Einführung

Wenn man vor zwei Jahrzehnten selber elektronische Musik machen wollte, dann war das für einen Hobbyisten aufgrund der finanziellen Hürde ein Unterfangen, das kaum zu realisieren war. Die Kosten für die Hardware konnten schon den Wert eines Eigenheims erreichen und manchmal auch übersteigen. Falls das Geld – aus welchen Gründen auch immer – vielleicht doch für die Anschaffungen reichte, hieß das noch lange nicht, dass daraus auch ein gewinnbringendes Unternehmen entstehen würde. Man konnte auf Sand gebaut haben und alles war für die Katz. Das bedeutete nicht selten die private Insolvenz.

Heutzutage sieht das ein wenig anders aus. Mit ein wenig Musikverständnis kann man sich ohne größere Mühe ein eigenes Soundstudio einrichten. Das ist inzwischen ohne die damals übliche umfangreiche Hardware möglich, denn alles, was dafür notwendig ist, einschließlich virtuellem Tonstudio mit diversen Instrumenten, Effektgeräten und einem Mischpult, passt sogar auf einen mehr oder weniger leistungsfähigen Laptop.

So ist es auch mit Synthesizern, die natürlich ein grundlegendes Element der elektronischen Musik sind. Sie werden als sogenanntes Plugin in eine Digital Audio Workstation geladen und sind dann verfügbar, als hätte man ein Stück Hardware. Und damit wäre ich auch schon beim Thema dieses Buches: Es dreht sich alles um einen virtuellen Synthesizer, der zwar nur aus einem Stück Software besteht, aber so leistungsfähig ist, dass es kaum zu glauben ist. Man fragt sich immer, wie das alles möglich ist und wie es zustande kam. Viele sagten, dass es nicht zu realisieren wäre, bis einer kam, der es einfach machte. Jedenfalls wünsche ich viel Spaß beim Lesen des Buches und beim Ausprobieren der verschiedenen Aspekte des Synthesizers Zebra², worum es in diesem Buch geht. Und um die technischen Grundlagen des Sound-Designs.

Frohes Musizieren!

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Kapitel 1:
Mit Zebra² vertraut machen

Synthesizer haben mich schon immer fasziniert und gerade die 80er Jahre mit Gruppen wie zum Beispiel Depeche Mode, Ultravox, Tangerine Dream und natürlich Kraftwerk haben die Art der Klangerzeugung mit elektronischen Geräten revolutioniert. Wer hat sich damals nicht gewünscht, ähnliche Sounds zu erschaffen, die niemand zuvor jemals zu Gehör bekommen hatte. Pionierarbeit eben, die zeigte, was mit Elektronik und Kreativität alles machbar ist. Natürlich waren derartige Instrumente nicht gerade billig und die wenigsten Hobbymusiker konnten es sich leisten, mal eben einen Synthesizer zu kaufen und damit ein wenig zu experimentieren. Heutzutage sieht das Ganze schon ein wenig anders aus, denn was damals nur mit mehr oder weniger aufwendiger Hardware möglich war, kann heute mit Software simuliert werden. Natürlich ist in diesem Fall ein entsprechend ausgestatteter Rechner mit genügend CPU-Leistung und Arbeitsspeicher erforderlich.

Was ist ein ‌Synthesizer?

Bei einem Synthesizer handelt es sich um ein elektronisches Musikinstrument, das mit verschiedenen aktiven Modulen, die aus diversen elektronischen Komponenten bestehen, Klänge erzeugt. Dabei kommen ein oder mehrere Klangerzeuger zum Einsatz, die verschiedene Wellenformen generieren und über diverse Parameter angepasst werden können. Durch weitere passive Module wie zum Beispiel Filter können diese Klänge verfremdet und darüber einzigartige Klangcollagen erstellt werden.

‌u-he

Der Synthesizer, um den es hier geht, nennt sich Zebra² und ist von u-he, wobei u-he für ‌Urs Heckmann steht. Er ist Chef der Firma u-he, die ganz erstaunliche Softwaresynthesizer programmieren und damit soviel Aufmerksamkeit erregt haben, dass sogar der deutsche Filmkomponist und Musikproduzent Hans Zimmer von den Möglichkeiten und der Flexibilität fasziniert war und ist. Auf der folgenden Internetseite sind die Produkte von u-he zu finden:

https://u-he.com/

Sicht- und hörbare Unterstützung

Ein Buch über Synthesizer zu verfassen ist zwar schön und gut, aber wenn es um das Verständnis geht, ist die visuelle und akustische Komponente nicht zu unterschätzen. Aus diesem Grund habe ich ein paar unterstützende Videos und Audiodateien erstellt, auf die ich an entsprechenden Stellen im Buch verweise. Alle relevanten Informationen sind unter der folgenden Internetadresse zu finden:

https://erik-bartmann.de/?Projekte___Zebra_2

Der Zebra² im Überblick

Da der Funktionsumfang von Zebra² gewaltig anmutet, ist es nicht so einfach, einen geeigneten Einstieg zu finden und gerade ein Neuling fühlt sich möglicherweise regelrecht erschlagen vom Anblick der unzähligen Module, Drehregler und den verschiedenen Bereichen, die die Oberfläche des Synthesizers zu bieten hat. Da kann es nicht schaden, einen Leitfaden für einen schmerz- und frustfreien Einstieg in diese Thematik an die Hand zu bekommen. Natürlich ist das in diesem Fall eben nur meine persönliche Sichtweise auf das Ganze und nicht eine allgemeingültige Herangehensweise. Viele Wege führen bekanntlich nach Rom und jeder Einzelne besitzt ganz eigene Präferenzen und Strategien, um schnellstmöglich zum Ziel zu gelangen. Aus diesem Grund rate ich auch, sehr viel zu experimentieren, denn gerade, wenn es um das Sounddesign geht, dann ist das in meinen Augen die beste Herangehensweise. Natürlich sind ein paar Grundlagen unumgänglich und absolut notwendig, doch viele besonders spezielle und vielleicht noch nie gehörte Klänge enstehen in der Regel nicht durch eine penible und akurate Vorplanung, sondern durch spielerisches Ausprobieren dessen, was möglich ist. Es geht beim Sounddesign nicht um das Erlernen einer neuen Programmiersprache, die bei falscher Syntax dem Komponisten immer wieder einen Fehler um die Ohren haut, der einen schier in den Wahnsinn treiben kann. Es kann also nichts Schlimmes passieren, außer dass es sich hier und da einmal grauenvoll anhört und man die Fenster schließen sollte, damit die Nachbarn einem nicht aufs Dach steigen. Doch nun genug der Vorrede, denn ich möchte nicht mit episch langen Vorworten oder historischen Aufzählungen den Leser, also dich, langweilen. Steigen wir also ein in die Handhabung des Zebra². Auf der folgenden Abbildung ist die grafische Oberfläche des Synthesizers zu sehen und ich habe schon einmal einen sogenannten Preset geladen, der einige Module zur Klangerzeugung und Klangbeeinflussung verwendet. Für Zebra² gibt es übrigens die unterschiedlichsten Skins. Darüber kann man Einfluss auf die Darstellung des User-Interface nehmen und zum Beispiel die Farbgebung und die Anordnung der Bedienelemente pro gewähltem Skin anpassen. Also keine Panik, falls es bei dir anders aussieht als auf der hier gezeigten Abbildung. Dann liegt das ganz sicher an einem anderen Skin, der gewählt wurde. Ich habe den Skin DotEight gewählt, denn er sieht wirklich cool aus. Ich zeige dir ein wenig später, wie du den Skin verändern kannst.

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Abb. 1.1: Zebra²

Das sieht auf den ersten Blick gewaltig aus, doch lass dich nicht entmutigen, denn auch die Menge an Drehknöpfen, Auswahlmenüs und grafischen Elementen sind in den Griff zu bekommen. Das wirklich Gute an Zebra² – und es gibt sehr viele gute Aspekte, auf die wir noch eingehen werden – ist die Tatsache, dass immer nur diejenigen Komponenten angezeigt werden, die du auch wirklich in diesem Augenblick verwendest. Es gibt Synthesizer, die einen regelrecht mit der Vielfalt an Einstellmöglichkeiten erschlagen, denn fast alle Module und Einstellmöglichkeiten sind nahezu zur selben Zeit sichtbar und das macht es gerade für Einsteiger recht schwierig, den Überblick zu behalten. Du wirst bei Zebra² nur mit dem konfrontiert, was für dich im Moment wichtig ist und was du benötigst.

Was ist ein Preset?

Bei einem ‌Preset handelt es sich um eine gespeicherte Voreinstellung der verwendeten Module und deren Konfiguration. Presets liefern also gewisse Grundsounds, denn vielleicht will nicht jeder zu Beginn der kreativen Phase bei Null beginnen und mit einem simplen Piepston starten. Derartige Presets stellen also eine willkommene Quelle von fertigen Klängen zur Verfügung, die als Basis für eigene kreative Veränderungen herhalten können. Man muss das Rad, wie man so schön sagt, ja nicht immer neu erfinden. Viele wunderbare Klänge fanden ihre Ursprünge aus vordefinierten Presets und sind phantastisch.

Der Aufbau beziehungsweise die Anordnung der verschiedenen Module ist natürlich nicht wahllos vorgenommen worden. Eine gewisse Ordnung trägt gerade hier zum besseren Verständnis und zur Übersicht bei. Also löschen wir mal alle Module aus unserem Gedächtnis und werfen lediglich einen Blick auf den übrig gebliebenen Rahmen:

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Abb. 1.2: Die einzelnen Bereiche von Zebra²

Über die Upper Bar kannst du die drei Hauptbereiche von Zebra² ansprechen und ich denke, dass du damit beginnen solltest, denn das ist in meinen Augen ein guter Einstieg. Ich verwende bei meinen Erläuterungen immer wieder die englischen Begriffe, obwohl ich diesen Mischmasch zwischen den Sprachen eigentlich nicht mag. Aber gewisse Abkürzungen und Bezeichnungen haben sich zwischenzeitlich eben durchgesetzt und deswegen beschreite ich diesen Weg. Ach ja, ich wollte dir zeigen, wie du deinen Skin anpassen kannst. Wenn du an einer freien Stelle in der Upper Bar die rechte Maustaste klickst, bekommst du die Möglichkeit, den Skin und die Größe der Benutzeroberfläche anzupassen.

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Abb. 1.3: Den Skin von Zebra² anpassen

Im oberen Bereich kannst du den Skin, im unteren die Auflösung anpassen. Unter der folgenden Internetadresse findest du für zahlreiche Synthesizer von u-he verschiedene Skins, die du herunterladen und installieren kannst; im jeweiligen Pack sind Informationen zur Installation enthalten. Diese sollten unbedingt beachtet werden:

https://u-he.com/PatchLib/skins.html