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Veronika Beer & Stefanie Gentner

Glücksorte in München

Fahr hin und werd glücklich

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Für unsere Familien und Freunde, weil sie uns glücklich machen.

Vorwort

Wir sind glücksverliebt und verrückt nach München.

So war das schon immer. In dieser Stadt sitzt das Glück wirklich an jeder Ecke. Manchmal muss man nur den Stuhl ein bisschen verrücken, das Herz öffnen und sich auf seine Sinne verlassen.

Da wird ein Laden zu einem Kino und ein Park zu einer süßlich duftenden Erlebniswelt. Kaffee in der richtigen Umgebung umhüllt uns mit Geborgenheit. Leidenschaftlich gesungene Lieder oder warme Sonnenstrahlen an einem Hauseingang wecken Kindheitserinnerungen.

Wir müssen raus, Neues erleben, Leute kennenlernen. Denn es sind die Menschen, die das Glück zu uns bringen – wenn wir sie nur lassen. Wir lieben die verbindliche Herzlichkeit, den ehrlichen Grant und das bunte Biergarten-Miteinander. Denn München ist bunt. Alle sind willkommen.

Das Buch ist eine Einladung zum Besuch von kulturellen, politischen, künstlerischen und sportlichen Orten, die uns das gute Gefühl geben, richtig zu sein. Zum Beispiel geht es auf den Viktualienmarkt – aber nur um fünf Uhr früh! Über Hängematten erheben sich plötzlich die Berge, in geheimen Kellern fließt das Bier, und im Sommerregen wird die Stadt zum Dorf. Wir joggen auf einem Friedhof und picknicken auf einem Ha-Ha. Kind trifft Kasperl. Beton weicht Blume. Durch München hüpft das Glück.

Ihre Veronika Beer und Stefanie Gentner

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Inhaltsverzeichnis

1Idylle im Großstadt-Trubel

Der Stemmerhof

2Einmal bei „Passagne“ klingeln

Das Franzosenviertel in Haidhausen

3Popcorn und Plüschbrezen

Kinderkino bei „Nyani“

4Gegen den Luxus-Wahn

Willkommenskultur im „Bellevue di Monaco“

5Kultchor mit Herz und Bier

Der „Bud-Spenzer-Heart-Chor“ aus Giesing

6Kastanienallee und Rosenmeer

Der Luitpoldpark

7Ein Kessel Kreatives

Das „Kaufhauskollektiv“ in der „Hofstatt“

8Standl-Liebe und Kaffee-Glück

Frühmorgens am Viktualienmarkt

9Blauer Reiter – gelbes Rind

Ein besonderes Bild im Lenbachhaus

10Dschungel am Straßenrand

Großstadt-Garteln mit „Green City“

11Monaco Franze lässt grüßen

Das Café „Stenz“

12Nur Fliegen ist schöner!

Spielplatz für Riesen

13Illustre Gestalten

Der Kiosk an der Reichenbachbrücke

14Ein bisschen Frieden

Das Georg-Elser-Denkmal

15Inmitten der Massen-Wellness

Der Biergarten „Augustiner-Keller“

16Ha-Ha statt Hof-Tamtam

Hinten im Nymphenburger Park

17Verliebt, vergilbt, verhaftet

Das „München72“

18Träumereien vor den Toren

Der Roecklplatz

19Joggen über Grab und Stein

Der Alte Nordfriedhof

20Ein Ort für Sozialstudien

Eine Boazn namens „Geyerwally“

21Ein Garten der Ruhe

Innenhof in der Maistraße

22Semmeln mit Spaghettisoß’

Der Bäcker Neulinger

23Allzeit auf der Sonnenseite

Tennis, Hockey, HC Wacker

24Unsichtbarer Freund

Die Heimat von Pumuckl

25Utopie mit Holzhaus-Szenerie

Das „Milchhäusl“ im Englischen Garten

26Gaudi um viel Gaunerei

„Doctor Döblingers geschmackvolles Kasperltheater“

27Goldenes Isarflimmern

Eine Nacht am Flaucher

28Streichelei für Hund und Herz

Das Café „Gartensalon“

29Auf Weltreise im Kellerabteil

Ein Abend beim Biersommelier

30Licht, Luft und Liebe

Eine Zeltdach-Tour auf dem Olympiastadion

31Brotzeit weckt Gemütlichkeit

Ein Bootshaus für Naturfreunde

32Die Mischung macht‘s

Integration dank beispielhafter Stadtplanung

33Der König und die Dragqueen

Das Café „BOB im Park“

34Skorpion im Retro-Becken

Das Müllersche Volksbad

35Ein Föhn versetzt Berge

Großstadt mit Alpenblick

36Druckfrische Schönschrift

Kreativ-Workshops in der „Silberfabrik“

37Upload an der Ursula

Sonnenbaden auf dem Kaiserplatz

38Schaf, München, Schaaaf!

Bei der Herde im Englischen Garten

39Ein Schuss Motoröl

Die Roller-Werkstatt „Vesbar“

40Wenn der Berg ruft

Alpines Museum

41Training in der Lederhosn

Sporteln auf Bayerisch

42Verrückt nach Datschi-Eis

Bei den Gelatieri von „Ballabeni“

43Eine Weißwurst im Himmel

Das Café „Vorhoelzer“

44Für Opa Molli Ruckdeschel

Ein Bankerl im Englischen Garten

45Street-Art zum Abtauchen

Freiluft-Ausstellung im Schlachthofviertel

46Regio-Trend trifft Pausenhof

Bauernmarkt an der Klenzestraße

47Leben in Freiheit

Zwei halbe Plätze an der Uni

48Hyggelig zusammenrücken

Der „Emilo“-Laden und seine Rösterei

49Trödel und Viertel-Romantik

Hinterhofflohmarkt in Haidhausen

50Heute bitte etwas Meer

Bootfahren auf dem Kleinhesseloher See

51Fesche Oktoberfest-Schwester

Die „Oide Wiesn“

52Einer für alle, alle für einen

Das Café „Ruffini“

53Zeit mit Zuckerguss

Das soziale Projekt „Kuchentratsch“

54Am See baumelt die Seele

Das Bauwagen-Café „Gans am Wasser“

55Integration bei Minusgraden

Eisstockschießen am Hinterbrühler See

56Mäuschen in der Kuschelhöhle

Die U-Bahn-Station Westfriedhof

57Wo die Welt in Ordnung ist

Am Auer Mühlbach

58Schwerelos in Boxershorts

Das Café „Kosmos“

59Urbaner Sonnenuntergang

Absolute Freiheit auf der Hackerbrücke

60Eine Floßfahrt, die ist lustig

Mit Band und Bierfass auf der Isar

61Einkaufen und Gutes tun

Das Gebrauchtwarenhaus „Weißer Rabe“

62Sinnesrausch bei kaltem Kaffee

Das „Standl 20“ auf dem Elisabethmarkt

63Leben wie zu Königs Zeiten

Der Bavariapark

64Streicheln bringt Glück

Löwenschnauzen vor der Residenz

65Im Abspann: Sommerregen

Das „Kino, Mond & Sterne“ im Westpark

66Patrona und Wiesn-Glanz

Ein Pizza-Schmaus an der Bavaria

67Knödel machen satt und froh

Das „Wirtshaus in der Au“

68Ein Held mit Flug-Krug-Power

Der Kletterwald München

69Von der Garage zum Dorfwirt

Das „Giesinger Bräu“

70Kulturdampfer ahoi!

Die MS Utting auf der Eisenbahnbrücke

71Un cappuccino, per favore!

Dolce Vita im „Caffé Ristretto“

72Mit freundlichen Grüßen

Ein berauschendes Konzert auf dem Sommer-Tollwood

73Rendezvous nach Feierabend

Boule spielen im Hofgarten

74Nur kurz das Viertel retten

Der Laden „Kunst und Spiel“

75Sommertag im Blumenrondell

Der Gärtnerplatz

76Stadtsurfer und Familienbande

Die Wiese an der Floßlände

77Semmelnknödeln – keine Wunst

Das „Valentin-Karlstadt-Musäum“

78Schrille Nacht

Der Christkindlmarkt „Pink Christmas“

79Viertel-Alltag im Mikrokosmos

Das Restaurant „Manouche“

80Höchstes Heimatgefühl

Der Olympiaturm

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Idylle im Großstadt-Trubel

1Der Stemmerhof

Es ist wohl das lauschigste Plätzchen in ganz München – und das mitten in der Stadt. Der Stemmerhof ist eine Ruheoase mit dörflichem Flair, fast ein bisschen wie aus einer anderen Zeit.

Laut dröhnt die Lindwurmstraße daher. Sie bahnt sich ihren Weg raus aus der Innenstadt und findet ihren Endpunkt knapp drei Kilometer weiter am Sendlinger Berg. Da wird’s dann gemütlicher und fast schon romantisch: links die Alte Sendlinger Kirche, rechts das Schmied-von-Kochel-Denkmal, dazwischen der Stemmerhof mit angrenzender Stemmerwiese. Noch bis 1992 gab’s hier Kühe, man spricht vom letzten Bauernhof mit Milchwirtschaft im engeren Stadtgebiet.

Misthaufen dampfen hier heute nicht mehr. Und auch der Traktor wurde inzwischen ausrangiert. Dafür haben andere Highlights Einzug gehalten. Der Stemmerhof beherbergt eine bunte Mischung von Läden mit ökologisch-alternativem Hintergrund. Da gibt es den Hofladen, einen Biomarkt, ein Schmuckatelier, Musik- und Malerwerkstätten, das Öko-Kinderbekleidungsgeschäft „Natur & Kind“ und ein Café. In der sanierten früheren Westscheune ist eine therapeutische Tagesstätte untergebracht. Alles frei nach dem Motto: Leben und leben lassen! Worauf also warten: Man hole sich eine Limo und suche ein Plätzchen im Dorfplatz-Carré. Hinsetzen darf man sich überall, heißt: Wer sich sein Getränk im Hofladen geholt hat, darf mit diesem auch gern gegenüber vor dem Schmuck-Atelier oder auf dem Bankerl vor dem Kinderladen Platz nehmen. Oder wie wär’s mit einem Picknick auf saftigem Grün? Bisher hat die Stemmerwiese noch jedem Bauherrn Kontra gegeben. Das Areal hinter dem Stemmerhof mag ja für Wohnungsbauer durchaus reizvoll sein. Das interessiert hier aber herzlich wenig. Denn noch schöner ist’s, die grüne Oase auf einer Hängematte zu genießen, die hier gerne mal zwischen die Bäume gespannt wird, dabei Fußball spielende Knirpse oder sonnenanbetende Yogis zu beobachten oder einfach nur dem Summen aus den angrenzenden Bienenstöcken zu lauschen.

TIPP

Die Kultur- und Kleinkunstbühne „Ars Musica“ lädt in den Räumen des Stemmerhofs zu Konzerten ein.

 

image Stemmerhof, Plinganserstraße 6, 81369 München, Stadtviertel Sendling www.stemmerhof.de

image ÖPNV: Bus 53, Haltestelle Sendlinger Kirche, U3, 6, Haltestelle Harras,
S7, 27, Haltestelle Harras

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Einmal bei „Passagne“ klingeln

2Das Franzosenviertel in Haidhausen

Belfort-, Metz-, Sedan- und Pariser Straße. Das klingt wie das Land von Balzac und Baudelaire – auch wenn die Namen an Schlachten im Deutsch-Französischen Krieg erinnern. Im Herzen Haidhausens flattert die Sonne über das Trottoir an der Bar Fortuna, wo sich zwischen Studenten und Familien bei Café au Lait und Kardamomkuchen das Savoir-vivre entfaltet. Auf dem Weißenburger Platz plätschert der Springbrunnen im Blumenrondell – schön wie am Gärtnerplatz, nur ohne Straßenlärm.

Obst- und Gemüsehändler gesellen sich im gründerzeitlichen Franzosenviertel um den Pariser Platz zu Ökobabymode und dem bayerischen Japaner „Nomiya“. Nachts pulsiert hier das Leben: Auf 160 Einwohner kommt eine Kneipe. Am besten bei der unscheinbaren Bar „Maria Passagne“ klingeln, um Einlass bitten und im Schummerlicht Whisky trinken. Das ist Großstadt. Dennoch: Nachbarschaftshilfe und Hinterhoffeste mit Gitarrenmusik schaffen hier ein Flair, das man sonst nur noch vom Dorf kennt.

Wie auf dem Land fühlt man sich auch am Ende der Preysingstraße. Vorbei an Tante-Emma-Läden, Manufakturen und einer Papeterie spaziert man zu liebevoll erhaltenen Herbergshäuschen wie dem aus Holz gebauten Kriechbaumhof und dem efeuberankten Üblacker-Häusl, das heute als Stadtteil-Museum dient. In den Cafés „Preysinggarten“ und „Zum Kloster“ spielen Kinder unter Kirschbäumen auf dem Kopfsteinpflaster, Autos sind verboten.

Das war nicht immer so mit der Idylle. Bis in die 70er-Jahre hatte Haidhausen verfallene Häuser, finstere Hinterhöfe, bröckelnde Fassaden. In den 80ern sanierten Handwerker im „Glasscherbenviertel“ die Altbauten. Der Zweite Weltkrieg ließ immerhin 60 Prozent von ihnen übrig – so viel wie in keinem anderen Münchner Stadtteil.

Nun ist alles hübsch. Den besonderen Viertelcharme erlebt man, wenn man in der Abendsonne über die nördliche Wörthstraße schlendert und eine Galette mit Matjes oder Spinat aus der Crêperie „Bernard“ genießt. Zeit lassen! Sonst sieht man nichts von all der Schönheit.

 

image Franzosenviertel rund um die Preysingstraße, 81667 München, Stadtviertel Haidhausen www.dielokaleleidenschaft.com und www.freunde-haidhausens.de

image ÖPNV: S1, 2, 3, 4, 6, 7, 8, Haltestelle Rosenheimer Platz, U4, 5, Haltestelle Max-Weber-Platz, Tram 15, 19, 25, Haltestelle Wörthstraße, Tram 16, Haltestelle Gasteig

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Popcorn und Plüschbrezen

3Kinderkino bei „Nyani“

Nyani – das klingt mehr nach Tokio als nach München. Doch das Spielzeug im Schaufenster verrät die bayerische Heimat des Start-ups von Melanie Epp. Plüschbrezen rascheln, und Zamperl quietschen, sobald ein Kind in ihrem Laden zu spielen beginnt. Die Eltern shoppen fröhlich-hippe Kinderkleidung: Dackel-Bodys, Kaschmir-Janker oder Dirndl mit Retro-Gänsen und Regenschirmen. München, nicht Tokio!

Als Dreifach-Mama weiß Melanie Epp, was geht und was fehlt in dieser Stadt. Deshalb verwandelt sie ihren Laden in der dunklen Jahreshälfte ab Oktober einmal im Monat in einen kuschlig-kleinen Kinosaal, zieht eine Leinwand von der Decke, schmeißt die Popcorn-Maschine an, und los geht der kostenlose Filmabend im wilden Westend.

Auf einer Kleiderstange am Eingang hängt passenderweise eine Kollektion mit Kinderpyjamas namens „Ratzepüh“. Ein junges Paar überlegt, wie lange es nicht mehr im Kino war, während sich die Tochter kopfüber in eine riesige Plüschbreze auf dem Boden plumpsen lässt. Aber nicht nur Familien sind willkommen, auch Erwachsene ohne Kinder und Kinder ohne Erwachsene. Schorle und Prosecco kreisen, und der zusammengewürfelte Trupp im Ladenkino ist sich bald nicht mehr fremd.

Heute läuft eine Reportage, bei der die Kinder erfahren, was es heißt, in der Mongolei zum Unterricht zu gelangen. Die Erwachsenen sind beeindruckt, wie der Regisseur die Szenen bei minus 50 Grad gedreht hat. Der sitzt im Publikum und beantwortet alle Fragen –„Schhh!“ und „Ruhe!“ ruft hier keiner. Da wird ungeniert geraschelt, und eine Zweijährige stimmt „Schneeflöcken, Weißröckchen“ an, als auf der Leinwand ein Moped über den vereisten See schlittert. Bei Röckchen und Söckchen klingt der Abend dann gemütlich aus. Kinder spielen Fangen, Eltern stöbern im Laden und verlieben sich in Kaschmirpullis und glitzernde Gorilla-Prints. Der Rest rekapituliert den Film und wünscht sich von Melanie Epp fürs nächste Mal „Emil und die Detektive“, die ganz alten Folgen aus der eigenen Kindheit.

TIPP

In ihrer App „Barrio“ bringt Melanie Epp Familien zusammen, die an verabredeten Plätzen miteinander Zeit verbringen können.

 

image Laden „Nyani“, Anglerstraße 19a, 80339 München, Stadtviertel Westend www.nyani.de und www.barrio.de

image ÖPNV: U4, 5, Haltestelle Schwanthalerhöhe, Bus 53, 134, Haltestelle Ridlerstraße

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Gegen den Luxus-Wahn

4Willkommenskultur im „Bellevue di Monaco“

Zum Abriss bereit! Eigentlich wollte die Stadt das fünfstöckige Haus in der Müllerstraße 6 für immer beseitigen und stattdessen für sieben Millionen Euro einen Neubau hochziehen. Das war im Winter 2013. Dann regte sich Widerstand. Mehmet Scholl, der Regisseur Markus Rosenmüller und die Sportfreunde Stiller engagierten sich unter anderem für die Rettung des Gebäudes aus dem 19. Jahrhundert. Und was zunächst kreative Rebellion und eine Rettungsaktion wider den Gentrifizierungswahnsinn sein sollte, hat sich schnell zu einem besonderen sozialen Auftrag entwickelt.

„Willkommen“ lautet das Motto in dem markanten Eckhaus. Im Herzen der Stadt haben Münchner ein Projekt mit Herz geschaffen, mehr noch: etabliert. Denn heute steht in der Müllerstraße 6 kein Abrisshaus mehr – und auch kein teurer Wohnturm wie gegenüber die Luxus-Wohnimmobilie „The Seven“. Heute tummeln sich dort Geflüchtete, Helfer und Interessierte. Die schnell gegründete Sozialgenossenschaft „Bellevue di Monaco“ hat mithilfe von Handwerkern, Architekten und zahlreichen Freiwilligen ein Wohnhaus für 20 bis 25 junge Menschen aus Syrien und anderen Kriegsgebieten geschaffen. Es gibt ein Café und zahlreiche Veranstaltungen. Wer vorbeischaut, findet Platz für Diskussion oder genießt einfach seinen Cappuccino – egal, ob neuer oder alteingesessener Münchner!