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PETER BARZEL

Das E-Bike

Technik, Modelle, Praxis für

PEDELECS UND ELEKTROFAHRRÄDER

 

 

 

 

 

 

 

 

Delius Klasing Verlag

INHALT

VORWORT

DIE ZUKUNFT DES FAHRRADES IST ELEKTRISIEREND

von Gunnar Fehlau

 

MEHRWERT E-BIKE

 

Das E-Bike ist das ideale Hybridfahrzeug

Ohne Mühe mehr Spaß – mit dem E-Bike

Schneller und weiter – mit dem E-Bike

»Zero emission« und klimafreundlich

 

 

PRAXIS E-BIKE

 

E-Citybike

E-Trekkingbike

E-Mountainbike

E-Rennrad

E-Kompaktrad

E-Faltrad

E-Tandem

E-Lastenrad

E-Trike und Velomobil

S-Pedelec

Praxisbeispiele aus Alltag und Freizeit

 

 

TYPEN UND TECHNIK

 

Das Pedelec-Prinzip

E-Bike-Typen

Rechtslage

Antriebsvarianten

Antriebssteuerung

Energiespeicher/Akku

 

 

QUALITÄTSMERKMALE

 

Das gute Fahrrad als beste Basis

Harmonie des Antriebs

Ergonomie

Sattel und Lenkergriffe – die Kontaktpunkte des Menschen zum E-Bike

Reichweite

Rekuperation

Gewicht

Gangschaltung

Beleuchtung

Bremsen

Reifen

Federung

Geprüfte Sicherheit

Kosten

Nachrüsten

 

 

E-BIKE FAHREN

 

Gesundheit und Training

Fahrsicherheit

Helm – Pflicht oder Kür?

Diebstahlschutz

Wartung und Pflege

Urlaub

Perspektive Verkehr

 

 

BESONDERE KONZEPTE

 

Coboc eCycle

Copenhagen Wheel

Electrolyte

Gocycle

Hase Klimax

Hiddenpower

Kalkhoff Ergo

Mando Footloose

Smart E-Bike

Sram E-Matic

Stromer

Utopia Silent

Vivax Assist

Zehus Bike+

 

 

ANTRIEBE

 

Ansmann

Bionx

Bosch

Brose

Go Swissdrive

Heinzmann

Impulse

MPF Drive

Neodrives (Green Mover/Xion)

Panasonic

Shimano Steps

Sunstar

Tranzx PST

Yamaha

 

DANK

ÜBER DEN AUTOR

BILDNACHWEIS

VORWORT

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Peter Barzel

Fünf Jahre nach dem ersten Erscheinen dieses Buches ist aus dem E-Bike-Boom ein stetiger Trend geworden und das E-Bike als Fahrzeug etabliert. Der Markt ist zwar nach wie vor unübersichtlich, und das Angebot wächst weiter, doch bilden sich allmählich Standards heraus, und die Spreu beginnt sich vom Weizen zu trennen. Anbieter verschwinden, Firmen von Weltrang wie Bosch, Brose und Shimano steigen ein, Yamaha kehrt zurück. Langsam zeigt sich, wer nur auf der Modewelle mitzuschwimmen versucht, und wer das Thema wirklich ernsthaft verfolgt. Die Antriebe der Generation 2.0 sind jetzt am Start, die Systeme wurden und werden weiter verfeinert, und noch immer werden spannende, neue Konzepte entwickelt und vorgestellt. Das wundert nicht, denn das E-Bike hat ein enormes verkehrspolitisches Potenzial und ist ein echter Problemlöser – weltweit.

EIN BUCH ZU EINEM SO SCHNELLLEBIGEN THEMA?

Und das im Zeitalter des Internets? Wir meinen nach wie vor: Ja! Das Internet liefert Unmengen an Informationen, es gibt zahlreiche Webseiten zum Thema E-Bike – aber wer sortiert, strukturiert und überprüft diesen Informationswust? Fachzeitschriften tun dies zum Teil, testen Modelle und sind vor allem der Aktualität verpflichtet. Dieses Buch jedoch will die vielen Informationen und Fragen rund um das E-Bike umfassend und übersichtlich aufbereiten. Es will Orientierung im unübersichtlichen Markt geben und beschreibt die grundsätzlichen Aspekte zum Thema E-Bike, die über den Tag hinaus gelten, sowie den aktuellen Stand der Technik.

WAS STEHT DRIN?

Das Buch ist in sieben Hauptkapitel gegliedert. Alle Informationen sind kompakt gehalten und schnell wieder aufzufinden. Man kann es von Anfang bis Ende lesen oder auch wie ein Nachschlagewerk nutzen, denn jedes Kapitel ist in sich verständlich und abgeschlossen. Und wenn doch etwas unverständlich bleibt, ist das erklärende Kapitel dazu schnell gefunden und gelesen.

Image MEHRWERT: Wer ein E-Bike ausprobiert, spürt den Mehrwert sofort. In diesem Abschnitt wird erklärt, warum das so ist und welche konkreten Vorteile sich daraus ergeben.

Image PRAXIS E-BIKE: Es werden die verschiedenen E-Bike-Modelle vorgestellt, vom City-E-Bike über das E-Mountainbike und E-Lastenrad bis zum schnellen E-Bike, dem S-Pedelec. Konkrete Beispiele von Nutzern aus Alltag, Freizeit und Wirtschaft zeigen, wie das E-Bike in der Praxis funktioniert.

Image TYPEN UND TECHNIK: Hier werden alle technischen und rechtlichen Grundlagen zu E-Bike-Typen, rechtlichen Rahmenbedingungen, Antriebsvarianten, zur Steuerung des Motors und das Wesentliche zur Batterietechnik, den Akkus, dargestellt.

Image QUALITÄTSMERKMALE: Woran erkennt man ein gutes E-Bike? Wo liegen die Unterschiede? Dieses Kapitel gibt Antworten auf diese Fragen, von der Vorstellung der Komponenten über Tipps zu deren Eignung für das E-Bike bis hin zu Testroutinen für die Probefahrt.

Image E-BIKE FAHREN: Zu den Themen rund um das »E-Bike fahren« – wie Gesundheit, Trainingseffekt, Fahrsicherheit bis hin zu Wartung und Urlaubsfahrten – sind hier hilfreiche Informationen übersichtlich zusammengestellt.

Image BESONDERE KONZEPTE: Ungewöhnliche Antriebe und besondere E-Bike-Konzepte werden an ausgesuchten Beispielen vorgestellt. Manche sind echte Problemlöser für spezielle Anforderungen, andere sind etwas verrückte Ideen, teilweise aber an der Schwelle zur Serienreife. Ein Blick in die mögliche Zukunft des E-Bikes …

Image ANTRIEBE: 14 Marken-Antriebe werden hier mit ihren technischen Eckdaten und einer kurzen Charakterisierung beschrieben. Diese Antriebe bilden den aktuellen Markt ab und werden in den kommenden Jahren die E-Bike-Technik weiter prägen.

FÜR WEN IST DIESES BUCH?

Es richtet sich an Laien wie an Fachleute, an E-Bike-Besitzerinnen und -Besitzer sowie an Kaufinteressierte. Alle fachlichen Dinge werden in verständlicher Sprache erläutert. Konkrete Kauftipps und Testergebnisse sind den Fachzeitschriften überlassen. Dieses Buch will dazu beitragen, dass Interessierte zu mündigen Verbrauchern werden und sich selbst eine fundierte Meinung bilden können.

ZUM SCHLUSS:

Niemand weiß alles, und kein Buch ist perfekt. Es gelingt bestenfalls eine Annäherung. Kritik und neue Informationen sind immer willkommen. In diesem Sinne eine gute und bereichernde Lektüre wünscht

Peter Barzel

DIE ZUKUNFT DES FAHRRADES IST ELEKTRISIEREND

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Gunnar Fehlau

Sie haben ein Buch über E-Bikes in der Hand, wahrscheinlich schon ein wenig ins Inhaltsverzeichnis geschaut, das Vorwort des Autors überflogen und ein bisschen quer geblättert. Haben Sie Fragen zum besten Antriebskonzept? Sind Sie auf der Suche nach dem richtigen E-Bike-Typ für Ihre Bedürfnisse? Oder möchten Sie Details zum richtigen Umgang mit Rad, Motor und Akku erfahren? 170 Seiten geballtes Wissen zum elektrounterstützten Fahrrad warten darauf, von Ihnen gelesen und entdeckt zu werden.

Rund ums E-Bike gibt es eine Vielzahl technischer Finessen zu kennen und zu beachten, damit man das richtige Modell für sich findet und dann mit viel Freude und Sicherheit unterwegs ist. Auf den folgenden Seiten hat Peter Barzel dies alles praxisbezogen und übersichtlich dargestellt. Sie sind bei ihm fachlich, journalistisch und menschlich in den besten Händen, das kann ich nach fast 20 Jahren, die ich mit Peter Barzel unter unterschiedlichsten Konstellationen zusammenarbeite, versichern. Und dennoch kann er und kann auch ich Ihnen natürlich keine zuverlässige Aussage darüber bieten, was Sie da draußen mit dem E-Bike konkret erleben werden – aber zu erleben gibt es viel! Der Antrieb elektrifiziert das Fahrrad und dieses Rad elektrisiert Ihr Leben. Versprochen.

Es sind ja nicht die Motoren, Akkus und Steuerungskonsolen, die über 1,5 Millionen E-Bike-Fahrer auf deutschen Straßen faszinieren. Es ist die neue Lebensqualität, die ein Pedelec in den Alltag und die Freizeit bringt, die die Menschen erreicht. Ist der Leidenschaft Radfahren durch einen kleinen Motor einmal das lästige «Leiden« genommen, entfaltet das Fahrrad seinen ganz besonderen Reiz. Keine Radgattung, in der dies nicht geschieht. Keine Strecke, auf der dies nicht gelingt. Kein Fahrstil, der dadurch nicht gewinnt.

Längst vorbei sind die Zeiten, in denen ein elektrischer »Hilfsmotor« mit fehlenden Fähigkeiten assoziiert wurde. Diese Leichtigkeit im Umgang mit elektronischer Unterstützung ist für uns beim Aufzug, der Waschmaschine, dem Staubsauger und dem Scheibenheber im Auto schon lange so alltäglich wie selbstverständlich geworden. Jetzt kommt das Fahrrad dazu … gute Fahrt!

Gunnar Fehlau

Gunnar Fehlau hat die ersten beiden Auflagen dieses Buches zusammen mit Peter Barzel verfasst und ist seit vielen Jahren als Publizist und kreativer Lobbyist für das Fahrrad und das E-Bike tätig.

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MEHRWERT E-BIKE

DAS E-BIKE IST DAS IDEALE HYBRIDFAHRZEUG

Elektromobilität ist die Mobilität der Zukunft. Reflexartig kommt einem dabei das Auto in den Sinn, obwohl der Schienenverkehr längst weitgehend elektrifiziert läuft. Und dann liegt die Betonung auf Zukunft. Zwar werden die ersten elektrisch angetriebenen Automodelle gerade zum Kauf angeboten, doch liegt ihre massenweise Verbreitung noch in weiter Ferne: zu teuer und zu geringe Reichweite. Das liegt daran, dass Elektroautos nach dem Vorbild der benzingetrieben Autos gebaut werden, weil sie – ebenso reflexartig – mit diesen eins zu eins verglichen werden: in Größe, Komfort, Kosten und Reichweite. Gleiche Größe bedeutet aber elektrisch angetrieben ein höheres Fahrzeuggewicht, bedingt durch die Batterie: Mehr Gewicht erfordert mehr Antriebsenergie, mehr Antriebsenergie erfordert größere Batterien als Energiespeicher. Diese machen das aktuelle Elektroauto nicht nur schwerer, sondern auch sehr viel teurer, bei erheblich geringerer Reichweite und langen Ladezeiten für die Batterie. Das heißt beim aktuellen Stand der Batterietechnik im Umkehrschluss: Je leichter das Fahrzeug, desto besser kann man es rein elektrisch antreiben.

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Drais auf seiner Laufmaschine

Die aktuelle Zwischenlösung ist das Hybridauto mit kombiniertem Elektro- und Benzinantrieb. Doch der größte Teil der Antriebsenergie wird dabei noch mit dem Verbrennungsmotor erzeugt, mit all seinen Nachteilen: Abgase, Lärm, CO2-Ausstoß. Auch das E-Bike ist ein Hybridfahrzeug. Aber hier arbeiten Muskelkraft und Elektromotor zusammen: sauber, leise und klimafreundlich. Und das nicht nur, wenn der Strom für den Elektroantrieb aus erneuerbaren Energien erzeugt wird, sondern auch an der normalen Steckdose, wo der Strom aus dem bundesdeutschen Strommix stammt, der zu einem Großteil immer noch aus Kohlekraftwerken kommt. Denn der Energieverbrauch des Elektroantriebs beträgt beim E-Bike mit umgerechnet etwa 0,2 Litern Benzin pro 100 km nur 1/25 eines 5-Liter-Autos und ein Zehntel des angestrebten 2-Liter-Autos. Dafür gibt es beim E-Bike drei Gründe:

Image die menschliche Muskelkraft als Hybridpartner

Image das leichte Fahrzeuggewicht

Image das hocheffiziente Fahrrad als Basis des E-Bikes

SCHNELLER ALS ZU PFERD UND EFFIZIENTER ALS ZU FUSS

Drais Laufmaschine war eine echte Problemlösung. Nach mehreren Missernten und Schnee im Sommer infolge eines Vulkanausbruchs herrschte Hunger, auch für die Pferde, das Massentransportmittel zu Beginn des 19. Jahrhunderts: Es gab zu wenig Hafer. Der Erfolg des Fahrrades gründete sich aber vor allem in seiner Einfachheit und seiner Schnelligkeit: Drais war mit seiner Laufmaschine schneller als zu Pferd. Und das Fahrrad ist das erste Fahrzeug, das ein Mehrfaches seines eigenen Gewichtes transportieren kann. Bei einem Fahrzeuggewicht von etwa 15 kg eines modernen Cityrades ist das zulässige Gesamtgewicht inklusive Fahrer und Gepäck nach Norm 100 kg. Zum Vergleich: Ein moderner Pkw wiegt leer mindestens 1200 kg bei einer Zuladung von etwa 400 kg. Das Fahrrad ist das leichteste Fahrzeug, das wir kennen, ein Ultraleichtfahrzeug, und braucht deshalb nur sehr wenig Energie zum Antrieb, ideal für den elektrischen Antrieb.

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White Hawk des Vector-Racing-Teams auf der Opel-Teststrecke.

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Kein Fahrzeug ist effizienter als das Fahrrad.

Das Fahrrad spart aber auch Muskelkraft. Eine 5 km lange Strecke geht der Mensch zu Fuß in einer Stunde und verbraucht dabei überschlägig berechnet etwa 50 Watt, das sind 10 Wh/km. Mit dem gleichen Energieeinsatz, 50 Watt Muskelkraft, fährt der Mensch in einer Stunde 16 km weit, mehr als dreimal so viel: Energieverbrauch 3 Wh/km. Kein anderes Fahrzeug ist so energieeffizient wie das Fahrrad. Und nach dieser Betrachtung kann man sich ein wenig vorstellen, dass Speedbikes bei Rekordversuchen kurzeitig Geschwindigkeiten von über 130 km/h erreichen – nur mit Muskelkraft.

Fazit: Mit vergleichsweise sehr kleinem technischen Aufwand für den Elektrozusatzantrieb, bestehend aus Motor, Akkubatterie und Steuerung, sowie dem geringen Zusatzgewicht von nur 5–10 kg wird das Fahrrad zum E-Bike. Der Zusatzantrieb verdreifacht die durch Muskelkraft erzeugte Antriebskraft bei einem minimalen Einsatz an Zusatzenergie von umgerechnet etwa 0,2 Litern Benzin pro Kilometer. Dabei bleibt das E-Bike leicht zu fahren und zu bedienen – wie ein Fahrrad. Wie das Fahrrad ist das E-Bike ein Ultraleichtfahrzeug und deshalb das ideale Hybridfahrzeug.

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Zu Fuß gehen braucht dreimal soviel Energie wie Radfahren.

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Das E-Bike ist das ideale Hybridfahrzeug.

OHNE MÜHE MEHR SPASS – MIT DEM E-BIKE

Die Zeit, in der das E-Bike noch die Assoziation einer »Fahrhilfe« hervorrief, ist längst vorbei. Die Radfahrer, die meinen: »Toll, dass es so etwas gibt, aber ich brauche das noch nicht.«, werden immer weniger. Selbst Sportler verlieren zunehmend die Scheu, ein elektrounterstütztes Bike zu fahren, wie die wachsenden Verkaufszahlen von E-Mountainbikes beweisen. Sie schätzen es, weil es in der Gruppe Fitnessunterschiede ausgleicht, bisher unerreichbare Ziele erschließt, sich aber weiterhin wie ein Fahrrad anfühlt und einfach Spaß macht. Und das gilt auch für alle anderen Radfahrer: Bisher ist noch jeder nach der Probefahrt mit einem breiten Grinsen im Gesicht vom E-Bike abgestiegen, selbst Skeptiker und Puristen – was nicht überrascht. Denn Fahrrad fahren ist zwar leichter als zu Fuß gehen, aber das gilt in erster Linie für das Fahren in der Ebene. Bergauf, gegen den Wind oder mit schwereren Lasten wird es mühsam, für manche zu mühsam. Doch genau diese Mühen nimmt das E-Bike dem Radfahrer, weil es seine Muskelkraft verdoppelt bis verdreifacht. Was jeder beim E-Bike-Fahren deutlich spürt, sei hier kurz erklärt.

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Locker bergauf fahren, ohne zu schieben.

BERGAUF FAHREN STATT SCHIEBEN

Ein durchschnittlich trainierter Mensch erbringt mit seinem Muskelantrieb beim Radfahren eine Dauerleistung von 80 bis 100 Watt, kurzzeitig auch deutlich mehr, aber eben nicht auf Dauer. Torsten Treter wiegt 70 kg und sein Fahrrad 10 kg. Zusammen sind das 80 kg. Will er diese auf seinem Fahrrad mit 20 km/h bewegen, braucht er überschlägig berechnet etwa 80 Watt Antriebsleistung dafür. Das klappt in der Ebene wunderbar. Will er aber den nächsten Berg, der 5 % Steigung hat, hoch fahren, ohne langsamer zu werden, benötigt er mit 218 Watt fast das dreifache an Antriebsleistung. Die Brückenrampe hinauf schafft er das gut, aber auf längeren Steigungen muss er das Tempo reduzieren: Halb so schnell schafft er mit 10 km/h bei 5 % Steigung den Berg ganz gut, denn da braucht er nur die halbe Antriebsleistung von 109 Watt. Was das bergauf Fahren so mühsam macht, ist die Schwerkraft. Torsten Treter muss sein eigenes Gewicht und das seines Fahrrades gegen die Schwerkraft nach oben bewegen. Mit dem E-Bike bekommt er zu seinen 80 Watt muskulärer Antriebsleistung vom Elektromotor maximal noch mal das Doppelte hinzu, macht zusammen 240 Watt. Bergauf fahren fühlt sich mit dem E-Bike deshalb so leicht an wie das Fahren in der Ebene.

KAVALIERSTART AN DER AMPEL?

Warum bleiben Radfahrer so ungern an der roten Ampel stehen? Weniger wegen des Wartens, sondern vor allem wegen des erneuten Anfahrens. Wenn das Fahrrad in der Ebene einmal rollt, fällt das Treten in die Pedale relativ leicht. Doch beim Anfahren müssen Fahrrad und Fahrer aus dem Stand beschleunigt werden. Das kostet Energie. Wenn die Ampel wieder grün zeigt und Torsten Treter gemächlich in 11 Sekunden von 0 auf 20 km/h beschleunigt, braucht er mit 225 Watt genauso viel Antriebsleistung wie bei einer 5-%-Steigung, nur eben für eine deutlich kürzere Zeit. Mit dem E-Bike macht der Start an der Ampel geradezu Spaß – weil es so leicht und so schnell geht.

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Ein Ampelgriff erleichtert das Warten, aber nicht das Anfahren.

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Ob süße oder schwere Last – kein Problem mit Elektrounterstützung.

SCHWERE LASTEN LEICHT BEWEGEN

Mit Gepäck oder mit mehr Körpergewicht wird das Radfahren noch schwerer. Doppeltes Gewicht erfordert doppelte Antriebsleistung. Das spürt man beim Radfahren mit schweren Lasten schon beim Anfahren. Einmal in Fahrt rollt das Rad auch mit schweren Lasten überraschend leicht – solange es eben ist. Jede kleine Steigung macht sich dagegen sofort deutlich bemerkbar. Schweres Gepäck wirkt da wie ein Seismograph. Längere Fahrten bergauf sind mit einem normalen Lastenfahrrad oder mit einem Anhänger äußerst mühsam. Wenn Torsten Treter eingekauft hat, wiegt sein Anhänger mit Getränkekästen an die 80 kg, fast genauso viel wie er selbst und sein Fahrrad.

Damit hat er das doppelte Gewicht zu bewegen und braucht für die 5 %ige Steigung bei langsamer Fahrt mit 10 km/h statt 109 Watt das Doppelte, 218 Watt. Mit einem E-Bike vor dem Anhänger ist auch das kein Problem.

GEGEN DEN WIND

Auch wo es flach ist, rollt es nicht immer leicht. Da kann einem ganz schön der Wind ins Gesicht blasen und viele Radfahrer finden das mühsamer, als bergauf zu treten. Denn jeder Berg ist irgendwann zu Ende, doch Gegenwind hört nicht so schnell auf. Das E-Bike kompensiert aber auch stärkeren Gegenwind, ein Grund, warum E-Bikes gerade auch in den Küstenregionen so beliebt sind.

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Mit E-Antrieb verliert der Gegenwind seinen Schrecken.

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SCHNELLER UND WEITER – MIT DEM E-BIKE

Hobbyradsportler streben im Training einen Schnitt von mindestens 30 km/h an. Wer das schafft, hat »gute Beine« und gilt als wettkampftauglich. Reiseradler sind schon mehr als zufrieden, wenn sie über den Tag einen Schnitt von 20 km/h erreichen, meist liegt er darunter. Das klingt auf den ersten Blick nach nicht viel. Mal eben mit dem Fahrrad 20 km/h schnell zu fahren, ist auch für normal Trainierte oder Untrainierte auf kurze Distanz kein Problem. Aber jeder, der einmal Durchschnittswerte gemessen hat, weiß, wie schnell der Schnitt sinkt, wenn man nur mal eben anhält, an der Ampel, am Wegweiser, oder einfach um die Jacke aus der Tasche zu holen und überzuziehen. Hinzu kommt, dass kaum eine Strecke topfeben ist, bergauf geht’s halt immer langsamer, und auch die Straßenbeläge lassen sich unterschiedlich schnell befahren. So verwundert es nicht, dass der Normalradler im allgemeinen eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 12 km/h erzielt.

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Schneller unterwegs mit E-Bike und S-Pedelec.

E-BIKE STATT MOFA

Mit dem E-Bike dagegen schafft jeder eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 20 km/h, fast doppelt so schnell wie mit dem Fahrrad – und das bei gleichem Muskelkrafteinsatz. Der Grund: Der Hauptwiderstand gegen höheres Tempo ist der Luftwiderstand, und der steigt unangenehmerweise mit zunehmender Geschwindigkeit quadratisch an: doppelte Geschwindigkeit gleich vierfacher Luftwiderstand. Die erforderliche Antriebsleistung steigt sogar in der dritten Potenz an: doppelte Geschwindigkeit gleich achtfache Antriebsleistung.

Ein Beispiel für den Vergleich von Fahrrad und E-Bike: Fahrer und Fahrrad wiegen zusammen 80 kg und zum Luftwiderstand kommt als bedeutende Größe noch der kleinere Rollwiederstand hinzu, der nur linear ansteigt. Dann sind für eine Geschwindigkeit von 20 km/h in der Ebene 80 Watt Antriebsleistung erforderlich, bei 25 km/h aber schon 140 Watt. Anders ausgedrückt, für 25 % mehr Geschwindigkeit braucht man hier 75 % mehr Antriebsleistung, aber das ist mit dem E-Bike kein Problem. Und so ist auch vorstellbar, dass man mit einem schnellen E-Bike (S-Pedelec bis 45 km/h) auch leicht das Geschwindigkeitsniveau von Radrennsportlern erreicht. Vergleicht man das mit bisherigen Fahrzeugen in dieser Geschwindigkeitsklasse, ersetzt das E-Bike das klassische Mofa und das schnelle E-Bike (S-Pedelec) das Moped.

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Fahrradwegweiser erleichtern die Orientierung auch zu entfernteren Zielen.

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ERWEITERUNG DES MOBILITÄTSRADIUS

Mit der höheren Geschwindigkeit des E-Bikes erreicht man in der gleichen Zeit weiter entfernte Ziele. Bis 3 km ist das Fahrrad heute eine ernsthafte Alternative zum Auto. Verkehrsexperten sprechen dem Fahrrad einen Mobilitätsradius von 3 bis 5 km zu. Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 12 km/h braucht der Normalradler dafür 15 bis 25 Minuten. Mit dem E-Bike dagegen kommt er bei einem Schnitt von 20 km/h in 15 bis 25 Minuten 5 bis 8,3 km weit. Der Mobilitätsradius verdoppelt sich. Und mit einem schnellen E-Bike (S-Pedelec) verdreifacht er sich sogar auf 10 bis 15 km – im Rahmen eines allgemein akzeptierten Zeitaufwandes für Alltagswege. Bedenkt man, dass etwa die Hälfte aller Wege kürzer als 5 km und etwa 70 % kürzer als 10 km sind, dann erschließt das E-Bike als neues und umweltfreundliches Verkehrsmittel ein enormes Potenzial.

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  TEMPO RICHTIG EINSCHÄTZEN

Die höhere Geschwindigkeit des normalen E-Bikes birgt aber zumindest in Zeiten der Einführung dieser neuen Fahrzeuggattung höhere Risiken. Sowohl für E-Bike-Fahrer selbst als auch für den umgebenden Verkehr ist das höhere Tempo überraschend. E-Bike-Fahrer müssen sich auf das Fahrverhalten eines Zweirades bei höherer Geschwindigkeit einstellen, und der umgebende Verkehr unterschätzt deren Tempo, weil ein E-Bike äußerlich kaum von einem Fahrrad zu unterscheiden ist.

»ZERO EMISSION« UND KLIMAFREUNDLICH

Das E-Bike boomt, doch Kritiker halten dagegen: Nichts sei ökologisch so sauber wie das Fahrrad, diese geniale Erfindung, mit der man für die Fortbewegung weniger Kraft brauche als beim zu Fuß gehen. Das E-Bike sei zwar leise und stoße selbst keine Abgase aus, brauche aber zusätzliche Energie, und solange der Strom aus dem aktuellen Energiemix hergestellt werde, falle zusätzliches CO2 an. Hinzu kämen der Rohstoffverbrauch und der erhebliche Energieaufwand für die Herstellung des Lithium-Ionen Akkus. Wenn die Menschen vom Fahrrad auf das E-Bike umsteigen, werde deshalb insgesamt mehr Energie verbraucht und der CO2-Ausstoß gesteigert.

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Tanken an der Steckdose – preiswert und sauber.

Befürworter des E-Bikes entgegnen: Das E-Bike ersetzt weniger das Fahrrad, sondern vielmehr andere motorisierte Verkehrsmittel wie das Auto oder Bus und Bahn, deren CO2-Ausstoß deutlich höher sei. Zwei Studien stützen diese These. Die niederländische Studie »Rapport Electrisch Fietsen« von 2009 prognostiziert, dass das E-Bike vor allem für Strecken über 5 km Länge genutzt wird. Die Hochschule Luzern ermittelte 2010 in der Schweiz bei einer Befragung von Elektrovelofahrer/innen, dass diese seit dem Kauf ihres E-Bikes rund 20 % weniger »normal« Fahrrad fahren, aber rund 50 % weniger Auto und Bus oder Bahn.

NUR 5 G CO2 PRO KILOMETER

Wie hoch aber ist nun der CO2