vor sich ging.

2. Am folgenden Tage war auf dem Rathhause Senatssitzung: es wurden Dankfeste verordnet und der Senatsschluß abgefaßt, daß der Consul alle Truppen, die er in Eid genommen habe; die Schiffsoldaten1190 und Seeleute ausgenommen, entlassen solle. Die Entlassung der Schiffsoldaten und Seeleute solle dann erst zum Vortrage kommen, wenn die Abgeordneten des Consuls Lucius Ämilius, die den Briefträger vorausgeschickt hatten, [angekommen wären.] Den fünfundzwanzigsten September, ungefähr um die zweite Tagesstunde, trafen die Gesandten in Rom ein. Mit einem großen Schwarme, der sich von Begegnenden und Begleitenden, wohin sie gingen, an sie hing, kamen sie auf den Markt zur Bühne. Gerade war der Senat auf dem Rathhause; und der Consul führte die Abgeordneten zu ihm hinein. Man behielt sie hier nur so lange, daß sie berichten konnten, wie stark die königlichen Truppen an Fußvolk und Reuterei gewesen; wie viele Tausende davon niedergehauen, wie viele gefangen genommen seien; mit wie geringem Verluste an Leuten man dem Feinde eine so große Niederlage beigebracht habe; mit wie Wenigen der König entflohen sei; daß er vermuthlich nach Samothracien gehen werde, daß aber die Flotte zu seiner Verfolgung schon in Bereitschaft sei, und daß er weder zu Lande noch zur See entkommen könne: und gleich nachher ließ man sie in die Volksversammlung übergehen, wo sie eben dasselbe erzählten. Mit erneuerter Freude gingen die Bürger, als der Consul bekannt machte, es sollten alle Tempel geöffnet werden, aus der Versammlung jeder für sich selbst hin, den Göttern zu danken; und von großen Schwärmen nicht bloß von Männern, sondern auch von Weibern, waren die Tempel der unsterblichen Götter in der ganzen Stadt gedrängt voll. Der Senat, der wieder ins Rathhaus gerufen wurde, verordnete, wegen der herrlichen Thaten des Consuls Lucius Ämilius solle ein fünftägiges Dankfest an allen Altären begangen werden und die Opferung mit großen Thieren geschehen. Die Schiffe, welche auf den Fall, daß der König zum Widerstande stark genug sei, segelfertig und bemannet in der Tiber standen, um nach Macedonien abzugehen, sollten ans Land und auf den Holm gebracht, die Seeleute mit Auszahlung eines jährigen Soldes, und zugleich Alle entlassen werden, die dem Consul den Diensteid geleistet hätten: auch die zu Corcyra, zu Brundusium, am Obermeere und im Larinatischen stehenden Soldaten – denn an allen diesen Orten waren Truppen aufgestellt, mit denen Cajus Licinius nöthigenfalls seinem Amtsgenossen zu Hülfe ziehen konnte – sollten sämtlich aus einander gehen. Die Feier des Dankfestes wurde dem Volke vor der Versammlung auf den elften October, und, diesen mitgerechnet, auf fünf Tage angekündigt.

3. Aus Illyricum brachten zwei Abgeordnete , Cajus Licinius Nerva und Publius Decius die Nachricht, das Heer der Illyrier sei geschlagen, König Gentius gefangen, und auch Illyricum unter Römischer Landeshoheit. Wegen dieser unter Anführung und Götterleitung des Prätors Lucius Anicius verrichteten Thaten verordnete der Senat ein dreitägiges Dankfest, und der Consul mußte es1191 sogleich auf den zehnten, elften und zwölften November ansetzen. Einige Schriftsteller erzählen, man habe, auf die Nachricht vom Siege, die Rhodischen Gesandten, die damals noch nicht1192 entlassen gewesen, ihrem thörichten Übermuthe gleichsam zum Hohne, in den Senat gerufen. Hier habe Agepolis, der Erste unter ihnen, sich so ausgelassen: «Die Rhodier hätten sie als Gesandte abgeschickt, um zwischen den Römern und dem Perseus Frieden zu stiften, weil dieser Krieg dem gesammten Griechenlande drückend und unwillkommen und selbst für die Römer kostspielig und nachtheilig gewesen sei. Das Schicksal aber habe es so schön gefügt, daß es durch Beendigung des Krieges auf eine andre Art, ihnen Gelegenheit gebe, den Römern zu ihrem herrlichen Siege Glück zu wünschen.» So weit die Rhodier. Der Senat habe geantwortet: «Nicht aus Besorgniß um Griechenlands Vortheile, noch um die Kosten des Römischen Volks, hätten die Rhodier diese Gesandschaft abgehen lassen, sondern zum Besten des Perseus. Denn wenn es ihnen mit der vorgegebenen Besorgniß ein Ernst gewesen wäre, so hätten sie damals Gesandte schicken müssen, als Perseus mit seinem Heere in Thessalien eingerückt war und zwei Jahre lang die Griechischen Städte theils belagerte, theils durch Androhung des Krieges in Schrecken setzte. Damals hätten die Rhodier keines Friedens erwähnt. Als sie aber gehört hätten, die Römer seien durch die Gebirgspässe in Macedonien eingedrungen, und Perseus werde als der Eingeschlossene festgehalten, da hätten die Rhodier die Gesandschaft abgefertigt, zu keinem andern Zwecke, als den Perseus der herannahenden Gefahr zu entreißen.» Mit diesem Bescheide habe man die Gesandten entlassen.

4. In diesen Tagen lieferte auch Marcus Marcellus, der nach Eroberung der berühmten Stadt Marcolica, von Spanien, seinem Standplatze, abging, zehn Pfund Gold und1193 gegen eine Million Sestertien in die Schatzkammer.

Als der Consul Ämilius Paullus, der bei Sirä in Odomantica, wie ich oben gesagt, sein Lager hatte, die drei schlechten Leute erblickte, durch die ihm als seine Gesandten König Perseus ein Schreiben zustellen ließ, soll auch er über den Wechsel der menschlichen Dinge geweint haben; insofern eben der Mann, der noch kurz zuvor, mit dem Königreiche Macedonien sich nicht begnügend, Dardanien und Illyrien angriff, und die Bastarnen zu seinen Hülfsvölkern aufbot, jetzt, nach dem Verluste seines Heeres, von Land und Leuten gejagt, auf eine kleine Insel beschränkt, als der Schutzsuchende nur der Unverletzlichkeit des Heiligthums, nicht eigner Macht seine Sicherheit verdankte. Als er aber las: «König Perseus entbeut dem Consul Paullus seinen Gruß;» da verdrängte die Thorheit dessen, der seine Lage nicht begriff, alles Mitleiden. Waren also gleich die Bitten im Verfolge des Briefs nichts weniger als königlich, so wurde dennoch die Gesandschaft ohne mündliche und schriftliche Antwort entlassen. Da merkte Perseus, welches Titels er sich als Besiegter entäußern müsse; und ein zweiter Brief, mit der Überschrift seines Namens als bloßen Privatmannes, enthielt die Bitte, die ihm auch bewilligt wurde, einige Personen zu ihm zu senden, mit denen er über den Zustand und die Bestimmung seines Schicksals absprechen könne. Drei Abgeordnete gingen hin, Publius Lentulus, Aulus Postumius Albinus, Aulus Antonius. Allein durch diese Gesandschaft wurde nichts ausgerichtet, weil Perseus durchaus den Königstitel behalten wollte, Paullus hingegen darauf drang, er müsse sich und alles Seinige dem Schutze und der Gnade des Römischen Volks überlassen.

5. Unterdessen landete die Flotte des Cneus Octavius auf Samothrace. Da auch dieser den Perseus unter Einwirkung der näher gerückten Gefahr bald durch Drohungen, bald durch Hoffnung zu bewegen suchte, sich selbst auszuliefern; so kam ihm hierin ein entweder durch Zufall, oder absichtlich herbeigeführter Umstand zu Hülfe. Ein junger Römer von Stande, Lucius Atilius, der die Samothracier in einer Volksversammlung beisammen sah, bat ihre Obrigkeiten um die Erlaubniß, dem Volke einige Worte vortragen zu dürfen. Als er sie erhielt, sprach er: «Sind wir recht oder unrecht berichtet, ihr Samothracischen Gastfreunde, daß diese Insel und ihr ganzer Boden ehrwürdig und unverletzlich sei?» Als sie sämtlich die anerkannte Heiligkeit ihm bezeugten, fragte er: «Warum hat denn ein Mörder sie dadurch entweihet, daß er sie mit dem Blute des Königs Eumenes1194 befleckt? und da immer durch den Vorspruch beim Opfer Jeder, der keine reine Hände hat, vom Opfer weggewiesen wird, warum wollt ihr euer Allerheiligstes durch einen von Blut triefenden Meuchelmörder verunreinigen lassen?» Die beinahe gelungene Ermordung des Königs Eumenes zu Delphi durch den Evander war durch das Gerücht allen Griechischen Staten bekannt geworden. Da also die Samothracier, außerdem daß sie sich, ihre ganze Insel und ihren Tempel in der Gewalt der Römer sahen, selbst diesen Vorwurf nicht mit Unrecht zu hören glaubten, so schickten sie den Theondas, der bei ihnen die höchste Würde bekleidete – sie selbst nannten ihn König, – an den Perseus, dem er sagen mußte: «Der Cretenser Evander werde eines Mordes beschuldigt. Ihre Vorfahren hätten über diejenigen, welche beschuldigt würden, mit Frevlerhänden sich in die geweiheten Gränzen des Tempels gewagt zu haben, ein Gericht angeordnet. Wenn sich Evander bewußt sei, daß ihm unschuldig ein solches Todesverbrechen nachgesagt werde, so möge er kommen und sich verantworten. Könne er es aber nicht wagen, sich dem Gerichte zu stellen, so möge er in Hinsicht des Tempels das öffentliche Ärgerniß abwenden und für seine eigne Sicherheit sorgen.»Perseus rief den Evander bei Seite1195 und rieth auf keine Weise dazu, sich dem Gerichte zu unterwerfen. «Seine Sache werde so wenig für ihn sprechen, als die Gunst der Richter.»– Auch lag bei ihm die Furcht zum Grunde, der Verurtheilte möchte ihn selbst als den Urheber der schändlichen That öffentlich darstellen. – «Was ihm noch übrig bleibe, als heldenmüthig zu sterben?»Evander weigerte sich dessen geradezu ganz und gar nicht; allein unter dem Vorwande, er wolle lieber durch Gift, als vom Dolche sterben, schickte er sich an, heimlich zu entfliehen. Als dies dem Könige gesteckt wurde, ließ er aus Besorgniß, sich den Unwillen der Samothracier durch den Verdacht zuzuziehen, er selbst habe den Schuldigen der Strafe entzogen, den Evander ermorden. Kaum war der unbesonnene Mord begangen, so fiel es ihm aufs Herz, Evanders Strafbarkeit offenbar auf sich selbst geladen zu haben: Jener habe zu Delphi den Eumenes verwundet; er auf Samothrace den Evander gemordet; und auf sein Haupt allein falle die Schuld, die beiden heiligsten Tempel auf Erden durch Menschenblut entweiht zu haben. Der Vorwurf dieses Verbrechens mußte nun dadurch abgewandt werden, daß Theondas durch Geld gewonnen wurde, dem Volke zu erzählen, Evander habe sich den Tod selbst gegeben.

6. Allein eine so unerhörte Frevelthat, an dem einzigen ihm übrig gebliebenen Freunde ausgeübt, den er in so mancherlei Schicksalen bewährt gefunden hatte, und den er jetzt aufopferte, weil er ihn nicht hatte aufopfern wollen, wandte Aller Herzen von ihm ab. Jeder ging aus Rücksicht auf sich selbst zu den Römern über, und dadurch, daß ihn Alle beinahe allein ließen, zwangen sie ihn, auf Flucht zu denken. Er wandte sich an den Cretenser Oroandes, welchem Thraciens Küste bekannt war, weil er in dieser Gegend Handelsgeschäfte getrieben hatte, mit der Bitte, ihn in seine Barke aufzunehmen und zum Könige Cotys zu bringen. Ein Vorgebirge von Samothrace hat einen Hafen, welcher Demetrium heißt. Hier stand die Barke. Gegen Sonnenuntergang wurden die nothwendigen Bedürfnisse hineingeschafft, auch Geld eingeschifft, so viel sich heimlich fortbringen ließ. Um Mitternacht kam der König selbst, der nebst drei Mitwissern seiner Flucht aus einer Hinterthür seines Hauses in einen an seine Kammer stoßenden Garten ging, und aus diesem mit Mühe über die Gartenmauer stieg, an das Meer. Oroandes war schon, als das Geld abgeliefert war, mit dem ersten Dunkel abgefahren und steuerte jetzt auf dem hohen Meere nach Creta. Da das Schiff im Hafen nicht zu finden war, so irrete Perseus eine Zeitlang an der Küste umher: endlich, als ihm bei dem nahenden Tageslichte bange wurde und er nicht das Herz hatte, in sein Quartier zurückzukehren, versteckte er sich an einer Seitenwand des Tempels in einem finstern Winkel. Die Söhne der Vornehmsten, die zu des Königs Bedienung ausgewählt waren, hießen bei den Macedoniern die königlichen Edelknaben. Dieses Kohr, das dem fliehenden Könige gefolgt war, verließ auch jetzt ihn nicht, bis auf Befehl des Cneus Octavius ein Herold bekannt machte: «Wenn die königlichen Edelknaben und wer sonst noch von Macedoniern auf Samothrace sei, zu den Römern übergingen, so sollten sie nebst persönlicher Sicherheit und Freiheit auch alles Eigenthum behalten, was sie entweder bei sich führten oder in Macedonien zurückgelassen hätten.» Auf diese Erklärung gingen Alle über und gaben bei dem Obersten Cajus Postumius ihre Namen an. Auch die kleineren Prinzen überlieferte dem Octavius Ion von Thessalonich, und niemand blieb bei dem Könige, außer sein ältester Prinz Philipp. Nun ergab er sich dem Octavius ebenfalls mit seinem Sohne, unter Anklagen des Schicksals und der Götter, denen der Tempel gehörte1196, die dem Schutzflehenden keine Hülfe gewährt hätten. Er wurde auf Befehl auf das Hauptschiff gebracht und dahin auch das noch übrige Geld geliefert. Nun fuhr die Flotte sogleich nach Amphipolis zurück. Von hier sandte Octavius den König ins Lager zum Consul, dem er durch einen voraufgegangenen Brief gemeldet hatte, der König sei gefangen und werde gebracht.

7. Auf diese Nachricht ließ Paullus, der hierin, wie er mit Recht konnte, einen zweiten Sieg sah, Opferthiere schlachten, und als er nach Berufung eines Kriegsraths den Brief des Prätors vorgelesen hatte, schickte er den Quintus Älius Tubero dem Könige entgegen: die Übrigen mußten im Feldherrnzelte versammelt bleiben. Nie war vorher zu irgend einem Schauspiele eine solche Menge Menschen herbeigelaufen. Zu der Väter Zeiten war freilich König Syphax als Gefangener ins Römische Lager gebracht, der aber außerdem, daß er weder durch seinen eignen, noch durch seines Volkes Ruhm mit dem Perseus zusammengestellt werden konnte, selbst damals nur eine Zugabe zum Punischen Kriege gewesen war, wie Gentius jetzt zum Macedonischen. Perseus hingegen war die kriegende Hauptmacht; und nicht bloß sein eigner Name, oder der Name seines Vaters und Großvaters, und der übrigen Könige, mit denen1197 er durch Verwandschaft und Abstammung in naher Berührung stand, gaben ihm Auszeichnung, sondern sie Alle überstrahlte Philipp und Alexander der Große, die dem Macedonischen Reiche die Oberherrschaft des Erdkreises gegeben hatten. Bei seinem Eintritte in das Lager trug Perseus1198 einen Soldatenrock von dunkler Farbe, ohne von den Seinigen irgend jemand zum Begleiter zu haben, der als Gefährte seines Unglücks ihn hätte noch beklagenswerther machen können. Vor dem Gewühle derer, die zu diesem Schauspiele herbeiliefen, konnte er nicht fortschreiten, bis der Consul die Gerichtsdiener hingehen ließ, um Platz zu machen und den Weg zum Feldherrnzelte offen zu halten. Der Consul selbst stand auf, hieß die Andern sitzen bleiben, reichte dem hereintretenden Könige, dem er einige Schritte entgegenging, die Rechte, hob ihn auf, als er sich ihm zu Füßen werfen wollte, und ohne ihm den Kniefall zu gestatten, führte er ihn weiter, in das Zelt und ließ ihn den Mitgliedern des Kriegsraths gegenüber seinen Sitz nehmen.

8. Die erste Frage, die er an ihn that, war diese: «Durch welche Beleidigung er sich gedrungen gefühlt habe, mit einer solchen Erbitterung gegen Rom einen Krieg zu unternehmen, durch den er sich und sein Reich der größten Gefahr aussetzte.» Als er bei der allgemeinen Erwartung einer Antwort, mit auf die Erde geheftetem Blicke, anhaltend ohne zu reden weinte, fing der Consul wieder an: «Wärest du als Jüngling zum Throne gelangt, so würde es mich weniger befremden, wenn du nicht gewußt hättest, wie viel Gewicht das Römische Volk seiner Freundschaft, aber auch seiner Feindschaft zu geben im Stande ist. So aber, da du dem Kriege, welchen dein Vater mit uns führte, beigewohnt hast; da du nachher des Friedens, den wir ihm mit der gewissenhaftesten Treue gehalten haben, dich erinnern mußtest; wie konntest du dich da entschließen, mit denen lieber im Kriege zu leben, deren Übergewicht im Kriege, deren Treue im Frieden du aus Erfahrung kanntest?» Da er, wie vorhin die Frage, so jetzt den Vorwurf unbeantwortet ließ, fuhr der Consul fort: «Mag es gekommen sein, wie es will, durch menschliche Verirrung, durch Zufall, oder weil es so kommen mußte; so laß nur den Muth nicht sinken. Die durch das Misgeschick so vieler Könige und Völker bekannt gewordene Milde des Römischen Volks gewährt dir nicht bloß die Hoffnung, sondern beinahe die feste Gewißheit deiner1199 Erhaltung.» Dies sagte er dem Perseus auf Griechisch; und nun seinen Römern auf Latein: «Ihr sehet ein auffallendes Beispiel vom Wechsel der menschlichen Dinge. Vorzüglich euch, ihr Jünglinge, sage ich dies. Darum muß man nie in glücklicher Lage Andre mit Übermuth oder Härte behandeln; nie dem gegenwärtigen Glücke trauen, da es ungewiß bleibt, was der Abend herbeiführen werde. Nur der ist Mann, der seinen Muth weder vom begünstigenden Anhauche des Glückes sich überheben, noch vom Misgeschicke ihn brechen läßt.» Nach Entlassung des Kriegraths wurde die Aufsicht über den König dem Quintus Älius aufgetragen. Für heute wurde Perseus nicht allein vom Consul zur Abendtafel gezogen, sondern ihm auch alle Ehre erwiesen, die ihm in einer solchen Lage erwiesen werden konnte.

9. Nun wurde das Heer in die Winterquartiere entlassen. Den größten Theil der Truppen nahm Amphipolis auf, die übrigen die benachbarten Städte. Dies war nach einer anhaltenden Dauer von vier Jahren das Ende des Kriegs zwischen den Römern und Perseus, und zugleich das Ende eines durch den größten Theil Europens und durch ganz Asien berühmten Reichs. Man zählte vom Caranus, dem ersten Könige, den Perseus als den zwanzigsten. Perseus trat die Regierung an unter dem Consulate des Quintus Fulvius und Lucius Manlius (573): der Senat erkannte ihn als König an unter den Consuln Marcus Junius und Aulus Manlius (574). Er regierte elf Jahre. Der Ruf des Macedonischen Reichs blieb bis auf Philipp, des Amyntas Sohn, sehr im Dunkel. Mit ihm und durch ihn fing es an sich zu heben; doch beschränkte es sich auf Europens Gränzen, insofern es ganz Griechenland und einen Theil von Thracien und Illyricum umfaßte. Dann breitete es sich über Asien aus; und in den dreizehn Jahren, die Alexander regierte, unterwarf er seiner Hoheit zuerst Alles, so weit sich das fast unermeßliche Reich der Perser erstreckt hatte; dann durchzog er Arabien und Indien bis dahin, wo das Ostmeer die äußersten Gränzen der Lande umfasset. Damals hatte Macedonien den größten Stat und den größten Ruhm auf Erden. Dann durch Alexanders Tod, als Jeder die Herrschaft an sich riß, in viele Reiche zerstückelt, hielt es sich mit zersplitterten Kräften1200, vom höchsten Gipfel seines Glücks bis zu seinem völligen Ende, hundert und funfzig Jahre.

10. Als sich der Ruf vom Siege der Römer nach Asien verbreitete, ging Antenor, der mit seiner Barkenflotte bei Phanä stand, von hier nach Cassandrea hinüber. Cajus Popillius, welcher zur Sicherheit der nach Macedonien segelnden Schiffe bei Delus stand, hatte kaum erfahren, daß der Krieg in Macedonien zu Ende sei und daß die feindlichen Barken ihren Standort hätten verlassen müssen, so setzte auch er, nach Entlassung der Attischen Schiffe, die übernommene Sendung auszurichten, seine Fahrt nach Ägypten fort, um den Antiochus noch zu treffen, ehe er vor die Mauern von Alexandrea rückte. Als die Gesandten an Asiens Küste hinfuhren und nach Loryma kamen, einem Hafen, der etwas über zwanzig tausend Schritte von Rhodus entfernt ist und der Stadt selbst gegenüber liegt, kamen die vornehmsten Rhodier – denn auch hieher war schon der Ruf des Sieges erschollen – ihnen mit der Bitte entgegen, «sie möchten doch bei Rhodus anfahren. Dem guten Rufe und der Wohlfahrt ihres Stats sei daran gelegen, daß sie selbst von Allem Kenntniß bekämen, was zu Rhodus geschehen sei und noch geschehe, und dann darüber, nicht etwa wie das Gerücht es erzählen möchte, sondern wie sie es bei eigner Ansicht gefunden hätten, in Rom berichteten.» Nach langem Weigern brachten diese Rhodier sie endlich dahin, daß sie sich einer Bundesstadt zum Besten eine kurze Verzögerung ihrer Fahrt gefallen ließen. Als sie in Rhodus angekommen waren, zogen ebenfalls jene durch Bitten sie in die Volksversammlung. Die Erscheinung der Gesandten vermehrte aber die Besorgniß der Bürger, statt sie zu mindern: denn Popillius zählte ihnen jede feindselige Äußerung und Handlung auf, die sie während dieses Krieges einzeln oder insgesamt begangen hatten: und als ein Mann von rauhem Sittengepräge stellte er das, was er angab, mit seinem strengen Blicke und dem Tone der gerichtlichen Belangung als noch größere Verbrechen dar, so daß sie, da er selbst zu einer besondern Abneigung gegen ihren Stat keinen Grund hatte, aus der Bitterkeit dieses einzigen Römischen Senators auf die Stimmung des ganzen Senats gegen sie schließen mußten. Die Rede des Cajus Decimius hatte mehr Mäßigung. Er sagte: «In den meisten Stücken, welche Popillius angeführt habe, liege die Schuld nicht sowohl an der Nation, als an einigen Aufhetzern des großen Haufens. Diese Leute hätten mit ihrer feilen Zunge jene Ausfertigungen voll Schmeichelei gegen den König bewirkt, und Gesandschaften abgehen lassen, deren sich die Rhodier auf immer eben so sehr zu schämen, als sie zu bereuen haben würden. Das Alles aber werde, sobald dies1201 des Volkes Wille sei, das Haupt der Schuldigen treffen.» Man hörte ihn mit großem Beifalle, nicht sowohl darum, weil er die Strafwürdigkeit des Volkes milderte, als weil er die Schuld auf die Anstifter fallen ließ. Wie also ihre Großen die Vorträge der Römer beantworteten, so ernteten diejenigen, welche des Popillius Vorwürfe, so gut sie konnten, zu widerlegen suchten, von ihren Reden lange nicht so vielen Dank, als die, welche dem Decimius beistimmeten, die Urheber als Sühnopfer des Verbrechens preiszugeben. Also wurde sogleich der Schluß abgefaßt, alle diejenigen, welche überführt würden, zum Besten des Perseus den Römern zum Nachtheile geredet oder gehandelt zu haben, zum Tode zu verdammen. Einige waren schon bei der Ankunft der Römer aus der Stadt entwichen, Andere gaben sich selbst den Tod. Die Gesandten reiseten nach einem Aufenthalte von nicht länger als fünf Tagen nach Alexandrien. Nichts desto weniger gingen, dem bei ihrem Hiersein abgefaßten Schlusse gemäß, die gerichtlichen Untersuchungen zu Rhodus ihren raschen Gang, und zu dieser Beharrlichkeit in Vollziehung desselben hielten sich die Rhodier durch die Milde des Decimius [sogar für aufgefordert.]

11. Unterdessen war Antiochus von Alexandriens Mauern nach einem vergeblichen Angriffe abgezogen, und da er das übrige Ägypten in seiner Gewalt hatte, ließ er den ältern Ptolemäus, dem er, seinem Vorgeben nach, durch seinen Beistand den Thron wieder verschaffen wollte – um dann den Wiedereingesetzten selbst anzugreifen, – in Memphis zurück und führte sein Heer nach Syrien ab. Ptolemäus, mit jener Absicht nicht unbekannt, und in der Voraussetzung, er selbst könne vielleicht, solange er seinem Bruder noch mit einer Belagerung drohen könne, durch Vorschub seiner Schwester und unter Einwilligung der Freunde seines Bruders, in Alexandrien wieder aufgenommen werden, ließ nicht ab, zuerst seine Schwester, dann seinen Bruder und dessen Freunde zu beschicken, bis er den Frieden mit ihnen zu Stande brachte. Antiochus hatte sich ihm dadurch verdächtig gemacht, daß er ihm zwar das übrige Ägypten übergab, allein in Pelusium eine starke Besatzung zurückließ. Es war einleuchtend, daß er diesen Schlüssel zu Ägypten behalten wollte, um sobald es ihm gefiele, mit seinem Heere wieder einzurücken: und von dem inneren Kriege mit seinem Bruder versprach sich Ptolemäus keinen andern Ausgang, als den, daß er selbst als Sieger, vom Kampfe ermattet, dem Antiochus auf keine Weise gewachsen sein werde. Diese richtigen Bemerkungen des ältern Bruders wurden von dem jüngeren und seinem Anhange mit Beifall aufgenommen: vorzüglich beförderte dies die Schwester nicht bloß durch ihr Zurathen, sondern auch durch ihre Bitten. Da also der von Allen genehmigte Friede zu Stande kam, wurde Ptolemäus wieder in Alexandrien aufgenommen; und selbst das Volk war damit nicht unzufrieden, weil es in dem Kriege, nicht bloß während der Belagerung, sondern auch weil aus Ägypten keine Zufuhr kam, durch Mangel an Allem gelitten hatte. Da sich Antiochus hierüber hätte freuen müssen, wenn er nämlich mit seinem Heere zur Wiedereinsetzung des Ptolemäus nach Ägypten gekommen war – – und dieses ehrenvollen Vorwandes hatte er sich ja gegen alle Asiatischen und Griechischen Staten bei Annahme ihrer Gesandten und in allen abgelassenen Sendschreiben bedienet: – – so fand er sich nun so sehr beleidigt, daß er sich viel eifriger und feindseliger gegen beide Brüder, als zuvor gegen den Einen, zum Kriege anschickte. Nach Cypern sandte er sogleich eine Flotte, und rückte selbst nach Colesyrien vor, um im ersten Lenze mit seinem Heere auf dem Wege nach Ägypten zu sein. Den Gesandten, die ihm in der Gegend von Rhinocolura im Namen des Ptolemäus dafür dankten, daß dieser durch ihn wieder zu seinem väterlichen Reiche gelangt sei, und ihn baten, ihm diese seine Wohlthat zu erhalten und ihnen lieber jetzt seine Wünsche zu eröffnen, als aus seinem Freunde sein Feind zu werden und mit Gewalt der Waffen zu verfahren; antwortete er: «Er werde unter keiner andern Bedingung seine Flotte zurückrufen noch mit seinem Heere umkehren, als wenn ihm Ptolemäus ganz Cypern, Pelusium und die Gegend an der Pelusischen Nilmündung abträte.» Auch bestimmte er einen Tag, vor welchem er über die abgeschlossenen Verhandlungen eine Erklärung haben wollte.

12. Als der Tag, bis zu welchem er den Waffenstillstand bewilligt hatte, verstrichen war1202, [ließ er die Anführer seiner Seemacht, welche seinem Landheere das Geleit gab,] durch die Nilmündung nach Pelusium segeln: [er selbst rückte] durch Arabiens Wüste [in Ägypten ein, fand bei den] Nachbarn von Memphis und den übrigen Ägyptern zum Theile eine willige, zum Theile eine erzwungene [Aufnahme] und zog in mäßigen Tagemärschen nach Alexandrien hinunter. Als er bei1203 Eleusis, welches viertausend Schritte von Alexandrien entfernt ist, über den Fluß gegangen war, trafen ihn die Römischen Gesandten. Er begrüßte die Ankommenden und wollte dem Popillius die Rechte reichen: Popillius aber übergab ihm ein Schreiben, welches den Senatsbeschluß enthielt und hieß ihn vor allen Dingen diesen lesen. Als er nach der Durchlesung erklärte, er wolle mit Zuziehung seiner Räthe überlegen, was er zu thun habe, zog Popillius, ganz in der ihm eignen rauhen Gemüthsart, mit dem Stabe, den er in der Hand trug, einen Kreis um den König und sprach: «Ehe du aus diesem Kreise trittst, mußt du mir die Antwort geben, die ich dem Senate bringen soll.» Betroffen über diese gebietende Zumuthung stockte Antiochus ein Weilchen; dann antwortete er: «Ich will thun, was der Senat verlangt.» Und nun erst reichte Popillius dem Könige als einem Bundesgenossen und Freunde die Hand. Als darauf Antiochus auf einen bestimmten Tag Ägypten geräumt, und die Gesandten die Eintracht der Brüder, zwischen denen der Friede so eben erst zu Stande gekommen war, auch durch ihr Zureden befestigt hatten, segelten sie nach Cypern ab und schickten von dort die Flotte des Antiochus, welche schon über die Ägyptischen Schiffe einen Sieg erfochten hatte, nach Hause. Diese Gesandschaft kam bei den auswärtigen Völkern in großen Ruf: denn offenbar hatte sie dem Antiochus Ägypten, als er es schon in Händen hatte, genommen, und dem Stamme des Ptolemäus das väterliche Reich wiedergegeben.

So berühmt das Consulat des Einen von den diesjährigen Consuln durch seinen ausgezeichneten Sieg wurde, so sehr blieb der Ruf des Andern im Dunkel, weil es ihm an Stoff zu Thaten fehlte. Gleich zuerst, als er den Legionen den Tag bestimmte, auf welchen sie sich zu stellen hätten, betrat er die geweihete Erhöhung gegen die Zustimmung der Vögel; und die Vogelschauer erklärten, als ihnen die Sache vorgelegt wurde, der fehlerhaft bestimmte Tag sei ungültig. Er ging nach Gallien ab und hatte sein Lager in der Gegend der Magern Gefilde bei den Gebirgen Sicimina und Papinus, und nachher in eben dieser Gegend mit den Latinischen Bundestruppen seine Winterquartiere: denn die Römischen Legionen waren, weil ihr Sammeltag nicht seine Richtigkeit hatte, zu Rom geblieben. Auch die Prätoren gingen auf ihre Standplätze ab, den Cajus Papirius Carbo ausgenommen, welchem Sardinien zugefallen war. Er mußte nach dem Gutbefinden der Väter zu Rom bleiben. um zwischen Bürgern und Fremden Recht zu sprechen: denn dieses Amt hatte er ebenfalls1204.

13. Auch Popillius und die mit ihm an den Antiochus abgegangenen Gesandten kehrten zurück und berichteten die Beilegung der Streitigkeiten zwischen den Königen und den Abzug des Syrischen Heers aus Ägypten. Nachher kamen die Gesandten der Könige selbst. Die vom Antiochus sagten: «Einen Frieden nach des Senates Willen habe ihr König allem Siege vorgezogen; und den Aufforderungen der Römischen Gesandten habe er, gleich einem Göttergebote, Folge geleistet.» Darauf statteten sie seinen Glückwunsch zum Siege ab, mit dem Zusatze, ihr König würde aus allen Kräften dazu mitgewirkt haben, wenn man ihn nur zu irgend einer Leistung aufgefordert hätte. Die Gesandten des Ptolemäus dankten im Namen des Königs und der Cleopatra gemeinschaftlich. «Sie seien Roms Senate und Volke höher verpflichtet, als ihren Ältern, höher, als den unsterblichen Göttern: denn durch sie wären sie aus einer höchst traurigen Belagerung gerettet und hätten ihr beinahe schon verlornes väterliches Reich wieder bekommen.» Der Senat gab folgende Antworten. «Daß Antiochus den Gesandten Folge geleistet habe; darin habe er nach Recht und Gebühr gehandelt, und Roms Senat und Volk wüßten es zu erkennen.» Ferner: «Es gereiche dem Senate zur großen Freude, wenn durch ihn Ägyptens königlichem Pare1205, dem Ptolemäus und der Cleopatra, irgend ein Glück oder Vortheil erwachsen sein sollte, und er werde sich bestreben, sie beständig in der treuen Freundschaft Roms die mächtigste Stütze ihres Thrones finden zu lassen.» Der Prätor Cajus Papirius erhielt den Auftrag, die herkömmlichen Geschenke für die Gesandten zu besorgen. Nun meldete ein Brief aus Macedonien, was die Freude des Sieges noch verdoppelte, König Perseus sei in des Consuls Gewalt. Nach Entlassung dieser Gesandten trugen die Gesandten von Pisä und Luca ihre Streitigkeit vor, da die von Pisä darüber klagten, daß jene Römischen Pflanzbürger sie von ihrem Grundeigenthume verdrängten; die von Luca hingegen behaupteten, der streitige Acker sei von den Dreiherren ihnen angewiesen. Der Senat schickte zur Untersuchung und Bestimmung der Gränzen den Cajus Fabius Buteo, Publius Cornelius Blasio, Titus Sempronius Musca, Lucius Nävius Balbus und Cajus Appulejus Saturninus als Fünfherren hin. Auch von den Gebrüdern Eumenes, Attalus und Athenäus kam eine Gesandschaft, ihren gemeinschaftlichen Glückwunsch zum Siege zu überbringen. Bei dem Masgabas, dem Sohne des Masinissa, meldete sich, als er zu Puteoli ans Land gestiegen war, der mit einer Geldsumme ihm entgegengeschickte Schatzmeister Lucius Manlius, der ihn auf Kosten des Stats nach Rom geleiten sollte. Gleich nach seiner Ankunft ließ der Senat ihn vor. Der junge Mann drückte sich so aus, daß die an sich schon so willkommnen Dienstleistungen durch seine Worte noch gefälliger wurden. Er erwähnte, «wie viel Fußvolk und Reuterei, wie viele Elephanten, wie viel Getreide sein Vater in diesen vier Jahren nach Macedonien geschickt habe. Allein über zweierlei sei ihm eine Schamröthe zu Gesicht gestiegen: Einmal, insofern der Senat ihn durch Gesandte um die Kriegsbedürfnisse habe bitten lassen, da er doch habe befehlen können; zum Andern, daß er ihm für das Getreide die Bezahlung geschickt habe. Masinissa vergesse es nie, daß das Römische Volk ihm sein Reich erworben, erweitert und vervielfältigt habe, und mit dem Nießbrauche seines Königreichs zufrieden wisse er, daß Oberherrlichkeit und Eigenthumsrecht denen zustehe, die es ihm gegeben hätten. Es sei also billig, daß sie auch nähmen, und nicht ihn bäten; nicht vom Ertrage des ihm von ihnen geschenkten Bodens dergleichen kauften, was1206 dieser Boden selbst liefere. Masinissa habe genug an dem, und werde genug daran haben, was ihm das Römische Volk übrig lasse. Als er mit diesen Aufträgen von seinem Vater abgereiset sei, habe ihm dieser nachher reitende Boten nachgeschickt, ihm die Besiegung Macedoniens zu melden, und ihm zugleich den Auftrag gegeben, nach seinem Glückwunsche dem Senate zu bezeugen, sein Vater sei hierüber so hoch erfreut, daß er selbst nach Rom kommen, dem allmächtigen Jupiter auf dem Capitole ein Opfer und seinen Dank darbringen wolle. Er ersuche den Senat, ihm hierzu unbeschwert die Erlaubniß zu ertheilen.»

14. Der Prinz bekam zur Antwort: «Sein Vater Masinissa handle darin, daß er einer ihm als Schuldigkeit erwiesenen Wohlthat höheren Werth und größere Ehre beilege, wie es sich für einen dankbaren und edeln Mann gezieme. Im Punischen Kriege habe er durch seine tapfern und treuen Dienste das Römische Volk unterstützt; dagegen habe er unter Begünstigung des Römischen Volks durch seine rasche Thätigkeit1207 sein Reich wieder erlangt. Nachher habe er in den Kriegen mit drei Königen nach einander alle Forderungen der Gefälligkeit erfüllt. Daß ein König, der das Schicksal seiner ganzen Lage und seines Reichs mit den Angelegenheiten Roms verflochten habe, sich des Sieges der Römer freue, sei ihnen nicht unerwartet. Den Göttern möge er seinen Dank für den Sieg der Römer auf seinem Hausaltare niederlegen: zu Rom könne dies sein Prinz in seinem Namen thun. Der Darbringung der Glückwünsche habe der Prinz in seinem eignen und seines Vaters Namen vollkommen Genüge geleistet. Daß der König selbst sein Reich verlasse und sich von Africa entferne, sei, nach des Senates Meinung, außerdem, daß es ihm selbst Nachtheil bringe, auch für das Beste der Römischen Nation nicht rathsam.» Auf die Bitte, daß sich die Römer statt des * * * * den Sohn Hamilcars, Hanno, von den Puniern zum Geisel [geben1208 lassen möchten, gab der Senat dem Masgabas zur Antwort, er halte es für unstatthaft, den Carthagern Geisel nach Masinissa's Gutdünken] abzufordern. Durch einen Senatsschluß erhielt der Schatzmeister den Auftrag für1209 hundert Pfund Silber dem Prinzen Geschenke anzukaufen, ihn nach Puteoli zu begleiten, ihm während seines Aufenthalts in Italien alle Kosten zu reichen und zwei Schiffe zu miethen, auf denen der Prinz selbst und sein Gefolge nach Africa übergehen könnten: auch wurden die Personen des Gefolges, Freie und Sklaven, sämtlich mit Kleidern beschenkt. Nicht lange nachher meldete ein Brief von dem andern Sohne des Masinissa, vom Misagenes: «Nach Besiegung des Perseus habe Lucius Paullus ihn nebst seiner Reuterei nach Africa abgehen lassen. Auf dieser Fahrt habe ein Sturm die Flotte im Hadriatischen Meere zerstreuet und ihn mit drei Schiffen krank nach Brundusium verschlagen.» Der Schatzmeister Lucius Stertinius wurde an ihn nach Brundusium mit gleichen Geschenken abgeschickt, so wie sie seinem Bruder zu Rom gegeben waren, und bekam die Besorgung eines Quartiers für [den Prinzen als Gast und alles zu seiner Genesung Erforderlichen: auch mußte er, ohne Aufwand zu scheuen, ihn und sein ganzes Gefolge frei halten, und Schiffe bestellen, die ihn bequem und sicher nach Africa bringen konnten. Jedem Reuter ließ man ein Pfund Silber1210 und fünfhundert Sestertien1211 reichen. Die Versammlung zur Wahl der Consuln auf das folgende Jahr hielt der Consul Cajus Licinius. Gewählt wurden Quintus Älius Pätus, Marcus Junius Pennus. Dann wurden zu Prätoren ernannt Quintus Cassius Longinus, Manius Juventius Thalna, Tiberius Claudius Nero, Aulus Manlius Torquatus, Cneus Fulvius Gillo, Cajus Licinius Nerva.

In diesem Jahre kamen auch die Censorn Tiberius Sempronius Gracchus und Cajus Claudius Pulcher über einen Gegenstand, den sie lange unter sich mit mancherlei Widerspruche verhandelt hatten, endlich zu einem einmüthigen Schlusse. Weil die Freigelassenen, trotz der wiederholten Beschränkung auf die vier Stadtbezirke, sich wieder in alle Bezirke ausgebreitet hatten, so war Gracchus Willens gewesen, dies immer wieder hervorkeimende Übel mit der Wurzel auszurotten und alle in Sklaverei Gewesenen von der Schatzung auszuschließen. Dagegen setzte sich Claudius und berief sich auf die Einrichtung der Vorfahren, welche zwar oft versucht hätten, die Freigelassenen zu beschränken, nie aber sie ganz vom Bürgerrechte auszuschließen. Ja er führte auch an, daß die Censorn1212 Cajus Flaminius, Lucius Ämilius die ehemalige Strenge in etwas gemildert hätten. Und in der That war Einigen dieses Standes, ob sich gleich auch damals diese Hefen des Volks in alle Bezirke vertheilt hatten und man es wieder nöthig gefunden hatte, sie gleichsam auf ihren alten Bodensatz zurücksinken zu lassen, dennoch vorzugsweise dies und jenes eingeräumt.

15. Jene Censorn nämlich hatten] die Freigelassenen auf die vier Stadtbezirke vertheilt, mit Ausnahme derer, die einen Sohn hatten, der schon über fünf Jahre alt war. Diesen befahlen sie, sich in dem Bezirke schatzen zu lassen, wo sie1213 vermöge eines Senatsschlusses bei der vorigen Schatzung geschatzt waren. Auch ertheilten sie denen, die ein oder mehrere Landgüter von einem höheren Werthe als dreißigtausend1214 Sestertien hatten, das Recht, sich [in den1215 Bezirken der Landbesitzer] schatzen zu lassen. Weil dies bisher so beobachtet war, so behauptete Claudius: «Das Recht der Stimmgebung könne der Censor; ohne Genehmigung des Gesamtvolks keinem Einzelnen, geschweige denn, einem ganzen Stande nehmen. Denn wenn gleich der Censor aus dem Bezirke stoßen könne, welches eigentlich nichts anders sei, als befehlen, daß jemand den einen Bezirk mit einem andern vertauschen solle, so könne er darum doch niemand aus allen fünfunddreißig Bezirken stoßen, denn das heiße ihm Bürgerrecht und Freiheit nehmen, heiße nicht, festsetzen, wo er sich schatzen lassen solle, sondern ihn von aller Schatzung ausschließen.» Hierüber stritten Beide unter einander. Endlich kamen sie dahin überein, daß sie in der Halle der Freiheit öffentlich über Einen der vier Stadtbezirke das Los zogen, in welchen sie Alle, die je in Knechtschaft gewesen wären, vereinigen wollten. Das Los traf den Esquilinischen; und Tiberius Gracchus erklärte öffentlich, sie hätten ausgemacht, daß alle Freigelassenen sich in diesem Bezirke schatzen lassen sollten. Dies gereichte den Censorn beim Senate zu großer Ehre. Man dankte nicht allein dem Sempronius für die Beharrlichkeit bei seinem nützlichen Unternehmen, sondern auch dem Claudius, es nicht gehindert zu haben. Von diesen Censorn wurden mehrere, als von den vorigen, aus dem Senate gestoßen und ihr Ritterpferd zu verkaufen befehligt; auch die im Bezirke Herabgesetzten und für Steuersassen erklärten waren bei Beiden dieselben Leute; und Keinem wurde der Schimpf, den ihm der Eine angethan hatte, vom Andern wieder abgenommen. Als sie darum baten, man möge ihnen zu der herkömmlichen1216 Besorgung der Baulichkeiten und zur eignen Würdigung der von ihnen in Verding gegebenen Werke noch anderthalb Jahre zulegen, that der Tribun, Cneus Tremellius; weil sie ihn nicht in den Senat aufgenommen hatten, Einsage. In diesem Jahre weihete auch Cajus Cicerejus der Moneta den Tempel auf dem Albanerberge im fünften Jahre nach dessen Verheißung. Zum Eigenpriester des Mars wurde in diesem Jahre Lucius Postumius Albinus geweihet.

16. Als die Consuln Quintus Älius und Marcus Junius wegen der Amtsplätze den Vortrag thaten, beschlossen die Väter, Spanien, das während des Macedonischen Krieges nur ein einzelner Amtsplatz gewesen war, sollte wieder in zwei zerfallen; ferner Macedonien und Illyricum sollten dieselben Männer, Lucius Paullus und Lucius Anicius so lange behalten, bis sie mit Zustimmung der Abgeordneten die durch den Krieg entstandenen Verwirrungen und überhaupt den Zustand beider Reiche berichtigt hätten. Den Consuln wurden Pisä und Gallien bestimmt, jedem mit zwei Legionen1217 [von fünftausend Mann zu Fuß und dreihundert Rittern, nebst zehntausend Mann Latinischer Bundestruppen zu Fuß und neun]hundert Rittern. Die Prätoren traf bei der Verlosung, den Quintus Cassius die Rechtspflege in der Stadt, den Manius Juventius Thalna die über die Fremden, den Tiberius Claudius Nero Sicilien, den Cneus Fulvius das diesseitige Spanien, den Cajus Licinius Nerva das jenseitige. Den Aulus Manlius Torquatus hatte Sardinien getroffen; allein er konnte nicht auf diesen Standplatz abgehen, weil er nach einem Senatsschlusse als Richter über Todesverbrechen zurückbleiben mußte. Nun wurden dem Senate die Meldungen von Schreckzeichen vorgelegt. In den Tempel der göttlichen Penaten auf der Höhe Velia hatte der Blitz eingeschlagen, und ferner in der Alt-Stadt1218 in den Minerventempel, in zwei Thore und eine Strecke der Mauer. Zu Anagnia war ein Erdregen gefallen, zu Lanuvium eine Fackel am Himmel erschienen. Von Calatia meldete ein Römischer Bürger, Marcus Valerius, auf seinem vom State gepachteten Grundstücke sei aus dem Feuerherde, drei Tage und zwei Nächte lang, Blut hervorgeronnen. Besonders wegen des letztern mußten die Zehnherren die Bücher nachschlagen: sie setzten für das Gesamtvolk Einen Bettag an und brachten auf dem Markte ein Opfer von funfzig Ziegen. Auch wurde wegen der andern Schreckzeichen der folgende Tag mit Betandacht bei allen Altären gefeiert, das Opfer mit großen Thieren dargebracht und die Stadt entsündigt. Und nun befahl der Senat in Rücksicht auf den den unsterblichen Göttern gebührenden Ehrendank: «Weil die feindlichen Kriegsmächte besiegt und die Könige Perseus und Gentius nebst Macedonien und Illyricum in der Römer Gewalt wären, so sollten die Prätoren Quintus Cassius und Manius Juventius dafür sorgen, daß eben so große Dankopfer gebracht würden, als man für die Besiegung des Königs Antiochus auf allen Altären dargebracht habe.»

17. Nun bestimmten die Väter zu Bevollmächtigten, nach deren Gutbefinden die Feldherren Lucius Paullus und Lucius Anicius ihre Verfügungen treffen sollten, zehn Männer für Macedonien und fünf für Illyricum. Für Macedonien wurden folgende ernannt: Aulus Postumius Luscus und Cajus Claudius, Beide gewesene Censorn; Cajus Licinius Crassus, Amtsgenoß des Paullus im Consulate; jetzt hatte er nach verlängertem Oberbefehle Gallien zu seinem Standplatze. Die diesen Consularen Zugegebenen waren Cneus Domitius Ahenobarbus, Servius Cornelius Sulla, Lucius Junius, Cajus Antistius Labeo, Titus Numisius Tarquiniensis, Aulus Terentius Varro1219 . Für Illyricum aber wurden folgende ernannt: Publius Älius Ligus, ein Consular; Cajus Cicerejus und Cneus Bäbius Tamphilus (dieser war im vorigen, Cicerejus vor vielen Jahren Prätor gewesen), Publius Terentius Tusciveicanus1220, Publius Manilius. Die Consuln, von den Vätern aufgefordert, je eher je lieber sich über ihre Standplätze zu vergleichen, oder darum zu losen, weil der Eine von ihnen an die Stelle des zum Bevollmächtigten ernannten Cajus Licinius nach Gallien gehen müsse, loseten nun. Den Marcus Junius traf Pisä; man ließ ihn aber, ehe er auf seinen Standplatz abging, die Gesandschaften, welche sich von allen Orten her, um Glück zu wünschen, in Rom einfanden, dem Senate vorstellen; und den Quintus Älius Gallien. Ob man nun gleich solche Männer als Bevollmächtigte abgehen ließ, von denen man hoffen durfte, daß unter ihrem Beirathe die Feldherren nichts beschließen würden, was mit Roms Milde oder mit seiner Würde unverträglich sein möchte, so wurden dennoch die eigentlichen Hauptmaßregeln auch im Senate zur Sprache gebracht; damit die Bevollmächtigten von Rom aus den Feldherren Alles schon eingeleitet mitnehmen könnten.

18. Vor allen Dingen wurde festgesetzt: «Die Macedonier und Illyrier sollten frei sein, um alle Völker sehen zu lassen, daß Roms Waffen nicht etwa den Freien Knechtschaft, sondern den Dienstbaren Freiheit brächten; zugleich auch den in Freiheit lebenden Völkern die Überzeugung zu geben, daß unter Römischem Schutze ihre Freiheit sicher und dauernd sein werde; und den unter Königen stehenden den Glauben, daß nicht allein für jetzt ihre Könige in Rücksicht auf Rom gütiger gegen sie und gerechter sein müßten; sondern daß auch künftig bei einem zwischen Rom und den Königen entstandenen Kriege der Ausgang den Römern Sieg, den Völkern Freiheit bringe. Die Einkünfte1221 von den Macedonischen Bergwerken, so groß sie waren, und die Verpachtungen der Krongüter wolle man eingehen lassen: denn ohne Pächter könnten sie nicht betrieben werden; wo aber ein Pächter sei, da gingen entweder dem State seine Forderungen1222MacedonierMacedonienRömischenIllyricum