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Illustration

Editorial

STEFAN KRAMMER, JULIA MALLE: Deutschunterricht zwischen Vielfalt und Gemeinsamkeit

 

 

 

Magazin

Kommentar
HARALD WALSER:
Österreich muss Südtirol werden!

ide empfiehlt
URSULA ESTERL:
Christiane Hochstadt, Ralph Olsen (Hg., 2019): Handbuch Deutschunterricht und Inklusion

Neu im Regal

 

 

Inklusion im Bildungskontext: eine Standortbestimmung

GOTTFRIED BIEWER: Inklusion als Leitziel globaler Bildungsentwicklung

MICHAEL RITTER: Zwischen Kompensation und Diversifizierung.
Deutschdidaktik für die inklusive Schule

ANNETTE KRACHT: Sprachlich-kommunikative Förderbedürfnisse und Problemlagen, Bildungsunterstützung und inklusiver Unterricht

Perspektiven einer inklusiven Deutschdidaktik

KATHARINA BÖHNERT, MATTHIAS HÖLZNER: Sprachdidaktik und Inklusion.
Eine Bestandsaufnahme

DARIA FERENCIK-LEHMKUHL: Texte schreiben und überarbeiten im inklusiven Deutschunterricht

WIEBKE DANNECKER: Inklusiver Literaturunterricht jenseits von Disparitäten.
Empirische Erkenntnisse und didaktische Implikationen

RALPH OLSEN, ANNA-CARINA DELLWING: Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe...
Anmerkungen zur Problematik der Textauswahl im inklusiven Literaturunterricht

Inklusion im Klassenzimmer: Erfahrungen und Unterrichtsmodelle

FLORIAN SCHWEITZER: Miteinander und voneinander lernen.
Multiperspektivische Erfahrungen inklusiver Unterrichtspraxis in der Sekundarstufe II

VESNA KUCHER, MARTINA RULOFS: Sprachenvielfalt im Klassenzimmer.
Möglichkeiten der Partizipation von SchülerInnen mit Hörbeeinträchtigung

ERZSEBET MATTHES: Flipendo Inklusio.
Die Geschichte von Harry Potter im Deutschunterricht der Sekundarstufe gemeinsam und spielerisch erkunden

JULIA MALLE: In- und Exklusion reflektieren.
Ein Unterrichtsmodell zu Heidi

Service

JULIA MALLE: Inklusion in Pädagogik und Deutschdidaktik.
Ein bibliographischer Überblick

 

 

 

»Inklusion« und »Diversität« in anderen ide-Heften

ide 1-2017

»Menschen gehen.« Flucht und Ankommen

ide 4-2015

Sprachliche Bildung im Kontext von Mehrsprachigkeit

ide 2-2014

Projekt und Deutschunterricht

ide 3-2013

Identitäten

ide 3-2012

Pubertät

ide 3-2008

Individualisierung

ide 2-2008

Mehrsprachigkeit

ide 3-2007

Gender

 

Das nächste ide-Heft

ide 1-2020

Schrift und Schriftlichkeit
erscheint im März 2019

 

Vorschau

ide 2-2020

Videospiele

ide 3-2020

Literatur denken – Literatur lehren

 

https://ide.aau.at
Besuchen Sie die ide-Webseite! Sie finden dort den Inhalt aller ide-Hefte seit 1988 sowie »Kostproben« aus den letzten Heften. Sie können die ide auch online bestellen.

 

www.aau.at/germanistik/fachdidaktik
Besuchen Sie auch die Webseite des Instituts für GermanistikAECC, Abteilung für Fachdidaktik an der AAU Klagenfurt: Informationen, Ansätze, Orientierungen.

Deutschunterricht zwischen Vielfalt und Gemeinsamkeit

»Behindert ist man nicht, behindert wird man.« So lautet einer der markantesten Slogans aus der Behindertenbewegung, der eine radikale Änderung der Sichtweise auf Behinderung(en) markiert und ein neues Verständnis derselben generiert. Ausgehend von der Feststellung, dass Menschen mit körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen nicht aufgrund ihres »Handicaps«, sondern vor allem aufgrund der gesellschaftlichen Reaktionen auf dieses mit unterschiedlichen Schwierigkeiten konfrontiert sind, wurden in den letzten Jahren vor allem im Rahmen der Inklusionspädagogik Ansätze entwickelt, künstlich konstruierte Barrieren abzubauen. Nicht der Mensch muss sich an die Gesellschaft anpassen bzw. sich in diese integrieren, vielmehr ist die Gesellschaft selbst gefordert, alle Barrieren zu beseitigen, die Inklusion verunmöglichen. Behinderungen sind demnach auch als soziale Konstruktionen zu verstehen, die immer schon diskursive Hervorbringung erfahren. Im Sprechen über Behinderung stehen wir jedoch vor einem Dilemma, wie Michael Ritter, der von einem sprach- und diskursbezogenen Dilemma ausgeht, in Zusammenhang mit inklusivem Unterricht festhält. Um nämlich darlegen zu können, wie Inklusion gelingen und ein möglicher Ausschluss durch geeignete Maßnahmen verhindert werden kann, braucht es immer auch die Erwähnung von jenen Schüler/-innen, an deren »Fall« ein bestimmter Förderbedarf erläutert wird. Diese werden als potenziell gefährdet markiert und damit sonderpädagogisch kategorisiert. »Um über inklusiven Unterricht sprechen zu können, müssen zentrale Ansprüche der Inklusionspädagogik ignoriert werden.« (Siehe Ritter in diesem Band; S. 19)

Für das System Schule bedeutet die durch die UN-Behindertenrechtskonvention abgesicherte Forderung nach Inklusion eine Veränderung der Perspektive und erfährt besondere (bildungs-)politische Brisanz. Sie impliziert die Notwendigkeit, über Aus- und Einschlüsse nachzudenken. Nicht nur die Allgemeinpädagogik ist hier gefordert, insbesondere sind es auch die einzelnen Fachdidaktiken, die Konzepte für uneingeschränkte Teilhabe vorzulegen haben. Selbst wenn sich in den letzten Jahren entsprechende Ansätze mehren, ist das deutschdidaktische Feld bei weitem nicht ausreichend abgesteckt. Der vorliegende ide-Band will einen Beitrag dazu leisten, indem er sich mit Begriffen und Modellen von Inklusion in Theorie und Praxis der Deutschdidaktik auseinandersetzt.

Er geht der Frage nach, welche theoretischen Erkenntnisse in einer inklusiven Deutschdidaktik berücksichtigt werden müssen, welche didaktischen Zugänge sich davon ableiten lassen und wie diese praktisch konkretisiert werden können. Das alles wird vor der Folie diskutiert, nach der sich Inklusion stets im Spannungsfeld zwischen Individualisierung und Standardisierung, Kompensation und Vielfalt sowie zwischen Ansprüchen inklusiver Didaktik und Ansprüchen fachwissenschaftlicher Zugänge bewegt (vgl. Hennies/Ritter 2014, S. 11 f.). Zu klären bleibt, durch welche didaktischen Maßnahmen und Transformationen diese Spannungsfelder aufgelöst werden könnten. Dazu werden Überlegungen und Erfahrungen von Bildungswissenschafter/-innen, Deutschdidaktiker/-innen, Deutschlehrer/-innen und Lehrpersonen für inklusive Bildung eingeholt.

Wir nähern uns dem Inklusionsbegriff aus einer inter- und transdisziplinären Perspektive, wobei der Fokus auf der Kategorie der Behinderung (in einem weiten Verständnis) liegt. Es wird auf unterschiedliche Weise dargelegt, welche Verwendung der Begriff in der bisherigen deutschdidaktischen Diskussion erfährt, inwiefern inklusiver Unterricht an bisherige deutschdidaktische Konzepte anschlussfähig ist respektive wie Sprach-, Literatur- und Mediendidaktik mit Inklusion umgehen.

Im ersten Teil werden politische und strukturelle Rahmenbedingungen geklärt. Zudem fragen die Beiträge danach, wie die auf die Inklusion bezogenen Diskurslinien verlaufen, welche Disziplinen unbedingt miteinzubeziehen sind und in welchen Spannungsfeldern sich eine inklusive Deutschdidaktik bewegt.

Gottfried Biewer skizziert in seinem Aufsatz »Inklusion als Leitbild globaler Bildungsentwicklung« die Entstehung des Begriffs Inklusion in Abgrenzung zur Exklusion. Hinsichtlich struktureller und bildungspolitischer Rahmenbedingungen geht er auf die Salamanca-Erklärung, die UN-Behindertenrechtskonvention sowie die Agenda 2030 als wesentliche Leitkonzepte globaler Unterrichtsentwicklung ein. Seine Ausführungen münden schließlich in der Forderung nach unterrichtlichen Modellen für einzelne Unterrichtsfächer. Auf die spezifisch fachdidaktische Komponente von Inklusion fokussiert der Beitrag von Michael Ritter, der der Verortung von Inklusion im Wissenschaftsdiskurs nachgeht, die ihren Ausgang zunächst fern der Deutschdidaktik nimmt. Mit Blick auf die Logiken der Pädagogik im Vergleich zu jenen der Deutschdidaktik arbeitet er ihre Differenzen anhand spezifischer Themenfelder heraus. Mit Grundlagen für einen inklusiven Unterricht setzt sich auch Annette Kracht auseinander und fokussiert insbesondere auf sprachlich-kommunikative Förderbedarfe und Problemlagen. Dabei macht sie die These stark, nach der die Kategorie Behinderung alleine nicht ausreiche, didaktische Modellierungen für eine inklusive Praxis herzustellen. Dies untermauert die Autorin durch Ergebnisse aus einer Hamburger Evaluationsstudie.

Der zweite Teil des Band perspektiviert verschiedene Bereiche der Deutschdidaktik in Hinblick auf Inklusion. Wie Katharina Böhnert und Matthias Hölzner feststellen, steckt die inklusive Sprachdidaktik noch in den Kinderschuhen. Ihr Feld ist noch wenig beschrieben: sei es durch theoretische Konzepte, sei es durch empirische Erkenntnisse. Ihr Beitrag ist sowohl eine Bestandsaufnahme als auch ein Plädoyer für das Lernen an gemeinsamen Gegenständen. Daria FerencikLehmkuhl fokussiert auf das Schreiben und Revidieren von Texten im inklusiven Deutschunterricht. Grundvoraussetzung dafür ist – der Autorin zufolge – ein erweiterter Lese- und Schreibbegriff, von dem ausgehend Lernsituationen für einen inklusiven Deutschunterricht zwischen Vielfalt und Gemeinsamkeit möglich werden. Veranschaulicht wird das an konkreten Vorschlägen für den Unterricht: etwa kreatives Schreiben zu Bilderbüchern oder das Konzept der »Schreibzeit«. Einen Überblick über den Forschungsstand zu einer inklusiven Literaturdidaktik liefert Wiebke Dannecker und beschreibt schließlich einen Zugang des literarästhetischen Lernens, den sie vor der Folie theaterdidaktischer Ansätze reflektiert. Darüber hinaus versteht sich der Beitrag Danneckers auch als Plädoyer zur empirischen Erforschung inklusiven Unterrichtens. Mit der Frage nach der Textauswahl im inklusiven Unterricht bzw. mit dem Einsatz sogenannter »leichter Texte« befassen sich Ralph Olsen und AnnaCarina Dellwing. Ausgehend von einem neu erschienenen Bilderbuch zu Rainer Maria Rilkes Der Panther greift der Beitrag die Frage auf, ob sich das Illustrieren eines komplexen Textes für den Einsatz im inklusiven Literaturunterricht eigne. Der didaktische Mehrwert von derartigen Adaptionen wird von den beiden in Frage gestellt, ein Einsatz unveränderter literarischer Texte präferiert.

Welche Anknüpfungspunkte sich nun für die schulische Praxis des Deutschunterrichts ergeben, wird im dritten Teil dargelegt. Dabei werden Vorschläge für die konkrete Umsetzung eines inklusiven Deutschunterrichts vorgestellt: Wie kann darin sprachliches und literarisches Lernen gelingen? Welche didaktischen Modellierungen erweisen sich als hilfreich? Florian Schweitzer schildert am Beispiel des Wiener Brigittenauer Gymnasiums die verschiedenen Perspektiven inklusiver Unterrichtspraxis. Zunächst werden Spannungsfelder eines inklusiven Unterrichts dargelegt, um in weiterer Folge die Sicht der Schüler/-innen und der Lehrer/-innen, aber auch die Ebene der Ressourcen miteinzubeziehen. Schweitzers Beitrag stellt die Chancen inklusiven Unterrichtens ins Zentrum, wobei Schule nur dann inklusiv sein könne, wenn die Auffassung dieses Begriffs systemisch angelegt sei. Vesna Kucher und Martina Rulofs befassen sich mit Sprachenvielfalt im Klassenzimmer bzw. mit der möglichen Partizipation von Schüler/-innen mit Hörbeeinträchtigung. Die Erkenntnisse der Beiträgerinnen stützen sich auf Ergebnisse, die im Rahmen eines Forschungsprojekts gewonnen werden konnten, welches sich mit den Möglichkeiten der Verwendung von Gebärdensprache befasste. In diesem Kontext wurden konkrete Empfehlungen entwickelt, die im inklusiven Unterricht hilfreich sein können. Ebenso praxisorientiert stellt Erzsebet Matthes die Möglichkeit dar, den Harry PotterStoff spielerisch im Deutschunterricht der Sekundarstufe zu erkunden. Die Autorin schöpft aus ihrem Erfahrungsschatz mit inklusiven Lerngruppen und skizziert vier Unterrichtseinheiten, die sich methodisch an der Theaterpädagogik orientieren. Ein konkretes Unterrichtsmodell für einen diversitätssensiblen Deutschunterricht wird auch im Beitrag von Julia Malle präsentiert. Ausgehend von Alain Gsponers Spielfilm Heidi (2015) stellt sie die Frage, wie Schüler/-innen angeleitet werden können, In- und Exklusion zu unterscheiden respektive Macht- und Herrschaftsmechanismen zu durchschauen, die durch performative Handlungen hergestellt werden.

Weiterführende Informationen zum Thema des ide-Bandes liefern die bibliographischen Notizen von Julia Malle mit zahlreichen Literaturtipps: allgemein zu bildungswissenschaftlichen Fragen zur Inklusion, speziell zur inklusiven Deutschdidaktik und zu Materialien für die schulische Praxis. Ausgewählte Publikationen mit Bezug zu einem weiter gefassten Verständnis von Inklusion werden von Ursula Esterl vorgestellt. In seinem Kommentar erörtert Harald Walser Baustellen des Bildungswesens in Bezug auf Inklusion und formuliert konkrete Forderungen an eine zukünftige Bildungspolitik.

Wir schließen uns diesem Appell auf struktureller wie auch politischer Ebene an und wollen mit unserem Band zeigen, wie gelungene Ansätze aus der Inklusiven Pädagogik um die didaktische Komponente erweitert werden können: für eine schulische Inklusion auf allen Ebenen!

STEFAN KRAMMER und
JULIA MALLE

Literatur

HENNIES, JOHANNES; RITTER, MICHAEL (Hg., 2014): Deutschunterricht in der Inklusion. Auf dem Weg zu einer inklusiven Deutschdidaktik. Stuttgart: Fillibach bei Klett.

 

 

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STEFAN KRAMMER ist Universitätsprofessor für Neuere deutsche Literatur und ihre Didaktik an der Universität Wien. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich der Literatur- und Mediendidaktik.

E-Mail: stefan.krammer@univie.ac.at

JULIA MALLE ist Lehrerin an der AHS Rahlgasse (Wien) und Lektorin (Fachdidaktik) am Institut für Germanistik der Universität Wien. Dissertationsprojekt: An der Grenze denken – Diversität lesen. (Dis)ability Studies an der Schnittstelle von Literaturwissenschaft und -didaktik.

E-Mail: julia.malle@univie.ac.at

Gottfried Biewer

Inklusion als Leitziel globaler Bildungsentwicklung

Inklusion entstand in Bildungskontexten Ende der 1980er Jahre in Nordamerika als Konzept für die Gestaltung der regulären Schule in einer Form, dass Kinder mit Behinderungen keine Ausschlüsse und Zurückweisungen mehr erfahren. Für die weltweite Verbreitung spielten die UNESCO und weitere internationale Organisationen eine wichtige Rolle. Gleichzeitig wurden die Zielgruppen auf alle Kinder und Jugendlichen erweitert, die im Schulsystem von Ausschlüssen und Marginalisierungen bedroht sind. Über die Agenda 2030 wurde inklusive und chancengerechte Bildung zum zentralen Leitkonzept für die globale Bildungsentwicklung.

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GOTTFRIED BIEWER lehrt am Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien seit 2004 mit dem Schwerpunkt Heilpädagogik und Inklusive Pädagogik. Vorausgegangen waren Tätigkeiten als Sonderschullehrer im Schuldienst in Bayern, als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität München und Vertretung einer Professur für Sonderpädagogik an der Universität Gießen.

E-Mail: gottfried.biewer@univie.ac.at

Der Begriff »Inklusion« bezeichnet aktuell eines der zentralen Ziele der Entwicklung von Bildungssystemen weltweit. Der nachfolgende Beitrag möchte die Begriffsgeschichte in Bildungskontexten darstellen, aber auch Veränderungen in der Bedeutung des Begriffs, die sich in den vergangenen Jahren ergeben haben. Darüber hinaus soll die bildungspolitische Relevanz für Veränderungen des Schulsystems und in der Folge neuer Unterrichtskonzepte angerissen werden.

1. Zur Entstehung und Entwicklung des Konzeptes der Inklusion in Bildungskontexten

Gegenwärtig ist »inclusion« als Leitbegriff in internationalen Organisationen wie auch in Beschreibungen der Bildungssysteme einzelner Länder weltweit im Gebrauch. Er ist wie kaum ein anderer mit konzeptionellen Entwicklungen in internationalen Organisationen verbunden. Inklusion löste den Begriff der Integration ab, der lange Zeit für die Gemeinsamkeit von Kindern mit und ohne Behinderung gestanden war. Dies war ein Prozess, der von englischsprachigen Ländern seinen Ausgang nahm. So trat »inclusion« ab den 1990er Jahren an die Stelle von »Mainstreaming« in den USA oder »integration« in Großbritannien und in den Commonwealth-Ländern (Rieser 2012). Die konzeptionellen Unterschiede, die den Begriffswechsel von Integration zu Inklusion begleiteten, sind nicht allen Akteur/inn/en des Bildungswesens transparent, die diesen Begriff verwenden. Hinter Inklusion verbergen sich mitunter verschiedene inhaltliche Vorstellungen, die die Diskussion erschweren und zu Missverständnissen führen.

Als Gegensatzbegriff zu Exklusion ist Inklusion in soziologischen Diskussionen bereits seit Jahrzehnten präsent. Inklusion ist als Begriff der Systemtheorie über die Schriften von Niklas Luhmann (z. B. 1995) schon lange geläufig, auch als Gegensatz zu Exklusion. Für die Anwendung auf Bildungssysteme ist aber eine andere Begriffstradition maßgebend. Der bildungswissenschaftliche Begriff Inklusion ist jüngeren Datums und wurde vom englischen »inclusion« (= Einbeziehung) abgeleitet.

Exklusion bedeutet, dass Kinder mit Behinderungen aus dem Schulwesen ausgeschlossen sind. Dies war für Kinder mit einer schweren Behinderung noch bis mindestens in die 1960er Jahre in Österreich der Fall. Separation steht hier für den Besuch eigener besonderer Schulen. Integration steht für die Integrationsklassen in der regulären Schule, in der Kinder mit Behinderungen als eigene Gruppe gesehen werden, die dort eine zusätzliche Unterstützung erfährt. Inklusion bezieht sich auf eine Schule in Veränderungsprozessen, die Vielfalt wertschätzt und ihre Strukturen und das professionelle Handeln so gestaltet, dass alle einbezogen werden. Inklusion wird in der Literatur daher häufig als Zielsetzung und Prozess bezeichnet, weniger als ein Zustand, der erreicht ist. Insbesondere in der deutschsprachigen Fachliteratur gab es seit dem Anfang der 2000er Jahre eine intensive Diskussion darüber, inwiefern sich das Konzept von Inklusion von dem der Integration unterscheide. Andreas Hinz (2002) führt in Aufarbeitung des damaligen fachlichen Diskussionsstandes in einem vielbeachteten Artikel in der Zeitschrift für Heilpädagogik insgesamt 15 Merkmale an, die er als Unterschied zwischen der Praxis der Integration und der Inklusion ansieht. So sieht er in Integration ein differenziertes System je nach Schädigung, Inklusion betrachtet er als umfassendes System für alle. Bei der Praxis der Integration werde Heterogenität eher als Problem gesehen, während Inklusion von einer Theorie der heterogenen Gruppe ausgehe, mit vielen Mehrheiten und vielen Minderheiten und mit einer Wertschätzung von Vielfalt. Bei Integration wären Ressourcen an Kinder mit Etikettierung gebunden, während diese bei der Inklusion dem System der Schule zugeordnet seien (ebd., S. 359).

2. Die Verbreitung des Inklusionskonzeptes über die UNESCO und internationale Organisationen

Während die Begriffsentstehung in nordamerikanischen Diskussionen zur schulischen Bildung von Kindern mit Behinderungen Ende der 1980er Jahre angesiedelt werden kann, spielten für die rasche weltweite Verbreitung internationale Organisationen und insbesondere die UNESCO eine entscheidende Rolle (Biewer/Schütz 2016).

Mit der Erklärung von Salamanca (UNESCO 1994) wurde der Begriff »inclusion« erstmals einem breiten internationalen Publikum präsentiert. Dass es sich hier um eine konzeptionelle Weiterentwicklung handelte, wurde speziell im deutschsprachigen Raum über Jahre nicht realisiert. So übersetzte die Österreichische UNESCO-Kommission dieses Dokument erstmals für den deutschsprachigen Raum im Jahre 1996 und wählte für »inclusion« den deutschen Begriff »Integration«. Erst mit Beginn der 2000er Jahre begann für die deutschsprachigen Länder eine kritische Begriffsrezeption (Biewer 2000).

In der Erklärung von Salamanca zielte Inklusion auf Kinder mit »special educational needs«, die formale Bildung in derjenigen Schule erfahren sollten, der sie aufgrund von Alter und Wohnort zugeordnet sind. Es erfolgte eine Distanzierung von Sonderschulen und eine Empfehlung an Länder, welche nicht über diese Schulen verfügen, diese auch nicht aufzubauen, sondern auf inklusive Schulen zu setzen. Während zum damaligen Zeitpunkt in erster Linie Kinder mit Behinderungen als Adressatengruppe von Inklusion galten, erweiterte die UNESCO die Zielgruppe von Inklusion in den darauf folgenden Jahren auf alle Kinder und Jugendlichen, die von Ausschlüssen und Marginalisierungen bedroht sind (UNESCO 2005; UNESCO 2009) und proklamierte Inklusion gleichzeitig auch als zentrale Perspektive der Entwicklung des gesamten Schulwesens.

Damit wurde »inclusion« von einem Konzept, das sich überwiegend an Schülerinnen mit »special needs« orientiert, weiterentwickelt zu einem Modell, das eine ganze Reihe von Problemlagen bei Kindern im Blick hat. Im Einzelnen werden missbrauchte und arbeitende Kinder, sprachliche, ethnische und religiöse Minderheiten, Kinder in Konflikten und Kindersoldaten, Nomadenkinder, von Armut betroffene und entwurzelte Kinder (auch aus Flüchtlingsfamilien) angeführt.

Die Unterschiede im Begriffsverständnis lassen sich sehr gut an den zentralen Dokumenten der UNESCO zur Thematik belegen. Während in der Erklärung von Salamanca von 1994 der Hauptfokus auf Kindern mit Behinderungen lag, betrachten die Guidelines der UNESCO von 2005 und die Policy Guidelines von 2009 Kinder mit Behinderungen nur noch als eine Gruppe von vielen, die von Randständigkeit und Ausschluss bedroht sind (UNESCO 2005; UNESCO 2009).

Ein Dissertationsprojekt, das die Archive der UNESCO nutzte, stellte fest, dass bereits Mitte der 1990er Jahre die Erweiterung des Blicks von Kindern mit »special educational needs« hin zu weiteren marginalisierten Gruppen erfolgte und sich hin zu Fragen des Lernens für alle Schüler/innen bewegte. Florian Kiuppis analysierte die Entwicklung von 1994 bis zum Jahre 2000 (Kiuppis 2014). Er beschreibt mehrere Phasen, die in der Formulierung eines »new thinking in special needs education« in der Salamanca-Erklärung im Jahre 1994 ihren Ausgang nahmen und bis zur Auflösung der »Special Education Unit« der UNESCO im Jahre 2000 reichten. Die von Kiuppis dargestellte Entwicklung fand mit den Guidelines for Inclusion (UNESCO 2005) ihre inhaltlich konzeptionelle Fixierung und wurde mit den Policy Guidelines on Inclusion in Education (UNESCO 2009) in einen Empfehlungsrahmen für bildungspolitische Akteure/Akteurinnen transferiert.

Diese Empfehlungen zielen auf einen Einstellungswandel, die Schaffung inklusiver Curricula, Veränderungen des Lernumfeldes und die Unterstützung zielgerichteter bildungspolitischer Aktivitäten. Kiuppis Arbeit ist aufschlussreich, da sie hilft, die konzeptionellen Schwierigkeiten und unterschiedlichen Definitionen von »inclusive education« mit den Einflüssen verschiedener Interessengruppen auf die Aktivitäten dieses globalen Akteurs zu verbinden und dadurch die nach wie vor unklaren Begriffsverwendungen in ihrer Genese zu verstehen.

Inklusion hat in den Dokumenten der UNESCO seit mehr als 20 Jahren einen zentralen Stellenwert erhalten und über die UNESCO Eingang in Entwicklungskonzepte weiterer internationaler Organisationen wie UNICEF, Weltbank und UNDP gefunden. Auch bildungswissenschaftliche Schriften beziehen sich sehr häufig auf die Dokumente internationaler Organisationen (z. B. Rioux 2014). Im Hinblick auf Inklusion spiegeln sich auch in den fachlichen Diskursen diejenigen Konzepte wider, die in internationalen Organisationen propagiert werden.

Mit Blick auf die unterschiedlichen Vorstellungen von Inklusion kann von einem engeren und einem weiteren Verständnis von Inklusion ausgegangen werden (Biewer/Schütz 2016). Das enge Verständnis entspricht dem der Entstehungszeit in Nordamerika, wo Kinder mit Behinderungen und sozial-emotionalen Störungen eher im Fokus standen. Der weite Begriff von Inklusion fokussiert auf alle Gruppen, die von Ausschluss und Marginalisierung bedroht sind, und entspricht damit eher dem der UNESCO Guidelines for Inclusion (UNESCO 2005). Die nachfolgende Definition Inklusiver Pädagogik kann auch im Sinne dieses Verständnisses betrachtet werden. Inklusive Pädagogik umfasst danach

Theorien zur Bildung, Erziehung und Entwicklung, die Etikettierungen und Klassifizierungen ablehnen, ihren Ausgang von den Rechten vulnerabler und marginalisierter Menschen nehmen, für deren Partizipation in allen Lebensbereichen plädieren und auf eine strukturelle Veränderung der regulären Institutionen zielen, um der Verschiedenheit der Voraussetzungen und Bedürfnisse aller Nutzer/innen gerecht zu werden. (Biewer 2017, S. 204)

3. Inklusion als Norm der UN-Behindertenrechtskonvention

Mit der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ist Inklusion in einem Dokument mit globalem Geltungsanspruch prominent vertreten (United Nations 2006). Als erstes der deutschsprachigen Länder hat Österreich im Jahre 2008 die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert. Deutschland folgte 2009, die Schweiz unternahm diesen Schritt aber erst im Jahre 2014. Die genannten Länder haben sich damit verpflichtet, die Vorgaben in nationales Recht zu übernehmen. Mit der Unterzeichnung und Ratifizierung des Fakultativprotokolls haben Österreich und Deutschland sich darüber hinaus nationalen und internationalen Kontrollmechanismen zur Überprüfung der Umsetzung der UN-BRK unterworfen. Die Konvention hat damit ein hohes Maß an Verbindlichkeit für staatliche Organe.

Für den Bildungsbereich relevant ist der Artikel 24, der das Recht auf Bildung als Recht auf inklusive Bildung fasst (Biewer 2011). Artikel 24 formuliert bereits im ersten Absatz, dass die Vertragsstaaten ein inklusives Bildungssystem gewährleisten sollen, das alle institutionellen Stufen und alle Lebensalter betrifft. Die Propagierung eines inklusiven Bildungssystems im Sinne der UN-BRK läuft in der Konsequenz auf die Abschaffung eines eigenen Sonderschulsystems hinaus. Gelegentlich wird die Behindertenrechtskonvention so interpretiert, dass in ihr primär eine Forderung zur Abschaffung der Sonderschulen gesehen wird. Diese Interpretation ist verkürzt und damit auch teilweise unzutreffend. Die Konvention sieht ihre institutionellen Adressat/inn/en weniger in den Sonderschulen, die sich auflösen, als im Regelschulwesen, das sich hin zur Realisierung inklusiver Prinzipien verändern soll. Erst aufgrund der Veränderungen der Regelschule im Sinne der Einlösung der Rechte behinderter Kinder werden Sonderschulen überflüssig und verlieren ihre Berechtigung.

Es werden aber auch Aussagen zur Qualität der Bildung für behinderte Kinder gemacht. So sollen sie Zugang zu einem hochwertigen Unterricht in der Regelschule haben. Das bloße räumliche Zusammensein mit nichtbehinderten Alterskamerad/inn/en in der Schule, ohne individuell angepasste Unterstützungsmaßnahmen, entspricht somit nicht den Zielsetzungen der UN-Konvention. Absatz 3 von Artikel 24 geht insbesondere auf die Rechte gehörloser und blinder Menschen ein. Auch angesichts der Forderung nach einem inklusiven Bildungswesen wurde das Recht gehörloser Menschen auf die Kommunikation in Gebärdensprache betont. Die endgültige Fassung der UN-BRK formuliert daher ein Menschenrecht auf inklusive Bildung, aber unter Berücksichtigung der Bedürfnisse von Menschen mit Sinnesbehinderungen (Degener 2009, S. 214 f.). Für blinde, gehörlose und taubblinde Kinder und Jugendliche wird hier die Bereitstellung der geeigneten Kommunikationsformen nochmals betont. Brailleschrift, Gebärdensprache und alternative Kommunikationsformen sollen daher ihren Platz im Unterricht sinnesgeschädigter Kinder haben. Absatz 4 fordert die Einstellung auch behinderter Lehrkräfte, insbesondere blinder und gehörloser Lehrer/innen. Es wird in diesem Absatz aber auch klargestellt, dass Gebärdensprache und Brailleschrift Gegenstand der Lehrer/-innenbildung sein sollen und dass entsprechende Fachkräfte für den Lehrberuf auszubilden sind.

4. Inklusive und chancengerechte Bildung als globale Zielsetzung in der Agenda 2030

Die Agenda 2030 ist eines der zentralen Dokumente der Vereinten Nationen, das für einen langen Zeitraum weltweit die Entwicklungen der Staaten leiten soll. Sie wurde am 25. September 2015 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen beschlossen und trat am 1. Jänner 2016 in Kraft (United Nations 2015) und löste damit die Millenium Development Goals (MDGs) ab, die für die Jahre 2000 bis 2015 Gültigkeit hatten. Die Agenda 2030 enthält insgesamt 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung. Es sind die sogenannten Sustainable Development Goals (SDGs). Im Unterschied zu den MDGs, die acht Ziele formulierten und mit den Zielen 1 bis 7 vor allem die Entwicklungsländer im Blick hatten und mit Ziel Nummer 8 die Entwicklungszusammenarbeit, beziehen sich die SDGs auf alle Länder, auch diejenigen des globalen Nordens. Von besonderer Bedeutung für unsere Thematik ist das Ziel Nummer 4, das in der Übersetzung der Deutschen UNESCO-Kommission die Bezeichnung trägt: »Für alle Menschen inklusive, chancengerechte und hochwertige Bildung sowie Möglichkeiten zum lebenslangen Lernen sicherstellen.« (Deutsche UNESCO-Kommission 2017)

Im Mai 2015 wurde in Incheon in Korea das World Education Forum veranstaltet, das Strategien zur Implementierung des SDG 4 zum Inhalt hatte. Es wurde getragen von mehreren Unterorganisationen der Vereinten Nationen wie UNICEF, Weltbank, UN-Bevölkerungsfond, UN-Entwicklungsprogramm UNDP, UN-Frauenorganisation und UNHCR. Es waren unter den 1.600 Delegierten Vertreter/innen aus 160 Ländern, darunter auch zahlreiche Minister/innen und Regierungsvertreter/innen. Das Abschlussdokument dieser Tagung sollte damit auch die Richtung globaler Bildungsentwicklung angeben. Inklusive und chancengerechte Bildung soll hier erreicht werden durch den Bau und Ausbau von Bildungseinrichtungen, die kinder-, behinderten- und geschlechtergerecht sind und eine sichere, gewaltfreie, inklusive und effektive Lernumgebung für alle bieten (UNESCO 2015). Mit der Agenda 2030 und der Festlegung von inklusiver und chancengerechter Bildung als zentralem Entwicklungskonzept globaler Bildungssysteme ist das Konzept der Inklusion zu einem zentralen Topos der globalen Bildungsentwicklung geworden. Damit sind für die nächsten Jahre alle Länder, die dies mitgetragen haben, zur Umsetzung und zur regelmäßigen Berichtlegung aufgefordert.

Ein Fachbeirat der Österreichischen UNESCO-Kommission hat 2019 Empfehlungen für die Umsetzung von SDG 4 in Österreich formuliert (Österreichische UNESCO Kommission 2019). Der Schwerpunkt des Papiers liegt im Bereich von »Global Citizenship Education«, die aber im Kontext des gesamten SDG 4 gesehen wird. So wird in Bezug auf die Umsetzung von Inklusion empfohlen, keine weiteren Kinder mit Behinderungen in Sonderschulen aufzunehmen, beginnend mit der ersten Klasse der Volksschule und einer jährlichen Ausweitung um jeweils die nächste Schulklasse. Gleichzeitig soll der Aufbau inklusiver Unterstützungssysteme in allen Regelschulen unter Priorisierung von Schulen mit schwieriger sozialer Zusammensetzung erfolgen, die bevorzugt mit Lehrkräften sowie materiellen und räumlichen Ressourcen versorgt werden sollen (ebd., S. 8).

5. Inklusiver Unterricht und inklusiver Fachunterricht

Schulische Inklusion ist in den vergangenen Jahren überwiegend unter dem Schulgestaltungs- und Schulentwicklungsaspekt diskutiert worden. Auch Arbeiten, die den Begriff Inklusive Didaktik im Titel tragen (z. B. Reich 2014) fokussieren mehr auf die inklusive Schule in ihrer Gesamtheit als Lernumgebung, denn auf die konkrete unterrichtliche Umsetzung. Wie inklusiver Unterricht im Bereich der Primarstufe gestaltet werden kann, ist mittlerweile in der Literatur breit dokumentiert. Insbesondere für die Sekundarstufe ist die Umsetzung inklusiver Prinzipien in der Gestaltung des Fachunterrichts von grundlegender Bedeutung. Die Umsetzung schulischer Inklusion ist sehr eng mit der Aufgabe verbunden, Unterricht und insbesondere Fachunterricht so zu gestalten, dass er allen Schüler/inne/n gerecht wird (Abels 2015). Die Lösung dieser Aufgabe ist dringlich und es müssen brauchbare Modelle für die Unterrichtsfächer entwickelt und umgesetzt werden, soll schulische Inklusion auch im Bereich der Sekundarstufe langfristig gelingen.

Seit einigen Jahren gibt es eine Entwicklung in den Fachdidaktiken, Inklusion als Aufgabe zu thematisieren. Dies ist in Bezug auf die einzelnen Fächer noch sehr unterschiedlich weit geschehen. Ein Sammelband einer Tagung mit Vertreter/inne/n unterschiedlicher Unterrichtsfächer zeigt die Diskrepanzen im Entwicklungsstand auf, belegt aber gleichzeitig, dass es in fast allen Fächern Versuche gibt, Neues zu generieren (Riegert/Musenberg 2015).

6. Resümee

Inklusion ist ein bildungspolitisches Konzept, das Ende der 1980er Jahre in der Diskussion über die uneingeschränkte Gemeinsamkeit von Schüler/inne/n, auch jener mit schweren Behinderungen, in Nordamerika seinen Ausgang genommen hat. Für die weltweite Verbreitung haben Aktivitäten der UNESCO ab den frühen 1990er Jahren eine entscheidende Rolle gespielt. Dabei veränderte sich das Konzept von der Fokussierung auf Personen mit »special educational needs« hin zu einer Berücksichtigung aller Kinder in Problemlagen, die von Marginalisierung und Ausschlüssen bedroht sind. Mit der UN-Behindertenrechtskonvention erhielt inklusive Bildung als bildungspolitisches Leitkonzept eine hohe Verbindlichkeit für alle Länder, die diese ratifizierten. Mit der Agenda 2030 wurde inklusive Bildung darüber hinaus zur zentralen Dimension der Bildungsentwicklung weltweit. Die zentrale Stellung dieses Konzeptes hat weitreichende Konsequenzen sowohl für die institutionelle Umgestaltung von Schule wie auch die Gestaltung von Unterricht.

Literatur

ABELS, SIMONE (2015): Der Entwicklungsbedarf der Fachdidaktiken für einen inklusiven Unterricht in der Sekundarstufe. In: Biewer, Gottfried; Böhm, Eva Theresa; Schütz, Sandra (Hg.): Inklusive Pädagogik in der Sekundarstufe. Stuttgart: Kohlhammer, S. 135–148.

BIEWER, GOTTFRIED (2000): »Inclusive Schools« – Die Erklärung von Salamanca und die internationale Integrationsdebatte. In: Gemeinsam leben, 8. Jg., H. 4, S. 152–155.

DERS. (2011): Die UN-Behindertenrechtskonvention und das Recht auf Bildung. In: Dangl, Oskar; Schrei, Thomas (Hg.): Bildungsrecht für alle? Wien-Berlin: LIT, S. 51–62.

DERS. (320 1 7): Grundlagen der Heilpädagogik und Inklusiven Pädagogik. Bad Heilbrunn: Klinkhardt (UTB).

BIEWER, GOTTFRIED; SCHÜTZ, SANDRA (2016): Inklusion. In: Hedderich, Ingeborg; Biewer, Gottfried; Hollenweger, Judith; Markowetz, Reinhard (Hg.): Handbuch Inklusion und Sonderpädagogik. Bad Heilbrunn: Klinkhardt (UTB), S. 123–127.

DEGENER, THERESIA (2009): Die UN-Behindertenrechtskonvention als Inklusionsmotor. In: Recht der Jugend und des Bildungswesens, Jg. 57, H. 2, S. 200–219.

DEUTSCHE UNESCO-KOMMISSION (2017): Bildungsagenda 2030. Aktionsrahmen für die Umsetzung von Sustainable Development Goal 4. Inklusive, chancengerechte und hochwertige Bildung sowie lebenslanges Lernen für alle. Hamburg: DUK.

HINZ, ANDREAS (2002): Von der Integration zur Inklusion – terminologisches Spiel oder konzeptionelle Weiterentwicklung? In: Zeitschrift für Heilpädagogik, Jg. 53, H. 9, S. 354–361.

KIUPPIS, FLORIAN (2014): Heterogene Inklusivität, inklusive Heterogenität. Bedeutungswandel imaginierter pädagogischer Konzepte im Kontext Internationaler Organisationen. Münster: Waxmann.

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