Das katastrophal peinliche Leben von Lottie Brooks

(Tag 19 der Sommerferien)

Molly ist erst seit siebenundzwanzigeinhalb Stunden fort, und niemand scheint auch nur irgendeine Ahnung davon zu haben, wie sehr ich sie vermisse. Es fühlt sich ein bisschen so an, als hätte man mir meine Eingeweide herausgerissen, sie durch den Schleudergang der Waschmaschine gejagt und sie hinterher wieder in meinen Körper gestopft.

Meine Eltern sind auch absolut keine Hilfe. Vermutlich liegt es daran, dass sie selbst keine Freunde haben. Jedenfalls haben sie keinen blassen Schimmer, wie es ist, wenn deine BFF ans andere Ende der Welt nach Australien zieht. Sie sagen nur so Zeug wie »Du findest ganz schnell wieder neue Freunde, Lottie«.

Ich meine, für wie alt halten die mich eigentlich? Drei? Es ist ja nicht so, dass ich noch in den Kindergarten gehe, wo man sich einfach vor jemanden stellt, sagt: »Komm, wir kleben was zusammen!«, und dann über dem gemeinsam genutzten Pritt-Stift zu Freundinnen wird. Die Menschen da draußen sind gemein!

Hier kommt ein Beispiel dafür, dass mich meine Eltern immer noch wie ein Kind behandeln: Wir waren gerade beim Drive-in von McDonald’s zum Abendessen, weil sie mich »aufheitern«

Ich habe es tatsächlich geschafft, ein Big-Mac-Menü für mich rauszuhandeln, aber blöderweise schmeckte es einfach furchtbar und blieb mir in der Kehle stecken. Mum sagte, das liege vielleicht daran, dass meine Geschmacksknospen endlich erwachsen würden, aber in Wirklichkeit liegt es daran, dass mein Herz gebrochen ist. Nicht mal der Milchshake schmeckte mir so richtig. Er war schon ein bisschen geschmolzen und eher milchig und nicht so eiscremig wie sonst, weißt du? Dann habe ich auch noch die süßsaure Soße über mein Lieblings-T-Shirt gekleckert, und das war praktisch der letzte Nagel im Sarg meiner Laune.

Aber weil Molly jetzt die Sonne und die Surferboys in Down Under genießt, habe ich beschlossen, ein Tagebuch zu führen. Und hier bist du. TA-DAAA!

Ich hoffe, dass es mit dir ein bisschen so ist, als hätte man

 

Hier ist ein Bild von meiner Familie.

(Anmerkung: Wir laufen natürlich nicht ständig nackt herum. Aber Kleidung zu zeichnen, dauert so irre lang, und um ehrlich zu sein, hab ich dazu absolut keinen Bock.)

Für Eltern sind meine vermutlich gar nicht so übel – jedenfalls, wenn man mal davon absieht, dass sie rund um die Uhr wegen meiner Bildschirmzeit meckern! Mein schmuddeliger kleiner, sieben Jahre alter Bruder ist noch so ein Problem. Mann, ist der Junge nervig. Dabei fällt mir ein … WENN DU DAS HIER

Hmmm … was könnte ich noch von mir erzählen?

Ah, du kennst meine Hamster noch gar nicht.

Hier sind sie!

Ich habe die beiden kleinen Kerlchen seit ungefähr acht Monaten. Sie wohnen in meinem Zimmer und sind manchmal ein bisschen laut, aber das macht mir nicht wirklich etwas aus, weil sie immer so gute Ratschläge parat haben. Manchmal erzähle ich ihnen davon, wie schlimm mein Tag war, und dann laufen sie einfach weiter in ihrem Laufrad herum und stopfen sich die Backen voller Futter, als wollten sie sagen: »Keine Panik wegen solcher Kleinigkeiten, Schatzi. Es gibt so viel Schlimmeres auf der Welt!« Und sie haben ja so recht. Sie trösten mich jedes Mal.

Frag aber lieber nicht, was mit Flauschball dem Ersten und Flauschball dem Zweiten passiert ist. Ruhet in Frieden, Jungs!

Tja, das ist mein Leben in aller Kürze. Ich bin praktisch völlig verlassen in dieser großen, weiten, beängstigenden Welt, und

Donnerstag, 12. August

Vermutlich fragst du dich, warum ich nur eine Freundin habe? Oder vielleicht fragst du dich das auch nicht, weil sich Papier eigentlich niemals irgendetwas fragt … aber ich erzähle es dir trotzdem, denn dafür bist du ja da, nicht wahr?

Als ich vier Jahre alt war, musste ich ein Pflaster über dem Auge tragen, um mein Schielen zu korrigieren. Zuerst fand ich das super. Ich tat immer so, als wäre ich eine Piratin, die die sieben Weltmeere besegelte, um einen vergrabenen Schatz zu finden, und nannte mich Matey McHummerbein, was ich ziemlich lustig fand.

Das änderte sich aber, als ich in die Grundschule kam. Ich erzählte ein paar von meinen Klassenkameraden davon, dass ich die Piratin Matey McHummerbein sei, und der Spitzname blieb an mir kleben. Bald machten sich alle über mich lustig. Zuerst war es mein Augenpflaster, dann meine Kleider, dann meine Sommersprossen, dann die Art, wie ich sprach …

Irgendetwas schien immer falsch an mir zu sein.

Es gab da ein Mädchen, Eliza, das jeden Morgen mit perfekt geflochtenen Zöpfen in die Schule kam. Sie war die Schlimmste, weil sie eine Menge fieser Gerüchte über mich verbreitete.

Ich fühlte mich einsam und verwirrt. Warum mochten mich die anderen Kinder nicht? Warum musste ich das einzige Kind in der Klasse mit einem Augenpflaster sein? Und wie bekam Eliza ihre Zöpfe immer so verdammt ordentlich hin?!

Dann kam Molly auf unsere Schule, und alles wurde anders. Ich weiß nicht, was ich ohne sie getan hätte. An ihrem ersten Tag ließ sie sich mit ihrer Minnie-Maus-Brotdose auf den Platz neben mir fallen, bot mir Käseflips an und sagte Eliza-mit-den-perfekten-Zöpfen, sie solle mich in Ruhe lassen. Molly war so lustig und selbstbewusst, dass sie die Freundin von jedem hätte sein können, aber sie wählte mich aus.

Guck mal, wie süß wir damals waren.

Aber jetzt ist Molly weg, und ich fürchte mich vor der Zeit ohne sie.

Weißt du, andere Kinder haben irgendetwas, was für sie spricht – wie zum Beispiel, dass sie laut sind oder sportlich oder einfach gnadenlos hinreißend. Ich? Ich werde knallrot, sobald jemand mit mir spricht. Ich verbringe den größten Teil meiner Freizeit allein und zeichne alberne Comics, was nun wirklich nicht besonders cool ist, oder? Außerdem habe ich das ödeste mittelbraune Haar seit Beginn der Zeitrechnung. Ehrlich gesagt bin ich mir sogar ziemlich sicher, dass mein Haar für die meisten meiner Probleme verantwortlich ist. Ich würde alles dafür tun, mit Molly die Haare tauschen zu können. Sie hat so wunderhübsche rote Locken – aber das Lustige ist, dass sie ihr Haar ebenfalls hasst! Ich weiß nicht. Vielleicht hassen wir immer das, was wir gerade haben?

Mum sagt, dass ich schön bin, aber seinen Eltern kann man

Es ist ja leicht gesagt, dass ich bald ganz viele Freunde finden werde, aber was meine Eltern nicht kapieren, ist, dass die meisten Leute nicht mit einer Kartoffel befreundet sein wollen. Ich meine, was spricht denn schon für Kartoffeln? Gut, man kann Pommes aus ihnen machen, und Pommes sind lecker … aber ich bin mir nicht sicher, ob Pommes tolle Gesprächspartner sein können.

WhatsApp-Unterhaltung mit Molly:

Ich: Hey, BFF. Ich vermisse dich sooooo doll! Wie läuft es denn so am anderen Ende der Welt?

Molly: Ich vermisse dich noch viiiiiiel mehr!! Ist schon ganz okay hier. Bisher hab ich aber noch keine süßen Surferboys gesehen. Die Jungs hier sehen alle ziemlich genauso aus wie in England

Ich: Das ist ja Mist. Aber du bist ja erst einen Tag dort. Vielleicht verstecken sie sich nur?!

Molly: Vermutlich. Es ist außerdem ziemlich heiß hier, obwohl es eigentlich Winter sein sollte. Keine Ahnung, warum meine Eltern finden, dass es eine gute Idee ist, in Australien zu wohnen, obwohl wir alle aussehen wie ein Haufen Milchflaschen mit roten Perücken!

Ich: Ich weiß. Haben sie denn gar nicht an das Hautkrebsrisiko gedacht?!

Molly: Eindeutig nicht. Ich werde sicher bald tot sein, und dann wird es ihnen leidtun!

Ich: Ja, das geschieht ihnen recht.

: Absolut!

Ich: Vielleicht aber auch ein bisschen extrem, das Ganze … Ich würde dich schon sehr vermissen, wenn du tot wärst!

Molly: Aaaaah, ich würde dich auch vermissen. Werde mich also mit Sonnenschutzfaktor 50 einkleistern (zumindest für eine Weile).

Ich: xxx

Ich hatte gedacht, dass das Chatten mit Molly mich aufheitern würde, aber hinterher war ich noch trauriger als vorher. Ich kann nicht fassen, dass ihre Mum und ihr Dad unsere Leben für einen »sehr interessanten neuen Job« zerstören mussten.

GEDANKE DES TAGES:

Warum stellen Eltern ihre eigenen selbstsüchtigen Karriereziele immer über die Freundschaften ihrer Kinder?!

15.34 Uhr

Es ist jetzt Tag 22 der Sommerferien, und ich bin offiziell ZU TODE GELANGWEILT.

Gut, vielleicht übertreibe ich ein bisschen, aber trotzdem.

Ich frage mich, ob es tatsächlich möglich ist, vor Langeweile zu sterben.

Vermutlich.

ABSOLUT NICHTS ist passiert.

An diesem Nachmittag habe ich zwei Scheiben Toast mit Nutella und sechs Soft Cakes gegessen, einen nach dem anderen (sorry, Mum). Dann war mir übel, und ich habe ein paar Make-up-Tutorials auf YouTube geschaut. Contouring scheint ganz schön aufwendig zu sein, aber die Ergebnisse sind

Dad hat mit mir geschimpft, weil ich zu viel auf YouTube unterwegs bin. Angeblich lässt es meine Hirnzellen vergammeln. Ich habe ihn darauf hingewiesen, dass Toby schon den ganzen Tag Minecraft spielt und das für ihn vielleicht auch nicht so gut ist, aber Dad sagte: »Toby spielt erst eine halbe Stunde, und Minecraft ist lehrreicher als Make-up-Tutorials, vor allem weil du überhaupt noch kein Make-up tragen darfst!«

Toby saß in Wirklichkeit schon ungefähr seit sieben Stunden vor seinem iPad! Du hättest seinen Blick sehen sollen, kaum dass Dad sich umgedreht hatte.

Ich persönlich glaube ja, dass Dad nicht wahrhaben will, dass seine erzieherischen Fähigkeiten zu wünschen übrig lassen und er seine Grenzen nicht klar zieht. Ein bisschen Contouring könnte hier sicher nicht schaden.

19.11 Uhr

Es gab Spaghetti Bolo zum Abendessen, und die Soße war voller Karotten. Und ich meine damit: Sie bestand bestimmt zu fünfundneunzig Prozent aus Karotten. Warum müssen Eltern

Ich sagte: »Hör mal, Mum. Ich kann das nicht essen. Es passt einfach nicht zu meiner Verfassung.«

Ich fand, das klang irgendwie intelligent, immerhin besser als »IIIIIIIIH, EKLIG!«, was Toby immer sagt, aber Mum sah aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. Ich weiß auch nicht, was sie in letzter Zeit hat, aber sie scheint am Rande eines Nervenzusammenbruchs zu stehen. Ich meine, reg dich mal ab. Es ist schließlich nur ein Abendessen.

Dad sagte: »Lottie, sei nicht so unhöflich. Deine Mum hat sich viel Mühe mit diesem wunderbaren Essen gegeben, und das Mindeste, was du tun kannst, ist, hier zu sitzen und es mit Dankbarkeit zu genießen.«

»Tut mir leid, Dad. Ich kann das einfach nicht. Davon wird mir total übel.«

»Nenn mir einen guten Grund, warum du dein Abendessen nicht essen kannst, junge Dame.«

»Na ja, eigentlich habe ich beschlossen, Vegetarierin zu werden!«

Das habe ich tatsächlich schon eine Weile überlegt, weil ich Tiere nämlich liebe. Aber das Problem dabei ist, dass Vegetarier keinen Bacon essen dürfen, was irgendwie total unfair ist, weil Bacon einfach SO lecker ist!

Dad sagte: »Komisch, und ich dachte, du hasst Gemüse.«

»Stimmt doch gar nicht«, sagte ich. »Ich mag Pommes, die sind auch aus Gemüse. Und ich mag Tomatensoße. Es ist heutzutage ziemlich leicht, Vegetarierin zu sein, wenn man kein Gemüse mag! Es gibt massenweise Dinge, die man essen kann.«

»Äääähm, Pizza Margherita.«

Um ehrlich zu sein, könnte ich den Rest meines Lebens nur von Pizza Margherita leben.

Wie auch immer, das Wichtigste, was ich dir heute erzählen wollte, ist, dass ich jetzt einen Plan habe. Trommelwirbel bitte!

Sitzt du schon gespannt auf der Stuhlkante?

Nein?

Na ja, egal.

Hier kommt …

 

DER PLAN: Ich werde mich im Sommer neu erfinden und eine neue Lottie werden! Selbstbewusster und so, damit ich in der Highschool sofort beliebt und von meinen bewundernden Fans verehrt werden kann!

Ob wohl irgendwer über meine Kartoffeligkeit, meine dünnen Beine und den Mangel an Sozialkompetenz hinwegsehen wird? Hoffen wir’s.

Sonntag, 15. August

17.22 Uhr

Das Leben ist ziemlich hart, seit ich zufällig Vegetarierin geworden bin.

Der Tag heute hat gar nicht gut angefangen. Ich wurde von einem einladenden Bacon-Geruch geweckt. Dad hat ihn unten gebraten und den Duft mit einer Zeitschrift nach oben gewedelt.

»Hmmmm, Bacon!«, rief er die ganze Zeit. »Soooo knusprig und köstlich!«

Manchmal weiß ich echt nicht, wer hier das Kind und wer der Erwachsene ist.

Ich habe mir eine Schüssel Cornflakes gemacht und so getan, als ob ich sie echt genieße, weil ich Dad nicht das Gefühl geben wollte, dass er gewonnen hatte.

»Hmmmm, Cornflakes!«, habe ich gesagt und mir den Bauch gerieben. »Sooooo nahrhaft und … braun.« Aber ich glaube, ich habe damit niemanden überzeugt – zumal ich fast an einem besonders trockenen Happen erstickt wäre.

MIST! WARUM SIND PRINZIPIEN BLOSS SO SCHEISSE?

 

Ich habe das Baconbrötchen wieder hingelegt und mich würdevoll bei Dad für seine fürsorgliche Warnung bedankt.

Aber ich habe nicht aufgegeben. Nein, ich doch nicht. Ich lasse mich doch nicht vom ersten Hindernis entmutigen. Ich habe den Rest des Tages durchgehalten und beim Abendessen gemerkt, dass meine Lippen EINEN GANZEN TAG LANG kein Stück Fleisch berührt hatten!*

Hab es gerade gegoogelt. Bifis bestehen zu 100 Prozent aus Schweinefleisch. Vermutlich sind sie das am wenigsten vegetarische Lebensmittel, das man essen kann. Verdammt.

Aber wie ich schon sagte: Es war ein Unfall. Also: YEAH! WEITER SO!

18.45 Uhr

Ich war ja so gut. Und ich war so stolz auf mich.

Und dann kam Mum und hat alles versaut, indem sie die Treppe hinaufrief: »Lottie! Ich mache Chicken Nuggets und Pommes zum Abendessen. Soll ich für dich ein bisschen Brokkoli machen, weil du die Chicken Nuggets ja nicht essen kannst?«

Ich wollte ja keine Umstände machen und habe daher gerufen: »Ach, ich glaube, ich esse die Chicken Nuggets, da du sie ja sowieso schon gemacht hast …«

»Ach, es ist doch bestimmt viel einfacher für dich, wenn du für alle zusammen kochst. Für mich ist das in Ordnung.«

»Absolut kein Problem, ehrlich. Ich will ja nicht, dass du deine Überzeugungen nur für mich über den Haufen wirfst.«

»Ähm … nee … Ich esse einfach die Nuggets.«

Ich schwöre, dass Dad und sie gelacht haben! Das habe ich genau gehört!

Also bin ich jetzt keine Vegetarierin mehr. Das ist eigentlich nicht meine Schuld. Ich meine, wie soll ich an einem Tag Bacon und Chicken Nuggets links liegen lassen? Ich bin doch nicht aus Stein!

Ich glaube, ich werde das in ein paar Jahren noch einmal versuchen, wenn ich ein bisschen mehr Selbstdisziplin habe.

GEDANKE DES TAGES:

Warum bestehen so viele köstliche Dinge aus Fleisch?

Montag, 16. August

Die Hamster tragen noch zu meinen Schuldgefühlen über meine miese Performance als Vegetarierin bei. Ich meine, für sie ist es auch leicht, andere zu verurteilen. Schließlich haben

Dienstag, 17. August

Nach der großen Ankündigung meines PLANS habe ich noch nicht weiter daran gearbeitet. Dafür habe ich sehr viel ferngesehen und auf mein Handy gestarrt. Moment – das zählt auch. Das ist schließlich Recherche, okay?

Mum kam gerade ins Wohnzimmer und sagte: »Was willst du denn heute machen?«

Das war eigentlich keine Frage, sondern mehr ein Vorwurf.

Dann sagte sie: »Wenn du nichts wirklich Wichtiges vorhast, solltest du vielleicht ein bisschen an die frische Luft und mir beim Einkaufen helfen.«

Manche Eltern machen während der Sommerferien coole, tolle Dinge mit ihren Kindern – zum Beispiel gehen sie in einen Freizeitpark oder schauen sich ein Musical an. Und was ist mit mir? Ich darf mit in den Supermarkt gehen! Ich meine, was glaubt Mum denn, wie viel frische Luft ich an der Käsetheke bekomme?!

Ich meine, das ist die Bevölkerung unseres gesamten Landes mal drei! Irre. Wenn man mir ein öffentliches Profil erlauben würde, könnte ich vielleicht mit Kim konkurrieren, aber bis dahin sieht es so aus, als müsste ich bei zweistelligen Followerzahlen bleiben.

Mum stöhnte. »Wenn du dieses Insta-was-auch-immer-das-ist nicht sofort ausmachst, bin ich gezwungen, dein Handy auf eBay einzustellen und dir ein … Was ist eigentlich das Gegenteil eines Smartphones? Du weißt doch, diese Handys ohne WLAN oder Apps …«

In diesem Moment kam Dad herein und sagte: »Ich hab’s. Ein Dummphone!«

GEDANKE DES TAGES:

Bin ich die Einzige in diesem Haus mit einem funktionsfähigen Hirn?!

Mittwoch, 18. August

Heute haben sie mich zu einem »netten Familienausflug an den Strand« gezwungen, weil es offenbar »eine Schande ist, so einen schönen Tag drinnen zu verplempern«.

Ich glaube, alte Leute verstehen die Kinder heutzutage nicht mehr. Sie erinnern sich nur an ihre eigene Jugend ohne Handys oder YouTube oder KitKat Chunky oder … na ja, jedenfalls ohne all das gute Zeug, und sie glauben, wir sollten alle ständig draußen sein und Hütten bauen und schaukeln. Ich meine, es sind doch nicht mehr die 80er-Jahre. Kinder mögen nun mal Bildschirmzeit, okay? Gewöhnt euch dran.

Mich würde das ja alles gar nicht so sehr stören, wenn sie nicht selbst ihr halbes Leben damit verbringen würden, mich zu ignorieren, während sie durch Facebook scrollen und »irre lustige« Memes darüber teilen, wie scheußlich es ist, Eltern zu sein. Das ist einfach SO scheinheilig!

An diesem Nachmittag war ich in meinem Zimmer, als Mum plötzlich ihren Kopf durch die Tür streckte, ohne vorher anzuklopfen. Ich meine, hallo?! ich hätte ja auch nackt sein können!

»Oh, es gibt nichts, was ich nicht schon gesehen hätte, Lottie«, sagte sie und lachte.

»Ich bin fast zwölf, MUM

»Okay, tut mir leid, mein Liebling. Nächstes Mal klopfe ich an. Jedenfalls wollte ich dir nur schnell sagen, dass ich Liv eingeladen habe. Sie kann dir ein paar Ratschläge zum Schulanfang geben. Ich weiß, dass du dir Sorgen machst, wie es auf der Highschool wird und ob du dort hinpasst und Freunde findest.«

»Oh, Mum!«, stöhnte ich.

(NUR ZUR INFO: LIV IST DAS SUPERTRENDIGE DREIZEHNJÄHRIGE MÄDCHEN VON NEBENAN.)

»Ach, Süße. Ich weiß, dass du es nicht magst, wenn ich mich einmische, aber es ist nun mal nicht so einfach, wenn man neu auf eine Schule kommt. Besonders nicht, wenn man schüchtern ist.«

»MUM

Ich meine, kann man mich noch mehr wie eine Verliererin hinstellen?!

»Keine Sorge, das wird sicher nett! Liv ist sehr lieb. Sie sagte, sie würde dir sehr gern helfen und in zehn Minuten rüberkommen.«

»WAS?!«

Ich konnte nicht glauben, dass meine Mum den ungefähr coolsten Menschen auf der Welt eingeladen hatte, in zehn Minuten zu mir nach Hause zu kommen.

Als ich mich in meinem Zimmer umschaute, geriet ich in Panik – es sah aus, als gehörte es einer Sechsjährigen. Ich hatte

»Sorry, Leute!«, sagte ich und schob alles unters Bett.

Was noch? Mein Bettüberwurf – darauf waren Einhörner und Regenbogen. Ich liebe Einhörner und Regenbogen, aber mögen Highschool-Kinder Einhörner und Regenbogen?! Wahrscheinlich nicht.

Ich schmiss Klamotten auf mein Bett und stopfte dann meine Einhorn-Hausschuhe in den Schrank, zusammen mit meinen überdimensionalen Haarschleifen und den Justin-Bieber-Postern.

Dann hörte ich Mum rufen: »Lottie, Liv ist da!«