Biere, Benjamin |
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Krebühl Biere Rechtsanwälte, Frankfurt a.M. |
Brune, Jan-Philipp |
Rechtsanwalt, KLIEMT.Arbeitsrecht, München |
Dahl, Holger |
Einigungsstellenvorsitzender, Holger Dahl Konfliktmanagement GmbH, Königstein |
Dreyer, Dr. Martin |
Stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. (iGZ) |
Faber, Dr. Ulrich |
Rechtsanwalt, CHRONOS Agentur, Berlin/Bochum |
Fink, Martin |
Partner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, BEITEN BURKHARDT, München |
Giese, Katja, LL.M. (UConn) |
Partnerin, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, Attorney-at-Law (NY), KLIEMT. Arbeitsrecht, München |
Göpfert, Dr. Burkard, LL.M. (Columbia) |
Partner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, KLIEMT.Arbeitsrecht, München |
Handrup, Dr. Moritz |
Partner, Rechtsanwalt, BEITEN BURKHARDT, Frankfurt a.M. |
Helm, Dr. Rüdiger, LL.M. (Cape Town) |
Rechtsanwalt, huber.mücke.helm, München/Kapstadt |
Hoffmann-Remy, Dr. Till |
Partner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, KLIEMT.Arbeitsrecht, Frankfurt a.M. |
Krebühl, Peter |
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Krebühl Biere Rechtsanwälte, Frankfurt a.M. |
Meyer, Heinrich |
Partner, Rechtsanwalt, BEITEN BURKHARDT, Frankfurt a.M. |
Meyer, Dr. Michael |
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Dr. Meyer Fachanwälte, Neu-Isenburg |
Reinhard, Dr. Barbara |
Partnerin, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, KLIEMT.Arbeitsrecht, Frankfurt a.M. |
Scheicht, Katrin |
Partnerin, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, Pusch Wahlig Workplace Law, München |
Schmid, Dr. Erik |
Partner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, BEITEN BURKHARDT, München |
Schotter, Ass. iur. Annika |
Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei KLIEMT. Arbeitsrecht, München |
Schulze, Maik |
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Leifeld Niechoj Scholten LNS – Rechtsanwälte, Bochum |
Stück, Volker |
Rechtsanwalt, Lead Expert Arbeitsrecht und Mitbestimmung, BWI GmbH, Bonn |
a.A. |
andere Ansicht |
ABR |
Aktenzeichen für Rechtsbeschwerdeverfahren |
AG |
Aktiengesellschaft |
AGB |
Allgemeine Geschäftsbedingungen |
AiB |
Arbeitsrecht im Betrieb (Zeitschrift) |
AktG |
Aktengesetz |
a.M. |
am Main |
AP |
Arbeitsrechtliche Praxis (Entscheidungssammlung) |
AuR |
Arbeit und Recht (Zeitschrift) |
ArbG |
Arbeitsgericht |
ArbGG |
Arbeitsgerichtsgesetz |
ArbR-Aktuell |
Arbeitsrecht Aktuell |
ArbR.-HB |
Arbeitsrechtshandbuch (Schaub) |
Art. |
Artikel |
AuA |
Arbeit und Arbeitsrecht (Zeitschrift) |
Aufl. |
Auflage |
AZR |
Aktenzeichen für Revisionsverfahren |
BAG |
Bundesarbeitsgericht |
BAGE |
Sammlung der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts |
BB |
Betriebs-Berater (Zeitschrift) |
BDSG |
Bundesdatenschutzgesetz |
BeckOK ArbR |
Beck’scher Online-Kommentar Arbeitsrecht (hrsg. von Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching) |
BeckRS |
Beck-Rechtsprechung |
BetrVG |
Betriebsverfassungsgesetz |
BGB |
Bürgerliches Gesetzbuch |
BGBl. |
Bundesgesetzblatt |
BGH |
Bundesgerichtshof |
BGHZ |
Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen |
bspw. |
beispielsweise |
BT-Drs. |
Bundestags-Drucksache |
Ca |
Aktenzteichen Klagen in erstinstanzlichen Arbeitssachen |
DB |
Der Betrieb (Zeitschrift) |
d.h. |
das heißt |
DSGVO |
Datenschutz-Grundverordnung |
DStR |
Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) |
EFZG |
Entgeltfortzahlungsgesetz |
EGMR |
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte |
ErfK |
Erfurter Kommentar (hrsg. von Müller-Glöge/Preis/Schmidt) |
EUR |
Euro |
ff. |
fortfolgende |
FS |
Festschrift |
GewO |
Gewerbeordnung |
GG |
Grundgesetz |
GK-BetrVG |
Gemeinschaftskommentar zum Betriebsverfassungsgesetz |
GS |
Großer Senat |
HGB |
Handelsgesetzbuch |
Hs. |
Halbsatz |
IfSG |
Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen |
i.S.d. |
im Sine des |
i.V.m. |
in Verbindung mit |
KSchG |
Kündigungsschutzgesetz |
Kug |
Kurzarbeitsgeld |
LAG |
Landesarbeitsgericht |
MAH |
Münchner Anwaltshandbuch Arbeitsrecht |
m.a.W. |
mit anderen Worten |
m.E. |
meines Erachtens |
m.w.N. |
mit weiteren Nachweisen |
NK-ArbR |
Nomos-Kommentar Arbeitsrecht (hrsg. von Boecken/Düwell/Diller/Hanau) |
NJOZ |
Neue Juristische Online-Zeitschrift |
NJW |
Neue Juristische Wochenschrift |
NZA |
Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht |
Nr. |
Nummer |
o.ä. |
oder ähnliches |
OLG |
Oberlandesgericht |
RdA |
Recht der Arbeit (Zeitschrift) |
Rn. |
Randnummer |
S. |
Seite |
sog. |
sogenannte |
St. Rspr. |
ständige Rechtsprechung |
TaBV |
Aktenzeichen für Beschwerden in Beschlussverfahren |
TVG |
Tarifvertragsgesetz |
u.a. |
unter anderem |
vgl. |
vergleiche |
Ws |
Aktenzeichen des Oberlandesgerichts für Beschwerden in Strafsachen und Bußgeldsachen |
z.B. |
zum Beispiel |
ZPO |
Zivilprozessordnung |
zust. |
zustimmend |
32
Vorübergehende Betriebsschließungen und Kurzarbeit belasten sowohl Unternehmen als auch eine Vielzahl von privaten Haushalten. Um die wirtschaftlichen Folgen dieser Krise abzumildern, hat der Gesetzgeber kurzer Hand die Insolvenzantragsfristen für einige Monate ausgesetzt und Verbrauchern und Kleinstunternehmen zeitlich begrenzte Leistungsverweigerungsrechte eingeräumt. Kapitel 13 stellt kurz die wesentlichen Gesetzesänderungen dar und erklärt, unter welchen Voraussetzungen die Betroffenen davon Gebrauch machen können.
33
Das abschließende Kapitel 14 widmen die Herausgeber einer Abschlussbetrachtung. Wie wünschen aber schon an dieser Stelle Ihnen und uns, dass wir alle diese Zeiten gesund überstehen und bald zur viel gescholtenen „Normalität“ zurückkehren können.
1
Bereits in der letzten Wirtschaftskrise 2009 war Deutschland weltweit für sein Krisenmanagement insbesondere durch die Kurzarbeit geachtet. Mit den Mitbestimmungsregelungen zur Kurzarbeit konnte ein erheblicher Beitrag dafür geleistet werden, dass Deutschland wie kaum ein anderes Land die Krise bewältigte und wichtige Grundlagen für Wirtschaftswachstum nach dem Krisenzeitraum legte. Die Autoren beraten Betriebsräte und Arbeitnehmer in der aktuellen Ausnahmesituation und erläutern die Grundzüge der Kurzarbeit. Sie erklären, worauf Betriebsrat und Mitarbeiter zu achten haben.
74
Schließlich sollen noch einige besondere Konstellationen betrachtet werden, die in der betrieblichen Praxis oft für Kopfzerbrechen sorgen.
75
Für den Fall der Erkrankung während der Kurzarbeit gilt es, eine besondere Regelung zu beachten. Es werden zwei Kategorien unterschieden:
76
Eine Variante ist, dass die Erkrankung vor dem Beginn des Anspruchs auf Kurzarbeitergeld eingetreten ist. Besteht der Anspruch auf Entgeltzahlung weiter, dann gilt bei dem Anspruch auf Kurzarbeitergeld für die Zeit der Arbeit eine normale Entgeltfortzahlung für die Arbeitszeitstunden (§ 4 Abs. 3 EFZG) und für die Zeit des Arbeitsausfalles die Zahlung von Krankengeld gemäß § 47b Abs. 4 SGB V in Höhe des Kurzarbeitergeldes.38 Ist der Anspruch auf Entgeltfortzahlung ausgelaufen oder bestand dieser von Anfang an nicht, dann gilt für die Zeit der Arbeit das Gleiche wie für die Zeit des Arbeitsausfalls. Das bedeutet, dass das normale Krankengeld gemäß § 47 SGB V auf der Basis des Regelentgeltes vor der Erkrankung gezahlt wird.39
77
Die andere Variante betrifft den Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn die Erkrankung mit der Arbeitsunfähigkeit am Tag des Beginns oder während der Dauer des Kurzarbeitsanspruchs eingetreten ist.40 Wenn der Anspruch auf Entgeltfortzahlung weiterhin besteht, gilt für die Zeit der Arbeit die normale Entgeltfortzahlung für die Arbeitsstunden (§ 4 Abs. 3 EFZG) und für die Zeit des Arbeitsausfalles der Anspruch des Kurzarbeitergeldes (§ 98 Abs. 2 SGB III). Besteht hingegen der Anspruch auf Entgeltfortzahlung von Anfang an nicht oder ist dieser ausgelaufen, gilt für die Zeit der Arbeit wie für die Zeit des Arbeitsausfalles, dass der Krankengeldanspruch gemäß § 47b Abs. 3 SGB V auf Basis des Regelentgelts vor der Erkrankung berechnet wird bzw. besteht.41
78
Für den Fall der Absonderung von Arbeitnehmern in Quarantäne gibt es keine Regelung in §§ 95 ff. SGB III. Wenn die Quarantäne behördlich angeordnet worden ist, besteht ein Entschädigungsanspruch gemäß § 56 IfSG. Als Verdienstausfall gilt gemäß § 56 Abs. 3 Satz 1 IfSG das Arbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit nach Abzug der Steuern und der Sozialversicherungsbeiträge zusteht (Netto-Arbeitsgeld). Der Betrag erhöht sich um das Kurzarbeitergeld, auf das der Arbeitnehmer Anspruch hätte, wenn er nicht an der Arbeitsleistung wegen der Anordnung der Quarantäne verhindert gewesen wäre.
79
Bei der Einführung von Kurzarbeit während des Urlaubs gilt kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld, sondern auf Urlaubsentgelt. Dies folgt aus dem Gedanken des § 96 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 SGB III.42 Das Urlaubsentgelt entspricht dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst in den letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn und damit vor Beginn des Kurzarbeitergelds. Wenn der Urlaub nach der Einführung von Kurzarbeit genommen wird, besteht kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld, sondern auf Urlaubsentgelt. Verdienstverkürzungen wegen der Kurzarbeit bleiben bei der Berechnung des Urlaubsentgelts grundsätzlich außer Betracht (§ 11 Abs. 1 Satz 3 BUrlG).43
73
Wie dargestellt, sind an die arbeitsrechtlichen Grundlagen teilweise recht hohe Anforderungen zu stellen. Einige Muster finden sich bereits im Text zu den jeweiligen Themen. Nachfolgend weitere Muster zur Orientierung, die selbstverständlich – wie bei Mustern üblich – nur Kompass-Funktion haben.
1. Muster: Betriebsvereinbarung
Muster für eine Betriebsvereinbarung Kurzarbeit finden sich in verschiedenen Hand- und Formularbüchern.125
Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit in der Corona-Pandemie zur Abmilderung bzw. als Reaktion auf die Unwägbarkeiten und Auswirkungen von Covid-19
Zwischen
der ...... GmbH
– nachfolgend Arbeitgeber genannt –
und
dem Betriebsrat der ...... GmbH
– nachfolgend Betriebsrat genannt –
wird die nachfolgende Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit geschlossen.
Präambel
Aufgrund der Corona-Pandemie muss der Betrieb weitgehend eingestellt werden, weil – keine Werkstoffe mehr geliefert werden/ – die Lieferketten abgebrochen sind/ – der Warenabsatz eingebrochen ist/ – die Betriebsstätte behördlich geschlossen wurde/ – nur noch von 9.00 Uhr bis 18:00 Uhr geöffnet sein darf/ – 95 % unserer Flüge gestrichen wurden/ – usw. Wie lange das so bleibt, kann derzeit niemand absehen, wir sind alle sehr verunsichert. Der Gesetzgeber hat bereits durch das Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld vom 13. März 2020, Bundesgesetzblatt Teil I G 5702 Nr. 121 reagiert und die Bundesregierung ermächtigt, durch Verordnung die Anforderungen an den Bezug von Kurzarbeitergeld zu lockern. Wir müssen hiervon Gebrauch machen, um den Fortbestand des Betriebes zu sichern und um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Gleichzeitig schützen wir damit unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Deswegen haben der Betriebsrat und das Unternehmen folgende Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit in der Corona-Pandemie abgeschlossen. Wir bitten alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um Verständnis.
§ 1 Geltungsbereich
(1) Diese Betriebsvereinbarung gilt räumlich für den Betrieb ......
(2) Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Arbeitnehmer mit Ausnahme von
a) leitenden Angestellten iSd § 5 Abs. 3 BetrVG
b) Praktikanten
c) Auszubildenden.
§ 2 Einführung der Kurzarbeit
(1) Kurzarbeit wird in folgenden Abteilungen/in der gesamten Produktion eingeführt:
a)
b)
c)
(2) Von der Kurzarbeit ausgenommen sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die infolge der Kurzarbeit keinen Entgeltausfall haben.
§ 3 Beginn der Kurzarbeit
Die Kurzarbeit beginnt frühestens am 19. März 2020 und endet voraussichtlich am
….
Alternativ: für jede Abteilung gesondert126
§ 4 Umfang und Lage der Kurzarbeit
Der Umfang der Kurzarbeit ist je nach Abteilung wie folgt:
1. Abteilung a)
In Abteilung a) ist Kurzarbeit 0.
2. Abteilung b)
In Abteilung b) wird die Wochenarbeitszeit eines/einer vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers/in von 40 Stunden auf 15 Stunden verringert und gleichmäßig auf die Wochentage Dienstag bis Donnerstag verteilt. Montag und Freitag sind arbeitsfrei.
oder
Die Lage der Kurzarbeit richtet sich nach den betrieblichen Bestimmungen zur Lage der Arbeitszeit wie bisher.
3. Abteilung c)
In der Abteilung c) wird die Wochenarbeitszeit eines/einer vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers/in von 40 Stunden auf 20 Stunden verringert und wie folgt verteilt:
– Dienstags bis donnerstags arbeiten alle Arbeitnehmer/innen je 5 Stunden täglich.
– Montags und freitags arbeitet jeweils die Hälfte der Arbeitnehmer/innen 5 Stunden, wobei zunächst für vier Wochen die in Anlage 1 genannten Arbeitnehmer/innen montags und die in Anlage 2 genannten Arbeitnehmer/innen freitags arbeiten. Danach wechselt der Einsatztag alle vier Wochen. Ein Tausch des Einsatztages ist im gegenseitigen Einvernehmen und nach Zustimmung des Vorgesetzten möglich.
oder
Die Lage der Kurzarbeit richtet sich nach den betrieblichen Bestimmungen zur Lage der Arbeitszeit wie bisher.
4. Dokumentation
Jeder Arbeitnehmer, der von Kurzarbeit betroffen ist, dokumentiert die tatsächlich erbrachte reduzierte Arbeitszeit (ohne Pausen) auf dem Formular „Nachweis KUG“. Das Formular ist von dem Arbeitnehmer und seinem Vorgesetzten zu unterzeichnen und bis zum 3. Werktag des Folgemonats zu senden.
§ 5 Überstunden
Während der Dauer der Kurzarbeit ist die Leistung von Überstunden ausgeschlossen. Mehrarbeitsstunden in dringenden Ausnahmefällen bedürfen der vorherigen Zustimmung des Betriebsrates. Angefallene Mehrarbeitsstunden sind umgehend noch im gleichen Monat durch Freizeitgewährung wieder auszugleichen.
§ 6 Anzeige der Kurzarbeit
Der Arbeitgeber zeigt unverzüglich nach Abschluss dieser Betriebsvereinbarung bei der Agentur für Arbeit den erheblichen Arbeitsausfall gem. § 99 SGB III an. Der Betriebsrat wird dem Arbeitgeber eine Stellungnahme zur Verfügung stellen, in der dargestellt wird, dass der Arbeitsausfall infolge der Corona-Pandemie unvermeidbar ist und dass alle Möglichkeiten, den Arbeitsausfall zu vermeiden, insbesondere die Abwicklung von Resturlaub, Betriebsurlaub, Reduzierung von Arbeitszeitkonten etc., ausgeschöpft sind. Der Arbeitgeber stellt bei der zuständigen Agentur für Arbeit den Leistungsantrag auf Gewährung von Kurzarbeitergeld für die nach dieser Betriebsvereinbarung von Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer/innen. Der Arbeitgeber wird das Kurzarbeitergeld errechnen und an die Arbeitnehmer/innen auszahlen, sobald er die Leistungen von der Agentur für Arbeit erhalten hat.
§ 7 Überstunden
Für Arbeitnehmer/innen, die in Kurzarbeit beschäftigt werden, dürfen Überstunden nur in dringenden Ausnahmefällen angeordnet werden. Die Anordnung bedarf in jedem Fall der Zustimmung des Betriebsrates. Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates gemäß § 87 BetrVG bleiben im Übrigen unberührt.
§ 8 Betriebsbedingte Kündigungen
Während der Laufzeit dieser Betriebsvereinbarung werden betriebsbedingte Kündigungen nur mit Zustimmung des Betriebsrates gemäß § 102 Abs. 6 BetrVG ausgesprochen. Der Beschäftigungsschutz gilt nicht bei betriebsbedingten Änderungskündigungen sowie Entlassungen aufgrund von Betriebsänderungen oder im Wege einer Massenentlassung.
§ 9 Änderung und Beendigung der Kurzarbeit
Änderungen der Dauer der Kurzarbeit oder anderer Inhalte dieser Betriebsvereinbarung sind nur einvernehmlich mit dem Betriebsrat möglich. Geschäftsgrundlage für die Kurzarbeit ist ausschließlich die Corona-Pandemie.
§ 10 Inkrafttreten und Geltungsdauer
Diese Betriebsvereinbarung tritt mit Unterzeichnung in Kraft und endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, spätestens mit Ablauf der aufgrund des Ermächtigungsgesetzes erlassenen Verordnungen.
Gegebenenfalls kann (zusätzlich) eine Aufstockung vereinbart werden. Diese hätte folgenden Wortlaut:127
§ 11 Aufstockung des Kurzarbeitergeldes
Um die für die Arbeitnehmer/innen finanziell nachteiligen Auswirkungen der Kurzarbeit abzumildern, stockt der Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld für die Arbeitnehmern/innen mit einem Zuschuss zum Kurzarbeitergeld auf.
Das Kurzarbeitergeld wird auf 80 % der Nettoentgeltdifferenz im Sinne der §§ 105, 106 SGB III aufgestockt. Die Aufstockung beträgt bei Arbeitnehmern/innen, die beim Arbeitslosengeld die Voraussetzungen für den erhöhten Leistungssatz erfüllen würden, folglich 13 % und im Übrigen 20 % der pauschalierten Nettoentgeltdifferenz gemäß § 106 Abs. 1 S. 1 SGB III.
Der Zuschuss zum Kurzarbeitergeld wird zusammen mit dem Kurzarbeitergeld ausgezahlt.
2. Muster: Arbeitsvertrag
Ergänzung zum Arbeitsvertrag über Kurzarbeit in der Corona-Pandemie zur Abmilderung bzw. als Reaktion auf die Unwägbarkeiten und Auswirkungen von Covid-19
Zwischen
der ...... GmbH
– nachfolgend Arbeitgeber genannt –
und
Frau…/Herrn …
– nachfolgend Arbeitnehmer genannt –
wird die nachfolgende Änderung zum Arbeitsvertrag vom ...... über Kurzarbeit geschlossen.
§ 1 Einführung der Kurzarbeit
Frau … / Herr … arbeitet in unserem Ladengeschäft im Neu-Isenburg-Zentrum in 63263 Neu-Isenburg. Das Geschäft wurde infolge der Corona-Pandemie geschlossen, weil es nur noch ganz wenige Kundinnen und Kunden aufsuchen. Der Umsatz ist praktisch vollständig eingebrochen. In anderen Geschäften können wir Frau … / Herrn … nicht beschäftigen, weil wir diese aus dem gleichen Grunde geschlossen haben.
Deswegen führen wir hiermit mit dem Tage der Unterzeichnung der Vereinbarung für zunächst 9 Monate Kurzarbeit 0 ein/reduzieren die Arbeitszeit des Arbeitnehmers von wöchentlich 40 Stunden auf 10 Stunden.
§ 2 Urlaub
Frau … / Herr … hat noch 5 Tage Urlaub aus 2019. Der Urlaub wird einvernehmlich in der Zeit von heute (23. März 2020) bis zum 27. März 2020 genommen.
In 2020 hat Frau … /Herr … bislang 5 Tage Urlaub erworben. Dieser Urlaub wird einvernehmlich in der Zeit vom 30. März 2020 bis zum 3. April 2020 genommen.
§ 3 Arbeitszeitguthaben
Arbeitszeitguthaben besteht nicht.
§ 4 Lage der Kurzarbeit (falls nicht Kurzarbeit 0)
Die konkrete Lage der Arbeitszeit ist dem Dienstplan zu entnehmen, der mit dem zuständigen Vorgesetzten wie gewohnt abzustimmen ist. Die Kurzarbeit soll so durchgeführt werden, dass die betroffenen Arbeitnehmer so weit wie möglich ganze freie Tage haben.
§ 5 Antrag auf Kurzarbeitergeld
Den Antrag auf Kurzarbeitergeld stellen wir umgehend mit Abschluss dieser Vereinbarung.
Neu-Isenburg, den
Arbeitnehmer |
Arbeitgeber |
3. Muster: Urlaub und Arbeitszeitguthaben
Sehr geehrte …, sehr geehrter …,
Ihr Arbeitszeitguthaben beträgt 38 Stunden. Wir stellen Sie unter Anrechnung dieses Guthabens gegen Fortzahlung der Vergütung vom 23. März 2020 bis zum 27. März 2020 unwiderruflich von der Arbeitsleistung frei.
Ferner erteilen wir Ihnen hiermit beginnend mit dem 30. März 2020 bis zum 3. April 2020 Ihren Urlaub 2019 in Höhe von noch 5 Tagen.
Mit freundlichen Grüßen
4. Muster: Änderungskündigung
Sehr geehrte …, sehr geehrter …,
leider sehen wir uns aus Ihnen bekannten Gründen gezwungen, hiermit eine fristlose Änderungskündigung im Hinblick auf die mit Ihnen vertraglich vereinbarte Arbeitszeit wie folgt auszusprechen:
§ 4 Ihres Arbeitsvertrags, wonach Sie 38 Stunden in der Woche für uns arbeiten, wird fristlos gekündigt.
Wie bieten Ihnen stattdessen unter Fortsetzung des Arbeitsvertrags im Übrigen den Abschluss folgender Vereinbarung über Kurzarbeitergeld an (gem. Muster 2, Urlaub anpassen).
47
Selbst bei einer individuellen Vereinbarung über Homeoffice und mobiles Arbeiten kann die Mitbestimmung des Betriebsrats unter verschiedenen Aspekten betroffen sein. Die grundsätzliche Entscheidung des Arbeitgebers, ob er die Möglichkeit des Homeoffice oder mobilen Arbeitens eröffnen möchte oder nicht, ist allerdings mitbestimmungsfrei.
48
In der Planungsphase des Homeoffice-Arbeitsplatzes stehen dem Betriebsrat im Wesentlichen Informations-, Beratungs- und Vorschlagsrechte gemäß §§ 80 Abs. 2, 90 Abs. 1 Nr. 4, 92 und 92a BetrVG zu.
49
Bezogen auf die einzelnen betroffenen Arbeitnehmer kommt eine Mitbestimmung in der Phase der Einführung und Durchführung und Beendigung der Homeoffice-Arbeit nach § 99 BetrVG in Betracht. Des Weiteren können bei einem mobilen Arbeiten verschiedene Tatbestände des § 87 BetrVG (Arbeitszeit, Vergütung, technische Einrichtungen) wie auch der Tatbestand einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG betroffen sein.
50
Nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats dann, wenn Maßnahmen zur Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer getroffen werden (sog. Ordnungsverhalten). Hierunter werden diejenigen Verhaltensregelungen und Maßnahmen verstanden, die dazu dienen, das Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer im Betrieb zu beeinflussen und zu koordinieren. Hiervon abzugrenzen ist das mitbestimmungsfreie Arbeits- und Leistungsverhalten, das alle Regeln und Weisungen umfasst, die bei der Erbringung der Arbeitsleistung selbst zu beachten sind.18 Der Tatbestand ist daher nicht einschlägig, sofern es zu konkreten Regelungen zu Arbeitszeiten, Arbeitseinsätzen etc. kommt.
51
Die klassischen Mitbestimmungstatbestände zur Regelung der Arbeitszeit sind in § 87 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BetrVG erfasst. Danach sind sowohl die allgemeinen Bestimmungen zur Festlegung von Arbeitszeit, also z.B. die Festlegung von Schichtzeiten, von Gleitzeitmodellen, von Kernarbeitszeiten etc., auch konkrete Verkürzungen oder Verlängerungen der Arbeitszeit, insbesondere in Form von Kurz- oder Mehrarbeit, jeweils mitbestimmungspflichtig. Sofern daher im Zusammenhang mit einem Homeoffice-Einsatz oder beim mobilen Arbeiten spezielle Regelungen zur Arbeitszeit eingehalten werden sollen, bedarf es insoweit einer Einigung mit dem Betriebsrat.
52
Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG darf der Betriebsrat mitbestimmen, wenn der Arbeitgeber „technische Einrichtungen“ einführt oder anwendet, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Hierunter fallen alle optischen, mechanischen, akustischen oder elektronischen Geräte, mit deren Hilfe Arbeitnehmerdaten technisch aufgenommen, übermittelt oder ausgewertet werden können.19 Dies erfasst auch sämtliche Software, die im Betrieb eingesetzt wird.20 Dabei reicht es bereits aus, dass die technischen Einrichtungen geeignet sind, die Arbeitnehmer zu kontrollieren.21 Es ist nicht erforderlich, dass die technische Einrichtung zur Überwachung dient oder zu diesem Zweck eingesetzt wird.
53
Das Mitbestimmungsrecht besteht nicht nur bei der erstmaligen Einführung, sondern auch, wenn die technische Einrichtung verändert oder ergänzt wird. Dies ist gerade bei den ebenfalls erfassten Software-Programmen häufig der Fall. Werden die Mitbestimmungsrechte nicht ausreichend beachtet, kann der Betriebsrat den Einsatz der technischen Einrichtungen gerichtlich untersagen lassen. Allerdings ist im Einzelfall (und der Verhandlung einer Betriebsvereinbarung) sehr klar eine Grenze der Mitbestimmung dort zu ziehen, wo es nicht mehr um Fragen der Leistungs- und Verhaltenskontrolle, sondern die allgemeine Ausgestaltung des Datenschutzes geht. Sofern der Arbeitgeber in bestimmten Bereichen z.B. gänzlich auf eine Verwendung der Daten zum Zwecke einer Kontrolle verzichtet, ist die Mitbestimmung „verbraucht“ und bedarf es keiner weiteren Diskussionen über den Datenschutz und seiner Ausgestaltung.
54
Schließlich kommt auch eine Mitbestimmung über § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG in Betracht. Dieser Tatbestand gewährt dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der betrieblichen Umsetzung der Vorschriften des Arbeits- und Gesundheitsschutzes (durch innerbetriebliche kollektive Regelungen sowie technische und organisatorische Maßnahmen) unter der Voraussetzung, dass dem Arbeitgeber hierbei eigene Regelungsspielräume verbleiben. Insoweit ergibt sich aus der Formulierung „im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften“ eine Begrenzung des Mitbestimmungsrechts, die über den „normalen“ Gesetzesvorbehalt nach § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG hinausgeht. Zum einen gilt das Mitbestimmungsrecht nur, soweit Rahmenvorschriften des öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzes bestehen, die die zu treffenden Maßnahmen nicht selbst detailliert beschreiben, sondern dem Arbeitgeber lediglich ein zu erreichendes Schutzziel vorgeben und ihm einen Ermessensspielraum einräumen, innerhalb dessen der geeignete Weg zum Erreichen des Ziels nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten ausgewählt werden kann.22 Zum anderen folgt aus der Formulierung „im Rahmen“, dass sich die obligatorische Mitbestimmung nach Nr. 7 auf die Konkretisierung, nicht aber auf die Anhebung des Schutzniveaus der Rahmenvorschriften erstreckt.23 Dieser Mitbestimmungstatbestand mag im Zusammenhang mit betrieblicher IT nicht unmittelbar und zwingend relevant sein, kann jedoch mittelbar – etwa über die IT-Ergonomie – Anpassungen und Regelungen erfordern.
55
Darüber hinaus kommt eine Beteiligung des Betriebsrats auch in personellen Einzelfällen in Betracht. Hier greifen insbesondere die Mitbestimmungstatbestände der §§ 99, 102 BetrVG.
56
Wird ein Arbeitnehmer länger als nur vorübergehend ins Homeoffice versetzt oder aus dem Homeoffice zurückgeholt, geht dies mit einer wesentlichen Änderung des Arbeitsortes und einer Veränderung des betrieblichen Umfelds einher. Entsprechend greift i.d.R. der Mitbestimmungstatbestand der Versetzung (§§ 95, 99 BetrVG). Ob dieser Tatbestand auch im Fall der Einführung des „nur“ mobilen Arbeitens greift, ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig. So ist insbesondere entscheidend, inwiefern sich z.B. eine Teamzugehörigkeit, das Arbeitsumfeld und die Art des Arbeitens wesentlich oder eher unwesentlich verändern.
57
Sofern Änderungen im Zusammenhang mit der Einführung oder dem Entzug eines Homeoffice mit Eingriffen in den Arbeitsvertrag einhergehen, kann es notwendig sein, mit einer Änderungskündigung zu agieren. In diesem Fall greift der Tatbestand der §§ 102, 103 BetrVG zur Beteiligung bei Kündigungen.
58
Auf die Mitbestimmung des Betriebsrats kann nur in Notfällen verzichtet werden, also in solchen Fällen, in denen eine konkrete unmittelbar drohende Gefahr für die Gesundheit der Arbeitnehmer besteht. Ob ein solcher Notfall vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls – auch hier gilt: Die bloße Sorge, sich aufgrund eines allgemeinen Ansteckungsrisikos mit dem Corona-Virus zu infizieren, reicht für die Begründung eines Notfalls nicht aus. Hingegen dürften bei Vorliegen von bestätigten Corona-Infektionen oder begründeten Verdachtsfällen im Betrieb unmittelbare Schutzmaßnahmen auch ohne Beteiligung des Betriebsrats zulässig sein.
59
Auch wenn Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie eilig sind, sollte von Arbeitgeberseite zumindest versucht werden, den Betriebsrat einzubinden, der vor dem Hintergrund des Grundsatzes der vertrauensvollen Zusammenarbeit auch zu einer schnellen „Mitarbeit“ verpflichtet ist. Darüber hinaus liegt es nahe, die Corona-Thematik zu nutzen, um mit Blick auf das grundsätzlich bestehende Risiko und z.B. auch regelmäßig auftretende jährliche Grippewellen einmal grundsätzlich zu prüfen, ob gegebenenfalls ein „Pandemieplan“ oder vergleichbare allgemeine Regelungen in einer Betriebsvereinbarung verankert werden. So kann auch auf zukünftige Epidemie-/Pandemiefälle flexibel reagiert werden.
60
Da in einem Krisenfall der Betriebsrat typischerweise zu schnellen und angemessenen Maßnahmen seine Zustimmung geben wird, liegt es nahe, bei Maßnahmen mit personellen Auswirkungen jeweils Betriebsvereinbarungen mit Listenanhörungen im Sinne des § 99 BetrVG zu verbinden. Dies schließt spätere Diskussionen über die betriebsverfassungsrechtliche Wirksamkeit der Maßnahme aus und nimmt Arbeitnehmern die Möglichkeit, die mobile Arbeit zu verweigern.
61
Hat ein Unternehmen nur einen Betrieb, so übt dessen Betriebsrat das Mitbestimmungsrecht aus. Ist hingegen bei mehreren Betrieben ein Gesamtbetriebsrat oder innerhalb einer Unternehmensgruppe ein Konzernbetriebsrat gebildet, so stellt sich die Frage nach dem zuständigen Organ für Mitbestimmung in „pandemierelevanten“ Fragen.
62
Der Gesamtbetriebsrat ist nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG insbesondere zuständig für Angelegenheiten des Unternehmens, die nicht auf betrieblicher Ebene geregelt werden können. Entsprechendes gilt für den Konzernbetriebsrat, dessen Zuständigkeit sich aus § 58 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ergibt. Primär jedoch ist stets der Einzelbetriebsrat zuständig. Maßgeblich für eine Zuständigkeitsübertragung ist, dass ein zwingendes Erfordernis für eine einheitliche Regelung gegeben ist.24 Nicht ausreichend ist es, dass die Regelung durch den Gesamt- oder gar Konzernbetriebsrat bloß zweckmäßig wäre.25 Es kommt deshalb für die Abgrenzung der Zuständigkeiten darauf an, inwieweit eine einheitliche Steuerung – insbesondere technisch – notwendig ist. Bringt der Konzern z.B. innerhalb einer Matrixstruktur gesellschaftsübergreifend ein einheitliches Einsatztool zum Einsatz, bedarf es aus technischen Gründen auch einer einheitlichen Ausgestaltung der technischen Plattform, der Zugriffsrechte und der Ausgestaltungsmerkmale – zuständig ist daher der Konzernbetriebsrat.
63
Die pandemiebedingte Einführung eines mobilen Arbeitens kann diese Zuständigkeitsregelungen nicht durchbrechen. Der bloße Wunsch nach einer schnellen, einheitlichen Lösung oder die Zweckmäßigkeit einer Beteiligung z.B. des Konzernbetriebsrats begründen noch nicht dessen Zuständigkeit. Daher kann zwar die Anpassung eines auf Konzernebene eingeführten Tools, um pandemiebedingten Anforderungen zu genügen, oder die Flexibilisierung eines dahinterliegenden Prozesses in die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats fallen. Geht es hingegen schlicht darum, dass mobiles Arbeiten ermöglicht werden soll, wird regelmäßig der örtliche Betriebsrat zuständig sein.
59
Die Instrumente der Arbeitszeitgestaltung können dazu beitragen, die Herausforderungen der Pandemie für Arbeitgeber und Arbeitnehmer leichter zu bewerkstelligen. Welche Lösungen dazu am besten geeignet sind, richtet sich nach Branche, Größe des Unternehmens, Aufgabenbereich der Arbeitnehmer und Einsatzort. Die bestehenden Regelungen in Betriebsvereinbarungen, Tarifverträgen und Arbeitsverträgen sollten geprüft und, wenn erforderlich, die geltenden Regelungen zur Arbeitszeit ggf. im Rahmen der Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes und unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte angepasst werden. Wie aufgezeigt sind dabei kreative Gestaltungsmöglichkeiten denkbar, um den Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Hinblick auf die Arbeitszeit Rechnung zu tragen.
59
Quarantäne und Entgeltfortzahlung
Anspruchsgrundlage |
§ 611a BGB |
§ 3 EFZG |
§ 616 I BGB |
---|---|---|---|
Leistung |
Arbeitsentgelt |
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall |
Lohnfortzahlung bei vorübergehender Verhinderung |
Voraussetzung |
Vertragsgemäße Erbringung der vereinbarten Arbeitsleistung |
Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers |
Vorübergehende Verhinderung (bei Kinderbetreuung max. zehn Tage); Verhinderung wegen Erfüllung von Betreuungspflichten oder anderer persönlicher Unglücksfall (z.B. Quarantäne im Ausland oder fehlende Rückreisemöglichkeit) |
Dauer (und Höhe) |
Unbefristet, bzw. bei befristeten Arbeitsverträgen der Befristung entsprechend |
Max. sechs Wochen Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber, danach Krankengeld von der Krankenkasse nach § 47 SGB V |
Dauer des Arbeitsausfalls; Höhe des üblichen Arbeitsentgelts |
Schuldner |
Arbeitgeber |
Arbeitgeber in den ersten sechs Wochen, danach Krankenkasse |
Arbeitgeber |
Bemerkungen |
–/– |
Unverzügliche Mitteilung der AU und der voraussichtlichen Dauer, § 5 EFZG; ab dem 4. Krankheitstag Attest, davor nur wenn vom AG verlangt Pandemie: telefonische Krankschreibung von bis zu sieben Tagen möglich |
Arbeits- und tarifvertraglich abdingbar |
Leistung |
Staatliche Entschädigung |
Staatliche Entschädigung bei kollidierender Betreuungspflicht |
Vergütungsanspruch entfällt mangels erbrachter Arbeitsleistung |
Voraussetzung |
Behördliche Anordnung von Quarantäne (§ 30 IfSG) oder beruflichen Tätigkeitsverboten (§ 31 IfSG) – evtl. auch bei behördlicher Betriebsstilllegung (§ 28 IfSG) |
Betreuung eines Kindes (max. elf Jahre alt oder hilfebedürftig aufgrund einer Behinderung) außerhalb der Ferien wegen Kita- und Schulschließung ohne mögliche und zumutbare Betreuungsalternative |
Ausbleiben der vom Arbeitnehmer vertraglich geschuldeten Leistung |
Dauer (und Höhe) |
Sechs Wochen in Höhe des Verdienstausfalls, danach in Höhe des Krankengeldes nach § 47 SGB V |
Max. sechs Wochen in Höhe des Verdienstausfalls, monatlich max. 2.016 EUR |
Dauer des Arbeitsausfalls |
Schuldner |
Staat (vertreten durch die zuständige Behörde), alternativ der Arbeitgeber, der vom Staat einen Vorschuss und die Erstattung verlangen kann |
Staat (vertreten durch die zuständige Behörde), alternativ der Arbeitgeber, der vom Staat einen Vorschuss und die Erstattung verlangen kann |
–/– |
Bemerkungen |
–/– |
Vorgesehen in aktuellem Gesetzesentwurf: BT-Drs. 19/18111 v. 24.3.2020 – Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite |
Arbeitsrechtlicher Grundsatz: „Kein Lohn ohne Arbeit“ (wenn kein anderweitiger Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht) |
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Auf der Grundlage der dargestellten arbeitsrechtlichen Regelungen ist in Zeiten der Pandemie, auch wenn es sich um herausfordernde Zeiten handelt, gewährleistet, dass die systemrelevanten Wirtschaftsbereiche ihren Beitrag leisten, um die Krisensituation zu überwinden. Sowohl für das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitgeber wie auch zwischen den Betriebsparteien gilt gleichermaßen, dass es mehr denn je auf ein Miteinander ankommt.
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Am 17.3.2020 erläuterte eine Vors. Richterin am Arbeitsgericht München in einer Fortbildungsveranstaltung, dass wegen der Corona-Pandemie viele Verfahren vertagt werden. Dies gelte aber nicht für Eilverfahren, wie einstweilige Verfügungen und Verfahren auf Einsetzung der Einigungsstelle. Im nach § 87 BetrVG mitbestimmten Bereich lassen sich Mitbestimmungsverletzungen im Wege der einstweiligen Verfügung unterbinden. Das Bundesarbeitsgericht erkennt einen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch des Betriebsrats für einseitig aufgestellte Regelungen im Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes an.
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Das Gericht führt aus:
„Festzuhalten bleibt (…), dass § 3 ArbSchG (…) Regelungsspielräume eröffnet. (…) Die betriebsverfassungswidrige Anweisung ist (…) unwirksam (…). Die den (…) Unterlassungsanspruch tragenden Überlegungen erfordern (…) einen entsprechenden Beseitigungsanspruch, falls das mitbestimmungswidrige Verhalten bereits vollzogen ist. (…) Da die Arbeitgeberin die umstrittenen Arbeitsanweisungen bereits in das Handbuch aufgenommen hat und den Anschein einer verbindlichen Arbeitgeberweisung aufrechterhält, war sie zu verpflichten, den mitbestimmungswidrigen Zustand zu beseitigen.“47
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Häufiger wird es nicht um eine Unterlassung, sondern um das Durchsetzen von Arbeitsschutzmaßnahmen gegen untätige Arbeitgeber gehen. Da bedarf es der Einigungsstelle, um Maßnahmen durchzusetzen. Die hierzu erforderlichen Einsetzungsverfahren werden auch in Pandemiezeiten terminiert.
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Verstöße gegen den Datenschutz können folgende Rechtsfolgen haben:
– Auflagen und Bußgeldbescheid (Art. 83 DSGVO) durch die zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde. Für die Bemessung des Bußgelds hat die Deutsche Datenschutzkonferenz am 14.10.2019 Grundsätze verabschiedet, die sich u.a. am Unternehmensumsatz und dem Verschuldensgrad orientieren.71 Die Bußgelder sind unter Geltung der DSGVO deutlich angestiegen, wie eine Übersicht der in der EU verhängten Bußgelder verdeutlicht.72 So wurde z.B. die Deutsche Wohnung wegen unzulässiger Vorratsdatenspeicherung von Mieterdaten mit einem Bußgeld i.H.v. 14,5 Mio. EUR belegt.
Im Falle der Covid-19-Pandemie ist zu berücksichtigen, dass sowohl seitens des Gesetz-/Verordnungsgebers als auch der Betriebsparteien eine notstandsähnliche Sondersituation besteht, die unverzügliches Handeln zur effektiven Bekämpfung zum Schutz von Belegschaft, Kunden Lieferanten und Bevölkerung erforderlich macht, sodass bei evtl. Datenschutz- bzw. Rechtsverstößen ein milderer Maßstab geboten ist. Andernfalls würde zudem die Gefahr bestehen, dass Unternehmen, die der Gesetzgeber mit seinem schnell verabschiedeten „Gesetzentwurf zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ vor der Insolvenz bewahren wollte,73 just in diese getrieben werden durch ein exorbitantes Bußgeld. Hiergegen ist verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz möglich, d.h. Widerspruch gegen den Behördenbescheid und Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid (§ 68 VwGO).74 In dem Verfahren gilt das Amtsermittlungsprinzip (§ 86 VwGO).
– Schadensersatz- bzw. Entschädigungsansprüche des Arbeitnehmers, dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung, Datenschutz verletzt wurde, sind nach Art. 82 DSGVO, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1, 2 Abs. 1 GG möglich.75 Diese muss der Arbeitnehmer im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren geltend machen (§ 2 ArbGG), für welches das Parteiprinzip bzw. der Beibringungsgrundsatz gilt (§ 46 Abs. 2 ArbGG; § 282 ZPO). Im Arbeitsrecht liegen die zugesprochenen Entschädigungen bisher i.d.R. zwischen 1.000 EUR (unerlaubte Fotonutzung76), 4.000 EUR (rechtswidrige Videoüberwachung77) und 7.000 EUR (längere, rechtswidrige Videoaufzeichnung78).
– Möglich sind auch Auskunfts-/Kopienansprüche des Arbeitnehmers nach Art. 15 DSGVO79 und Beseitigungs-/Löschungsansprüche nach Art. 17 DSGVO.80 Diese muss der Arbeitnehmer im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren geltend machen (§ 2 ArbGG), für welches das Parteiprinzip bzw. der Beibringungsgrundsatz gilt (§ 46 Abs. 2 ArbGG; § 282 ZPO).
– Der Betriebsrat kann bei Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte (§ 87 Abs. 1 Nr. 1, 6 BetrVG) und Datenschutzverstößen vom Arbeitgeber Unterlassung verlangen und Ansprüche auf Herausgabe/Löschung gegenüber Dritten (hier mit interner Untersuchung beauftragte Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer) geltend machen.81 Diese muss der Betriebsrat im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren geltend machen (§ 2a ArbGG), für das der Amtsermittlungsgrundsatz gilt (§ 83 Abs. 1 Satz 1 ArbGG).
– Ein Verstoß gegen den Datenschutz kann auch prozessuale Sachvortrags-/Beweisverwertungsverbote zur Folge haben, sodass der Arbeitgeber z.B. einen Abmahnungs-, Kündigungsschutz-82 oder Schadenersatzprozess nicht gewinnen kann, da er darlegungs-/beweispflichtig ist für die Vertragspflichtverletzung, diesen Nachweis aber nicht führen kann mit unverhältnismäßig erlangten bzw. datenschutzwidrigen Ergebnissen vor Gericht, da dieses eine Persönlichkeitsrechts-/Datenschutzpflichtverletzung nicht perpetuieren darf.83
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Unternehmen steht für Restrukturierungen auch während der Pandemie ein arbeitsrechtlicher „Baukasten“ mit einer Vielzahl sinnvoller und bereits etablierter Hilfsmittel zur Verfügung, auf die weiterhin zurückgegriffen werden kann und die es gezielt zu nutzen und einzusetzen gilt. Insbesondere „Restrukturierung“ und „Kurzarbeit“ schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern können durchaus wirkungsvoll miteinander verknüpft werden. Die weiter voranschreitende Digitalisierung und Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft im Zuge der sog. „Vierten Industriellen Revolution“ haben Unternehmen aber bereits vor der Verbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 vor teilweise erhebliche volks- und betriebswirtschaftliche Probleme gestellt, die sich während der Pandemie allenfalls verschärfen, mit Blick auf die „Zeit danach“ aber nicht grundsätzlich verändern. Selbst Unternehmen, die sich bislang nicht mit derartigen Problemen konfrontiert sahen, werden infolge der Pandemie vor massive Probleme gestellt werden, die sich nicht „über Nacht“ werden lösen lassen. Daher gilt es bereits jetzt, Restrukturierungsansätze konsequent weiter zu verfolgen; denn der „gefühlte Aufschub“ wird sich vor allem bei zeitkritischen Restrukturierungen schon sehr zeitnah in sein Gegenteil verwandeln. Dann wird auch die Frage zu beantworten sein, ob insbesondere die während der Pandemie oft kurzfristig vereinbarten oder bereits bestehenden Regelungen zum Beschäftigungsschutz vorzeitig kündbar oder zumindest einem Anspruch auf Nachverhandlung zugänglich sind.
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Die Zeitarbeit ist wie andere Branchen auch von den Folgen der Pandemie auf schwerwiegende Weise betroffen. Die ohnehin bestehende Volatilität der Branche führt in dieser Situation zu plötzlichen Abmeldesituationen, die die Unternehmen vor große Probleme stellt. Es ist deshalb gut, aber auch zwingend notwendig gewesen, die Kurzarbeit für die Zeitarbeit vollständig zu öffnen. Dabei gibt es Argumente, in der Zeitarbeit wegen § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG das Recht auf Vereinbarung von Kurzarbeit dauerhaft zuzulassen. Zumindest dann, wenn der Arbeitgeber andernfalls zu betriebsbedingten Kündigungen berechtigt wäre, spricht viel dafür, dass es sich nicht um ein branchentypisches, sondern um ein allgemeines wirtschaftliches Problem handelt, bei dem der Sinn und Zweck der Kurzarbeit auch auf die Zeitarbeit sinnvoll angewendet werden kann. Die Befristung der Verordnungsermächtigung in § 11a AÜG ist überflüssig, weil der Verordnungsgeber nur in eng eingegrenzten Ausnahmefällen eine Verordnung erlassen kann. Die Zeitarbeitsbranche wäre also auch mit einem unbefristet gültigen § 11 AÜG nicht ohne Weiteres zur Kurzarbeit berechtigt.
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Es ist zu hoffen, und die ersten Einschätzungen aus der Branche stützen dies, dass in großem Umfang vom Kurzarbeitergeld Gebrauch gemacht wird. Betriebsbedingte Kündigungen werden demgegenüber hoffentlich in der Minderheit bleiben. Das Kündigungsschutzrecht stellt hohe Anforderungen an die Darlegung von außerbetrieblichen Kündigungsgründen (Auftragsmangel). Es bleibt abzuwarten, wie Arbeitsgerichte, sollten dort überhaupt in nennenswertem Umfang Fälle aus der Zeitarbeit zu behandeln sein, betriebsbedingte Kündigungen vor dem Hintergrund dieser von der Bundeskanzlerin als größte Herausforderung in der deutschen Nachkriegsgeschichte bezeichneten Pandemie beurteilen wird.
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Die Betriebsratsarbeit ist einem kontinuierlichen Veränderungsprozess ausgesetzt. Unternehmen stellen sich dezentraler auf. Es werden Matrixstrukturen in Konzernen unternehmensübergreifend eingeführt. Die Entscheidungsfindung der Mitbestimmung fällt im Rahmen der Globalisierung trotzdem bisweilen eher starr aus. Und dies obwohl zügigere und flexiblere Handhabungen nicht nur von der Arbeitgeberseite (zu Recht) eingefordert werden, sondern solche mit dem neuesten Stand der Technik auch umsetzbar sind. Auch wenn mitunter noch offene Fragen bestehen, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich die Gesetzgebung und/oder Rechtsprechung bei der Betriebsratsarbeit der Zuhilfenahme von neuer IKT öffnen wird. Der Grundstein ist mit der Einführung des § 41a EBRG gelegt. Es bleibt zu wünschen, dass dies der Beginn einer stetigen Fortentwicklung ist, um dem Betriebsrat die Ausübung seiner Rechte trotz vielschichtiger zu berücksichtigender Gesichtspunkte zu vereinfachen und zugleich die Mitbestimmung in zentralen Punkten flexibler arbeiten zu lassen. Dass es jedoch einer solchen einschneidenden Krise bedurfte, um diesen Weg zu ebnen, konnte nicht vorhergesehen werden.
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Diese Krise, dies muss nochmals betont werden, stellt sich auch als Chance dar. Der Deutsche Anwaltsverein hat einen Gesetzentwurf über ein Arbeitsrechtliches Pandemie-Bekämpfungsgesetz (kurz: APBG) erarbeitet, der dem Gesetzgeber zur Entscheidung überlassen wird. Hierbei soll u.a. das Betriebsverfassungsgesetz um einen neuen § 129 BetrVG folgenden Inhalts ergänzt werden:
„§ 129 BetrVG Zeitlich befristete Änderungen des BetrVG in Verbindung mit der Covid-19 Pandemie
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