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Melanie Jungk

Morgengrauenkiller

Fürstenauer Kriminalroman





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Titel

 

 

 

 

Melanie Jungk

 

 

 

 

Morgengrauenkiller

 

 

 

Ein Fürstenauer Kriminalroman

 

 

 

Prolog

Ihre Turnschuhe hinterließen Abdrücke auf der nassen Straße. Bei jedem Schritt spritzte das Wasser an ihre Beine. Nach dem heißen Tag gestern hatte das Gewitter in der letzten Nacht die ersehnte Abkühlung gebracht und die Straßen hatten sich so aufgeheizt, dass der kühle Regen darauf verdampfte. Die rot aufgehende Sonne versprach, dass der Tag schön werden würde. Sie mochte diese       Atmosphäre. Um diese Tageszeit waren selbst in Hannover noch nicht viele Menschen     unterwegs. Schon gar nicht an einem Sonntag.

 

Jasmin Krüger lief ihre übliche, morgendliche Runde durch die Stadt. Die Spuren des Gewitters waren nicht zu übersehen. Blätter, Zweige und Äste lagen überall auf den Straßen und unzählige Feuerwehrwagen waren im Einsatz. Als sie um die nächste Ecke bog, fiel ihr Blick sofort auf den großen Ast, der auf ein Auto gefallen war. Das Blaulicht eines Polizei- und das eines Feuerwehrautos leuchteten um die Wette. Jasmin Krüger verlangsamte ihre Schritte und ging auf einen uniformierten Polizisten zu. Als er sie sah, kam er ihr entgegen. „Guten Morgen, Marc“, sprach sie ihn an und hielt ihm die Hand entgegen.

„Morgen, Jasmin. Joggen trotz Unwetter?“

„Warum nicht. Ich habe keinen Keller, der vollgelaufen sein könnte. Habt ihr viel zu tun?“

Er nickte. „Kann man so sagen. Überall Äste, Wasser und Schlamm. War kein schöner Samstagabend! Das ging die ganze Nacht durch. Damit habt ihr in der Mordkommission ja nichts zu tun.“

Jasmin lachte: „Nein. Aber glaube nicht, dass wir eine ruhige Kugel schieben. Ich muss heute auch arbeiten. Wir haben gestern Mittag eine weibliche Leiche gefunden. Man hat ihr das Genick gebrochen. War kein schöner Anblick. Wurde einfach unter die Brücke geworfen, ohne Papier und so weiter. Jetzt müssen wir erst einmal raus kriegen, wer sie ist. Arne hat Urlaub, da bleibt alles an mir hängen.“

„Stimmt, hat er mir erzählt. Nicht gerade schönes Urlaubswetter.“

Jasmin sah zum Himmel hoch. „Stimmt. Aber er ist ja mit einem Wohnmobil unterwegs. Will eine Tour durch Norddeutschland machen. Hat ja auch Vorteile. Wenn es zu sehr regnet, fährt er einfach weiter.“

„Aha, Wohnmobil. Wo steckt er denn gerade?“

Jasmin räusperte sich. „In Fürstenau.“

Der Kollege schaute sie an. „Fürstenau? Ist das nicht der Ort, wo ihr letztes Jahr ward?“

Sie stöhnte. „Genau. Ein kleines Kaff in der Nähe von Osnabrück. Der Mord in dem Gefängnis, weißt du davon?“

„Ich habe ein wenig mitbekommen. Nicht so deins, oder?“

„Das kannst du mal laut sagen! Wie kann man da nur wohnen? Du kannst dir das gar nicht vorstellen, was die da so ‚bestes Hotel im Ort‘ nennen! Und überall gibt es Torten in überdimensionalen Portionen! Von den Leuten da ganz zu schweigen.“ Sie schüttelte sich. „Ich mag gar nicht daran zurückdenken.“

Ihr Kollege erkundigte sich: „Waren da nicht zwei Morde geschehen?“

Jasmin verdrehte die Augen. „Ja, unglaub-lich, oder? Da bringen sich diese Landeier gerade dann um, wenn wir vor Ort sind. Naja, ist zum Glück vorbei. Ich habe meine Pflicht erfüllt und den Kollegen in Osnabrück ausgeholfen. Jetzt bin ich erst einmal nicht mehr dran.“

„Aber Arne scheint es da zu gefallen. Was für ein Zufall, dass sein alter Schulkamerad gerade in Fürstenau als Staatsanwalt arbeitet.“

„Na ja, eigentlich in Osnabrück. In Fürstenau wohnt er nur. Tja, Arne sieht das alles ein wenig anders. Er empfindet es auch als entspannend, in einem kleinen Wohnmobil durch die Gegend zu fahren und auf den Campingplätzen die Nasszellen mit unzähligen anderen zu teilen. Ekelig, oder? Das wäre überhaupt nichts für mich. Ich brauche Zimmerservice, Restaurants, Cocktailbar und Wellness.“

Marc lachte: „Das weiß ja jeder. Du bist halt ein Luxusweib.“

„Also!“, ermahnte sie ihn, lachte aber auch. Jasmin empfand diesen Begriff nicht als Beleidigung. „Okay, ich muss weiter. Grüß Viola!“

„Mach ich. Lauf vorsichtig!“

Jasmin sah noch einmal auf ihre Uhr, bevor sie ihren Weg fortsetzte.

Etwa zu der gleichen Zeit wie jeden    Morgen erreichte Jasmin das Gebäude, in dem sich auch ihr Büro befand. „Ich wünsche Ihnen einen schönen, guten Morgen, Hauptkommissarin Krüger“, begrüßte sie der Mann hinter der Anmeldung. Jasmin verdrehte die Augen. Sie hatte gar keine Lust mit ihm zu sprechen. Er war immer so überkorrekt. Sprach in langen, komplizierten Sätzen. Sie fragte sich jedes Mal, wer auf die Idee gekommen war, gerade ihn in den Empfang zu setzen. Mit einem knappen „Morgen“ eilte sie an ihm vorbei. Sie nahm gleich zwei Treppenstufen auf einmal. Das Büro, das sie sich mit Arne Mayer teilte, lag noch im Dunkeln. Obwohl der Tag schon angebrochen war, war es noch nicht hell genug, um in diesem ohne Licht auszukommen. Sie öffnete die Tür und schaltete das Licht an. Sofort entdeckte sie das kleine Paket auf ihrem Schreibtisch. Einen Moment hielt sie inne und dann schaute sie sich nach einem Kollegen um. „Karl, weißt du, woher das Päckchen auf meinem Schreibtisch stammt?“

Schulterzucken. „Ich bin gerade erst gekommen. Keine Ahnung.“

Widerwillig ging Jasmin zurück in den Eingangsbereich des Polizeipräsidiums. Ihr Kollege schaute sie an. „Haben Sie das    Päckchen für mich angenommen?“

„Hauptkommissarin Krüger, jawohl, so ist es. Heute Morgen um exakt 05.17 Uhr hat ein junger Mann des Paketservices Rasender   Günter das kleine Paket ordnungsgemäß hier abgegeben. Ich habe den Ausweis überprüft. Auf dem Aufkleber war ausdrücklich ‚Für Hauptkommissarin Jasmin Krüger‘ vermerkt. Wie es die Vorschrift verlangt, habe ich es den Kollegen übergeben, die die Post im Hause verteilen. Ist mit der Zustellung etwas nicht in Ordnung?“

Jasmin schüttelte den Kopf. „Nein, alles in Ordnung.“ Sie machte kehrt und ging zurück in ihr Büro. Sie starrte das Päckchen an. Wer würde ihr so etwas ins Büro schicken? Und dann auch noch per Boten. Nachdenklich lehnte sie sich in ihrem Bürostuhl zurück. Na klar, das müsste von Arne sein! Sicherlich hatte er sich zusammen mit seinem Freund, dem Staatsanwalt, bei einem Glas Bier einen Schabernack ausgedacht. So früh morgens würden nur die beiden ein Päckchen schicken. Arne Mayer war, im Gegensatz zu ihr selber, ein Langschläfer. Stets machte er sich über sie lustig, weil sie schon vor der Sonne aufstand. Neugierig schaute sie auf den Aufkleber auf dem Paket. Die Schrift war gedruckt worden. Tatsächlich stand da ‚Für Frau Hauptkommissarin Jasmin Krüger‘. Jasmins Blick fiel auf den Kalender an der Wand. Als sie das heutige Datum las, war sie sich sicher. Es handelte sich um einen Scherz von Arne. Heute war es fast auf den Tag genau ein Jahr her, dass sie beiden nach Fürstenau abberufen worden waren.

Jasmin zögerte. Wollte sie das wirklich sehen? Sie blickte auf das Päckchen. Zum Glück war es zu klein für eine Flasche Kräuterschnaps, die damals als Tatwaffe    gedient hatte. Vielleicht war es Rosenseife, die die Tochter des Ferienhofes selber herstellte, auf dem sie den zweiten Mord hatten aufklären müssen. Darüber würde sie sich sogar freuen, denn die war wirklich super. Sie öffnete ihre Schreibtischschublade und zog eine Schere heraus. Wehe, wenn es etwas mit dieser blöden plattdeutschen Sprache zu tun hatte. Die hasste sie! Langsam und vorsichtig schnitt sie das Klebeband auf. Nun fiel ihr Blick auf unzählige, zusammengeknüllte Seiten einer Tageszeitung. Ihr geschultes Auge erkannte sofort, dass es sich um die Zeitung vom vergangenen Samstag, also gestern, handelte. Schon auf dem zweiten Papier las sie in großen Lettern den Namen der Zeitung:     Bersenbrücker Kreisblatt. Damit war es klar. Arne war der Absender. Auf den ersten Blick schien es leer zu sein, zumindest konnte    Jasmin nichts entdecken. Dann sah sie den Umschlag ganz am Boden.

Oh nein, dachte sie. Bitte keinen Gutschein für eine Übernachtung oder so. Sie spürte etwas Kartenartiges und sah, dass der Umschlag weder zugeklebt, noch beschriftet worden war. Als sie ihn öffnete, fiel ihr Blick auf einen deutschen Ausweis in Kartenform. Jetzt stutzte sie. Würde Arne ihr so etwas schicken? Einer unguten Ahnung folgend,  legte sie den Umschlag vorsichtig auf den Tisch und zog sich Einmalhandschuhe an. Ganz langsam zog sie dann den Ausweis heraus. Das Gesicht einer Frau schaute sie an. Jasmin würde sie auf Mitte bis Ende 30 schätzen, was die Eintragung in dem Dokument bestätigte. Sie drehte es um und las mit Verwunderung, dass die Dame in Fürstenau wohnte. Der Ausweis war nicht neu, aber auch noch nicht abgelaufen. Was hatte das zu bedeuten? Sie legte ihn zur Seite und schaute noch einmal in das Kuvert. Es lag noch etwas darin. Sie zog einen gefalteten Brief heraus. Vorsichtig öffnete sie ihn. Auch hier waren die Buchstaben gedruckt. Jasmin las die fettgedruckte Schrift. Dann ließ sie den Brief auf den Schreibtisch fallen und griff zum Telefon. Sie wählte hektisch eine Nummer, die sie auswendig kannte. Es klingelte und klingelte und schließlich waren alle möglichen Versuche verbraucht und das Telefon stellte sich von selber aus. „Verdammt“, schimpfte sie und drückte die Wahlwiederholung. Ihr Blick fiel auf die Uhr auf ihrem Schreibtisch. 06.17 Uhr. Das wurde knapp. Das Telefon versuchte, wieder eine Verbindung herzustellen, aber das gelang nicht. Die Zeit rannte und Jasmin schimpfte. Dann kramte sie in ihrer Schublade herum und suchte das Etui, in dem sie Vi-sitenkarten sammelte. Sie riss alle heraus und suchte nach einer bestimmten. Endlich hatte sie sie gefunden und wählte nun die Nummer darauf. Vielleicht konnte sie da jemanden  erreichen. Wieder klingelte es am anderen Ende der Leitung. „Nun komm schon!“ Nach dem zweiten Klingeln meldete sich eine männliche Stimme: „Franz-Josef Krapphoff.“

„Hier ist Jasmin Krüger. Ist Arne bei dir?“

„Na, das ist aber eine schöne Überraschung. Guten Morgen, Frau Krüger“, rief der Angerufene erfreut. Es schien ihn überhaupt nicht zu stören, dass Jasmin ihn so früh am Morgen anrief. „Nein, Arne ist nicht bei mir. Der wird selig schlafen um diese Zeit. Schließlich …“

„Ich kann ihn nicht erreichen. Ich muss ihn sofort sprechen!“ Der Mann am anderen Ende der Leitung lachte: „Aber, aber. Mach du dir keine Sorgen. Arne ist wohlauf. Es ist noch zu früh für ein Telefonat. Ich sage ihm, dass er sich bei dir melden soll, wenn er aufgest…“

„Nein“, schrie sie ins Telefon. „Dann ist es zu spät! Er muss jetzt los. Es geht um Leben oder Tod.“

Wieder lachte der Mann. „Frau Krüger, das hätte ich dir gar nicht zugetraut. Netter      Versuch. Du willst uns reinlegen. Gute Idee, Arne früh morgens aus dem Schlaf zu holen.“

„Hör auf mit diesem Kinderkram, ich mein das todernst!“

Ihre Stimme überschlug sich und der    Angerufene merkte, dass etwas nicht stimmte. Sein Tonfall veränderte sich. „Was ist passiert?“

„Ich habe ein Päckchen bekommen. Mit einem Pass und einem Schreiben. Der Pass gehört einer Tina Grauer. Arne muss vor 7 Uhr bei ihr sein, sonst stirbt sie!“

Die Stimme des Staatsanwaltes klang ruhig und routiniert: „Alles klar. Ich fahre hin.“

„Nein, Arne muss hinfahren. So steht es extra geschrieben. Kein anderer, nur er.“

„Ich gehe ihn wecken. Wo wohnt sie?“

„Breslauer Straße 27.“

„Ich melde mich wieder.“ Dann legte er auf.

Jasmin versuchte es weitere unzählige Male bei Arne, hatte aber keinen Erfolg. Sie lief in ihrem Büro auf und ab und starrte dabei immer wieder auf ihr Telefon. Dann wählte sie erneut die Nummer von Arne. Wieder        erfolglos. Sie nahm sich den Ausweis zur Hand und schaute der Frau ins Gesicht. Dann ließ sie ihn fallen und sagte: „Jetzt meldet euch endlich.“ Hier rumzusitzen und gar nichts  machen zu können, war für sie eine Qual. Am liebsten wäre sie selber zu der Frau gefahren. Erneut ließ sie sich in ihren Bürostuhl fallen und im gleichen Moment klingelte das Telefon. „Ja“, rief sie in das Telefon.

„Jasmin, ich bin es, Arne.“ An Arnes Stimme erkannte sie sofort, dass etwas Schlimmes geschehen war.

Eins

„Ich war zu spät. Die Frau ist tot“,          berichtete Arne.

„Scheiße. So eine Scheiße! Wegen dem blöden Unwetter war ich heute Morgen etwas später dran als sonst. Wäre ich doch nur schon eher hier gewesen. Und dann habe ich auch noch so lange gewartet, bis ich das Päckchen überhaupt aufgemacht habe. So ein Mist! Und du, hättest du …“

„Jasmin.“

„… dein Handy nicht ausgeschaltet, dann …“

„JASMIN!“, schrie er ins Handy.

„Was?“, fragte sie genervt.

„Die Frau ist schon seit zwei Tagen tot!“ Jasmin machte große Augen, ihr Blick fiel auf das Schreiben, das vor ihr auf dem Schreibtisch lag. „Aber, auf dem Zettel steht doch … das verstehe ich nicht!“

Arne atmete laut aus. „Gut, mal langsam der Reihe nach. Das ging mir alles zu schnell für diese Uhrzeit. Fang mal ganz von vorne an. Welches Päckchen, welcher Zettel und warum wusstest du in Hannover, dass hier in Fürstenau jemand umgebracht wurde?“

In kurzen Sätzen erzählte Jasmin von ihrer morgendlichen Joggingrunde, von ihrem Treffen mit dem Kollegen Marc und dem Eintreffen im Kommissariat. Sie ließ ihren Verdacht, dass Arne und sein Freund sie verschaukeln wollten aus und beschrieb ihm das Päckchen, das auf ihrem Schreibtisch stand.

„Moment“, unterbrach er sie „in dem Päckchen war der Pass der Frau? Bist du sicher?“

„Na, zumindest wohnt sie in dem Haus, in dem ihr eine weibliche Leiche gefunden habt. Ob sie es ist, weiß ich nicht.“

„Warte, ich schicke dir ein Foto“, sagte Arne und beendete das Telefonat.

Jasmin verdrehte die Augen. Ungeduldig wartete sie ab. Schließlich entschloss sie sich, Arne ein Foto von dem Ausweis zu schicken. Sie hatte es schon lange versandt, als sie wiederum ein Foto von Arne erhielt. Tatsächlich war es die Frau von dem Passbild. Das Telefon auf dem Schreibtisch klingelte erneut. Arne rief wieder an. „Damit wäre das Opfer wohl identifiziert“, begann er das Gespräch.

„Was ist das für ein Dreckskerl! Ich habe tatsächlich geglaubt, dass wir eine Chance haben die Frau zu retten. Da weiß der ganz genau, dass sie schon lange tot ist und schreibt mir so einen Brief.“

„Was genau steht denn darin?“, wollte Arne wissen und Jasmin hörte Stimmen im Hintergrund. „Bist du nicht alleine?“

„Nein, Krappi und Dr. Vogt haben mich begleitet.“

„Bist du verrückt? Du solltest doch alleine aufkreuzen. Das habe ich doch extra gesagt! Wenn sie einer retten kann, dann nur du     alleine.“

Arne hielt inne. „Wer von uns beiden ist denn nun ein Frühaufseher? Hallo? Hast du mir nicht zugehört? Sie ist seit zwei Tagen tot. Ich hätte sie auch nicht zum Leben erwecken können, wenn ich alleine hier angekommen wäre. Jetzt lies mir endlich diesen verdammten Zettel vor! Meine Geduld schläft nämlich noch.“

Man erlebte Arne selten böse, er war eigentlich die Gelassenheit in Person. Allerdings war er ein ausgesprochener Morgenmuffel. Jasmin erinnerte sich daran, dass es erst 7 Uhr morgens war. Also vor Arnes Zeitrechnung. Da er sich im Urlaub befand, hatte er sicher geplant, noch viel später aufzustehen.

Jasmin zog sich Handschuhe an und schüttelte sich. Sie trug immer noch die Sportbekleidung und fing an zu frieren. „Unten auf dem Blatt ist eine Abbildung zu sehen. Ich würde sagen, das ist ein Schmetterling. Die Worte sind mit einem Drucker darauf gedruckt worden. Es sind relativ große Buchstaben, aber eine der üblichen Schriften. Oben in der Mitte, also quasi als Überschrift steht:

 

Was zu beweisen wäre.

 

Dann, darunter, in einer Schrift, die aussieht wie handgeschrieben:

 

Hallo Frau Hauptkommissarin

aus Hannover!

Die Kollegen aus Fürstenau brauchen wieder ihre Hilfe!

Es gibt einen Mord zu klären.

Es sei denn, ihr Kollege, Arne Mayer ist schnell genug.

Um 7 Uhr verstreicht die Chance auf Rettung. Aber Obacht!

Nur er kann der Held sein, sonst ist die Uhrzeit unerheblich!

Helden sind immer alleine!

Hopp, hopp.

Die Zeit rennt!“

Es herrschte Stille. Jasmin wusste nicht, ob Arne überhaupt zugehört hatte, deshalb fragte sie: „Bist du noch dran?“

„Na klar. Was soll das denn? Was für ein Arschloch! Wieso schickt der uns in aller Eile so früh morgens hier her und die Frau ist schon lange tot?“

„Sage ich doch! Das ist krank. Was ist denn genau passiert? Erzähl du jetzt mal.“

„Die Frau wohnt in einem Mehrfamilienhaus. Zum Glück war es nicht schwierig ins Haus zu kommen, die Nachbarin hatte einen Schlüssel. Haben sie mit aufgeschnittenen Pulsadern in der Badewanne gefunden. Voll und ganz bekleidet. Sogar Schuhe hat sie noch getragen. Sie war geknebelt und auf dem Rücken gefesselt. Es war ganz klar Mord. Franz-Josef hat den hiesigen Arzt geweckt und mitgenommen. Wir wussten ja nicht, was wir hier finden. Der sagte, sie wäre circa zwei Tage tot. So wie es aussieht, war sie bewusstlos, bevor sie starb. Das Blut aus ihren Handgelenken ist gerade nach unten gelaufen, sie hat sich also nicht mehr bewegt.“

„Was weißt du über sie?“

„Noch nicht viel. Die Nachbarin, die uns reingelassen hat, hat eine Beruhigungsspritzte bekommen. So wie es aussieht, lebt sie alleine. Hier stehen überall Kartons herum. Es scheint, als ob sie ausziehen wollte. Die Wohnung ist ansonsten sauber und aufgeräumt. Ganz    normal. Wäre was für dich, sie scheint Katzen zu mögen, hier stehen unzählige Figuren    herum.“

„Oh Gott, ich kann es mir bildlich vorstellen. Sonst was Außergewöhnliches?“

Sie hörte Arne gähnen. „Entschuldige. Nein, auf den ersten Blick nicht. Die Kollegen aus Osnabrück sind unterwegs.“

„Ach, machen die weiter?“ Jasmin frohlockte. Was für ein Glück! Wieder       fröstelte ihr. „Ich schicke dir noch ein Foto von dem Brief und gebe die Beweise dann weiter. Mir wird langsam kalt. Ich habe noch meine Joggingsachen von heute Morgen an. Ich muss dringend duschen.“

Arne sah auf seine Uhr: „Es ist noch viel zu früh für ein Frühstück. Ich glaube, ich kuschele mich wieder zu meiner Frau.“

„Grüß sie schön.“

„Mach ich. Soll ich Franz-Josef auch von dir grüßen? Der kommt gerade herein.“

Jasmin wollte etwas antworten, als sie die Stimme des Staatsanwaltes sagen hörte: „Hier ist noch ein Brief. An euch beide adressiert. Jasmin, hörst du mit?“

„Moment“, sprach Arne und drückte auf die Lautsprechertaste seines Handys. „Ja“, antwortete sie.

Der Staatsanwalt las laut vor:

 

„Liebe Hauptkommissare aus

Hannover,

willkommen im Wettbewerb um

den Titel des Klügeren. Land

gegen Stadt. Kommissare gegen

X.

Nennen wir ihn mal:

Kommissar, pass auf!

Das Beispiel war einfach, aber so

bleibt es nicht.

Frau Krüger, Herr Mayer, es wird

mir ein Vergnügen sein.

 

The Game is on!”