Peters, Ellis Das Erbe des Baumeisters

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Übersetzung aus dem Englischen von Marcel Bieger und Barbara Röhl

 

ISBN 978-3-492-98352-6

© 1962 Edith Pargeter

Titel der englischen Originalausgabe: »The Green Branch«

Deutschsprachige Ausgabe:

© Piper Verlag GmbH, München 2001

© dieser Ausgabe: Piper Fahrenheit, ein Imprint der Piper Verlag GmbH, München 2017

Covergestaltung: FAVORITBUERO, München

Covermotiv: Photographer Lili/shutterstock

Datenkonvertierung: abavo GmbH, Buchloe

 

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KAPITEL EINS

Die Grafschaft Kerry: September 1228

Aber: Oktober 1228

Der Knabe, der in der Baumkrone hockte, kniff die Lider zusammen und spähte gen Osten in die aufgehende Sonne.

Aus der bewaldeten Flußniederung unter ihm leuchteten Lichtpunkte wie Messer auf und stachen ihm in die Augen. Die flach einfallenden langen Sonnenstrahlen, welche durch den Morgennebel drangen, hatten soeben das steile, tief eingeschnittene Tal erreicht und trafen auf das tanzende Wasser zwischen den Bäumen. Langsam hob der Junge den Blick und betrachtete über das gleißende Licht hinweg den stumpfen Felsvorsprung, auf dem sich die Mauern der halb vollendeten Feste erhoben. Über die Weiden, auf denen kein einziges Schaf zu erblicken war, breitete sich weit und bunt das Lager der königlichen Truppen aus.

Dort fühlten die Engländer sich in ihrer Überzahl sicher genug, ihre Banner zu zeigen, aber jedesmal wenn sie es wagten, in die Wälder einzudringen, kam das Aufblitzen eines scharlachroten Stücks Stoff oder einer Helmzier sie teuer zu stehen. Allein in der vergangenen Woche hatten die Waliser über vierzig von ihnen in Rufweite ihres eigenen Lagers getötet. Harry selbst hatte zwei Männer mit einem Pfeilschuß erledigt, als sie im Morgengrauen zu ihren Kaninchenschlingen geschlichen kamen und zu hungrig waren, um Vorsicht walten zu lassen. Die Armee des Justitiars darbte. Das wenige Fleisch, das die Soldaten in den letzten drei Wochen gekostet hatten, war bestenfalls das ihrer eigenen Pferde. Beim Heranrücken der Engländer hatte die Bevölkerung die Dörfer verlassen und Rindvieh, Schweine und Schafe in die Wildnis gescheucht. Selbst das Wild in den Wäldern hatte man planmäßig nach Westen getrieben, damit es dem Feind nicht zur Nahrung dienen konnte.

Unablässig peinigten die grellen Lichtreflexe die Augen des Knaben. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn plötzlich. Er wandte seine Aufmerksamkeit von dem Flickenteppich aus Zelten und Pavillons ab und ließ den Blick über das dahinter liegende zurückweichende breite Tal schweifen. Gesäumt wurde es von tief eingeschnittenen Hügeln, deren dunkle blaue Schatten im kräftiger werdenden Tageslicht intensiver wurden. Genauer betrachtete der Knabe jetzt die Spur, welche die blinkenden Lichtschafte tief unter seinem Ausguck durch die Bäume webten.

Das Herz des Jungen tat einen Satz. Die Strahlen, die sich auf der Wasseroberfläche brachen, schienen den Bachlauf verlassen zu haben und wandten sich hügelaufwärts zum Sattel des Höhenzugs hinauf, als schlängele ein silbriges Reptil sich durch die Wälder an der Flanke des Gwernesgob. Aber es war nicht das Glitzern des Flußlaufs, sondern das Blitzen von Helmen und Speeren. Die Engländer wurden unvorsichtig. Sie besaßen nicht einmal die Umsicht, die Spitzen ihrer Lanzen zu schwärzen, ehe sie auf Beute auszogen.

Hals über Kopf kletterte der Knabe vom Baum, wobei er sich in seiner Hast Knie und Handflächen aufschürfte. Er wandte dem breiten Tal den Rücken, in das jetzt das Licht der Sonne wie helles Wasser strömte und die letzten Nebel in die tiefsten Winkel der Hügel von Kerry zurücktrieb, und rannte durch das Unterholz davon wie ein Hase.

Seine beiden walisischen Ziehbrüder schritten Seite an Seite den bewachsenen Pfad zwischen den Eichen hinab. David war hoch gewachsen, schlank und ernst wie seine Mutter, Owen dagegen gedrungen, dunkel und von heiterem Naturell. Sie stritten, wie gewöhnlich, über ihren kleinen Bruder.

»Ich habe dir gleich gesagt, daß wir ihn nie hätten mitnehmen dürfen«, erregte sich Owen. »Mit seinen dreizehn Jahren ist er viel zu jung für so etwas und wäre besser zu Hause geblieben. Warum in aller Welt hast du das zugelassen? Du hättest wissen müssen, daß er ein rechter Plagegeist werden würde.«

»Er hat so darum gefleht«, widersprach David milde. »Und er hat sich als besserer Bogenschütze erwiesen als manch ein erwachsener Mann, der in meinem Dienst steht.«

»Ich würde dir ja zustimmen, wenn wir es bloß schaffen würden, den Knaben in Bogenschußweite vom Feind fernzuhalten, aber der Rotzlöffel wagt sich immer zu nahe heran. Als er zum dritten Mal entwischt ist, mußte ich ihn tatsächlich unmittelbar vor den englischen Linien zurückholen. Was glaubst du, wird mir seine Mutter erzählen, wenn ich ohne den Burschen zurückkehre? Und wenn du ihm schon unbedingt nachgeben mußtest, wieso hast du mich dann zu seinem Kindermädchen ernannt? Lieber würde ich einen Sack Flöhe hüten!«

David lachte. Er besaß das herzliche Lachen seiner Mutter, das sich nur selten und kurz vernehmen ließ und sogar ein wenig reumütig klang, als bringe die Bürde ihrer königlichen Abstammung die aufperlende Heiterkeit immer viel zu rasch zum Versiegen. »Wie du selbst am besten weißt, hätte sie ihn niemandem außer dir anvertraut. Und klug hat sie damit gehandelt! Der Knabe braucht nur einen Schritt vom Wege abzuweichen, und schon läufst du ihm nach wie eine besorgte Henne ihrem Küken. Wenn du dich weniger um ihn sorgtest, bräuchtest du auch nicht so häufig mit ihm zu schimpfen. Harry hat seine fünf Sinne beisammen; du reibst dich also völlig grundlos auf.«

»Ich? Wer von uns hat denn in dem Augenblick, als der Junge vermißt wurde, begonnen, das Lager auf den Kopf zu stellen? Laß mich den Burschen nur in die Finger bekommen, dann werde ich dem kleinen Tunichtgut das Fell gerben«, versprach Owen finster.

In diesem Moment brach der Knabe durch die Büsche, die den Weg vor ihnen säumten. Atemlos nach dem ganzen Rennen, stürzte er sich bereitwillig in die gebräunten Arme Owens, der ihn eben noch hatte übers Knie legen wollen. Sein Pflegebruder schüttelte ihn heftig durch, erhob jedoch nicht die Hand gegen ihn. Stets war Owen derjenige, der ihm drohte, doch die eigentliche Strafe übernahm für gewöhnlich der ernste, pflichtbewußte David. Die beiden hielten den Knaben zwischen sich fest und redeten in ihrem Zorn abwechselnd auf ihn ein.

»Wo bist du während der letzten zwei Stunden gewesen, du Schlingel?«

»Hatte ich dir nicht verboten, das Lager allein zu verlassen? Wenn du noch einmal gegen meine Anordnungen verstößt, schicke ich dich unter Bedeckung von Soldaten nach Hause, verstanden?«

Der Junge, dessen Brust sich atemlos hob und senkte, setzte sich standhaft gegen seine Brüder zur Wehr. »Hört mir doch endlich zu! Ich werde schon dafür einstehen, bestimmt, aber später. Die Engländer … ich habe sie von der Hügelkuppe aus beobachtet, und sie …«

»Das dachte ich mir doch!« rief David aus und versetzte dem Knabe ein oder zwei Maulschellen, um sein Recht als älterer Bruder geltend zu machen. Verblüfft sah er, wie Harry mit plötzlicher Heftigkeit seine Hand packte und festhielt.

»Wollt ihr mir wohl zuhören? Die Engländer sind im Anrücken. Ich habe sie vom Hügel aus beobachtet. Ein Trupp, der sich auf Beutezug befindet, hat den Bergsattel dort hinten überquert und den Weg nach Dolfor eingeschlagen.«

Jetzt hatte der Junge endgültig die Aufmerksamkeit der Älteren erlangt. Jeder hielt ihn an einem Arm fest, und beide bestürmten ihn mit Fragen.

»Wann ist das gewesen?«

»Wie stark war der Trupp?«

»Wessen Wappen trugen die Männer?«

In ihrem Eifer rüttelten die zwei den Knaben, doch das war gar nicht notwendig. Aufgeregt sprudelte er seine Antworten hervor, denen sofort wieder neue Fragen folgten.

»Vor weniger als einer Viertelstunde. Mindestens dreißig Mann. Ich habe sie unter den Bäumen kommen sehen und verfolgt, welchen Weg sie eingeschlagen haben. Sie sind in Deckung geblieben, aber dort, wo die Sonne einfällt, könnt ihr sie an ihren Kettenhemden und Lanzen erkennen. Ihre ganze Ausrüstung war blank poliert«, rief er bebend vor Erregung und Wut. »Wenn wir dem Fluß folgen, können wir sie an der Furt stellen.«

Über den Kopf des Knaben hinweg wechselten die beiden Männer einen kurzen, stahlharten Blick. Dann ließen sie den Jungen auf den Boden plumpsen und stürzten auf dem Weg zurück, den sie gekommen waren. Der Kleine mußte sich die Lunge aus dem Leib rennen, um Schritt mit seinen Ziehbrüdern zu halten, doch er heftete sich verbissen an ihre Fersen. Im Laufen zerrte er an Davids Arm und protestierte keuchend schon jetzt gegen das drohende Verbot.

»Ihr werdet mich doch wohl mitnehmen?« schrie er ängstlich. »Ich habe sie schließlich zuerst gesichtet!«

»Das hast du wohl«, erwiderte David und hob einen Arm, um sich vor den Zweigen zu schützen, die ihm ins Gesicht schlugen. »Dein Teil ist getan, und nun laß uns unseren Part tun.«

»Das ist ungerecht! Warum habt ihr mich dann überhaupt mitgenommen? Wäre ich nicht gewesen, hättet ihr nicht einmal erfahren …«

Der Knabe verwandte so viel Kraft und Aufmerksamkeit auf seine Empörung, daß er vergaß, darauf zu achten, wohin er trat; er stolperte über eine knorrige Baumwurzel und schlug schwer zu Boden. Sofort rappelte er sich aber hastig wieder auf und lief weiter, wobei er sich humpelnd seine aufgeschabte Haut rieb.

»Ich schwöre, daß ich nicht stören werde, wenn ihr mich mitkommen laßt. Warum darf ich denn bloß nicht? Wozu bin ich denn hier, wenn ich nicht kämpfen darf?«

Seite an Seite stürzten die drei auf die Lichtung hinaus. Immer noch jammerte der Knabe traurig, während David den Ruf zum Sammeln ausstieß. Als die Clankrieger die Stimme ihres Fürsten vernahmen, traten sie aus dem finsteren, stillen Wald hervor. Sie waren selbst dunkel und schweigsam wie die Bäume und schienen mit ihrer Umgebung regelrecht zu verschmelzen.

»Ach, soll er doch mit uns ziehen«, versetzte Owen ungeduldig, »sonst schreit er uns noch ins Ohr, bis wir taub werden. Ich passe schon auf, daß er uns nicht im Weg steht. Und wenn er sich einen Schritt von der Stelle fortrührt, die ich ihm zuweise, dann wird er seinen Lohn dafür erhalten. Hast du verstanden, Bursche?« Aus seinen dunklen Augen warf er Harry einen bedrohlich funkelnden Blick zu. »Also lauf schon und hol deinen Bogen.«

Augenblicklich rannte Harry hastig davon und verschloß die Ohren für den Fall, daß David ihn anrief und Owens Erlaubnis rückgängig machte. Seine Pflegebrüder hatten ihn nicht einmal gescholten, weil er seine Waffen im Lager gelassen hatte, als er sich vor Sonnenaufgang davonschlich. Daher war sein Entschluß wohl richtig gewesen, in der Verkleidung eines einfachen Bauernburschen in grobgewebten Kleidern auszuziehen. Er hatte sich überlegt, daß es besser wäre, für einen Bauern gehalten zu werden, falls er in den Wäldern bei König Heinrichs Lager aufgegriffen würde. Aber nun erwartete ihn eine ganz neue Erfahrung: sein erster richtiger Kampf.

Der Knabe bewegte sich mit verzweifelter Hast, denn er fürchtete, die Männer könnten ohne ihn aufbrechen. Trotzdem zwängte er sich in fiebernder Eile in den Kettenpanzer, den der Waffenschmied ihm aus einer von Davids Rüstungen zurechtgestutzt hatte, denn er wußte: Wenn er ohne diesen Schutz erschien, würde sein Ziehbruder ihn ohnehin zurückschicken.

Als er seinen Bogen spannte, riß er sich fast die Haut von den Fingern. John, der Pfeilmacher, hatte ihn für Harry angefertigt und ihm mitgebracht, als er zu seinem Weihnachtsbesuch aus den Bergen gekommen war. Die Waffe war auf sein Gewicht und die Länge seiner Arme abgestimmt, und der Knabe liebte sie mehr als all seine anderen Besitztümer, mit Ausnahme des Schwerts, das der Fürst ihm aus der königlichen Waffenkammer zur Verfügung gestellt hatte. Auf dieser Klinge lag der Glanz von Llewelyn selbst, denn er hatte sie in seiner ersten Schlacht getragen. Vierzehn Jahre war der enterbte Jüngling gewesen und damit gerade eben mündig, als er ausgezogen war, um seinem raffgierigen Onkel das Fürstentum zu entreißen. Er hatte dieses Schwert geführt und auch mit Blut benetzt. Am liebsten hätte Harry die Klinge mit auf diesen Feldzug genommen, aber er beherrschte sie noch nicht so gut wie seinen Bogen. Daher war er bei der Waffe geblieben, die er am besten zu führen verstand, obwohl ihn dies viel Überwindung gekostet hatte.

Schließlich waren sie nicht zu seinem Wohl und Frommen ins Feld gezogen, sondern um den Justitiar, den vom König eingesetzten obersten Heerführer Englands, aus dem walisischen Kerry zu vertreiben, wo er nicht willkommen war und nichts zu suchen hatte. Weder er noch sein seltsamer junger König, der so große, dramatische und doch so sinnlose Schritte unternahm. Das gesamte Grenzland befand sich im Aufruhr. Der Monarch hatte Clifford, de Breos, Pembroke, Gloucester und ein Dutzend anderer Markfürsten zusammengerufen, von denen ihm nicht alle bereitwillig gefolgt waren, um seinen Reichtum und seine Macht zu sichern, die seine Untergebenen inzwischen mit Argwohn betrachteten. Und wie sah das Ergebnis aus? Die englischen Truppen hatten sich nicht einmal zehn Meilen von Montgomery entfernt – jenem uneinnehmbaren Fels –, da hatte der Feind bereits ihre Nachschublinien unterbrochen. Hier hatten sie sich nun eingegraben, litten Hunger und bauten hektisch an einer Festung, die zu vollenden der Wintereinbruch ihnen nicht erlauben würde, während eine fünfmal kleinere Streitmacht walisischer Krieger sie umschlich und ihnen nach Belieben den Garaus machte.

Harry zog sich den Lederschutz über die Fingerknöchel und verließ im Laufschritt Davids Hütte, die kaum mehr als einen Wetterschutz darstellte, um die Kompanie einzuholen. Die Männer waren eilig zwischen den Bäumen entlang des Hügelkamms verschwunden. Lediglich eine Handvoll war zurückgeblieben, um wie schweigende Schatten über das stille, fast unsichtbare Lager zu wachen. David befehligte hier nur zwölf Männer aus der Hausstreitmacht seines Vaters und noch einmal so viele freie Stammeskrieger. Der größte Teil der Heerschar jedoch befand sich mit Llewelyn in Sicherheit hinter den Höhen von Kerry. Von diesem Basislager aus hatten die Waliser die im Bau befindliche Feste eingekreist und setzten den Engländern zu.

Am Waldessaum verließen die Männer ihre Deckung und rannten mit den langen, weitausholenden Schritten an das Hügelland gewöhnter Läufer zu dem tief ins Tal gebetteten Fluß hinunter, der hier, kaum eine Meile hinter seiner Quelle, nicht mehr als ein plätschernder Bach war. Niemand außer den Habichten, die über dem kargen Weideland kreisten, empfing sie, und kurz hinter der Furt schlossen sich die Wälder von neuem und verstellten die Sicht auf den breiter werdenden Wasserlauf.

»Und was, wenn die Engländer den Fluß vor uns passiert haben?« fragte Harry besorgt, als er dicht neben David dahinhuschte.

»Dann befinden wir uns zwischen dem Trupp und dem englischen Lager und können ihnen den Rückzug abschneiden. In diesem Fall werden sie irgendwo auf dem Weg nach Dolfor in uns ihren Meister finden.«

»Weiß unser Vater von ihnen?«

»Ich habe ihm einen Meldeläufer geschickt. Er wird seine Reiter über eine Straße heranführen und einen Bogen schlagen, um ihnen entgegenzukommen. Aber falls die Engländer keinen Verdacht geschöpft haben, werden sie ihre Pferde diesen Abhang herabführen, so daß wir rechtzeitig eintreffen. Und jetzt schweig still, sonst hören wir womöglich Iorwerths Ruf nicht.«

Der Fluß Mule war hier streckenweise so schmal, daß ein gelenkiger Knabe mit einem Satz ans andere Ufer hätte springen können. Aber nur an diesem einen Punkt fielen seine Steilufer sanfter ab, so daß Pferde sich bequem durch die ebene Stelle führen ließen. In langgestreckten Serpentinen wand sich der Pfad, der bis fast zum Wasser dicht mit Bäumen bestanden war, den steilen Hang hinunter. Auf dem den Walisern zugewandten Ufer befand sich ein schmaler Streifen Gras, hinter dem halbkreisförmig der Waldsaum verlief. Nach Osten zu versperrte der steile Höhenzug der aufgehenden Sonne den Weg. Hier herrschten noch frühmorgendliches Halbdunkel und feuchter Septembernebel.

Die Bogenschützen und die Speerkämpfer verschwanden im Unterholz. Sie tauchten in dem umliegenden Wald unter und wählten sorgfältig ihre Stellungen aus. Irgendwo hoch auf dem Hügel stieß ein aufgeschreckter Grünspecht zweimal sein schrilles, durchdringendes Gelächter aus.

»Gerade zur rechten Zeit: Da kommen sie«, frohlockte Owen erleichtert und zerrte Harry ein Stück in den Wald zurück. »Komm, klettere auf die Astgabel und bleib dort. Von hier aus hast du freies Schußfeld und wirst selbst nicht gesehen. Ganz gleich, was am Boden geschieht, du bleibst da oben. Hast du mich verstanden?«

»Wenn ich aber gebraucht werde?« wandte Harry ein, hievte sich ins Geäst der Eiche und blickte herausfordernd zwischen den Zweigen hervor.

»Sollte ich sehen, daß du einen Fuß auf den Boden setzt, ehe der Kampf vorüber ist, dann prügle ich dich mit einem Speerschaft durch«, schwor Owen grimmig und rannte davon, um seinen Ehrenposten an Davids Seite einzunehmen.

Das war keine Art, mit einem Mann umzuspringen, den man in die Reihen des Heeres aufgenommen hatte, dachte der Knabe. Wenn die Älteren ihm schon zu kämpfen erlaubten, dann sollten sie ihm zumindest die gleiche Entscheidungsfreiheit zugestehen wie seinen Kameraden. Vor Aufregung und Empörung bebend, stand Harry in der Astgabel der Eiche, die so breit und fest war wie einer jener Felsbrocken, mit denen die höher gelegenen Weiden übersät waren. Unruhig rückte er umher, suchte Halt für seine Füße und beugte den Arm, mit dem er seinen Bogen spannte. Harry war sich qualvoll gewiß, daß er sein Ziel verfehlen würde, denn es fehlte ihm ja der feste Boden unter den Füßen. Oder die Zweige würden ihn daran hindern, die Sehne weit genug zu spannen. Nervös und bekümmert zappelte Harry herum, bis der Vogel, der keiner war, von neuem rief. Dieses Mal klang der Schrei, der einem rauhen Auflachen ähnelte, unruhiger.

Da wich plötzlich die Aufregung, die den Jungen wie im Fieber hatte zittern lassen, einem frohen, gelassenen Bewußtsein seines Könnens. Seine Atemzüge gingen länger und ruhiger, und die Spitze des Pfeils, den er auf die Sehne gelegt hatte, senkte sich leicht und wies auf den freien Raum zwischen den Ästen. Harry richtete den Blick auf die Brusthöhe eines Reiters, der am Ufer der Furt aufgetaucht war. Das Geschoß lauerte angespannt und reglos wie ein Jagdhund, der seine Beute wittert.

In den Büschen unter ihm hockte Meurig, ein Leibeigener aus einem Dorf bei Aber, der von Rechts wegen bloß zum Troß gehörte, es sich aber nie nehmen ließ, am Kampf teilzunehmen. Der Mann grinste kurz zu Harry herauf und küßte die geschwärzte Spitze seines Speers. Liebevoll wog er die Waffe in der flachen Hand. Der gut ausbalancierte Speer bebte, als wolle er von allein losfliegen, wenn der Waliser ihn nicht fest umschlossen gehalten hätte.

Und dann kamen die Engländer. Harry sah einen bunten Fleck aufleuchten, der sich seitwärts den bewaldeten Abhang herabbewegte. Noch vor einem Monat hätte das dichte Laubwerk alles verborgen. Etwas weiter oben erschien am Hang ein weiterer Mann. Harry vernahm das leise Klirren der Kettenhemden, dann die vorsichtigen Schritte und gelegentlich das Ausgleiten von Hufen auf dem dick mit Schlamm überzogenen Grund. Äußerst leise und behutsam pirschten sich die Männer langsam zum Wasser hinunter.

Als die Gegner am Flußufer ihre Deckung aufgaben, sah der Knabe erfreut, daß sie ihre Pferde am Zügel führten. Das würde seine Aufgabe erleichtern: So bestand eine größere Wahrscheinlichkeit, die Männer zu töten und ihre Tiere unversehrt an sich zu bringen; außerdem würden Roß und Reiter, gleich ob heil oder verwundet, nicht so leicht den Hinterhalt durchbrechen und entkommen. Von allem, was die Engländer besaßen, begehrte Harry nichts so sehr wie ihre Pferde: Es waren mächtige robuste Geschöpfe, doppelt so groß wie das zottige Pony, das er auf Aber ritt. Wenn Gott ihm gnädig war, würde er vielleicht eines davon besitzen, ehe der Abend anbrach.

David gab das Zeichen zum Angriff erst dann, als ein halbes Dutzend Engländer das Wasser bereits überquert hatten und ein siebter sich mitten im Strom befand. Dieser Mann saß hoch zu Roß und hielt es anscheinend für unter seiner Würde, sein Tier selbst an den steilsten Stellen am Halfter herunterzuführen. Er war ein Jüngling in einem feingearbeiteten Kettenpanzer und einem Waffenrock aus weichem Leder. Das Visier seines verzierten Helms war hochgeklappt und enthüllte ein strahlendes, kühnes und arrogantes Antlitz. Alles an ihm war etwas zu kunstvoll und eine Spur zu keck, doch er war zweifellos ein ansehnlicher Mann. Als sein Fuchs ausrutschte und in dem steinigen Bachbett ins Straucheln geriet, stürzte der Ritter, der vor ihm das Wasser durchquert hatte, wie ein Blitz auf ihn zu, um das Tier beim Zaum zu nehmen und an Land zu führen. Dabei war seine Haltung so unterwürfig, daß Harry, der an die sture Freiheitsliebe der Waliser gewohnt war, beinahe laut herausgelacht hätte. Doch der Reiter winkte den Mann gebieterisch fort, überwand schwankend das Hindernis und zog rasch und sanft die Zügel an, um sein Pferd zu beruhigen.

Wenn Ritter herbeirannten, um ihm aufzuwarten, dann mußte das gewiß einer von König Heinrichs Baronen sein. Ein Poiteviner vielleicht, einer jener fremdländischen Fürstensöhnchen, die selbst unter den Engländern Exoten waren und oftmals Unzufriedenheit unter den Soldaten schürten – was den Walisern zugute kam. Das hatte Harry jedenfalls Llewelyn einmal zufrieden sagen hören, als sie bei ihrer Rückkehr von Montgomery die Stärke des Königheers erkundet hatten.

Als David seine Bogenschützen losließ, hievte der Fuchs sich eben auf das Ufer hoch. Cynans Schuß, der den anderen zum Signal diente, traf den Reiter zu weit oben an der Schulter. Der Pfeil prallte von seinem Kettenhemd ab, sauste zischend davon und blieb hinter ihm bebend in einem Baumstamm stecken. Der Aufschlag warf den Mann hart in den Sattel zurück, und sein Pferd erhob sich auf die Hinterläufe, schlug mit den Hufen in der Luft und wieherte. Dem ersten Schuß folgte augenblicklich ein Pfeilregen. Harry ließ gleichzeitig mit den anderen Männern die Sehne los, aber er erfuhr nie, ob das Geschoß sein Ziel gefunden hatte. Der erste Engländer, der das Ufer erreichte, ließ die Zügel fahren, wirbelte herum und hielt sich den Leib, dann stürzte er vom Pferd und blieb um sich tretend liegen. Sein Tier verschwand krachend zwischen den Bäumen.

Der vornehme Reiter gewann tapfer seine Haltung zurück, krümmte sich vor Schmerz im Sattel und ritt geradewegs auf die Büsche zu. Zwei seiner Kameraden brachten ihre verschreckten Pferde unter Kontrolle und sprengten ihm nach. Zwei weitere Männer lagen am Boden, robbten panisch in Deckung und zerrten ungelenk an ihren Schwertern. Die Soldaten, die sich noch auf dem gewundenen Pfad zum Wasserlauf befanden, saßen auf, verließen den Weg und preschten den gefährlichen Steilhang herunter. Durch das aufspritzende Wasser der Furt ritten sie ihrem Anführer zu Hilfe. Hinter ihnen stieß der Specht von neuem seinen keckernden Ruf aus und erhielt eine Antwort. Eine Handvoll von Davids ordentlichen Soldaten hatte den Fluß überquert und sich in den Rücken der Engländer geschlagen, um ihnen den Rückzug abzuschneiden.

Unsichtbar in dem dichten Unterholz umkreisten die walisischen Bogenschützen ihren Gegner, nur Cynan verließ seine Deckung und rannte zum Ufer, um die Reiter von seinem Fürsten abzulenken. Als sie instinktiv herumwirbelten, um den einzig sichtbaren Feind zu verfolgen, wurden sie für die verborgenen Jäger ein leichtes Ziel. Seufzend vor Aufregung griff Harry über die Schulter in den Köcher und legte einen dritten Pfeil auf die Bogensehne. Für eine kurze Weile wußte er jedoch nicht, auf wen er sein Geschoß hätte richten können, denn auf der Lichtung brodelte es von wiehernden Pferden und schreienden Männern.

Nach der ersten Verblüffung gewannen die Engländer nun ihre Fassung zurück. Ihr Befehlshaber, den Cynans Flucht zeitweilig abgelenkt hatte, stürmte auf sein ursprüngliches Ziel zu, denn das Dickicht, aus dem der Bogenschütze hervorgebrochen war, mußte der Punkt sein, von dem die Waliser seine Aufmerksamkeit ablenken wollten. Er gab seinem Pferd die Sporen und stürzte von neuem darauf zu. Es regnete Blätter und Zweige, als er sein Reittier krachend durch die Büsche trieb. Drei oder vier Ritter folgten ihm dicht auf den Fersen.

David hatte sich zurückgezogen, allerdings nur um ein paar Meter; jetzt wurde er durch den blitzschnellen Angriff überrumpelt. Er fuhr zurück und parierte den gegen seinen Kopf gerichteten Schwerthieb; aber der Schlag warf ihn ins hohe Gras und schleuderte ihn gegen einen dornenbesetzten Baumstamm. Bevor Owen heranspringen und seinem Bruder Deckung gewähren konnte, zügelte der Fremde unter der Eiche, auf der Harry hockte, seinen Fuchs und riß das Tier herum, um ein weiteres Mal auf den Gestürzten loszugehen.

Harry zielte kürzer und schoß – allerdings etwas zu hastig und unsicher, denn der Pfeil fuhr mit einem dumpfen Geräusch in den Boden, ohne Schaden anzurichten. Später würde der Knabe zu seiner Entschuldigung anführen, er habe sich damit ohnehin verraten und sei gesprungen, um zu verhindern, daß einer der Gegner ihn mit seiner Lanze aus den Ästen pflückte. Tatsächlich blieb der fehlgegangene Pfeil bebend stecken, ohne daß jemand ihn bemerkt hätte; der Reiter blickte nicht einmal nach oben. Aber der Junge dachte nicht lange nach. Schließlich kauerte sein Fürst und Ziehbruder auf einem Knie auf der zertrampelten Grasnarbe, und sein Angreifer lenkte sein panisches Reittier mit festem Schenkeldruck und blutigen Sporen auf ihn zu, um ihn zu zermalmen. Mit einem Wutschrei schleuderte Harry seinen Bogen beiseite, schwang sich von der Baumgabelung und warf sich auf die Schultern des Reiters unter ihm.

Der harte Aufprall raubte dem Jüngling den Atem und machte ihn halb besinnungslos. Der Reiter fiel bäuchlings gegen seinen Sattelknauf. Das erschrockene Pferd bäumte sich auf und schlug in seiner Panik mit allen vieren aus, und Mann und Junge landeten beide im Gras.

Einen langen Moment, in dem Harry nur Hufgedonner und Aufruhr wahrnahm, lag er taub vor Schmerz da und rang nach Luft. Er hörte, wie Owen einen Alarmruf ausstieß und vernahm ganz in der Nähe ein Stampfen, das den Boden erbeben ließ und ihn bis ins Innerste mit Furcht und Schmerz erfüllte. Es schien überall um ihn herum zu wogen. Dann packte ihn eine gewaltige Hand am Oberarm und riß ihn mit einem Ruck, der ihm beinahe die Schulter auskugelte, außer Reichweite der trommelnden Hufe. Eine Faust, die irgendwie zu der rettenden Hand gehörte, schleuderte ihn weit weg von dem Gefahrenbereich und versetzte ihm zugleich eine Backpfeife.

Harry rollte sich im Gras zusammen und blieb, den Kopf in den Armen bergend, liegen, bis die Erde aufhörte zu beben und sich um ihn zu drehen. Allmählich konnte er wieder normal atmen, und jetzt empfand er eher Dankbarkeit als Wut über den Schlag, den ihm sein Bruder versetzt hatte. Denn der kurzfristige Ärger, der dadurch zum Ausdruck kam, bedeutete zugleich, daß die Welt, die er kannte, weiterhin existierte, wie ein Raum, der ihm vertraut war und in dem er sich zuversichtlich bewegte. Jedesmal wenn die Erwachsenen sich gezwungen sahen, ihn aus einer gefährlichen Lage zu retten, rächten sie sich unvermeidlich für die überstandene Angst, indem sie ihm ein paar Ohrfeigen versetzten, sobald er der Gefahr entronnen war. Er trug den Älteren die Hiebe nicht nach: Sie bewiesen einfach einmal mehr, wieviel Nachsicht sie ihm entgegenbrachten und wieviel er ihnen wirklich wert war.

Langsam kam der Boden unter dem Jungen zur Ruhe, und allmählich begann er seine Prellungen zu spüren. Zuerst lauschte er mit größter Vorsicht. Der Kampflärm war nur noch sehr entfernt zu vernehmen. Die Waliser arbeiteten sich noch immer durch das Buschwerk und verfolgten die Gegner, die den Absperrgürtel durchbrochen hatten. Über die Verwundeten und Toten hinweg brüllten Männer, stritten, fluchten oder stöhnten. Und ganz in seiner Nähe hörte er eine bekannte Stimme, die ihn mit barscher Freundlichkeit ansprach.

»Komm, steh auf, du bist nicht verletzt. Keinen Kratzer hast du abbekommen!«

Die Hand, die sanft Harrys Glieder abgetastet hatte, glitt seinen Rücken hinunter und versetzte ihm einen leichten Schlag aufs Hinterviertel. Harry krallte die Fäuste in die Grasnarbe, schob sich an einem Knie, das ihn stützte, empor, bis er zu sitzen kam, öffnete die Augen und sah in das bärtige, wettergegerbte Falkengesicht seines Ziehvaters mit den kräftigen, hervorstehenden Wangen- und Kieferknochen, die in dem zunehmenden Tageslicht braun glänzten, und den tiefen Falten und dunklen Schatten, in denen sich verhaltenes Lachen verbarg.

»Wir kamen gerade zur rechten Zeit, um zu sehen, wie du dich in die Lüfte erhoben hast«, erklärte der Fürst. »Ich habe schon manch einen täppischen Nestling fliegen lernen sehen, aber niemals, das schwöre ich, einen so merkwürdigen Vogel wie dich. Waren dir die Pfeile ausgegangen, daß du dich in eigener Person auf den Mann werfen mußtest?«

Harry öffnete den Mund, um ängstlich zu fragen: »David?«

»Ihm ist nichts geschehen, keine Angst. Wir haben nicht einen Mann verloren, nur einer oder zwei der Unseren haben einen Schwerthieb abbekommen. Sieben gute Pferde sind uns in die Hände gefallen, und möglicherweise fangen wir im Wald noch ein oder zwei weitere.«

Die Erwähnung der Pferde holte Harry vollends ins Leben zurück. Strahlenden Auges richtete er sich in den Armen Llewelyns auf und blickte sich begierig auf der Lichtung um, auf der die Erde jetzt von den Pferden zertrampelt, zerfurcht und mit abgerissenen Zweigen und Laubwerk übersät war. Im Gras lagen Tote, und einige Männer, die noch am Leben waren, stöhnten und zuckten. Cynan war zurück. Er hielt sich einen blutüberströmten Arm, grinste jedoch hochzufrieden. Meurig ging unter den Verwundeten umher und sammelte blutige Lanzen ein. Sein Griff war weder grob noch sanft, sondern ganz selbstverständlich, als pflücke er sie von den Bäumen.

Mit einem Mal schmerzten und pochten Harrys Prellungen heftig, als wäre er sich eben zum ersten Mal der Existenz von Blut und Tod bewußt geworden. Vor Aufregung wurde ihm übel, und er mußte den aufkommenden Brechreiz unterdrücken. Aber David zu sehen, der schlank, lebendig und unversehrt wie immer auf der anderen Seite der Rasenfläche über einem der Verwundeten kniete, beruhigte ihn.

Auch Owen befand sich in der Nähe. Er beruhigte gerade ein verängstigtes Pferd, das immer noch schwitzte und zitterte, und bedachte seinen kleinen Ziehbruder mit einem Stirnrunzeln und einem nachdenklichen Blick, in dem sowohl Zorn als auch Beifall lagen. Doch der Knabe war sich des Segens des Fürsten gewiß, und so war es ein gutes Gefühl, Owens Blick frech standzuhalten und ihn unverwandt zu erwidern.

»Hier ist dein Beutefang, falls du das Tier reiten kannst«, erklärte Llewelyn. »Es wartet hier gesattelt und gezäumt auf dich. Du hast es dir ehrlich verdient. Den Mann kann ich dir nicht überlassen, aber wenn du willst, gehört dir sein Pferd. Komm, sieh es dir einmal an! Ihm in die Augen zu schauen, ist gewiß angenehmer, als vom Boden aus seine Hufe zu betrachten. Und ein gutmütiges Tier ist es, immerhin hat es dich nicht zertrampelt.«

Unter Owens streichelnden Händen klang das heftige Beben des Fuchses langsam ab. Schaum rann über sein schimmerndes Fell wie die zurückweichenden Wogen der Ebbe über einen Strand. Mühsam riß Harry den Blick von dem Pferd los, um staunend den Mann anzuschauen, der im Gras hingestreckt lag.

Die Krieger hatten dem Engländer seinen Helm abgezogen, unter dem dichtes, zerzaustes schwarzes Haar zum Vorschein kam, das schweißdurchtränkt und strähnig herabhing. Der Mann hatte ein feingeschnittenes, glattrasiertes Antlitz, das jetzt bleich und spitz wirkte. Trotzdem strahlte er immer noch Überheblichkeit aus, doch war dies eine unbewußte Arroganz, die niemanden kränken wollte. Die Ohnmacht stand dem Fremden gut zu Gesicht. Anmutig lag er da, und seine langen dunklen Wimpern beschatteten so liebreizend seine Wangen wie die eines Mädchens.

»Ist er tot?« flüsterte Harry, und ihm wurde zum ersten Mal zitternd bewußt, daß er den Mann möglicherweise umgebracht hatte. Er hatte nicht das Gefühl, einen Feind vor sich zu sehen.

»Ach was, der doch nicht! Der kann noch alt und grau werden. Er ist bloß bewußtlos. Und das würde dich nicht wundern, wenn du den Knall gehört hättest, mit dem er unter deiner Eiche gelandet ist. Ein paar gebrochene Rippen und eine bös geprellte Schulter, das ist die ganze Liste seiner Wunden. Schau ihn dir gut an, Harry. Hast du überhaupt eine Ahnung, wen du da niedergestreckt hast?«

Staunend schüttelte der Knabe den Kopf. Die immer noch bläulich angelaufenen Lider des Engländers begannen, leicht zu zittern, und seine geraden schwarzen Brauen zogen sich zusammen, als mit dem Bewußtsein auch der Schmerz zurückkehrte.

»Als du ihn angegriffen hast, hast du gleichzeitig die Herrschaften von Hay, Radnor, Builth, Brecon und was weiß ich noch an dich gerissen. Dies ist der Mann, der erst vor drei Monaten, beim Tod des alten Reginald, die Hälfte der Baronien an der Grenze geerbt hat. William de Breos, niemand sonst!«

Der Klang seines Namens erreichte die benommenen Sinne des Herrn von Brecon. Er schlug die tief in den Höhlen liegenden dunklen Augen auf und starrte verständnislos den hochgewachsenen Mann und den kräftigen Knaben an, die über ihm aufragten. Hinter der gerunzelten Stirn kam langsam die Erinnerung in Gang.

»William de Breos bin ich«, bestätigte er mit belegter, schwacher Stimme. »Der und kein anderer!«

Obwohl der Engländer den Knaben nur einen winzigen Augenblick lang wie einen Blitzschlag vom Himmel wahrgenommen hatte, erkannte er ihn wieder. Das ernste Antlitz und die großen, besorgt dreinblickenden Augen des Jungen reizten den Gefangenen unwiderstehlich zum Lachen, doch er zügelte sich und lächelte höflich und aufmerksam. Mit derlei Art von Heiterkeit sollte man sehr behutsam umgehen; nur allzu häufig rief sie eine gegenteilige Wirkung hervor.

»Ich grüße Euch, Sir«, begann er feierlich. Immer wieder verzerrte der Schmerz seine leutselige Miene. »Ihr seid der einzige Gegner, der mich jemals unbewaffnet in einem Kampf Mann gegen Mann gestellt und niedergerungen hat; und bei Gott, Ihr werdet auch der letzte sein. Wollt Ihr mir nicht den Namen meines Bezwingers nennen?«

Die ironische Schmeichelei und der mutwillige, erfahrene Charme des Fremden umfingen Harrys Sinne wie ein Netz aus Spinnenfäden, und schon war er verloren. »Sir«, antwortete er steif und gehemmt, »ich heiße Harry Talvace.«

»Talvace!« Ein guter normannischer Name für einen ungebärdigen, braungebrannten Waliserknaben. Einen Moment grübelte der Verletzte über dieses Rätsel nach, doch die Anstrengung war zu groß für ihn. Von neuem sanken seine schweren Lider herab, und die Wangen, die sich für kurze Zeit rosig gefärbt hatten, nahmen plötzlich wieder einen aschgrauen Ton an.

Harry schüttelte Llewelyns Arm ab, packte den Helm des Engländers, der im Gras lag, und rannte zum Fluß, um Wasser zu holen. Glühend vor Stolz und Bewunderung kniete er dann neben seinem Gefangenen nieder, kühlte ihm bebend die Stirn und benetzte seine aufgesprungenen Lippen. Sogar das Pferd hatte der Junge vergessen.

Als de Breos endlich die Augen aufschlug und über sich das verzweifelt ernste, vor beflissener Sorge angespannte Gesicht des Knaben erblickte, war es nicht leicht zu erkennen, wer hier der Sieger und wer der Besiegte war.

Die Eskorte verließ das Flußtal und wandte sich über die grüne Küstenebene, die sich zwischen den salzigen Marschen und den Bergen erstreckte, nach Osten. Harry stieg vom Pferd und ging neben dem Karren, um mit dem Verwundeten auf seinem groben Strohsack zu plaudern. Für den Knaben ging der Weg nach Hause, und er kehrte mit Ruhm bedeckt heim. Ihm fehlte die Erfahrung, sich in die Lage eines Gefangenen zu versetzen. Eifrig plappernd wies er auf den langgestreckten, silbrigen Wasserschimmer jenseits der Sanddünen von Lavan und die sanft geschwungenen Ufer der Insel Ynys Mon dahinter, die in dem kleinen bläulichen Schweinebuckel von Ynys Lanog von den Heiligen auslief. Doch es war Oktober, und selbst zur Mittagszeit lag eine Stimmung tiefer Trauer über dem Meer. Obwohl de Breos munter plauderte, scherzte und tapfer lachte, wirkte er niedergeschlagen.

»Burg Aber von White Shells!« rief er aus, biß in einen der sauren Spätäpfel, die Harry in Nanhwynain für ihn gepflückt hatte, und zuckte zusammen, als die Säure ihm in den Mund schoß. »Und was habe ich auf deiner Burg zu schaffen?« Stirnrunzelnd betrachtete der Engländer das scharfe Muster, das seine kräftigen weißen Zähne in dem harten Fruchtfleisch hinterlassen hatten. »Ich will dir etwas sagen, Harry, mein Freund. Wäre ich dir nicht so zugetan, dann würde ich dich zum Teufel wünschen. Was hat dich kleinen Quälgeist überhaupt bewogen, von jenem Hügel aus das babylonische Durcheinander in unserem Lager zu beobachten? Was wolltest du dort? Auf der Suche nach Ruhm warst du jedenfalls nicht, denn wie du mir erzählt hast, bist du unbewaffnet ausgezogen. Was also war der Grund?«

Der Knabe zögerte kurz und verstummte, was de Breos erstaunte, denn bei jedem anderen Thema hatte er sich höchst mitteilsam gezeigt. Er brauchte den Jungen lediglich anzutippen, und die Bekenntnisse sprudelten nur so hervor. Doch dieses Mal hatte er anscheinend einen wunden Punkt getroffen, und einen Augenblick lang war er sich nicht sicher, ob Harry weitersprechen würde. Wäre er nicht so neugierig und eitel gewesen, hätte der Engländer sich vielleicht jetzt höflich zurückgezogen und wäre nicht weiter in den Knaben gedrungen. Doch bis jetzt hatte Harry ihm alles gesagt, was er hatte wissen wollen, und auch dieses hier würde er erfahren. Unverdrossen lächelnd wartete er ab, bis die Befangenheit des Knaben einem ungehemmten Wortschwall wich.

»Ich habe eine Erbfehde mit einem gewissen Engländer«, erklärte Harry blitzenden Auges. »Ich hatte gehofft, einen Blick auf ihn zu erhaschen und so meinen Feind kennenzulernen.«

De Breos bewahrte seine Fassung bewundernswert gut; allzu schwer fiel ihm das nicht, denn er mochte den Jungen zu gern und wollte sich nicht über Dinge lustig machen, die diesem am Herzen lagen.

»Dann hast du deinen Gegner noch nie zu Gesicht bekommen?«

»Bis jetzt nicht«, antwortete Harry und klappte mit einem deutlich vernehmbaren Geräusch den Mund zu.

»Wer ist der Mann? Vielleicht kenne ich ihn ja.«

»Sein Name wird Euch gewiß bekannt sein. Ich habe Euch schon oft nach ihm fragen wollen. Er heißt Ralf Isambard von Parfois.«

Mit weitaufgerissenen Augen starrte de Breos den Knaben an. Der Apfel steckte vergessen zwischen seinen Zähnen. »Isambard? Fürwahr, Bursche, du hast dir ein hohes Ziel gesteckt! Welchen Streit, bei allen Heiligen, könntest du mit dem Herrn von Parfois haben? Wie denn, der Mann könnte dein Großvater sein! Und hör auf meine Worte, Isambard ist jemand, dem nicht einmal ein Fürst leichten Herzens den Kampf erklärt.«

»Hier geht es um eine galanas – eine Blutschuld«, versetzte Harry streng, denn ihm war, als ob hinter dem respektvollen Erstaunen, das sich auf der aufmerksamen Miene seines Gegenübers abzeichnete, auch eine Portion verborgenen Spotts steckte.

»Aber das walisische Gesetz gestattet doch bestimmt, eine Blutschuld durch eine Geldzahlung abzulösen«, meinte de Breos taktvoll. Ralf Isambard! dachte er und hätte angesichts dieser Absurdität am liebsten laut aufgejault. Das Leben ging oft seltsame Wege, aber zu hören, wie dieser Grünschnabel dem alten Wolf seine Feindschaft erklärte, übertraf wirklich alles. Diese Waliser! Und dabei war dieser Jüngling nicht einmal walisischer Abstammung, sondern trug einen ebenso alten, unmißverständlich normannischen Familiennamen wie de Breos selbst.

»In dieser Fehde ist das nicht möglich«, erwiderte Harry finster. »Auch wenn Isambard selbst das wollte, würde ich nicht auf meine Rache verzichten. Aber er weiß nicht einmal, daß ich auf der Welt bin. Der Streit steht zwischen meinem Vater und ihm.«

Die blasse, dunstige Luft über dem Meer zog sich über den Bergen zu ihrer Rechten zu schweren Wolken zusammen, und sie konnten bereits den gewaltigen Felsrücken erkennen, der über den Feldern dahinter thronte und sie in die Brandung zu drängen schien: Burg Aber. In weniger als einer halben Stunde würden sie zu Hause sein. Während Harry die Umrisse der Hügel betrachtete, die sich vor ihnen ausbreiteten, war er sich bewußt, daß der Gefangene auf dem Karren ihn unverhohlen ansah.

»Und was hat der alte Ralf gegen deinen Vater verbrochen, daß du ihn so bitterlich haßt?« De Breos’ warme Stimme klang mitfühlend und schien von naiver Neugierde erfüllt. Wenn er wollte, konnte er so lebhaft und direkt wie ein Kind fragen, und Harry hätte ihm kaum etwas verschweigen können, nicht einmal den Wunsch, der ihn in seinem tiefsten Inneren umtrieb und drängte: so rasch wie möglich erwachsen zu werden.

»Isambard hat meinen Vater getötet. Vor langer Zeit, noch ehe ich geboren wurde. Mein Vater stand als Baumeister in Isambards Diensten. Der Streit ging um einen walisischen Jungen, der bei einem Überfall in Gefangenschaft geraten war und auf Parfois in der Obhut meines Vaters lebte. König John gab Befehl, das Kind hängen zu lassen, und Isambard hätte das wohl auch getan. Aber mein Vater hat den Knaben in Sicherheit gebracht und dem Fürsten von Gwynedd zurückgeschickt. Ihr habt ihn an der Furt des Mule-Flusses gesehen«, setzte Harry hinzu. »Er ist der ältere meiner beiden Ziehbrüder, Owen ap Ivor ap Madoc.«

»Ja, ich erinnere mich genau. Der junge Mann, der dich auf Schritt und Tritt wie eine Glucke behütet. Aber wenn die beiden nach Wales entkommen sind, wie geschah es dann, daß dein Vater ein zweites Mal in Streit mit dem Herrn von Parfois geraten ist?«

»Er ist zurückgekehrt«, erklärte Harry einfach.

»Warum denn das, in drei Teufels Namen? Wenn er im Dienste des alten Wolfs stand, dann wußte er doch gewiß, daß er nicht auf dessen Gnade bauen durfte.«

»Es ging nicht anders, er war durch einen Eid gebunden. Mein Vater hat die Kirche dort errichtet, und er hatte geschworen, auf Parfois zu bleiben, bis sein Werk beendet sei. Als er Owen sicher auf den Heimweg gebracht hatte, kehrte er nach Parfois zurück, um sein Wort zu halten. Und dort wurde er hingerichtet. Meiner Mutter und mir wäre es schlecht ergangen, hätte nicht auf Parfois eine gewisse Edeldame gelebt, eine Freundin, die zu ihrem eigenen Nachteil zu uns stand und uns unversehrt in die Obhut des Fürsten von Gwynedd brachte. Und hier leben wir seither. Deswegen bin ich als Ziehbruder von Fürst David und von Owen aufgewachsen, und meine Mutter dient bei Fürstin Joan als Hofdame.«

»So also kam es, daß ein Talvace zu einem wilden walisischen Kämpfer heranwuchs, der es mit den besten Kriegern aufnimmt. Und was ist aus der guten Dame geworden, die euch ihre Freundschaft erwiesen hat?«

»Sie ist jetzt eine Heilige«, gab Harry zurück, als beantworte dies alle Fragen und bedürfe keiner weiteren Erläuterung.

»Meiner Treu, wenn ihr das so leichtgefallen ist, dann wünschte ich, sie würde mir verraten, wie man so etwas anstellt«, entgegnete de Breos und lachte selbstironisch auf. »Was muß man denn tun, um eine Heilige zu werden? Sie lebt doch noch, oder? Ein toter Heiliger zu werden, danach verlangt es mich nicht. Märtyrer finden allzu häufig ein ungewöhnlich scheußliches Ende.«

Harry warf dem Engländer einen völlig verständnislosen Seitenblick zu. Den Begriff »heilig« benutzte er oft, aber er hatte nicht das Geringste mit dem Kirchenkanon zu schaffen.

»Sie ist in eine Klause dort oben auf dem Berg gezogen«, erklärte der Knabe weiter und wies mit einer Kopfbewegung auf die Hügel, die sanft das gegabelte Tal von Aber einschlossen. »Dort lebt auch der heilige Clydog, und man hat für sie eine zweite Zelle in der Nähe der seinen errichtet. Sie verbringt ihre Zeit im Gebet, fernab von der Welt. Das geht nun schon dreizehn Jahre so. Wir besuchen sie ab und zu, und manchmal schickt sie John, den Pfeilmacher, zu uns herunter, wenn sie etwas braucht. Aber sie kommt niemals selbst.«

»Deine Freundin und der heilige Clydog verbringen also ihre Tage in Gebet und Meditation? Und niemand im Umkreis von einem Dutzend Meilen stört ihren Frieden!«

»John, der Pfeilmacher, lebt auch dort«, verbesserte Harry ihn. Da die leise Ironie nicht gegen ihn gerichtet gewesen war, entging sie ihm vollständig.

»Oh, natürlich, wir dürfen John, den Pfeilmacher, auf keinen Fall vergessen!«

»Meine Mutter sagt«, bekannte der Jüngling offen, »sie hätte das getan, weil sie nicht heiraten wollte. Und dabei war sie so wunderschön!«

»Das klingt ja immer besser! Ich werde mir dort eine dritte Klause errichten lassen. Sie hat also die Ehe verschmäht, indem sie den Weg einer Heiligen gewählt hat, ja? Ihr gefiel wohl die praktischere Möglichkeit nicht, sich in den Dienst der Prinzessin zu begeben, wie deine Mutter es tat.«

»Aber meine Mutter hat wieder geheiratet«, erwiderte Harry entschieden. »Sie hat sich mit einem guten Freund meines Vaters vermählt, dem Maurer, der immer an seiner Seite gearbeitet hat. Dieser war es auch, der Owen damals heimgebracht hat, und danach hat er es nicht mehr gewagt, nach England zurückzukehren.«

»Um des Herrn Jesu willen, Harry!« rief de Breos aus, warf seinen Kopf nach hinten zwischen seine Decken und brach zum ersten Mal seit seiner Gefangennahme in ein herzliches Gelächter aus. »Du mußt wohl der meistgehätschelte Bursche sein, dem ich je begegnet bin. Drei Mütter und zwei Väter auf Erden, und einen weiteren unter dem Rasen! Wie kommt es, daß sie dich in ihrem Wettstreit noch nicht in Stücke gerissen haben?« Abrupt verstummte er. Vielleicht hätten sie das ja getan, dachte er, hätte der Knabe nicht ein so kühnes, zähes und eigenwilliges Wesen besessen und hätten in seinem noch kindlichen Antlitz nicht dieses wagemutige normannische Kinn geprangt und diese ruhig und herausfordernd blickenden meergrünen Augen.

Nun ja, zumindest der Tote ließ den Jungen wohl in Ruhe. Doch selbst diesen Gedanken nahm der Engländer zurück, denn vielleicht stimmte auch dies nicht. Niemand ist schließlich anspruchsvoller als die Toten – oder als die Lebenden, die im Namen der Verblichenen handeln. Und niemandes Willen kann schlimmer verdreht werden als der eines Toten, in dessen Namen die Lebenden allerlei Forderungen stellen. Was mochte der Knabe wirklich von diesem Vater halten, der nicht länger für sich selbst zu sprechen vermochte?

Unter Schmerzen veränderte de Breos seine Position. Er rückte seinen bandagierten Oberkörper auf dem groben Strohsack zurecht und zuckte zusammen, als seine gebrochenen Rippen ihn wie mit Messern stachen. Ein Narr war er gewesen, über Tag so viele Stunden zu Pferde zu sitzen, denn jetzt wurde er langsam furchtbar steif. Der Gefangene betrachtete die Wolkenfetzen, welche vom Berg heruntertrieben, sah zu dem dunkler werdenden Silber des Meeres hinter den Dünen von Lavan und erschauerte. Kein Wunder, daß die exilierten Engländer an diesem barbarischen Ort zusammenhielten, um einander beizustehen. Und nicht erstaunlich, daß Talvaces Witwe sich an ihre eigenen Leute hielt und sich eilig hinter dem Namen eines englischen Mannes verschanzt hatte, um ihrem Sohn einen neuen Vater aus seinem eigenen Volk zu verschaffen.

»Und auf wen von deinen zahlreichen Vätern und Müttern hörst du, Harry? Denn sie dürften wohl nicht immer mit einer Stimme sprechen.«