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1 – über a tempo

a tempo - Das Lebensmagazin

a tempo Das Lebensmagazin ist ein Magazin für das Leben mit der Zeit. Es weckt Aufmerksamkeit für die Momente und feinen Unterschiede, die unsere Zeit erlebenswert machen.

a tempo bringt neben Artikels rund um Bücher und Kultur Essays, Reportagen und Interviews über und mit Menschen, die ihre Lebenszeit nicht nur verbringen, sondern gestalten möchten. Die Zusammenarbeit mit guten Fotografen unterstützt hierbei den Stil des Magazins. Daher werden für die Schwerpunktstrecken Reportage und Interview auch stets individuelle Fotostrecken gemacht.

Der Name a tempo hat nicht nur einen musikalischen Bezug («a tempo», ital. für «zum Tempo zurück», ist eine Spielanweisung in der Musik, die besagt, dass ein vorher erfolgter Tempowechsel wieder aufgehoben und zum vorherigen Tempo zurückgekehrt wird), sondern deutet auch darauf hin, dass jeder Mensch sein eigenes Tempo, seine eigene Geschwindigkeit, seinen eigenen Rhythmus besitzt – und immer wieder finden muss.

a tempo Das Lebensmagazin wird von den Verlagen Freies Geistesleben und Urachhaus herausgegeben (www.geistesleben.de und www.urachhaus.de). Besuchen Sie uns auch unter www.a-tempo.de

2 – inhalt

1 – über a tempo

2 – inhalt

3 – editorial Wenn ich dich liebe von Jean-Claude Lin

4 – im gespräch Beethoven macht Mut Katharina Sellheim im Gespräch mit Julia Meyer-Hermann

5 – augenblicke Die Mostar Rock School. Was das Lernen eines Instruments mit der Zukunft einer Generation zu tun hat von Uschi Groß

6 – verweile doch ... Freuwort von Brigitte Werner

7 – erlesen In der Ferne Die Wartenden von Marc Mauguin, gelesen von Anne Overlack

8 – thema Wider die Tristesse José Mauro de Vasconcelo von Wiebke Augustin

9 – mensch & kosmos Gegensätze am Morgenhimmel von Wolfgang Held

10 – das gedicht Hölderlin 2 / 12

11 – kalendarium Februar 2020 von Jean-Claude Lin

12 – der himmel auf erden Wundersam kompliziert von Andreas Laudert

13 – erfinder & visionäre Johannes Gutenberg. Der Schlüssel in eine neue Welt von Daniel Seex und Wolfgang Held

14 – kindersprechstunde Gute Medizin: heute an morgen denken von Prof. Dr. Alfred Längler

15 – warum ich ohne kafka nicht leben kann Glanzstück einer legendären Reporterin Der Akkordeonspieler von Marie-Luise Fleischer, gelesen von Elisabeth Weller

16 – sehenswert O Ihr Menschen … von Christian Hillengaß

17 – aufgeschlagen Abenteuer im Mumintal von Alex Haridi und Cecilia Davidsson (Text), Cecilia Heikkilä (Illustration)

18 – wundersame zusammenhänge Die Sache mit der Natur von Albert Vinzens

19 – literatur für junge leser Über die Grenze von Maja Lunde, gelesen von Simone Lambert

20 – mein buntes atelier Fritzi treibt Schabernack von Daniela Drescher

21 – ein geschmack von welt Peluschki vom Monday Morning Cooking Club

22 – weiterkommen Flucht in ein neues Leben von Michael Stehle

23 – soduku & preisrätsel

24 – tierisch gut Mütter in der Zickenzone Von Klugen Ziegen lernen von Renée Hernnkind

25 – ad hoc Etwas für kluge Köpfe von Jean-Claude Lin

26 – bücher des monats & werbeanzeigen

27 – suchen & finden

28 – impressum

3 – editorial

WENN ICH DICH LIEBE

Liebe Leserin, lieber Leser!

«Wollte man in der Geschichte der Philosophie denjenigen Denker aufsuchen, auf den am meisten Beschimpfungen gehäuft werden, so ist kein Zweifel: Es ist Spinoza.» So beginnt das Kapitel über Spinoza in der überaus vergnüglichen Darstellung der «großen Philosophen im Alltag und Denken», die der ehemalige Professor an der Freien Universität Berlin Wilhelm Weischedel in seinem Buch Die philosophische Hintertreppe verfasst hat. 1670, also vor 350 Jahren, erschien in Amsterdam anonym und mit fingiertem Hamburger Druckort ein theologisch-politischer Traktat: Tractatus theologico-politicus. Tatsächlich stammte er von dem im Amsterdamer Judenviertel 1632 geborenen Bento beziehungsweise Baruch de Spinoza, der bereits sieben Jahre nach Erscheinen des Buchs, am 21. Februar 1677, früh verstarb. Bald verboten und doch heimlich immer wieder nachgedruckt, wurde dieser Traktat zu einem der verfemtesten Bücher des Zeitalters und sein Verfasser zum verhasstesten unter den Philosophen. Erklärtes Ziel des Buches war es, wie es gleich im Untertitel heißt, zu zeigen, «dass die Freiheit zu philosophieren nicht nur ohne Schaden für die Frömmigkeit und den Frieden im Staat zugestanden werden kann, sondern auch nicht aufgehoben werden kann, ohne zugleich den Frieden im Staat und die Frömmigkeit aufzuheben».

Goethe ließ sich nicht von der Polemik und dem Hass beirren, die dem Verfasser des Theologisch-politischen Traktats und seiner posthum veröffentlichten Ethik nach der geometrischen Methode dargestellt noch im 18. Jahrhundert galten, sondern wandte sich ihm, wie er im vierzehnten Buch seiner Autobiografie Dichtung und Wahrheit berichtet, ausdrücklich und interessiert zu: «Dieser Geist, der so entschieden auf mich wirkte, und der auf meine ganze Denkweise so großen Einfluss haben sollte, war Spinoza. Nachdem ich mich nämlich in aller Welt um ein Bildungsmittel meines wunderlichen Wesens vergebens umgesehen hatte, geriet ich endlich an die Ethik dieses Mannes. Was ich mir aus dem Werke mag herausgelesen, was ich dasselbe mag hineingelesen haben, davon wüsste ich keine Rechenschaft zu geben, genug ich fand hier eine Beruhigung meiner Leidenschaften, es schien sich mir eine große und freie Aussicht über die sinnliche und sittliche Welt aufzutun. Was mich aber besonders an ihn fesselte, war die grenzenlose Uneigennützigkeit, die aus jedem Satze hervorleuchtete. Jenes wunderliche Wort: ‹Wer Gott recht liebt, muss nicht verlangen, dass Gott ihn wieder liebe› mit allen den Vordersätzen worauf es ruht, mit allen den Folgen die daraus entspringen, erfüllte mein ganzes Nachdenken.»

So war das «freche spätere Wort» ‹Wenn ich dich liebe, was geht’s dich an› Goethe so recht aus dem Herzen gesprochen. Liebe, wirkliche Liebe, erwartet keine Gegenliebe. Und ein Denken, das sich auf dem Weg zu solcher Liebe begibt, schafft Freiheit und schließlich Frieden unter den Menschen. Dafür schrieb Spinoza seinen Theologisch- politischen Traktat und seine Ethik.

Uns später Geborenen, normal Sterblichen mag es doch etwas bedeuten, wie unsere Liebe von der Geliebten oder dem Geliebten aufgenommen und empfunden wird – auf den Weg zu mehr Freiheit und Frieden wollen wir uns dennoch mit Spinoza allemal begeben!

Von Herzen grüßt Sie in diesem Monat der uneigennützigen Liebe

Ihr

Jean-Claude Lin

4 – im gespräch mit katharina sellheim