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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

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Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 11

 

Verwehendes Leben

 

Schlacht um das Stardust-System – die Flotte der Amöbenraumer greift an

 

Roman Schleifer

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

Im Mai 1513 Neuer Galaktischer Zeitrechnung reist Perry Rhodan in die ferne Galaxis Anthuresta. Eigentlich ist es eine Routinemission – der Raumfahrer möchte die Nachkommen von Menschen besuchen, die einst dorthin ausgewandert sind. Rings um das Stardust-System haben sie längst ein eigenes Sternenreich entwickelt.

Doch gleich zu Beginn der diplomatischen Reise muss Rhodan erkennen, dass die Stardust-Menschheit vor einer monströsen Bedrohung steht. Eine entsetzliche Macht aus der Vergangenheit ist erwacht und macht neuerdings mobil.

Der geheimnisvolle Generex, der bereits vor 180.000 Jahren den Krieg in den Kugelsternhaufen Far Away brachte, will sein altes Sternenreich wieder errichten. Er schickt die sogenannten Amöbenraumer, und diese greifen Welten an, auf denen Menschen siedeln.

Monströse Hinterlassenschaften erwachen zu unheilvollem Leben: Auf geheimnisvollen Rüstungsplaneten werden Klonsoldaten gezüchtet, zudem bricht eine furchtbare Krankheit aus, gegen die es kein Heilmittel gibt.

Die Stardust-Menschheit steht vor dem Untergang. Gegen die finstere Bedrohung stehen nur Perry Rhodan und einige Dutzend verzweifelte Raumfahrer – sie kämpfen für VERWEHENDES LEBEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Terraner sucht nach einem Ausweg.

Eritrea Kush – Die Admiralin sucht den Kampf.

Alan Ghedi – Der Pilot vertraut auf seine Gabe.

Kulon Suurpanos – Der Professor ist überfordert.

Yarron Odac – Der Techniker hat sich verändert.

Das Leben ist ein Weg, um zu sterben.

James Birungi, 1502 NGZ

 

 

1.

An Bord der ATARION

21. Juni 1513 NGZ

 

»Was sollen wir tun, Witha?«

Witha Radin sah am holografischen Gesicht ihrer Schwester vorbei zum Hologlobus. Seit einer Stunde schwebten 128 Amöbenschiffe in Höhe der Ekliptik im Stardust-System, schienen auf etwas zu warten. Admiralin Kush patrouillierte mit der STARDUST III und zwanzig Schlachtkreuzern der ARES-IIIa-Klasse vor den Amöbenraumern, bereit, sich ihnen entgegenzuwerfen. Die restliche terranische Flotte wartete an den taktisch besten Positionen für den Abwehrkampf.

Anthur, der Befehlshaber der Angreifer, ignorierte alle Funkanrufe. Der Grund des Aufmarsches lag im Dunklen. Einzig die Medien überschlugen sich mit Horrornachrichten über ihn.

»Fliegt zurück in eure Wohnung, schließt alle Fenster und wartet ab!«, sagte Witha.

Auf Soreys Wangen bildeten sich rote Flecken. »Ich kenne die offiziellen Aussagen! Hol uns ab!«

»Wie stellst du dir das vor? Ich kann doch nicht mit einem Kampfraumer ...«

»Kannst du wohl! Diese Amöbenraumer haben die Menschen von acht Systemen ausgerottet.« Sorey zerrte Mara und Tara an den Armen in die Aufnahmeoptik. Die Pupillen der fünfjährigen Zwillinge waren geweitet. Sie spürten die aufgeregte Stimmung am Raumhafen, waren mit der Situation überfordert. »Willst du nach deinem Schwager auch deine Nichten verlieren?«

»Du bist unfair«, murmelte Witha.

Der Angriff der RIDE THE LIGHTNING war nicht mit dem Flottenkommando abgestimmt gewesen und hatte Dutzende Tote gefordert. Peter Guarron, der Kommandant, war wegen dieser Eigenmächtigkeit suspendiert worden.

»Die Terraner sind infiziert und nicht ...«

»Witha!«, schrie ihre Schwester. Hätte sie vor ihr gestanden, hätte Sorey sie vermutlich geohrfeigt. Wie damals, als sie mit zwanzig Jahren ... »Wir werden hier sterben!«

Ich muss sie beruhigen!, dachte Witha. Irgendwie!

Sie rief sich eine ihrer Schulungen ins Gedächtnis. Sorey brauchte Zuversicht.

»In der Wohnung seid ihr am sichersten. Wir haben die Planeten abgeriegelt. Kein Amöbenschiff wird durchkommen.«

»Aber diese Viren ...«

Witha beugte sich im Kontursessel nach vor. »Ich weiß aus zuverlässiger Quelle, dass bereits an einem Gegenmittel gearbeitet wird. Wir werden die Amöben aufhalten!«

 

*

 

Eritrea Kush, Audioaufzeichnung

»Mein Name ist Eritrea Kush und ich werde in zwei Monaten sterben. Ich habe noch nie ein Tagebuch geführt, doch nun ...«

Unterbrechung der Audioaufzeichnung für eine Minute.

»Tagebuch! So ein Schwachsinn!«

2.

Aveda, Flottenkommando

21. Juni 1513 NGZ, eine Stunde zuvor

 

Perry Rhodan eilte aus seiner Unterkunft im Flottenhauptquartier. Anthurs Flotte war früher im Stardust-System materialisiert als erwartet. Achtzig Schiffe waren es derzeit, mehr würden folgen.

Der Antigrav brachte ihn nach unten zum Bunker. Seit der Rückkehr aus dem Jaroca-System übernachtete er nicht mehr in Eritreas Haus. Sie wollte allein sein, hatte keine Nerven für einen Menschen in ihrer Nähe.

Mit dem Zellaktivator bin ich nicht gerade der optimale Gefährte für eine Sterbende.

Rhodan genügte der Gästebereich des Hauptquartiers. Ein Bett und eine Hygienekabine waren alles, was er in Zeiten der Not brauchte. Auf seinen unzähligen Missionen hatte er schon schlechter genächtigt.

Vor der Panzertür des Bunkers unter dem Flottenkommando bemerkte er, dass er Posimon in der Kabine vergessen hatte. Die Kleinpositronik hatte sich nicht wie üblich ihrer Biokomponente aufgedrängt, und Rhodan vermisste ihn nicht. Vielleicht tat ihm ein wenig Abstand von dem quäkenden Quälgeist ganz gut.

Der Sicherheitsoffizier spulte das volle Programm ab: Fingerabdruck, Iris-Scan, Individualimpuls-Taster. Sogar die Strahlung des Zellaktivators wurde gemessen, bevor sich die Panzertür öffnete.

Neben ein paar Terminals, einem runden Tisch und einem Holoprojektor an der Decke standen mehrfarbige Topfpflanzen im Raum. Vergebens kämpften sie gegen Zweckmäßigkeit und Nüchternheit.

Die Hälfte der zwölf Stühle war belegt.

Rhodans Kommunikationsfolie piepste. Sie verband sich mit der abgeschotteten Positronik des Bunkers. Augenblicklich schwebten holografische Namen über den Köpfen der Menschen und den freien Plätzen.

Ein Orientierungspfeil zeigte auf seinen Platz. Er saß zwischen Orsla Geland und Litwer Maidera.

Eingeklemmt zwischen Verteidigungsministerin und Innenminister. Das kann ja heiter werden.

Er setzte sich. Die Verteidigungsministerin Geland roch nach ihrem Marzipan-Parfum. Tetsuro Corris war ebenso wie Eritrea Kush als Hologramm zugeschaltet. Der Administrator war in seinem Büro geblieben. Die Admiralin raste mit dem Flaggschiff der Flotte, der STARDUST III, samt zwanzig Schlachtkreuzern den Angreifern entgegen.

Eritrea handelte wie Rhodan. Sie musste an vorderster Front mitmischen, musste mehr als einen theoretischen Beitrag für ihre Sache leisten.

Mittendrin statt nur davor.

Erst spät in seinem Leben hatte Rhodan verstanden, dass er manchmal hinter der Front mehr bewirken konnte.

Mit den DataLenses tauchte er in die Datenströme der Positronik des Flottenhauptquartiers ein. Sie lieferten ihm die Ortungsergebnisse und Analysen direkt auf die Netzhaut. Mittlerweile waren 127 Amöbenraumer zwischen der Oortschen Wolke und der Ekliptik des Stardust-Systems materialisiert. Ihr Ziel war klar: Sie würden die bewohnten Planeten angreifen, Virenbomben abwerfen und die Terraner damit zum Tode verurteilen.

Wir müssen sie aufhalten!

»Gibt es Neues zum Überrangkode?«, fragte Rhodan. Mit dem von Mehul Tondesi geschickten Kode hatten sie im Jaroca-System die Amöbenraumer für wenige Minuten lahmgelegt.

Geland verneinte und schickte ihm die neuesten Daten des Wissenschaftsteams. Es war ihnen nicht gelungen, aus dem nicht mehr funktionierenden Kode einen neuen zu generieren.

Die hohe Verschlüsselungsrate und die wechselnden Frequenzen erschwerten die Berechnung eines neuen Kodes. Glaubte man den Wahrscheinlichkeitsberechnungen der Positronik, war es vergebliche Mühe.

Wäre auch zu einfach gewesen.

»Die Flotte fächert sich auf!« Der Orter, ein Mann um die fünfzig, strich sich über den Vollbart. Rhodan rief seinen Namen auf. Stefe Vrietrik, Jahrgangsbester.

Eine Augenbewegung lieferte Rhodan die Flugdaten der Amöbenflotte. Die Schiffe verteilten sich am Rand des Systems, bildeten Gruppen.

Ein taktisches Manöver! Das ist das Werk der menschlichen Piloten.

Seit Tagen stritten die Taktiker der Flotte, ob diese Evolutionsstufe die Amöbenraumer berechenbarer oder unberechenbarer machte. Letztendlich war es gleichgültig. Der Feind wartete an der Systemgrenze, und sie mussten verhindern, dass er vorrückte.

»Flotte nach Abwehrplan Delta positioniert!«, rief Vrietrik.

»Feuern auf mein Kommando!«

Rhodan blendete die Gespräche der Militärs aus. Er kannte das Prozedere zur Genüge. Wie halten wir sie ohne Waffengewalt von den Planeten fern?, fragte er sich stattdessen und holte die Daten des Stardust-Systems auf seine Netzhaut.

Atochthon, der Mond von Poseidon, des dreizehnten Planeten, wäre der perfekte Kandidat zum Hyperkristallabbau für die Amöben gewesen. Vielleicht konnten sie die Amöbenraumer dorthin locken und ...

Die Tür zischte. Ein kleiner, pummeliger Mann mit stacheligen braunen Haaren betrat den Raum. Er trug keine Kombination, sondern einen Smoking. Offenbar kam er direkt aus der Oper. Er atmete schwer und tupfte sich mit dem Einstecktuch den Schweiß von der Stirn.

Rhodan blinzelte. Die Positronik lieferte ihm den Namen des Mannes: Lal Syied, Exopsychologe.

»STARDUST III vor Ort!«, meldete Eritrea. Ihr entspanntes Hologesicht war eine Lüge. Die Krankheit hatte sie gezeichnet. Dunkle Augenringe, zittrige Hände und Schwächeanfälle gehörten seit Kurzem zu ihrem Leben. Sie speiste ein Bild aus besseren Zeiten in die Holokonferenz. Obwohl der Ara-Mediker Varrim-Ga mehrmals beteuert hatte, dass sie dank seiner Injektionen nicht mehr ansteckend war, trug sie in Wahrheit einen SERUN, seit sie die FUNKENREGEN verlassen hatte. Beim kleinsten Leck würde sich der Kampfanzug unter so hoher Temperaturentwicklung selbst vernichten, sodass von ihm und Eritrea nur ein Häufchen Asche übrig blieb. Falls überhaupt.

»Wir müssen angreifen!« Ungeduld schwang in ihrer Stimme mit.

Geland reagierte nicht auf Eritreas Forderung. »Kontaktversuch!«

»Keine Reaktion!« Die helle Stimme der jungen Funkerin erfüllte den Raum. Im ersten Moment sah Rhodan Sommersprossen, dann ihre grünen Augen und erst danach den roten Pferdeschwanz, der über der Schulter hin- und herpendelte.

Zwei Männer und drei Frauen betraten den Raum, grüßten und setzten sich an den Tisch. Damit war die Gruppe vollständig.

»Fürs Protokoll: Im Namen der Stardust-Union betrachte ich kraft meines Amtes als Verteidigungsministerin das Eindringen der fremden Flotte als feindlichen Akt.«

Rhodan strich über die harte Haut am Zeigefinger und seufzte gedanklich. Formalismen starben vermutlich nie aus.

»Für die Flotte gilt Alarmstufe 1 nach Einsatzplan Gamma!«

Also abwarten und Vurguzz trinken.

Anthur ließ ihnen wenig Zeit für einen ausgeklügelten Plan. Sie mussten improvisieren, unkonventionell denken.

Rhodan holte sich erneut den Mond Atochthon mit den großen Hyperkristallvorkommen auf die Netzhaut. Er war unbewohnt. Nicht einmal eine Robotfabrik war darauf errichtet worden. Die Terraner sammelten die Hyperkristalle lieber im All ein. Eine Idee formte sich in seinem Geist, nahm Gestalt an. Sie konnten ...

»Ortung!«

Ein weiteres Amöbenschiff materialisierte und setzte sich vor die Flotte.

»Anthur!«, vermutete Geland. »Funkanruf!«

»Keine Reaktion!«

Eritreas Mundwinkel zuckten. Rhodan kannte ihre Gedanken. Sie wollte angreifen, kämpfen, wollte Anthurs Schiff mit einer Breitseite begrüßen.

Rhodan verspürte diesen Wunsch ebenfalls. Außerdem wollte er wissen, wie Anthur die Impulse des Hyperfunkgeräts vor den Amöben abschirmte.

Vermutlich durch die Piloten.

»SPECTRA, Lagebeurteilung!«, forderte Geland.

»Siebenundachtzig Prozent Wahrscheinlichkeit für einen Angriff der Amöbenflotte in den nächsten fünf Minuten«, antwortete die Hauptpositronik des Flottenkommandos. »Ich schlage vor, dass die Flotte sich auf den Schutz von Aveda konzentriert.«

Die Nüchternheit des Rechners ließ Rhodan schaudern. Die Positronik präferierte den Schutz einiger weniger, teilte die Bevölkerung scheinbar in wichtig und unwichtig ein.

»Wir geben die restlichen Planeten nicht auf!« Verärgert wischte Geland den Vorschlag beiseite. »Andere Ideen zum Schutz der bewohnten Welten?«

»Wir könnten den Austrittsbereich der Angreifer verminen«, schlug Eritrea vor. »Es gibt eine Mindestdistanz für Überraumaustritte vor Planeten.«

Rhodan lachte auf. »An die sich Anthur bestimmt hält.«

Eritrea schnaufte. Wären sie allein gewesen, hätte sie ihm sicher ein paar nette Worte entgegengeschleudert.

Tetsuro Corris kratzte sich am Kinn. »Mich erreichen bedenkliche Nachrichten von Trondgarden und Zyx. Die Menschen stürmen die Raumhäfen und wollen nach Aveda.«

Sie denken wie die Positronik!

Sorgenfalten bildeten sich auf der Stirn der Funkerin. »Auf den anderen Planeten passiert dasselbe.«

Rhodan rief ihren Namen auf. Parga Patisch. Dreißig Jahre alt und ebenfalls Beste ihres Jahrgangs. Geland legte zu Recht strenge Maßstäbe an ihre Mitarbeiter an. Eine gute Philosophie.

»Wir müssen das unterbinden! Im All sind sie ein leichtes Ziel für die Amöben!«

»Tetsuro«, sagte Geland. »Ich empfehle ein Startverbot für alle zivilen Raumhäfen.«

Corris' Gesicht blieb ausdruckslos. »Wir können den Leuten nicht die Flucht verbieten.«

»Vielleicht wartet Anthur genau darauf!« Gelands Stimme wurde energischer. »Vielleicht will er die Schiffe abschießen. Unsere Flotte kann das nicht verhindern.«

Rhodan verstand die Menschen. Sie befürchteten, dass die Amöbenraumer Virenbomben abwarfen. Sie wussten, dass die Flotte nicht alle Planeten schützen konnte und sich die Verantwortlichen entscheiden mussten.

Ich hätte auch Terra als Hauptwelt gesondert geschützt! Es ging nicht anders. Ohne das Zentrum starb die Peripherie. Zu oft in seinem Leben hatte er zwischen dem Schutz unterschiedlich großer Menschenmengen abwägen müssen und diesen Teil der Verantwortung stets gehasst.

»Die Leute sollen in den Wohnungen bleiben. Das Virus verbreitet sich über die Atmosphäre.« Geland deutete auf die Biologin im Raum. »Wenn sie nicht im Freien sind, können sie sich nicht anstecken, oder?«

Die Biologin nickte.

Das war blauäugig. Nur wenige Wohnungen waren derart abgedichtet, dass sie keinen Luftzug zuließen. Über kurz oder lang würde sich jeder Bewohner infizieren. Einzig die Menschen auf der SOLAR SYSTEM waren in Sicherheit, bis sie die Amöben geballt angriffen.

Corris rang mit sich. Als erster Mann im Staat war er von den Ratschlägen der Experten abhängig.

»Ich verhänge ein Startverbot«, entschied er.

»Erneuter Funkkontakt«, bestimmte Geland.

»Keine Reaktion.«

»Lal?«, fragte Geland. »Wie beurteilst du die Kontaktverweigerung?«

Der Exopsychologe zog die Schleife aus dem Hemdkragen, faltete sie zusammen und legte sie penibel an den Rand des Tisches. Er räusperte sich. »Er verweigert nicht, er ignoriert uns.«

Rhodan horchte auf. Lal Syieds Stimme ähnelte jener von Ronald Tekener, das widersprach seiner pummeligen Gestalt. Nach seiner Rückkehr musste er mit dem Smiler einen Abend verbringen, um über alte Zeiten zu plaudern.

»Wir sind es nicht wert, dass er auf uns reagiert. Für ihn ist jeder Kontakt Zeitverschwendung. Er agiert geradlinig und ohne Rücksicht auf Verluste. Er weiß um die Überlegenheit der Amöbenflotte und wird sie gnadenlos ausspielen«, sagte Syied. »Unsere Funkanrufe sind ihm lästig. Nichts weiter als ein Nebengeräusch auf dem Weg zum Ziel.«

»Wie nutzen wir seine Arroganz zu unserem Vorteil?«, fragte Rhodan und suchte gleichzeitig nach einer Antwort.

Syied schielte zu Geland.

Er weiß nicht, ob ich eingeweiht bin.

Die Verteidigungsministerin nickte.

»In den Dateien wurde die Vermutung geäußert«, fuhr Syied fort, »dass Anthur der Sohn von Admiralin Kush ist. Von dieser Hypothese aus betrachtet, könnte man den Verlauf seines Lebens bis zu seinem Verschwinden derart interpretieren, dass er seine Mutter hasst. Sie hat ihn abgeschoben, ihn verleugnet.«

»Ich habe Jannik nicht abgeschoben!«, protestierte Eritrea. »Meine Schwiegereltern haben den Richter gekauft, damit er mir das Sorgerecht entzieht.«

Irritiert sah Syied zu Eritrea. Er kannte ihre Emotionalität nicht.

»Keine Diskussionen!«, mischte sich Orsla Geland ein. »Lal, sprich weiter.«

»Eine mögliche Schwäche Anthurs wäre Wut und Hass auf seine Mutter.«

Bevor Eritrea erneut aufbegehrte, widersprach Rhodan. »Anthur geht zu zielgerichtet vor, um aus Hass gegenüber seiner Mutter zu handeln. Außerdem hatte er in den letzten Wochen mehrmals die Möglichkeit, Eritrea zu töten, und hat keine genutzt. Er hat sie praktisch ignoriert.«

»Vielleicht wollte er sie sich für das Ende aufheben«, versuchte Syied, seine These zu retten. »Hier im Stardust-System.«

»Bislang hat er logisch gehandelt. Er scheint keine Emotion zu kennen. Wir können nur versuchen, ihn herauszulocken und zu einem Fehler zu zwingen.«

»Sparen wir uns die Psychospielchen und konzentrieren uns auf die Fakten!« rief Eritrea. »Wir müssen verhindern, dass die Amöbenraumer Virenbomben auf die Planeten abwerfen, müssen sie also davor vernichten.«

»Was ist mit den aufgefangenen Impulsen der Sonden?«, fragte die Verteidigungsministerin.

Ein weiterer wunder Punkt bei Eritrea.

»Ich habe diese Mistamöbe eigenhändig gesprengt!«, rief sie prompt.

Geland beugte sich vor. »Und wie erklärst du dir, dass terranische Funkimpulse aus einem Amöbenraumer kommen? Die Impulse stammen eindeutig aus den Mikrosonden, die du und dein Team an Bord des Amöbenschiffes zurückgelassen hast.«

»Der Orter der FUNKENREGEN muss sich getäuscht haben!«

Sie tat Rhodan leid. Zuerst die missglückte Suche nach ihrem Sohn, dann die vielen Verletzungen und nun die Infektion mit dem tödlichen Virus. Er hätte sie am liebsten in den Arm genommen, ihr gesagt, dass er sie unterstütze.

Doch sie mimte die harte Soldatin. »Ich schaffe das allein!«, hatte sie stets gesagt.

»Entweder hat sich der gesprengte Amöbenraumer repariert«, sagte die Biologin, »oder die anderen Raumer haben die Überreste verwertet.« Sie zuckte mit den Schultern. »Die Natur verschwendet nichts.«

»Es waren Thermitladungen!«, beharrte Eritrea. »Genug, um drei Schiffe zu sprengen.«

Die Verteidigungsministerin musste sich für einen Angriff entscheiden, so viel war allen Anwesenden klar. Ihr blieb keine andere Wahl. Sie konnte nicht zulassen, dass Anthur die Virenbomben auf den Planeten abwarf und alle Menschen tötete. Am Ende zögerte sie das Unheil nur hinaus, denn die Erfolgsaussichten der Stardust-Flotte gegen Anthurs Schiffe lagen bei elf Prozent.

Wir müssen uns etwas anderes einfallen lassen, müssen die Gefahr anders beseitigen. Rhodan griff die Idee von zuvor auf und verknüpfte sie mit neuen Überlegungen.

Dank Eritreas Kommandoeinsatz kannten sie achtzig Prozent der Kommunikation der Amöbenraumer. Die im Jaroca-System aufgefangenen Daten aus den Mikrosonden hatten ihnen weitere zehn Prozent geliefert. Leider hatten sie flüchten müssen, bevor sie mehr Informationen empfangen konnten.

»Können wir von hier feststellen, ob das Schiff mit den Mikrosonden im Stardust-System ist?«, fragte er.

Der Orter schüttelte den Kopf. »Selbst die STARDUST III ist dafür zu weit von den Amöbenraumern entfernt.«

»Gehen wir als Arbeitshypothese davon aus, dass das Schiff mit den Sonden dabei ist.«

»Hast du eine Idee?«, fragte Geland.

»Uns fehlen zehn Prozent, um die Kommunikation der Amöbenraumer zur Gänze zu verstehen. Mit hundert Prozent Verständnis können wir die Raumer stilllegen.«

»Und woher nehmen wir die fehlenden zehn Prozent?«