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MARTIN KLAUKA hat sich mit 31 Jahren entschlossen, den beschaulichen Alltag in Rosenheim und seinen Job aufzugeben.

Seine Liebe zum Reisen entdeckte er in Australien, wo ihn die ersten Abenteuer lockten. Stets an seiner Seite ist Mogli, die kleine Samtpfote, die ihm auf einer Motorradtour zugelaufen war. Zusammen begeben sie sich auf die große »Expedition« Richtung Orient, um herauszufinden, was das Leben für sie bereithält.

 
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Impressum

 

© eBook: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2020

© Printausgabe: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2020

Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung und öffentliche Zugänglichmachung, auch auszugsweise, sowie die Verbreitung durch Film und Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Zustimmung des Verlags.

 

Projektleitung: Fabian Barthel

Lektorat: Sylvie Hinderberger

Bildredaktion: Mat Kovacic, Sylvie Hinderberger

Covergestaltung: independent Medien-Design, Horst Moser, München

eBook-Herstellung: Yuliia Antoniuk

 

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ISBN 978-3-8338-7244-0

3. Auflage 2020

 

Bildnachweis

Fotos: Martin Klauka

Syndication: www.seasons.agency

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Aktualisierung 2020/003

 

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Ich widme dieses Buch allen, die mich auf meinem Weg begleitet und unterstützt und immer zu mir gestanden haben – besonders meiner Mum.

Die Reise von Martin und Mogli

Ihre Motorradtour führt die beiden Gefährten von ihrem Zuhause in Deutschland durch Österreich, Slowenien, Kroatien, Bosnien, Montenegro, Albanien, Mazedonien, Griechenland und die Türkei bis nach Dubai.

Von dort aus geht es weiter über den Iran, Pakistan und Indien, bis die beiden Nepal erreichen. Dort haben sie Zeit, zur Ruhe zu kommen und die vielen Eindrücke und Begegnungen zu verarbeiten.

Eines steht aber fest: Genug vom Reisen haben die beiden lange noch nicht, und es werden weitere Abenteuer folgen. Für den Weg zurück wollen die beiden die Nordroute wählen und über Russland zurück nach Deutschland gelangen.

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Von Rosenheim in die Welt: Mit Mogli an meiner Seite war ich überall daheim.

HI, ICH BIN MARTIN …

… und ich habe dieses Buch für all die Menschen da draußen geschrieben, die einen Traum haben, aber bisher nie ernsthaft darüber nachgedacht haben, ihn zu verwirklichen. Denn auch ich sehnte mich lange nach dem großen Abenteuer. Wie oft habe ich mich gefragt, ob es den einen, richtigen Weg durchs Leben gibt – und wenn ja, wie ich ihn finden könnte. Irgendwann habe ich erkannt, dass es nur an mir selbst liegt, etwas in oder aus meinem Leben zu machen, und dass vieles nur so lange unmöglich erscheint, bis man es einmal ausprobiert. Heute bin ich der Meinung, dass es zwar nicht den einen, sehr wohl aber für jeden von uns einen richtigen Weg gibt. Und der beginnt, wie die größte Reise, mit einem einzigen Schritt: dem ersten. Ich selbst habe diesen ersten Schritt am 24. August 2017 gewagt und mich auf den Weg gemacht. Auf meinen Weg.

Diese Geschichte ist meine Geschichte. Sie handelt von einer Reise um die halbe Welt, von Höhen und Tiefen, von den Menschen, die ich getroffen, und den Abenteuern, die ich erlebt habe, seitdem ich den Mut aufbrachte, endlich loszulassen. Und natürlich handelt sie von Mogli.

Mogli begleitet mich nun schon seit über zwei Jahren durchs Leben. Wir haben uns im März 2017 kennengelernt und es war Liebe auf den ersten Blick. Meine Gefährtin hat wunderschöne, grüne Augen und seidig glänzendes Haar. Und obwohl sie eher schüchtern ist, erobert sie die Herzen im Sturm. Es ist allerdings nicht immer leicht mit ihr, denn sie ist sehr wählerisch und stets darauf bedacht, ihren Willen durchzusetzen. Wenn ihr etwas nicht passt, beschwert sie sich lautstark. Am liebsten isst Mogli Thunfisch und Lachs – und ja, sie ist eine exzellente Jägerin. Sie liebt es genauso wie ich, draußen in der Natur zu sein. Doch im Gegensatz zu mir fürchtet sie sich nicht vor Spinnen oder Schlangen. Dafür aber hat sie Angst vor Hunden und Affen. Laut ihrem Reisepass ist Mogli eine Europäische Kurzhaarkatze. In Wahrheit aber ist sie eine tollkühne Prinzessin …

Ich wünsche mir, dass alle da draußen ihren Weg finden und wagen, das Leben zu führen, das sie sich erträumen. Traut euch! Es wird schon alles gut gehen. Die Welt ist ein guter und wunderschöner Ort und unsere Mitmenschen sind nie wirklich böse – nur manchmal auf dem falschen Weg.

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WIE ALLES BEGANN

Es hat mich einiges an Überwindung gekostet, mein sicheres Leben hinter mir zu lassen, meinen Job zu kündigen, den Haushalt aufzulösen und all die Dinge, die mir bisher Halt gaben, gegen das vielleicht größte Abenteuer meines Lebens einzutauschen. Aber ich habe die Entscheidung keine Sekunde lang bereut …

EIN TRAUM WIRD WAHR

Seit eine zweijährige Reise nach Australien meine Abenteuerlust geweckt hat, bin ich immer wieder verreist. 2015 entschlossen ein Freund und ich uns dann während einer dreimonatigen Reise durch Südostasien spontan, Vietnam auf dem Motorrad zu durchqueren. Wir fuhren 36 Stunden mit dem Bus von Laos bis nach Hanoi, wo genau an meinem Geburtstag zwei Motorräder ihren Weg zu uns fanden. Was folgte, war der bis dahin abenteuerlichste Monat meines Lebens. So war ich zuvor noch nie gereist – und plötzlich wusste ich, was bisher »falsch« gelaufen war: Ich war nur Urlauber und als solcher sieht man vor allem (oder auch ausschließlich) diejenigen Orte, die für Touristen hergerichtet wurden, wo die Bedienung Englisch spricht und die Speisekarte in mehrere Sprachen übersetzt wird. Orte, die all jenen Menschen eine Auszeit vom Alltag bieten, die danach genau zu diesem wieder zurückkehren. Ich jedoch wollte meinem Alltag nicht entkommen. Ich wollte ihn ändern. Noch bevor wir wieder zurück in Deutschland waren, war mein Entschluss gefasst: Ich würde mein altes Leben hinter mir lassen und mich in das größte Abenteuer meines Lebens stürzen. Auf zwei Rädern!

DIE KÖNIGIN

Neun Monate nach unserem Südostasientrip war es endlich so weit: Im Dezember 2015 erwarb ich in München eine Honda Africa Twin, die »Königin der Wüste«. Dieses Modell gilt als eines der zuverlässigsten Motorräder, die es gibt – und war damit genau das richtige für mich, denn ich bin weder der beste Mechaniker noch wollte ich mitten im Nirgendwo liegen bleiben.

Meine »Königin« sah aus wie neu. Sie war scheinbar noch nie auf Reisen, hatte keinen einzigen Kratzer und der Tacho zeigte gerade mal 14 500 Kilometer. Nur ihre schiere Größe machte mir ein wenig Angst. Der Lenker reicht mir fast bis zur Brust und ich musste wie auf ein Pferd aufsteigen – obwohl ich über 1,80 Meter groß bin.

Dann hieß es »Aufrüsten«: Obwohl die Africa Twin fürs Reisen gemacht war, benötigte sie ein paar Modifikationen. Und so wechselte beziehungsweise ergänzte ich Träger und Koffer, Tankrucksack, Sturzbügel, Hauptständer, Handprotektoren, Lenkererhöhung, 12-Volt-Zigarettenanzünder, größere Fußrasten, Ölthermometer, Handyhalter und Nebelscheinwerfer. Ich legte den Auspuff niedriger, damit er unter die Koffer passte, kürzte die Windschutzscheibe, überholte den elektronischen Kilometerzähler (»Tripmaster«) und die Benzinpumpe, ersetzte alle Benzin- und Kühlschläuche sowie die Gummileitungen vorne durch Stahlflex-Bremsleitungen und baute verstärkte Schläuche ein.

Die nächste Herausforderung war, genug Geld für mein Abenteuer zu sparen. Ich ging am Wochenende nicht mehr aus, aß zu Hause oder bei meiner Mum, verzichtete auf alles, was Eintritt kostete, kaufte nur noch Sachen, die ich für die Reise brauchte, ließ mein Auto stehen und fuhr stattdessen mit dem Fahrrad … Verregnete Sonntage nutzte ich, mein Hab und Gut nach Sachen zu durchforsten, die ich verkaufen konnte. Das brachte zwar nicht viel Geld, aber zumindest wurde meine Wohnung langsam etwas leerer.

Immer wieder wanderte mein Blick auf der großen topografischen Landkarte in meinem Schlafzimmer umher. Ich fragte mich, welche Route ich nehmen und was mein erstes Ziel werden könnte. Alle Länder nördlich von Deutschland wären im Winter zu kalt, westlich davon kommt nicht mehr viel, und um mein Motorrad nach Südamerika oder Australien zu schicken, dazu fehlte mir das nötige Kleingeld. Der Osten sah interessant aus, doch auch dort würde es im Winter zu kalt werden. Die Reise musste also irgendwie in den Süden gehen, näher an den Äquator. Damit blieb nur noch Afrika oder der Mittlere Osten. Afrika hat mich schon immer fasziniert, aber ich hatte keinerlei Anlaufpunkte und wusste nicht, wie ich dort Geld verdienen sollte, um wieder nach Hause zu kommen.

Im Mittleren Osten dagegen kannte ich jemanden: Feras, einer meiner besten Freunde, kam aus Dubai und wohnte dort mit seiner Frau. Zudem standen die meisten der Länder auf dem Weg dorthin schon seit Längerem auf meiner Reisewunschliste. Österreich und Slowenien waren wunderschön, das wusste ich, von Kroatien hatte ich schon viel Gutes gehört und nach Griechenland wollte ich auch schon länger. Besonders gespannt war ich auf die Türkei, das Bindeglied zwischen Europa und Asien. Außerdem wollte ich schon immer einmal in den Iran. Dass mich der Weg nach Dubai zum Großteil durch preiswerte Länder führen würde, ich nur eine kurze Fähre nehmen müsste und, wenn ich rechtzeitig einen Job fände, die Chance hätte, schnell wieder Geld zu sparen, waren weitere Pluspunkte. Zudem könnte ich von dort entweder über Russland den Rückweg antreten oder weiter Richtung Indien fahren. Und wenn ich keinen Job fände, könnte ich mein Motorrad vorübergehend bei Feras lassen und zurückfliegen. Dubai war das perfekte Ziel und einen Anruf später war es beschlossene Sache.

Mitte 2016 also wurde mein Plan konkreter: Ich hatte ein Motorrad, einen Großteil der Ausrüstung und vor allem hatte ich endlich ein Ziel. Damit ich die Alpen und ihre Ausläufer überqueren konnte, solange es noch warm war, und in der Wüste ankam, wenn die Temperaturen dort erträglicher wurden, musste ich im Sommer starten. Somit hatte ich noch genau ein Jahr, um alles vorzubereiten.

Die Zeit bis dahin verflog so schnell wie nie zuvor. Ich verkaufte oder verschenkte weiter meine Sachen, unternahm ein paar kleinere Trips mit der Königin und lernte so immer besser mit ihr umzugehen, stellte mein Bordwerkzeug zusammen, räumte meinen Computer auf und sicherte alle Daten, befasste mich mit notwendigen Apps für mein Handy, stellte meine Ausrüstung weiter zusammen … Ich war erstaunt, was alles dazugehörte, wenn man sein altes Leben aufgab. Mein Schreibtisch schien unter den Notizzetteln zu verschwinden, auf denen ich all das notiert hatte, was ich noch erledigen musste. Gut, dass ich früh genug damit angefangen hatte. Und dann kam doch noch alles ganz anders …

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Beim Spazierengehen brachte ich Mogli bei, in meiner Nähe zu bleiben.

DAS FINDELKIND

Ich war auf dem Rückweg von einer Motorradreise nach Marokko, als plötzlich ein kleines verwahrlostes Kätzchen auftauchte. Es war noch sehr jung, total abgemagert und konnte sich kaum auf den Beinchen halten. Ich rief nur einmal kurz nach ihr, um »Hallo« zu sagen. Doch anstelle meines kleinen Fingers nahm sie gleich die ganze Hand, kam freudig angetapst, kroch auf meinen Arm und schlief ein. Der Hunger hatte sie vermutlich hierher getrieben, aber sie war noch zu jung und hatte nicht genug Energie, um der kalten Nacht zu trotzen. Sichtlich glücklich darüber, ein warmes und sicheres Plätzchen gefunden zu haben, machte der kleine Flohbeutel in meinem Arm keinerlei Anstalten, diesen zu verlassen, geschweige denn überhaupt aufzuwachen. Da seine Mutter, wie ich später erfahren sollte, von einem Auto überfahren worden war, stand es nicht gut um sein Schicksal. Aber davon wusste dieses kleine, süße Ding nichts. Es schlief tief und fest. Ich fragte mich, was ich mit ihm machen sollte. Ich konnte es schließlich nicht einfach auf dem Motorrad mit nach Hause nehmen. Oder doch? Aber wo sollte es sitzen? Der Tankrucksack war die einzige Möglichkeit, also polsterte ich ihn mit meinem Schal aus, legte die kleine Katze hinein und fuhr so vorsichtig, wie es nur ging. Zuerst hatte sie Angst, aber es dauerte nicht lange, bis sie verstand, dass sie in Sicherheit war. Und als wir zu Hause ankamen und ich in den Tankrucksack sah, blinzelten mich zwei verschlafene Augen an.

Ich wusste nicht einmal, ob das Kätzchen ein Mädchen oder ein Junge war. Aber es war wie Mogli aus dem Dschungelbuch ein Findelkind. Und wenn dies mein Weg wäre, so dachte ich, dann würde alles gut gehen. »Hallo, Mogli!«, flüsterte ich leise. Es war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

Es war mittlerweile Ende März und somit waren es nur noch vier Monate bis zu meiner geplanten »Weltreise«. Wenn Mogli mich begleiten sollte, würde ein ganzer Schwung zusätzlicher organisatorischer Sachen auf mich zukommen.

Als Allererstes brachte ich Mogli zum Tierarzt. Ich wollte endlich wissen, ob er/sie ein Katerchen oder ein Kätzchen war. Außerdem brauchte sie eine Wurmkur und eine Tollwutimpfung. Und ich wollte unsere Reisepläne mit dem Arzt besprechen, um sicherzustellen, dass ich Mogli nicht irgendwo heimlich ins Land schmuggeln müsste. Denn dieses Risiko wollte ich nicht eingehen müssen.

Es stellte sich heraus, dass Mogli ein kleines Kätzchen war, ungefähr zwei Monate alt. Für die Tollwutimpfung war sie damit noch ein wenig zu jung. Aber sie bekam eine Wurmkur und die erste der drei Spritzen gegen Katzenschnupfen. Bis auf ihr verletztes Schwänzchen war die Kleine gesund, und nachdem dieses geröntgt worden war und ich den nächsten Termin ausgemacht hatte, ging es wieder nach Hause – sehr zum Erstaunen der Praxismitarbeiter natürlich auf dem Motorrad.

Es wäre vermutlich die einfachere Lösung gewesen, Mogli in ein Tierheim zu geben. Und ich gebe zu, dass ich auch selbst kurz darüber nachgedacht habe. Aber ein Leben im Käfig wollte ich ihr nicht zumuten. Ich konnte doch nicht einfach eine Straßenkatze retten und sie dann in ein überfülltes Tierheim geben. Das fühlte sich irgendwie falsch an. Es war meine Entscheidung gewesen, Mogli zu retten. Und deshalb lag es nun auch in meiner Verantwortung, mich um sie zu kümmern. Und ich wollte mich gut um sie kümmern. Ganz uneigennützig war meine Entscheidung am Ende aber doch nicht. Wir hatten in unseren ersten paar Tagen schließlich bereits viel erlebt und ich hatte mich schon lange in Mogli verliebt.

Ich kaufte ein kleines Geschirr mit einer Leine und nahm Mogli überall mit hin. Sooft ich Zeit hatte, gingen wir an der Mangfall spazieren, wo ich sie eine Weile frei laufen lassen konnte. Ich wollte, dass sie lernte, mich als ihren Bezugspunkt anzusehen und nicht ihr Revier, wie es für Katzen normalerweise üblich ist.

Anfangs war Mogli noch sehr schüchtern, verkroch sich in meiner Jacke oder Kapuze und beobachtete gespannt und aus sicherer Entfernung alles, was sich bewegte. Nach und nach kam sie dann heraus – erst auf meinen Schoß, dann neben mich. Und irgendwann war sie mutig genug, um bis zum sicheren Gebüsch zu rennen. Besonders in der Anfangszeit musste ich sie oft aus dichtem Gestrüpp herausholen und meine Arme und Beine waren ständig von oben bis unten von Dornen zerkratzt. Außerdem hatte ich, wie Mogli auch, ständig mit Zecken zu kämpfen. War ich überhaupt gegen Zecken geimpft? Eine gute Gelegenheit, meinen Arzt zu konsultieren. Es stellte sich heraus, dass meine Zeckenimpfung (FSME-Impfung) aufgefrischt werden musste. Mein Arzt empfahl mir darüber hinaus gleich noch eine ganze Reihe anderer Impfungen. Er war selbst nicht nur ein Reiseenthusiast, sondern hatte als Mediziner auch schon Ralleys in Afrika betreut. Daher wusste er sofort, welche Impfungen ich brauchte. Er hatte außerdem bereits eine Erste-Hilfe-Checkliste mit dem treffenden Namen »Reiseapotheke für Fernreisen mit Expeditionscharakter« erstellt.

Dennoch graute mir vor unserem nächsten Termin beim Tierarzt. Das Röntgenbild hatte gezeigt, dass die Gliedmaßen in Moglis Schwänzchen auseinandergerissen waren. Es gab keinerlei Anzeichen für eine Quetschung oder dafür, dass es geknickt wurde. Die wahrscheinlichste Theorie war, dass jemand Mogli am Schwanz gepackt und stark daran gezogen hatte. Jetzt sollte sie operiert werden. Sie schaute mir ängstlich hinterher, als die Arzthelferin sie behutsam ins nächste Zimmer brachte. Es war das erste Mal, dass sie weder bei mir noch in meiner Wohnung war, und so richtig wohl war mir bei dem Gedanken nicht.

Man implantierte Mogli im Zuge der OP gleich noch einen Mikrochip zur eindeutigen Kennzeichnung. Um stolze Inhaberin eines Europäischen Heimtierausweises zu werden, war allerdings erst noch die Tollwutimpfung und der darauffolgende Bluttest nötig.

Als ich Mogli nach der Arbeit abholte, war sie von der Narkose noch ganz verschlafen. Ihr Schwänzchen war amputiert, an seiner statt besaß sie nur noch einen kleinen, rasierten Stummel. Ein komischer Anblick, aber ich war froh, dass alles gut geklappt hatte und Mogli wohlauf war.

Da Mogli am Morgen vor der OP nichts fressen durfte, hatte sie jetzt einen Bärenhunger. Ich wusste zwar, dass es nicht gut war, sie so kurz nach der Narkose zu füttern. Aber Katzen können unglaublich überzeugend sein – und so bekam sie zumindest ein bisschen. Dass das Futter postwendend auf dem Küchenboden landete, belehrte mich alsbald eines Besseren.

In den nächsten Wochen mussten wir noch ein paarmal zum Tierarzt. Mogli brauchte noch zwei Spritzen gegen Katzenschnupfen und zwei gegen Tollwut, einen Bluttest und außerdem wollte ich sie kastrieren lassen. Diese Entscheidung stand von Anfang an fest. Obwohl es mir leidtat, dass sie sich einer weiteren Operation unterziehen musste, überwogen doch ganz klar die Vorteile. Sie würde nicht rollig werden und auf der Suche nach einem Partner nächtelang verschwinden, das Infektionsrisiko würde enorm sinken und sie würde auch nicht zweimal im Jahr Babys bekommen.

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Reisebereit? Manchmal fragte ich mich schon, ob Mogli das schaffen würde.

DIE LETZTEN VORBEREITUNGEN

Mogli wurde Tag für Tag stärker und zuversichtlicher und es erfüllte mich mit Freude, zu sehen, wie dieses kleine, ursprünglich dem Tode geweihte Wesen aufblühte und die Welt entdeckte. Ich begann mit ihr an unserer Kommunikation zu arbeiten, denn dies würde später enorm wichtig sein. Das Erste, was ich ihr beibrachte, war ein bestimmter Ruf für Leckerlis: Ich presse meine Lippen aneinander und sauge Luft an. Ich mache dieses Geräusch nur, wenn ich auch wirklich ein Leckerli für Mogli habe. Es ist bis heute ihr Lieblingsgeräusch und funktioniert fast immer. Sie versteht aber auch, wenn ich ein anderes Geräusch mache und mit dem Finger auf etwas zeige. Das heißt dann, dass es da etwas zum Jagen oder Spielen gibt. Außerdem rufe ich sie nur, wenn ich auch wirklich will, dass sie zu mir kommt. Sonst würde sie nie wissen, wann ich es ernst meine.

Eine weitere Sache, die ich Mogli beibringen musste, war, zu akzeptieren, wenn ich ihr etwas verbot. Katzen sind unglaubliche Sturköpfe und geben erst nach, wenn sie sehen, dass man selbst noch sturer ist als sie. Es war das wohl erste Mal, dass mir meine eigene Beharrlichkeit in die Hände spielte – Mogli hatte gegen mich keine Chance. Ich war immer konsequent mit ihr und habe sie die Regeln, die ich aufstellte – etwa dass sie nicht auf den Küchentisch springen darf –, nie brechen lassen und diese auch nie geändert. Relativ schnell verstand sie es so, wenn ich ihr etwas verbot, und mittlerweile ist es unglaublich, was für ein gutes Benehmen sie an den Tag legt. Es ist einer wahren Prinzessin würdig.

Da ich Mogli von Anfang an immer wieder an die Leine nahm, hatte sie mit dieser kein Problem. Das hieß aber nicht, dass sie wie ein Hund neben mir herlief. Das tut sie bis heute nicht. Katzen sind sehr defensive und strategische Tiere. Offen und schutzlos auf einem Weg zu laufen, den sie vielleicht noch nicht einmal kennen, würden die meisten unserer Samtpfoten wohl nie machen. Wenn wir irgendwohin wollten, saß Mogli daher normalerweise auf meiner Schulter, manchmal machte sie es sich auch in meiner Kapuze gemütlich. Anfangs habe ich versucht, sie in eine offene Tasche zu stecken, damit ich sie einfacher transportieren und im Zweifelsfall auch vor Regen schützen könnte. Doch daran wollte sie sich nie gewöhnen und kletterte immer wieder zurück auf meine Schulter.

Um zu lernen, wie sie reagiert, und um sie besser auf das Reisen vorzubereiten, versuchte ich, sie so oft wie möglich an verschiedene Orte mitzunehmen. Jeden Abend gingen wir zur Mangfall und am Wochenende oder im Sommer fuhren wir ein paar Kilometer mit dem Fahrrad zum See, wo sie im Gebüsch spielte, während ich badete. Wir gingen zelten, fuhren manchmal zu Freunden in die Stadt oder in den Biergarten und fast jeden Sonntag nahm ich sie mit zu meiner Mum. Zweimal durfte sie mich sogar zur Arbeit begleiten. Selbst das Einkaufen übten wir – es verlief erstaunlicherweise problemlos. Sie streckte nur ihre kleine rosafarbene Nase in Luft und wurde einmal ein wenig unruhig, als wir an dem Regal mit dem Katzenfutter vorbeiliefen. Die Mitarbeiter waren entweder zu perplex, dass eine Katze auf meiner Schulter saß, oder es hat sie nicht gestört.

Langsam wurde es für mich und Mogli ernst. Nachdem sie mittlerweile ihre Tollwutimpfung bekommen hatte, war es Zeit für einen Bluttest, der bestätigen sollte, dass sie genügend Antikörper gebildet hatte. Außerdem stand ihre Kastration an.

Ich selbst hatte auch einiges zu tun, denn ich musste mich um die Dokumente für mein Motorrad und mein Visum für den Iran kümmern. Österreich, Slowenien, Kroatien und Griechenland gehörten zur EU. Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Albanien und Mazedonien konnte man als EU-Bürger uneingeschränkt bereisen. Und für die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate würde ich bei der Ankunft automatisch ein dreimonatiges Visum bekommen. Mogli hatte es da ein bisschen einfacher. Die kontinentalen Länder verlangen meist nur eine Impfung gegen Tollwut, manchmal auch noch eine gegen Katzenschnupfen. Die Impfungen mussten mit Chargennummer, Stempel und Datum in ihrem Tierausweis dokumentiert werden. Außerdem musste Mogli durch einen implantierten Chip eindeutig identifizierbar sein. Sie über die Grenzen zu bringen sollte also kein Problem sein.

Mogli hatte die Kastration gut überstanden und flitzte Tage später schon wieder durch meine Wohnung, als wäre nie etwas gewesen. Auch der Bluttest vom Labor kam zurück, und sie bekam ihren Heimtierausweis. Jetzt durfte sie endlich offiziell auf Reisen gehen und wir mussten auch nur noch zweimal zum Tierarzt: einmal zum Fädenziehen und ein weiteres Mal zur Nachkontrolle. Dann hatten wir es endlich geschafft.

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»Katzen und Motorräder passen ja eigentlich nicht zusammen. Aber Prinzessinnen und Königinnen eben doch.«