Das Hotel des Schreckens

Frank Rehfeld

Published by Cassiopeiapress/Alfredbooks, 2017.

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Das Hotel des Schreckens

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Das Hotel des Schreckens

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Romantic Thriller von Frank Rehfeld

Der Umfang dieses Buchs entspricht 126 Taschenbuchseiten.

Die junge Reporterin Caroline Stafford soll für ein Lifestyle-Magazin über das neu eröffnete Luxushotel „Paladine“ in Wales berichten, dessen Besitzer ein dubioser Spekulant sein soll. Als sie dort den attraktiven Robert Fuller, einen angeblichen Hotelgast, kennenlernt, fühlt sie sich von ihm angezogen. Nachdem ein Feuer im Hotel ausgebrochen war und Fuller sie im letzten Moment gerettet hat, verbringen sie den folgenden Tag miteinander. Während des gemeinsamen Essens erscheint eine seltsame alte Frau, die weitere Unglücksfälle prophezeit, weil der Ort, auf dem das Hotel erbaut wurde, verflucht ist ...

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author

© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

postmaster@alfredbekker.de

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Es war ein wundervoller Kurzurlaub. Zumindest bezeichnete Caroline Stafford es als solchen, obwohl sie eigentlich aus beruflichen Gründen hier war.

Sie arbeitete als Journalistin für das britische Lifestyle-Magazin Pulse, und in dieser Funktion hatte sie den Auftrag erhalten, einen Bericht über das Paladine zu schreiben, ein erst vor Kurzem fertiggestelltes Hotel nahe Cardigan im Südwesten von Wales. Es handelte sich um einen Luxustempel, in dem zu wohnen sich nur Leute mit einem wohlgefüllten Bankkonto leisten konnten. Genau diese Gäste bildeten die Zielgruppe für das Hotel. Man hoffte, dass es sich zu einem Geheimtipp für die 'oberen Zehntausend' entwickeln würde, die genug vom Rummel an den bekannten Treffpunkten des internationalen Jet-Sets hatten und einfach ein paar Wochen in Ruhe ausspannen wollten.

Wie Caroline sich inzwischen überzeugen konnte, bot das Paladine beste Voraussetzungen dafür, weshalb ihr Artikel äußerst positiv ausfallen würde.

Die vom Massentourismus bislang verschont gebliebene Landschaft war mit ihren sanften Hügeln und weiten Wäldern absolut idyllisch. Kaum zweihundert Meter von der Küste entfernt gelegen, bot das Hotel einen traumhaften Ausblick auf die Cardigan Bay und einen eigenen Privatstrand. Da es in dieser Gegend nur wenig Industrie gab, war das Wasser außerordentlich sauber und lud geradezu zum Baden ein.

Die Küche des Hotels war erstklassig, man hatte namhafte Spitzenköche dafür verpflichtet. Ein kleines Einkaufzentrum mit Boutiquen, Juwelieren und anderen exklusiven Geschäften bot den reichen Gästen genügend Gelegenheit, ihrem Konsum ungehemmt zu frönen.

Diese Möglichkeit besaß Caroline nicht. Natürlich hatte sie sich auch die Geschäfte angesehen, aber der Schmuck und die Designerkleider überstiegen ihren finanziellen Rahmen bei Weitem. Zwar brauchte sie für den Aufenthalt hier keinen Cent zu bezahlen, da alle Kosten von der Redaktion übernommen wurden, doch einen Einkaufsbummel hätte man ihr kaum als Spesen anerkannt.

Sie seufzte, als sie an die kunstvoll geschmiedete goldene Kette dachte, die sie im Schaufenster des Juweliers gesehen hatte. In das Schmuckstück hatte sie sich auf Anhieb verliebt, doch kostete es mehr, als sie in einem Vierteljahr verdiente und war somit unerschwinglich für sie.

Gleich darauf seufzte sie noch einmal. Es gab Schlimmeres. Zum Beispiel die Tatsache, dass sie nur noch einen Tag hier vor sich hatte und übermorgen bereits nach London zurückfliegen musste. Am liebsten wäre sie noch mindestens eine weitere Woche hiergeblieben, und sie hätte diese Zeit auch gut gebrauchen können.

Es war ihr erster Urlaub seit vier Jahren, seit sie bei Pulse angefangen hatte. Sie war ehrgeizig und arbeitete hart, um es in ihrem Beruf zu etwas zu bringen. Zu hart, wie einige ihrer Kollegen und auch Jeffrey Bernstein, ihr Chefredakteur, bereits einige Male angedeutet hatten.

Caroline wusste, dass dies einer der Gründe war, weshalb Bernstein ihr diesen Auftrag überhaupt zugeteilt hatte. Wenn es nur um den Artikel über das Paladine gegangen wäre, hätten auch zwei Tage genügt. Er aber hatte fünf Tage angesetzt, deshalb bezeichnete sie ihren Aufenthalt hier als Kurzurlaub. Ihr war genau bewusst, dass Bernstein das als kleine Anerkennung für ihre Leistungen bezweckt hatten.

Sie machte sich wieder über das hervorragende Kalbsfilet her, das sie sich zum Abendessen bestellt hatte. Das Hotel hatte erst vor wenigen Wochen eröffnet und war gegenwärtig nur zur Hälfte ausgebucht. Dementsprechend hielten sich auch nur wenige Dutzend Gäste im Speisesaal auf, meist Pärchen, denen man ihren Reichtum schon von Weitem ansehen konnte.

Ein Mann, der ein Stück von ihr entfernt allein an einem Tisch saß, erweckte Carolines Aufmerksamkeit. Anders als die meisten übrigen männlichen Gäste trug er keinen Anzug, sondern ein Poloshirt und eine legere Bundfaltenhose. Er mochte Mitte dreißig sein, also fast zehn Jahre älter als sie selbst, doch sah er geradezu verteufelt gut aus.

Sein Haar war ebenso nachtschwarz wie ihr eigenes, doch während ihres glatt herabfiel, war seines leicht gelockt. Sein Gesicht wies markante männliche Züge auf, und seine klassisch gerade Nase über den vollen, sinnlich geschwungenen Lippen verlieh ihm ein fast aristokratisches Aussehen. Er wirkte sportlich und war braun gebrannt, hielt sich offenbar viel im Freien auf. Kleine Grübchen um seine Mundwinkel zeigten an, dass er Humor besaß und viel lachte.

Als würde er merken, dass sie zu ihm hinübersah, blickte er in diesem Moment von seinem Teller auf. Ein Schauer durchlief Caroline, als ihre Blicke sich trafen. Der Mann hatte strahlend blaue Augen, die einen faszinierenden Kontrast zu seinem schwarzen Haar bildeten.

Sie meinte die Andeutung eines Lächelns um seine Lippen spielen zu sehen. Ein wenig verlegen senkte sie hastig den Blick. Während sie zu Ende aß, glitt ihr Blick wie von selbst immer wieder zu ihm hinüber, obwohl sie sich bemühte, es nicht zu tun. Trotz ihrer ungewohnten Verlegenheit wünschte sie sich, auch er würde noch einmal aufsehen und ihren Blick erwidern, doch diesen Gefallen tat er ihr nicht. Anscheinend hatte sie keinen großen Eindruck auf ihn gemacht.

Nachdem sie ihren Teller geleert hatte, stand sie auf, warf noch einen letzten Blick zu ihm hinüber und verließ den Speisesaal. An der Rezeption ließ sie sich ihren Zimmerschlüssel geben und schlenderte zu den Aufzügen. Sie musste fast eine Minute warten, bis endlich ein Lift im Erdgeschoss ankam. Caroline trat in die Kabine.

"Warten Sie mit dem Lift!", hörte sie jemanden rufen, als sich die Türen zu schließen begannen. Sie sah den schwarzhaarigen Mann aus dem Speisesaal durch das Foyer auf sich zugeeilt kommen. Unwillkürlich schlug ihr Herz schneller. Sie streckte rasch eine Hand aus und durchbrach damit die Lichtschranke des Aufzugs. Die Türen glitten wieder auseinander.

"Vielen Dank", sagte der Mann und schenkte ihr ein freundliches Lächeln, als er in den Lift trat. "Man wartet immer eine halbe Ewigkeit vor den Aufzügen. Der einzige Haken, den ich in diesem Hotel bislang entdeckt habe. In welches Stockwerk müssen Sie?"

"Das oberste", antwortete Caroline.

"Welch ein Zufall, da wohne ich auch."

Im obersten Stockwerk befanden sich Suiten, die noch etwas luxuriöser und größer als die übrigen waren - und dementsprechend auch noch teurer. Ursprünglich hätte Caroline angesichts der horrenden Preise gar nicht hier wohnen sollen. Da das Hotel jedoch starkes Interesse an einem positiven Artikel hatte, war man ihr entgegengekommen und hatte ihr eine der ohnehin leer stehenden Luxussuiten für einen bedeutend niedrigeren Preis überlassen.

Der Mann drückte auf den obersten Knopf auf der Schalttafel. Mit einem kaum merklichen Ruck setzte sich der Aufzug in Bewegung.

"Wie gefällt es Ihnen denn hier?", fragte der Unbekannte.

"Ausgezeichnet", erwiderte Caroline. "Nur leider muss ich übermorgen schon wieder abreisen."

"Na ja, jeder Urlaub geht einmal zu Ende. Ich bin gestern erst angekommen und habe noch eine ganze Woche vor mir."

"Eigentlich mache ich hier gar keinen Urlaub", erklärte sie. "Mein Name ist Caroline Stafford. Ich schreibe für das Pulse-Magazine einen Artikel über das ..."

Sie kam nicht zum Aussprechen. Ein harter Ruck ging durch die Kabine, als der Lift urplötzlich stoppte. Caroline verlor das Gleichgewicht und wäre gestürzt, wenn ihr Begleiter nicht geistesgegenwärtig zugegriffen hätte und sie auffing. Sie zuckte zusammen. Ein elektrischer Funke sprang zwischen ihnen über, als seine Hand ihren nackten Arm berührte.

Für einen kurzen Moment blickten sie sich verblüfft an, dann mussten sie beide lächeln.

"Das ist ja wie ein Omen", kommentierte er. "Der berühmte überspringende Funke."

"Wahrscheinlich haben wir uns beim Gehen auf den Kunstfaserteppichen statisch aufgeladen", entgegnete Caroline und ärgerte sich gleich darauf selbst über diese prosaische Bemerkung.

"Die andere Erklärung war mir lieber." Er lächelte sie an, und sie hatte das Gefühl, in seinen blauen Augen geradezu zu versinken. Seine Gegenwart irritierte sie mehr als ihr recht war. Er besaß eine charismatische Ausstrahlung, aber das allein war es nicht.

Sie verfügte selbst über ein gesundes Selbstbewusstsein, was sie in ihrem Beruf auch brauchte. In den vergangenen Jahren hatte sie zahlreiche Schauspieler, Sänger und andere Berühmtheiten interviewt. Viele von ihnen schienen sich für den Nabel der Welt zu halten und besaßen ein Ego, so groß wie ein Wolkenkratzer. Aber obwohl tausende von Teenies an ihrer Stelle vermutlich vor Verlegenheit in Ohnmacht gefallen wären, hatte keiner dieser Stars Caroline jemals sonderlich beeindrucken und aus dem Konzept bringen können. Dieser Mann jedoch ...

"Wie es aussieht, stecken wir fest", stellte sie fest und drückte auf den Alarmknopf an der Schalttafel. "Immerhin schon ein zweiter Haken für Ihre Sammlung, Mister ..."

"Nennen Sie mich Robert."

"So wie der Erbauer dieses Hotels."

Er runzelte die Stirn und blickte sie irritiert an.

"Robert Cranstone", erklärte sie. "Ein dubioser Spekulant. Er hat sein Vermögen mit Aktien, Immobilien und anderen Vermögensanlagen gemacht. Unter anderem gehört ihm eben auch das Paladine. Er lebt ziemlich zurückgezogen und zeigt sich nur selten in der Öffentlichkeit."

"Sie scheinen ihre Hausaufgaben gemacht zu haben."

"Na ja, vor zwei Jahren habe ich mich mal um einen Interviewtermin bei ihm bemüht, mir aber eine Absage eingehandelt, weil er grundsätzlich keine Interviews gäbe. Er wird schon wissen, warum."

"Offenbar haben Sie keine besonders hohe Meinung von ihm."

"Es gibt Gerüchte, dass er einen Teil seines Vermögens durch illegale Geschäfte erworben und die Gewinne an der Steuer vorbeigeschmuggelt hat", berichtete Caroline. "Er soll sogar Verbindungen zum organisierten Verbrechen haben. Das hört sich nicht gerade nach einem angenehmen Zeitgenossen an."

"In der Tat. Gut, dass ich nur den Vornamen mit ihm gemeinsam habe. Mit vollem Namen heiße ich Robert Fuller. Dieser Cranstone muss ein Idiot sein, ein Interview mit Ihnen auszuschlagen. Hätte er gewusst, mit was für einer bezaubernden Reporterin er es zu tun hat, hätte er es sich sicherlich anders überlegt."

Caroline merkte, wie sie errötete und ärgerte sich erneut über sich selbst. Sie kam sich wie ein schüchterner kleiner Teenager vor, der unversehens vom Schwarm der ganzen Schule um ein Rendezvous gebeten wurde. Zwar war dies kein Rendezvous, doch Fuller hatte ihr ein ziemlich deutliches Kompliment gemacht. Entweder war er ein windiger Charmeur, oder er hatte tatsächlich Interesse an ihr.

"Wie lange dauert das denn, bis die den Fahrstuhl wieder in Gang bekommen?", murmelte sie und drückte noch einmal auf den Alarmknopf.

Obwohl sie froh war, dass sich eine Gelegenheit ergeben hatte, mit Robert Fuller ins Gespräch zu kommen, war ihr die Enge in der Kabine plötzlich unerträglich. Sie hatte noch nie unter Platzangst gelitten, daran lag es nicht. Es war Fullers Nähe, die sie nervös machte. Viel fehlte nicht mehr, dass sie weiche Knie bekam, und das war für sie ein völlig ungewohntes Gefühl.

Seit Jahren schon hatte sie keinen Kontakt mehr mit einem Mann gehabt, der über das rein Berufliche hinausging. Sie wollte als Journalistin Karriere machen, und für dieses Ziel hatte sie einen Großteil ihres Privatlebens geopfert. Sie hatte eine regelrechte Schutzmauer um sich herum aufgebaut, doch Fuller war es fast auf Anhieb gelungen, eine Bresche in diese Mauer zu schlagen. Das war etwas, worauf sie nicht vorbereitet war, und sie brauchte Zeit, sich auf diese Situation einzustellen.

Gerade weil sie sich zu ihm hingezogen fühlte, stellte er eine Bedrohung für ihre selbst auferlegte Askese dar und löste damit einen automatischen Fluchtinstinkt in ihr aus. Aber solange sie hier eingesperrt waren, gab es keine Fluchtmöglichkeit. In gewisser Weise war sie ihm ausgeliefert, was ihre Nervosität noch steigerte, auch wenn sie keinerlei Befürchtungen hegte, dass er die Situation ausnutzen könnte.

"Warum diese Eile?", erkundigte sich Fuller. "Urlaub und Hektik vertragen sich nicht gut miteinander."

"Wie ich schon sagte, bin ich beruflich hier."

"Und deshalb haben Sie Angst etwas zu verpassen? Was haben Sie denn so Dringendes zu erledigen, dass Sie nicht einmal fünf Minuten Geduld aufbringen können?"

"Eigentlich gar nichts", gab Caroline zu.

"Oder ist meine Gegenwart Ihnen unangenehm?"

"Nein, das nicht." Sie rang sich ein flüchtiges Lächeln ab. "Ich bin es wohl einfach so sehr gewöhnt, mir keine Ruhe zu gönnen, sondern alles möglichst schnell und effektiv zu erledigen, dass es mir schwerfällt, mal einen Gang runter zu schalten."

"Das sollten Sie aber unbedingt lernen. Wenn Sie sich ständig abhetzen, brennen Sie viel zu schnell aus, körperlich und seelisch. Glauben Sie mir, Sie verpassen absolut nichts, wenn Sie sich gelegentlich auch mal etwas Entspannung gönnen, und die Arbeit fällt Ihnen anschließend umso leichter."

"Sie hören sich an wie mein Chefredakteur."

"Offenbar ein weiser Mann."

"So weise wie Sie, meinen Sie. An mangelndem Selbstbewusstsein leiden Sie offenbar nicht."

Er schmunzelte.

"Das hat mit Selbstbewusstsein nichts zu tun. Es gibt nur einfach ein paar Tatsachen, die unumstößlich wahr sind, ganz egal, wer sie ausspricht. Man kann in seiner Arbeit aufgehen und sich dabei sogar glücklich fühlen, aber das ist eine Selbsttäuschung. Ohne es zu merken, läuft man mit immer größeren Scheuklappen umher, wenn man sich zu sehr auf die Arbeit fixiert, und man verliert seinen Blick für die schönen Dinge des Lebens. Sie sind noch jung. Verschwenden Sie nicht die besten Jahre Ihres Lebens, sonst werden Sie eines Morgens aufwachen und sich fragen, wo bloß die ganze Zeit geblieben ist. Dann haben Sie es zwar im Beruf zu etwas gebracht, aber Sie werden feststellen, dass der Preis, den Sie dafür bezahlen mussten, zu hoch war."

Caroline musterte ihn mit neu erwachtem Interesse. Worte wie diese hatte sie schon oft genug gehört, nicht nur von Bernstein, aber noch niemals so eindringlich vorgetragen. Fullers Stimme hatte fast beschwörend geklungen.

"Das hört sich an, als ob Sie aus eigener Erfahrung sprechen würden."

"Da tue ich", bestätigte er. "Zumindest wäre es mir fast so gegangen. Auch ich war nur auf meine Arbeit fixiert, der Erfolg war alles, was für mich zählte."

"Und anscheinend haben Sie den auch gehabt, sonst könnten Sie sich keinen Urlaub in einem Hotel wie diesem leisten."

"Das ist nicht das Problem. Ich stamme aus einer sehr alten und reichen Familie. Wenn ich gewollt hätte, hätte ich in meinem Leben nicht eine Minute arbeiten müssen, ohne mich deshalb einzuschränken. Aber ich wollte keiner dieser dekadenten Nichtsnutze sein, die mit einem goldenen Löffel im Mund geboren werden und ihr ganzes Leben damit verbringen, in der Welt herumzureisen, zu faulenzen und sich zu amüsieren. Stattdessen wollte ich der Welt und vor allem mir selbst beweisen, dass ich durchaus arbeiten kann."

"Und was arbeiten Sie?", hakte Caroline nach.

Er zuckte mit den Schultern.

"Verschiedene Gebiete. Ein paar Aktien, Immobilien, Beteiligungen an einigen Firmen."

"Anscheinend haben Sie mit Cranstone doch mehr als nur den Vornamen gemeinsam."

"Solange mich das nicht ebenfalls zu einem unangenehmen Zeitgenossen abstempelt, kann ich damit leben."

"Aber dann haben Sie eingesehen, dass Arbeit nicht das Richtige für Sie ist, und sind doch noch zu einem dieser dekadenten Nichtsnutze geworden?", stichelte Caroline.

"Nein." Er schüttelte entschieden den Kopf. "Ich arbeite nach wie vor hart. Meine Geldanlagen gedeihen nicht von allein. Ich verbringe mehrere Stunden täglich am Telefon und am Computer, muss zu Konferenzen, Aufsichtsratssitzungen und dergleichen mehr. Nebenher unterhalte ich noch eine kleine Pferdezucht. Sie bringt zwar nicht viel ein, aber die Arbeit mit den Tieren macht mir viel Spaß."

"Das hört sich aber nicht so an, als ob Ihnen sonderlich viel Zeit für private Vergnügungen bliebe."

"Diese Zeit nehme ich mir im Gegensatz zu früher. Ich habe gelernt, mich nicht ständig selbst zu hetzen und zum Sklaven meines Terminkalenders zu machen. Meist gelingt es mir, Geschäft und Vergnügen miteinander zu kombinieren. Dies hier ist so ein Beispiel. Ich hatte einige Geschäftstermine hier in der Gegend, und habe sie mit einem zweiwöchigen Urlaub verbunden. Die Termine habe ich hinter mir, jetzt ist nur noch Entspannung angesagt."

"Und Ihre Geschäfte?"

"Sollen meine Vermögensberater auch mal was für ihr Geld tun. Bei besonders wichtigen Entscheidungen bin ich für Rückfragen telefonisch zu erreichen, aber das gilt nur für Ausnahmefälle, schließlich will ich mich erholen."

"Das dürfte wesentlich leichter sein, wenn man erst einmal reich ist. Sie brauchen sich bestimmt keine Sorgen darüber zu machen, woher Sie das Geld für ihre nächste Miete bekommen."

Fuller lachte.

"Nein, das brauche ich in der Tat nicht, da ich auf unserem Familienstammsitz in York lebe. Ich wollte Ihnen ja auch nicht raten, ganz mit Arbeiten aufzuhören, Sie sollen lediglich wegen Ihres Berufs nicht völlig zu leben vergessen. Dann werden Sie auch nicht direkt hektisch, wenn Sie mal ein paar Minuten in einem Fahrstuhl feststecken."

Wie auf sein Stichwort hin, setzte sich der Lift in diesem Moment wieder in Bewegung. Ohne weitere Zwischenfälle erreichten sie das siebte und oberste Stockwerk, wo sie ausstiegen. Ein Stück gingen sie noch gemeinsam den Korridor entlang, dann blieb Caroline vor einer Tür stehen.

"So, das ist meine Suite. Sie scheinen ja noch etwas länger als ich zu bleiben. Falls wir uns nicht mehr sehen sollten, wünsche ich Ihnen schon mal einen schönen Resturlaub."

"Danke, für Sie das Gleiche. Aber ich bin mir sicher, dass wir uns nochmal über den Weg laufen werden."