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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

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Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 7

 

Die Pahl-Hegemonie

 

Vor 180.000 Jahren – der Untergang eines Kugelsternhaufens

 

Rüdiger Schäfer

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

Das Jahr 1513 Neuer Galaktischer Zeitrechnung: In der fernen Galaxis Anthuresta existiert ein neues Sternenreich, das Menschen rings um das Stardust-System aufgebaut haben. Mit ihren Raumschiffen erforschen sie ihre nähere kosmische Umgebung. In schier unglaublicher Ferne entwickelt sich eine neue Menschheit mit eigenen Visionen.

Als Perry Rhodan im Rahmen einer diplomatischen Mission ins Stardust-System reist, wird er Zeuge einer unheilvollen Entwicklung. Ein unbekannter Feind taucht auf, die sogenannten Amöbenschiffe zerstören Raumschiffe und attackieren bewohnte Welten.

Rhodan handelt sofort: Er betritt eine der geheimnisvollen Immateriellen Städte und will auf diese Weise zu der Superintelligenz TALIN vorstoßen – doch dann gerät er in Gefangenschaft, muss ums Überleben kämpfen und wird unverhofft gerettet. Sein Retter ist Timber F. Whistler, ehemals ein Mensch und längst ein Wesen mit kosmischer Erfahrung.

Um dem Gegner entschiedenen Widerstand leisten zu können, benötigt Rhodan mehr Informationen. Er lässt sich auf eine riskante Reise ein – und strandet tief in der Vergangenheit der Galaxis Anthuresta. Dort lernt er mehr über DIE PAHL-HEGEMONIE ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Terraner folgt seinem Instinkt.

Eritrea Kush – Die Admiralin ist anderer Ansicht.

Kerat Tinga – Der Jaranoc spielt den Diplomaten.

Dar Togas – Der Rebell erzählt die Geschichte des Generex.

Las Quar – Der Kriegsheld wird zum Tyrannen.

1.

Far Away, 184.982 Jahre vor Jetztzeit, X minus 67 Stunden

 

»Da kommen noch mehr Schiffe!«, rief Perry Rhodan. »Und sie sind verdammt groß!«

Kerat Tinga hatte dafür gesorgt, dass sie das Geschehen draußen im All über ein riesiges Holo im Spindelraumer verfolgen konnten. Die Projektion zog sich über die gesamte Stirnwand der kleinen Zentrale und zeigte den Weltraum im Randbereich des Kugelsternhaufens Far Away. Ihr Raumschiff war in der Nähe eines Asteroidenfelds herausgekommen, das sich über mehrere Hunderttausend Kilometer erstreckte. Womöglich handelte es sich dabei um die Überreste eines vor langer Zeit zerstörten Planeten oder Mondes.

»Weitere Amöbenschiffe«, hörte er Eritrea Kush in seinem Rücken. »Allerdings handelt es sich diesmal um die 500-Meter-Versionen, die wir bereits über Sepura 2 beobachtet haben.«

»Die müssen uns für ziemlich gefährlich halten, wenn sie gleich mit einer halben Armee anrücken«, machte sich nun auch Posimon bemerkbar.

Die Silberschlange, der der Terraner in der Immateriellen Stadt Marhannu begegnet war, bezeichnete sich selbst als mobiles positronisches Datenverarbeitungssystem mit abhandengekommener Biokomponente. Sie hatte sich wie üblich um Rhodans rechten Oberarm geschlungen.

»Da fragt man sich, warum ...«

In diesem Moment wurde der Spindelraumer von einer heftigen Erschütterung erfasst. Rhodan stolperte zwei Schritte rückwärts, bevor ihn Eritrea Kush am Arm fasste und wieder nach vorn schob.

»Die schießen auf uns!«, rief Kerat Tinga wütend. Der Jaranoc hatte einen Sensor seines Steuerpults berührt, und das Pfeifen des Ortungsalarms war verstummt. An seine Stelle trat nun ein anderer Warnton, der Rhodan an das Brummen eines antiken Bass-Lautsprechers mit defektem Netztrafo erinnerte.

Der Terraner konzentrierte sich auf die Ereignisse, die die Bordpositronik auf das Holo projizierte. Wenige Zehntausend Kilometer von den fünf kleineren Amöbenraumern entfernt waren weitere fünf Schiffe aufgetaucht und sofort auf Angriffskurs gegangen. Dabei setzten sie allerdings nicht die bekannten Kristalltorpedos ein, mit denen Rhodan und Eritrea Kush bereits schlechte Erfahrungen gesammelt hatten. Es handelte sich um eine Art aufgeladener Hyperkristalle, die von fünfdimensionalen Ballungen wie Schutzschirmen oder Antriebssystemen geradezu magisch angezogen wurden.

Stattdessen bedienten sie sich konventioneller Energiewaffen. Das Holo zeigte tiefblaue Lichtspeere, die wie Suchscheinwerfer durch das All zuckten und in die Schutzschirme des Spindelraumers einschlugen.

Vergiss nicht, dass du dich mehr als 180.000 Jahre in der Vergangenheit aufhältst, ermahnte sich Rhodan. Die Amöbenraumer mögen vielleicht so aussehen wie die, die du kennengelernt hast, doch sie könnten völlig andere Eigenschaften haben.

Dafür sprach auch der Umstand, dass der aus der Gegenwart bekannte Ortungsschutz in der Vergangenheit offenbar nicht funktionierte oder noch gar nicht vorhanden war. Die Neuankömmlinge hatten sich ebenso wie ihre lediglich 50 Meter durchmessenden Pendants in schwach flimmernde Schutzschirme gehüllt.

»Sieh dir das an!« Eritrea Kush zeigte auf eine Stelle am linken Rand des Holos. »Die schießen nicht nur auf uns, sondern auch auf ihre eigenen Leute!«

Zwei der blauen Strahlen trafen das längsseits gegangene Amöbenschiff, überlasteten augenblicklich die Schirme und rissen es in der Mitte auseinander. Die von zahlreichen unregelmäßigen Verkrustungen übersäte Oberfläche platzte wie eine reife Frucht. Vergrößerungen zeigten deutlich die Kammern im Innern des Schiffskörpers. Die faserigen Stützstrukturen, die an Pilzfilamente erinnerten, schienen sich in der Schwerelosigkeit zu bewegen. Von den Jaroc, die im Begriff gewesen waren, in den Spindelraumer überzusetzen, war nichts mehr zu sehen.

»Kerat!« Rhodan war klar, dass er schnell handeln musste. »Können wir es mit unseren Gegnern aufnehmen? Ich meine: Wären wir in der Lage, einen der Angreifer in Schwierigkeiten zu bringen?«

»Einen?« Der Jaranoc stieß ein bellendes Lachen aus. »Sag mir nur, wie viele von den feigen Dreckskerlen ich abschießen soll, und ich ...«

»Du sollst niemanden abschießen!«, unterbrach Rhodan energisch. »Jeder unserer Eingriffe in den natürlichen Ablauf der Dinge birgt das Risiko eines Zeitparadoxons. Mach ihnen Angst! Zeig ihnen sehr deutlich, was du tun könntest, aber lass ihnen die Chance zur Flucht.«

»Denken wir beide dasselbe?«, fragte Eritrea Kush leise.

Rhodan drehte sich um und lächelte schwach. »Vermutlich. Es gibt nur einen vernünftigen Grund, warum Amöbenschiffe auf Amöbenschiffe schießen.«

»Weil es sich um zwei verschiedene Interessengruppen handelt.«

»Genau. Whistler hat uns hierher geschickt, damit wir Informationen über die Hegemonie von Pahl sammeln. Dieser Dar Togas hat sich als Erster Hegos von Pahl bezeichnet. Lass uns davon ausgehen, dass Hegos ein Ehrentitel oder ein militärischer Rang ist.«

»Dann ist Togas ein Soldat der Hegemonie, und die Angreifer ...« Eritrea Kush stockte.

»... sind Rebellen, Raumpiraten, Sklavenhändler, was weiß ich. Mich wundert, dass sie derart deutlich militärisch überlegen sind. Allerdings kennen wir die hiesigen Verhältnisse nicht, also bringen uns Spekulationen nicht weiter. Aber wenn wir diesem Togas und seiner Truppe helfen, wird sein Ton uns gegenüber womöglich freundlicher.«

Auf dem Holo sah Rhodan, dass Kerat den Spindelraumer inzwischen beschleunigt und Kurs auf den Pulk der 500-Meter-Amöben genommen hatte. Sekunden später blitzte es unmittelbar vor dem mittleren der fünf Schiffe auf. Eine Reihe von grellweiß glühenden Kunstsonnen blähte sich auf und verschmolz miteinander zu einem einzigen, riesigen Feuerball.

Für einen Moment sorgte sich Rhodan, dass es der Jaranoc übertrieben hatte, doch dann fiel die Glutwolke in sich zusammen und gab den Blick auf den getroffenen Gegner frei. Der flimmernde Schutzschirm war nicht mehr vorhanden, und auf der wie vernarbt wirkenden Außenhaut schwelten mehrere Brandherde. Das Amöbenschiff war aus der Formation ausgeschert, taumelte durchs All und drehte sich dabei langsam um seine Längsachse.

»Ihre Lebenserhaltungssysteme und der Antrieb sind so gut wie unbeschädigt«, meldete Kerat Tinga, der das Spindelschiff kontrollierte, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan. Rhodan hätte ihm das vor einigen Tagen noch nicht zugetraut, doch unter der rauen Schale des Jaranoc schlummerten offenbar ungeahnte Talente.

Timber F. Whistler sucht sich seine Helfer bestimmt nicht wahllos aus, dachte er. Wer weiß schon, welche Überraschungen unser großer, polternder Freund sonst noch für uns bereithält ...?

»Und zum Abschluss eine kleine Demonstration ...« Kerat Tinga hantierte an den Kontrollen. Im Holo erschien einer der zahllosen Asteroiden, ein unregelmäßig geformter Brocken von etwa zehn Kilometern Länge und zwei Kilometern Breite. Er befand sich in unmittelbarer Nähe der Feindschiffe. Zunächst war gar nichts zu sehen, doch dann begannen die Konturen des Trümmerstücks zu flackern wie eine altertümliche, nicht komplett in ihrer Fassung sitzende Glühbirne. Beeindruckt beobachtete Rhodan, wie der Asteroid abrupt in sich zusammenfiel, zu einer rasch rotierenden Spirale aus Energie wurde und sich schließlich in nichts auflöste.

»Was, zum Teufel ...?«, stieß er hervor, verzichtete dann aber darauf, den Jaranoc nach der soeben eingesetzten Waffe zu fragen. Er wusste, er würde keine Antwort bekommen.

Träge verstrichen die nächsten Sekunden. Hatten die großen Amöbenschiffe die Botschaft verstanden, oder würden sie auf ihre kollektive Feuerkraft vertrauen und erneut angreifen?

»Wenn es zum Äußersten kommt, Kerat, will ich, dass du alles tust, damit keiner unserer Gegner zu Schaden kommt, ist das klar? Es ist von größter Bedeutung, dass wir während unserer Anwesenheit in der Vergangenheit nichts verändern!« Rhodan fixierte den bulligen Krieger mit strengen Blicken.

Der Jaranoc rieb die Ränder seines Schnabels unruhig aufeinander und erzeugte dabei ein unangenehmes schabendes Geräusch. »Du hast großes Glück, dass Whistler mir aufgetragen hat, dir zu gehorchen«, gab er unwillig zurück.

»Ist es dir noch nicht in den Sinn gekommen, dass Whistler womöglich sehr genau wusste, warum er mir das Kommando übertragen hat?«

Kerat Tinga sagte nichts mehr und sah demonstrativ auf das Holo. Rhodan seufzte innerlich, wandte seine Aufmerksamkeit dann aber ebenfalls dem weiteren Geschehen im Weltraum zu.

»Sie drehen bei!« In Eritrea Kushs Stimme schwang eine gute Portion Unglaube mit.

»Hättest du das nicht getan?«, fragte der Terraner. »Es ist die beste, weil klügste Entscheidung.«

»Kluge Entscheidungen trifft man meistens selbst; bei allen anderen erwartet man, dass die Torheit dominiert.«

»Ich hoffe, ihr bringt das nicht euren Kadetten bei.« Rhodan lachte. Er zwang sich, seine Blicke nicht zu lange auf der trotz des SERUNS schlank und agil wirkenden Admiralin ruhen zu lassen. Er durfte sich in den kommenden Tagen von nichts ablenken lassen. Dafür hing zu viel von ihrer Mission ab.

Ihnen blieben exakt 72 Stunden, bevor sie nach Yashildag zurückkehren mussten. Genauer gesagt – Rhodan kontrollierte kurz die Anzeige seines Armbandchronometers – waren es nur noch 67 Stunden, denn der Flug von Anthuresta hierher hatte trotz der überlegenen Technik des Spindelraumers einige Zeit in Anspruch genommen. 70.000 Lichtjahre waren eine beachtliche Entfernung.

In drei Tagen, so hatte ihnen Timber F. Whistler eindringlich erklärt, würde sich die Meergrün-Stadt auf den Weg in die Zukunft machen, und somit in jene Zeit zurückkehren, die Rhodan als Gegenwart kannte. Wenn Rhodan, Eritrea, Posimon und Kerat Tinga sich dann nicht im Stadtgebiet Yashildags aufhielten, waren sie in der Vergangenheit gestrandet, eine Aussicht, die alles andere als verlockend erschien.

Auf dem Holo gaben die vier unbeschädigten Amöbenraumer ihrem angeschlagenen Kollegen Flankenschutz, wohl wissend, dass das wenig mehr als der verzweifelte Versuch war, einen Rest von Würde zu bewahren. Kerat Tinga hatte wahrscheinlich nur einen kleinen Teil der Mittel eingesetzt, die ihm zur Verfügung standen, und Rhodan glaubte ihm, wenn er behauptete, dass der Spindelraumer spielend mit allen fünf Gegnern fertig geworden wäre. Die Vernichtung des Asteroiden hatte auch bei ihm ihre Wirkung nicht verfehlt.

»Wir müssen vorsichtig sein«, sagte er. »Alles, was wir hier tun, selbst eine scheinbar unbedeutende Veränderung, die wir auslösen, kann unabsehbare Folgen haben.«

»Warum hast du dann Whistlers Angebot angenommen?«, wollte Eritrea Kush wissen. »Wenn du solche Angst davor hast, ein Zeitparadoxon zu schaffen, hättest du einfach in der Gegenwart bleiben können.«

»Ich habe mich auf diese Sache eingelassen, weil ich glaube, dass das Risiko kalkulierbar ist«, antwortete Rhodan. »Whistler weiß mehr, als er uns erzählt hat, und auch wenn er denkt, dass er uns bestimmte Fakten zu unserem eigenen Schutz vorenthält, bin ich doch davon überzeugt, dass er einem klaren Plan folgt. Er mag unter TALINS Abwesenheit leiden, aber er ist keineswegs so hilflos und unbedarft, wie er sich manchmal gibt.«

»Ich traue ihm nicht. Er hätte dich in der Basis-Station von Connajent beinahe umgebracht!«

»Du übertreibst. Ich ...«

»Tue ich das? Er hat dich VATROX-VAMU praktisch zum Fraß vorgeworfen, Perry! Er hat dich ins Wasser gestoßen und darauf gehofft, dass du schwimmen kannst!«

»Es war nur ein Splitter von VATROX-VAMU, und außerdem ...«

»Warum verteidigst du ihn?«, unterbrach Eritrea Kush erneut. »Glaubst du tatsächlich, dass dieser Ausflug in die Vergangenheit ein Akt der Dankbarkeit oder gar der Nächstenliebe ist? Der Mann, der uns in den letzten Tagen begleitet hat, war ganz bestimmt nicht der Timber Francis Whistler, den ich einst kennengelernt habe.« Ihre Stimme wurde deutlich leiser. »Und hältst du es für einen Zufall, dass er uns diesen Jaranoc als Aufpasser mitgeschickt hat? Er kennt sich bemerkenswert gut mit der Technik dieses Raumschiffs aus. Ohne ihn wären wir praktisch hilflos.«

»Wir werden erneut angefunkt!«, unterbrach das tiefe Organ Kerat Tingas ihren Dialog.

Auf einem Holo über dem Pilotenpult materialisierte das Gesicht von Dar Togas. Der Jaroc erschien dem Terraner zerknirscht, doch sicher sein konnte er nicht. Er war mit der fremden Mimik noch längst nicht vertraut genug, um in ihr lesen zu können.

»Ich ... ich muss mich bei dir entschuldigen, Höchster Botschafter«, sagte der Erste Hegos, und es war ihm anzuhören, wie schwer ihm diese Abbitte fiel. »Aber wir können nicht vorsichtig genug sein. Die Schergen des Generex lauern überall, und ...«

»Wer ist der Generex?«, wollte Kerat Tinga wissen.

Dar Togas wiegte den Kopf. Seine weißgraue Haut schien noch eine Nuance blasser zu werden.

»Wir sollten uns persönlich treffen«, brachte er schließlich heraus. »Ihr kommt offenbar wirklich von weit her.« Die Augen des Jaroc glänzten auf einmal feucht. »Vielleicht«, sagte er leise, »können wir uns gegenseitig helfen ...«

2.

Far Away, 184.982 Jahre vor Jetztzeit,

X minus 65 Stunden

 

Dar Togas hatte ihnen einen Satz Koordinaten übermittelt und den durch sie bezeichneten Ort als Treffpunkt vorgeschlagen. Laut den im Bordrechner des Spindelraumers gespeicherten Sternkarten handelte es sich um das System einer kleinen gelben Sonne mit vier Planeten. Einer davon war eine unbewohnte Sauerstoffwelt.

Der Erste Hegos hatte darauf gedrängt, so schnell wie möglich aufzubrechen, was Rhodan für sehr vernünftig hielt. Es war wahrscheinlich, dass die gedemütigten Gegner schon bald mit Verstärkung zurückkehren würden, um herauszufinden, wer der neue und vor allem überlegene Feind war, der sie in die Flucht geschlagen hatte. Für Rhodans Geschmack hatte Kerat Tinga mit seiner Aktion bereits mehr Aufmerksamkeit erregt, als gut für sie war, aber sie hatten keine Wahl gehabt.

»Glaubst du nicht, es wäre vernünftiger, wenn wir einfach verschwinden?« Eritrea Kush hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sich gegen eine der Steuerkonsolen in der Zentrale gelehnt. »Wir brauchen diese Jaroc nicht. Wir besitzen ein Schiff, das sich offenbar gegen jede Bedrohung zur Wehr setzen kann – und das, nebenbei bemerkt, endlich einen Namen braucht.«

»Dann wähle einen aus«, sagte Rhodan.

Eritrea legte die Stirn in Falten. »Na schön. Wir sind in Far Away – und wahrhaftig weit weg von Zuhause. Lass uns optimistisch sein. Nennen wir die Spindel einfach NEARBY!«

Der Terraner lächelte. »Ich wusste gar nicht, dass du das altterranische Englisch beherrschst.«

»Es gibt vieles, das du nicht über mich weißt«, erwiderte Eritrea Kush.

Rhodan nickte. »NEARBY ... dort, wo wir bald wieder sein wollen. Nahe bei dem, was uns wichtig ist. Nahe bei allem, was uns etwas bedeutet. Ein guter Name.«

»Was deine neuen Jaroc-Freunde in ihren Amöbenschiffen betrifft ...«

»Sie sind ein Ansatzpunkt.« Er erhob sich aus dem Sessel und ging die wenigen Schritte zu Eritrea hinüber. Er packte sie sanft an den Armen und zog sie zu sich heran. Sie ließ es geschehen.

»Natürlich könnten wir sofort losfliegen. Wir könnten einfach ins Blaue hinein suchen und hoffen, dass wir durch Zufall auf die Informationen stoßen, die wir benötigen. Ich würde deinem Vorschlag sogar auf der Stelle zustimmen, wenn wir ein paar Wochen oder Monate zur Verfügung hätten, aber das haben wir nicht. Wir müssen in knapp drei Tagen wieder in Yashildag sein. Dar Togas ist derzeit nicht nur unsere beste, sondern auch unsere einzige Möglichkeit, etwas über die Pahl-Hegemonie zu erfahren.«

»Besser hätte ich es auch nicht formulieren können«, quäkte Posimon vorlaut.

Eritrea Kush musterte die Silberschlange mit zusammengekniffenen Augen. »Eines Tages«, sagte sie ruhig, »wird dich deine große Klappe den Kugelkopf kosten.«

Mit einem Quietschen schlüpfte Posimon unter Rhodans Achselhöhle.

Eritrea Kush und Perry Rhodan sahen sich an.

»Kann ich auf dich zählen, Eritrea?«, fragte der Terraner.

»Was soll die dumme Frage? Manchmal seid ihr Männer furchtbar melodramatisch.«

»Hast du die Irre wieder unter Kontrolle?« Die schrille Stimme Posimons beendete den kurzen Disput.

Rhodan verzog das Gesicht. Dann versetzte er der Silberschlange einen Schlag auf deren Kugelkopf und ging zu Kerat Tinga hinüber. »Neuigkeiten?«, fragte er.

»Wir wären längst da«, gab der Jaranoc zurück, »wenn diese Amöbenschiffe nicht so kriechen würden.«

»Ich wette, die NEARBY könnte das Stardust-System gegen eine ganze Flotte von diesen Amöben verteidigen, oder?«

»Die ... was?«

»Eritrea hat das Schiff getauft. Es heißt jetzt NEARBY. Ich hoffe, du hast nichts dagegen.«

»Warum sollte ich?«

»Gut. Also: Dieser kleine Spindelraumer ist eine ziemlich mächtige Waffe. Wie viele davon könnte Whistler der Stardust-Menschheit zu Hilfe schicken, wenn es hart auf hart kommt?«

Kerat Tinga wandte den riesigen Schädel, sodass Rhodan beinahe von dem ausladenden Nackenschild getroffen worden wäre. »Woher soll ich das wissen?«

»Du bist seine rechte Hand«, sagte der Terraner. Die unverständlichen Blicke des Jaranoc zeigten ihm, dass der Translator offenbar Schwierigkeiten mit dem Begriff rechte Hand hatte. »Ich meine, du bist sein engster Vertrauter«, präzisierte er. »Sein Adlatus.«