Image

image

image

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Anhangsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

1. Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

1.2 Gang der Untersuchung

2. Operationalisierung der Shareholder Value Konzeption

2.1 Leitmaxime Shareholder Value

2.2 Definitorische Grundlagen

2.2.1 Bedeutung und Kennzeichen von Investitionen

2.2.2 Flexibilität als Reaktion auf Unsicherheit

2.3 Bewertungsverfahren

2.3.1 Systematisierung der Bewertungsverfahren

2.3.2 Relevanz und Bedeutung der Bewertungsverfahren in der Praxis

2.3.3 Defizite der bisherigen Bewertungsverfahren

2.3.3.1 DCF-Verfahren

2.3.3.2 Entscheidungsbaumverfahren

2.3.3.3 Monte-Carlo-Simulation

2.3.4 Ein Ausweg - Der Realoptionsansatz

3. Bewertung von Flexibilität und Unsicherheit

3.1 Finanzoptionen

3.1.1 Theoretische Fundierung

3.1.2 Stochastischer Prozess

3.1.3 Modellannahmen und Empirie

3.2 Realoptionen

3.2.1 Theorietransfer

3.2.2 Modellparameter

3.2.3 Optionsarten

3.2.4 Optionspreisermittlung

3.2.4.1 Arbitragefreiheit und Replikation

3.2.4.2 Binomialmodell

3.2.4.3 Black-Scholes-Modell

3.3 Messung der Flexibilität und Unsicherheit

3.3.1 Erfassung der Flexibilität

3.3.2 Quantifizierung der Volatilität

3.3.2.1 Auswertung wissenschaftlicher Publikationen

3.3.2.2 Verfahren

3.3.2.2.1 Ergebnisdiskussion der Quellenanalyse

3.3.2.2.2 Historische und implizite Volatilität

3.3.2.2.3 EWMA-Modell

3.3.2.2.4 GARCH (1,1)-Modell

4. Implikationen für das strategische Management

4.1 Limitationen der Realoptionstheorie

4.2 Bewertungsprozess für Realoptionen

5. Schlussbetrachtung

Anhang

Literatur- und Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 2.1:   Zielsystem eines Unternehmens

Abbildung 2.2:   Investitionsarten

Abbildung 2.3:   Investitionen in Deutschland

Abbildung 2.4:   Informationsstand des Entscheiders

Abbildung 2.5:   Systematik der Bewertungsverfahren

Abbildung 2.6:   Kapitalmarktlinie

Abbildung 2.7:   Entscheidungsbaum

Abbildung 2.8:   Beispiel zur Monte-Carlo-Simulation

Abbildung 2.9:   Risikoprofil und statistische Kenngrößen

Abbildung 3.1:   Grundgeschäftsarten

Abbildung 3.2:   Empirische und theoretische Renditeverteilung

Abbildung 3.3:   Cash Flow Struktur

Abbildung 3.4:   Systematisierung von Realoptionen

Abbildung 3.5:   Beispiel zur Replikation

Abbildung 3.6:   Simulation des Projektwerts im Binomialmodell

Abbildung 3.7:   Projektwertbestimmung mittels Binomialmodells

Abbildung 3.8:   Erweiterter Kapitalwert

Abbildung 3.9:   Methoden zur Quantifizierung der Volatilität

Abbildung 3.10: Beispiel zur historischen Volatilität

Abbildung 3.11: Implizite Volatilität und Basispreis

Abbildung 3.12: Parameterschätzung im GARCH (1,1)-Modell

Abbildung 4.1:   Prozessmodell der Realoptionstheorie

Abbildung 4.2:   Optimale Ausübung realer Optionen

Abbildung 5.1:   Vorgehensweise innerhalb der Arbeit

Tabellenverzeichnis

Tabelle 2.1:   Verbreitung der Bewertungsverfahren

Tabelle 3.1:   Optionsparameter und Wirkungsrichtung

Tabelle 3.2:   Parameter einer Realoption

Tabelle 3.3:   Quantifizierung der Projektvolatilität

Anhangsverzeichnis

Anhang 1:   Investitionsziele

Anhang 2:   Bruttoanlageinvestitionen und Investitionsquoten Deutschlands

Anhang 3:   Dynamische Replikation

Abkürzungsverzeichnis

ARCH

Autoregressive Conditional Heteroscedasticity

BIP

Bruttoinlandsprodukt

BSM

Black-Scholes-Modell

c.p.

ceteris-paribus

CAPM

Capital Asset Pricing Model

CF

Cash Flow

DCF

Discounted Cash Flow

EW

Erwartungswert

EWMA

Exponentially Weighted Moving Average

F&E

Forschung & Entwicklung

GARCH

Generalized Autoregressive Conditional Heterosce dasticity

GLD

Gleitender Durchschnitt

GLS

Gleichungssystem

MAD

Market Asset Disclaimer

M&A

Mergers and Acquisitions

MC-Simulation

Monte-Carlo-Simulation

NPV

Net Present Value

ROA

Realoptionsansatz

TN

Teilnutzen

WACC

Weighted Average Cost of Capital

Symbolverzeichnis

Allgemeine Symbole

a

Driftfaktor

b

Streufaktor

B(n|N, p)

Binomialverteilung

c

Call

d

down (Abwärtsbewegung)

d1, d2

Werte von N(x)

dz

Wiener Prozess

D

Dividende

e

Eulersche Zahl

E(rm)

Erwartungswert der Rendite des Marktportfolios

EK

Marktwert des Eigenkapitals

FK

Marktwert des verzinslichen Fremdkapitals

GK

Marktwert des Gesamtkapitals

i

Zinssatz

I

Investition

K

Basispreis

ln

natürlicher Logarithmus

M

Marktportfolio

N

Summe der Schritte im Binomialmodell

N(x)

Standardnormalverteilung

N(μ,σ2)

Normalverteilung

n

Anzahl

image

Preisvektor

p

risikoneutrale Wahrscheinlichkeit; Put

r

risikoloser Zinssatz

rEK

Renditeforderung der Eigenkapitalgeber

rf

risikofreie Rendite

rFK

Renditeforderung der Fremdkapitalgeber

S

Aktienkurs, Projektwert

t

Unternehmenssteuersatz; Periode t

T

Restlaufzeit, Beobachtungszeitraum

u

up (Aufwärtsbewegung)

VL

durchschnittliche Varianz

α

Wachstumsfaktor

α, β, γ

Gewichtungsfaktoren im GARCH-Modell

β

unternehmensspezifischer Beta-Faktor

ε

standardnormalverteilte Zufallsvariable

μ

Mittelwert; Erwartungswert

Ω

Auszahlungsmatrix

Ω-1

inverse Auszahlungsmatrix

π

Zustandspreis eines reinen Wertpapiers

Φ

Verteilungsfunktion

σ

Standardabweichung, Volatilität

σ2

Varianz

Integraloperator

Σ

Summenoperator

Subskripte

o

Anfangswert

a

Anfangswert

i

Laufindex

s

Laufindex

l

Laufindex

n

Anzahl der Variablen

1. Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

Nachdem die Optionstheorie ihren Siegeszug in der Finanzwelt angetreten hatte, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis dieses Bewertungsverfahren ebenfalls für reale Investitionsvorhaben zur Anwendung käme. Befürworter der Optionstheorie argumentieren, dass die Bedingungen, unter denen reale Investitionen zu bewerten sind, häufig derer einer Finanzoption gleichen. Offerieren Investitionen dem Management dabei Handlungsspielräume, die in der Zukunft zum Vorteil des Unternehmens genutzt werden können, wird dies mit dem Begriff der Realoption bezeichnet.

Auf den ersten Blick wirkt eine Realoption abstrakt, da sie einer intuitiven Bewertung verwehrt bleibt. Dabei weisen zahlreiche Situationen in der Unternehmenspraxis den Charakter einer Option auf, der beispielsweise bei Vertragsgestaltungen, der Gründung von Joint Ventures, der Erschließung von Rohstoffen oder bei Investitionen zum Aufbau eines Lieferanten zur Geltung kommt. Das übereinstimmende Merkmal dieser Beispiele spiegelt sich in der Struktur der Zahlungsströme wider. Durch eine initiale Investitionsauszahlung besteht unternehmensseitig die Möglichkeit, die Umweltentwicklung, respektive den wertbeeinflussenden Unsicherheitsfaktor, beobachten zu können, bevor über weitere Investitionstätigkeiten zu entscheiden ist. Bezogen auf das Beispiel der Rohstoffexploration, kann ein Unternehmen durch Zahlung einer Lizenzgebühr die Entscheidungsfreiheit erlangen, erst dann mit dem Abbau des Rohstoffs zu beginnen, wenn dessen Marktpreis ein vorteilhaftes Niveau erlangt hat.1

Im Mittelpunkt des Interesses steht schließlich die Frage, wie solche Rechte monetär zu erfassen sind. Diese Frage weist vor dem Hintergrund einer Shareholder Value Orientierung eine besondere Brisanz auf. Demnach sind Unternehmen dazu angehalten, jeweils Handlungen zu initiieren, die einen positiven Einfluss auf den Unternehmenswert ausüben. Dazu gehört eine entsprechende Auswahl von Investitionsmöglichkeiten, die einen wertmaximalen Beitrag liefern.2 Die bekanntesten Verfahren, welche diese Auswahl gewährleisten sollen, sind die DCF-Verfahren. Den Verfahren wird nun zum Vorwurf gemacht, dass sie real existierende Handlungsspielräume nur unzureichend bewerten können.

Diese Unzulänglichkeiten sollen durch die Realoptionstheorie beseitigt werden. Diese Theorie bietet einen „neuen“ Zugang zur Bewertung komplexer Situationen und erfordert teilweise ein Umdenken. Wird Risiko allgemeinhin in den DCF-Bewertungsverfahren als negativ und wertmindernd beurteilt, behandelt die Optionstheorie dieses konträr.3

Die vorliegende Arbeit widmet sich dem Grundproblem, dass eine effiziente Kapitalallokation die Basis für eine Maximierung des Unternehmenswerts bildet. Die Identifikation wertmaximaler Investitionen ist mit dem gegebenen Instrumentarium häufig nur unzureichend möglich. Daher wird überprüft, inwiefern die Realoptionstheorie die vermeintliche Lücke schließen kann.

Im Rahmen der Schwerpunktsetzung nimmt der noch zu erläuternde Parameter σ, welcher die Unsicherheit einer Investition kennzeichnet, einen besonderen Stellenwert ein. Für diese Master Thesis werden zwei Zielsetzungen formuliert:

  1. Der Parameter σ hat zumeist einen entscheidenden Einfluss auf den Wert einer Option.4 Die Bestimmung eines exakten Wertes gestaltet sich für eine Realoption im Vergleich zu einer Finanzoption als besonders kompliziert und schwierig. Eine Analyse der wissenschaftlichen Literatur zu diesem Themenfeld soll einen ersten Überblick zu den Verfahren der Quantifizierung geben. Darauf aufbauend folgt eine Vervollständigung und Systematisierung mit dem Ziel, einen geschlossenen Rahmen zur Volatilitätsbestimmung bieten zu können.
  2. Eine kritische Betrachtung des Realoptionsansatzes muss die Frage stellen, mit welchen Limitationen der Ansatz konfrontiert wird. Dies beginnt bei den Grundannahmen der Optionstheorie und geht über zu den Bewertungsmodellen sowie zu den Ergebnissen der Quellenanalyse. Letztlich bildet die kritische Auseinandersetzung die Grundlage, um abschließend den Nutzen des Ansatzes für die strategische Ebene beurteilen zu können.

1.2 Gang der Untersuchung

Das zweite Kapitel orientiert sich an der Fragestellung, inwiefern das vorhandene Bewertungsinstrumentarium des Shareholder Values Ansatzes eine wertmaximale Steuerung der Ressource Kapital ermöglicht. Daher wird zunächst der Investitionsbegriff erläutert und seine Bedeutung auf makro- und mikroökonomischer Ebene herausgestellt. Bevor die „klassischen“ Bewertungsverfahren auf ihre Eignung zur Quantifizierung von Handlungsspielräumen betrachtet werden, ist der Status quo der Verbreitung und Akzeptanz der verschiedenen Bewertungsverfahren in der Praxis zu erfassen. Dies geschieht über eine Auswertung entsprechender Studien.

Zu Beginn des dritten Kapitels werden die Annahmen des stochastischen Preisprozesses eines Wertpapiers der Empirie gegenübergestellt, um Unzulänglichkeiten der allgemeinen Optionstheorie aufdecken zu können. Anschließend folgt eine einführende Darstellung zur Theorie der Realoptionen. Diese beinhaltet sowohl den Theorietransfer von der Betrachtung der Finanz- zu den Realoptionen als auch ein Aufzeigen der Vielfalt unternehmerischer Handlungsspielräume. Einen wesentlichen Bestandteil dieses Kapitels bilden die verschiedenen Verfahren der Realoptionswertermittlung, die beginnend über das Argument der Arbitragefreiheit, der Existenz von Zustandspreisen, bis hin zu risikoneutralen Wahrscheinlichkeiten präsentiert werden. Der Hauptteil des dritten Kapitels ist der formulierten Zielsetzung der Erstellung eines geschlossenen Rahmens für die Methoden der Volatilitätsquantifizierung gewidmet.

Das vierte Kapitel dient der zusammenfassenden Darstellung der Limitationen des Realoptionsansatzes und der Beurteilung des Nutzens für die strategische Ebene. Die Arbeit endet mit einer Reflexion der Ergebnisse.

image

1    Das Beispiel der Rohstoffförderung wird im Laufe der Arbeit erneut aufgegriffen und einer weiterführenden Betrachtung unterzogen.

2    Vgl. Perridon u. a. (2009), S. 16f.

3    Vgl. Hilpisch (2006), S. 93 und Perridon u. a. (2009), S. 138.

4    Dies bedarf einer fallspezifischen Betrachtung. Der Einfluss der Unsicherheit auf den Optionswert kann beispielsweise über eine Sensitivitätsanalyse ermittelt werden. In der Finanzoptionstheorie wird dazu das Vega einer Option herangezogen, welches die Ableitung des Optionswerts nach der Volatilität darstellt. Der größte wertbestimmende Einfluss geht von einer Volatilitätsänderung aus, wenn die Option „am Geld“ ist bzw. diese eine lange Restlaufzeit aufweist. Hierzu vgl. Heidorn (2009), S. 186.

2. Operationalisierung der Shareholder Value Konzeption

2.1 Leitmaxime Shareholder Value

Die Analyse des Realoptionsansatzes (ROA) als Bewertungsverfahren für Investitionen5 bedingt eine Betrachtung der operativen, strategischen und normativen Handlungsebene des Managements.6 Letztgenannte Ebene, präzisiert durch die Unternehmenspolitik, definiert die Ziele des Unternehmens.7 Dabei müssen unterschiedliche, teils divergierende, Interessen verschiedener Anspruchsgruppen in einem Zielbildungsprozess zum Ausgleich gebracht werden.8 Als strategisch bedeutsame Anspruchsgruppen können beispielsweise die Eigen- und Fremdkapitalgeber, Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter und das Management angeführt werden.9 Als gemeinsames Hauptziel aller Anspruchsgruppen ist das Existenzsicherungsziel des Unternehmens zu nennen. Daran schließen sich die unterschiedlichen und zugleich individuellen Oberziele der Anspruchsgruppen an, deren jeweilige Zielerfüllung wiederum Nutzen stiftet.10

Eine Unternehmenspolitik, welche sich idealisiert an einer Nutzenmaximierung aller Anspruchsgruppen orientiert, muss leider verneint werden, da dies sowohl praktisch als auch mathematisch nicht umsetzbar ist. So können, beispielhaft angeführt, entweder die Ansprüche der Eigenkapitalgeber bei einem Mindestmaß an Kundenzufriedenheit maximiert werden oder die Unternehmensführung entscheidet sich, bei einer gegebenen/geforderten Mindestrendite, Handlungen zu initiieren, die zu einer maximalen Kundenzufriedenheit führen.11 Einen Überblick über das Zielsystem eines Unternehmens bietet die nachfolgende Abbildung.

Abbildung 2.1

Abbildung 2.1: Zielsystem eines Unternehmens12

Dabei haben sich zwei unterschiedliche Sichtweisen entwickelt, die beschreiben, wie Unternehmensziele entstehen und welche Priorisierung mit diesen einhergeht. Die erste Perspektive, die unternehmensseitig eingenommen werden kann, bezeichnet man als Shareholder Value Ansatz.13 Im Fokus der Betrachtung stehen hierbei die Ansprüche der Anteilseigner (Shareholder) eines Unternehmens, deren Interessen im Sinne der oben geführten Ziel- und Wertediskussion zu maximieren sind. Diese normative Grundsatzentscheidung wird dadurch legitimiert, dass die Eigentümer jene Interessensgruppe darstellen, die nur einen Anspruch auf das unsichere Residuum der Geschäftstätigkeit haben, nachdem alle anderen Ansprüche bedient wurden.14 Das unternehmerische Risiko wird hierbei durch die Haftungs- und Verlustausgleichsfunktion des zur Verfügung gestellten Eigenkapitals getragen.

Die Operationalisierung des Shareholder Value erfolgt über den Marktwert des Eigenkapitals. Dieses ergibt sich aus der Subtraktion von Gesamt- und Fremdkapital, jeweils zu Marktpreisen bewertet.15 Anschaulich entspricht dies dem Barwert der zukünftigen Wertbeiträge, die dem Unternehmen marktseitig zugetraut werden.16 Eine Orientierung am Shareholder Value soll letztlich eine effiziente Kapitalallokation im Unternehmen gewährleisten. Die Ausrichtung der Unternehmensführung an den finanziellen Interessen der Eigentümer bedingt, dass Investitionen nach dem Kriterium der Wertgenerierung auszuwählen sind. Wert wird in diesem Sinne erst geschaffen, wenn die Kapitalerträge die Kapitalkosten einer Investition übersteigen.17 Die Auswahl einer Investitionsmöglichkeit in beispielsweise F&E-Projekte, Strategien oder Innovationsprozesse darf demnach nur dann erfolgen, wenn der Wertbeitrag der ausgewählten Möglichkeit maximal ist.18 RUHSERT u. a. formulieren dies treffend: „No margin no mission.19

Zur Bestimmung des Shareholder Value (Marktwert des Eigenkapitals) werden vorrangig die DCF-Verfahren20 herangezogen, da diese den ökonomischen Wert als Barwert zukünftiger Wertbeiträge berechnen.21 Die zukünftigen Wertbeiträge sind als prognostizierte Cash Flows zu verstehen, die mittels des Kapitalkostensatzes (WACC22) auf den Bewertungsstichtag t0 diskontiert werden.23

Die einseitige Orientierung an den Eigentümerinteressen wird seitens der Vertreter der zweiten Sichtweise stark kritisiert. Demnach sind Unternehmen interessens-pluralistische Gebilde, die sämtliche Ansprüche im Zielbildungsprozess berücksichtigen müssen.24

In Abgrenzung zum Shareholder Value wird diese Position als Stakeholder Value Ansatz25 bezeichnet. Eine Abwägung der Für und Wider für eine Position soll, aufgrund der gebotenen Kürze, nicht erfolgen. Es ist jedoch festzuhalten, dass es sich hierbei um keine „Entweder-oder“ Diskussion handeln kann. Langfristig kann ein Unternehmen seine Existenz nur dann sichern, wenn sich keine der Anspruchsgruppen vom Unternehmen abwendet. Die Einnahme einer extremen Sichtweise, die beispielsweise zu einer gänzlichen Nichtbeachtung der Eigentümerinteressen führt, würde auf der anderen Seite zu einer mangelnden Attraktivität für neue Eigenkapitalgeber führen, wodurch ebenfalls die Bedingungen der weiteren Fremdkapitalbeschaffung verschlechtert würden.26 In der Unternehmenspraxis zeigen sich daher selten die Reinformen einer absoluten Stake- oder Shareholderorientierung, sondern zumeist Mischformen, in denen ein Konzept eine übergeordnete Bedeutung besitzt.27

Dies soll abschließend an einem Beispiel verdeutlicht werden. Trotz massiver öffentlicher Kontroversen am Geschäftsmodell der Deutschen Bank, gehörte die Bank im Jahr 2008 mit einem Fördervolumen von 82,3 Mio. € in gesellschaftliche Projekte (Soziales, Bildung, etc.) zu den weltweit engagiertesten Unternehmen.28 Auf der anderen Seite wird auf der Website der Deutschen Bank eindeutig kommuniziert, dass jene Geschäftsbereiche unterstützt werden, die „…den größtmöglichen positiven Effekt auf unsere Rentabilität und unseren Shareholder Value aufweisen.“29

Unter der Prämisse einer wertorientierten Unternehmensführung soll im Rahmen dieser Arbeit überprüft werden, ob mittels des in der Praxis vorherrschenden Bewertungsinstrumentariums tatsächlich immer die wertmaximale Investitionsmöglichkeit bestimmt wird. Dazu wird im nächsten Abschnitt der Investitionsbegriff präzisiert und seine charakteristischen Eigenschaften erfasst. Daran schließt sich eine Analyse der gängigen Bewertungsverfahren an, um deren Limitationen beurteilen zu können. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt bei den bereits erwähnten DCF-Verfahren.

2.2 Definitorische Grundlagen

2.2.1 Bedeutung und Kennzeichen von Investitionen

Der Investitionsbegriff ist lateinischen Ursprungs (investire = einkleiden) und beschreibt das „Einkleiden“ eines Unternehmens mit Vermögensgegenständen.30 Hierzu zählen als Investitionsarten die Sach- und Finanzinvestitionen sowie die immateriellen Investitionen.31 Sachinvestitionen lassen sich ferner nach ihrem Zweck in Erst-, Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen unterteilen.

Abbildung 2.2

Abbildung 2.2: Investitionsarten32

Eng mit der Thematik der Ersatzinvestitionen ist die Substitution von Arbeitskräften durch den Produktionsfaktor Kapital verbunden. Sogenannte substitutionale Produktionsfaktoren können untereinander ausgetauscht werden, ohne dabei die Ausbringungsmenge (Output) zu verändern.33 Steht ein Unternehmer vor der Entscheidung, eine Ersatzinvestition (z. B. in eine Produktionsanlage) tätigen zu müssen, so wird er beispielsweise mittels einer Kostenvergleichsrechnung überprüfen, ob eine Rationalisierungsinvestition gegenüber einer identischen Ersatzinvestition vorzuziehen ist (vgl. Abb. 2.2). Benötigt die Rationalisierungsinvestition weniger Arbeitskräfte als die Ersatzinvestition zum Betrieb der Produktionsanlage, so wird dies positiv mit geringeren Lohnkosten in der Vergleichsrechnung erfasst. Das Entscheidungskriterium bildet demnach die Alternative mit den geringsten Gesamtoder Stückkosten.34 An dieser Stelle wird die Brisanz aktueller Diskussionen über Mindestlöhne (Erhöhung der Kosten des Produktionsfaktors) und Bildung (Steigerung der Produktivität) allzu deutlich.