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ÜBER DIE AUTOREN

Gerhard Polt, geboren am 7. Mai 1942 in München, studierte in Göteborg und München Skandinavistik. Seit 1975 brilliert er als Kabarettist, Schauspieler, Poet und Philosoph auf deutschen und internationalen Bühnen. 2001 wurde er mit dem Bayerischen Staatspreis für Literatur (»Jean-Paul-Preis«) ausgezeichnet. Sein gesamtes Werk erscheint bei Kein & Aber.

Reiner Zimnik, 1930 in Beuthen/Oberschlesien geboren, studierte Malerei und Grafik an der Münchner Akademie der Bildenden Künste. Er erhielt u.a. den »Eichendorff-Literarturpreis« und den »Schwabinger Kunstpreis«.

ÜBER DAS BUCH

Unvergessliche Figuren hat Gerhard Polt auf der Bühne geschaffen und diese immer wieder variiert. Nun fügt der bayrische Satiriker seinem subversiven Panorama der Gegenwart neue Charaktere hinzu. Zur Sprache kommen u. a. ein »CSU-Sammler«, der mit drei Originalbarthaaren von Alois Hundhammer aufwarten kann, ein empörter Wirtschaftskrimineller und der Besitzer eines Schuldscheins, der sich von Mozart betrogen fühlt. In Polts störrischen Brandreden geht es immer um nichts weniger als sozusagen alles: um die Geschichte, die so weit zurückreicht, dass man’s gar nicht fassen kann, um Weltreiche, die in sich zusammenbrechen, um Sprachverwirrung und um den kleinen Mann, der da mittendrin steht und angesichts des heillosen Durcheinanders der Welt nach Worten ringt.

»Polt hört man, wenn man ihn liest, genauso, wie man Valentin hört, wenn man Valentin liest. So ein Buch ist praktisch, denn so hat man seinen Polt immer dabei, man schlägt das Buch auf und da hat man ihn, wie er leibt und lebt!«

Lesezeichen, Bayerisches Fernsehen

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INHALTSVERZEICHNIS

Apokalypse Now

Der Konservator

Der Europäer

Dieser Mozart

Eine menschliche Sau

Der Mäzen

Duzi Duzi

Transparenz

Mein schönstes Weihnachtserlebnis

Mehr oder weniger

Unternehmer des Jahres

Der Berti

Der CSU-Sammler

Der Kormoran

Alle Rechte vorbehalten
Copyright © 2008 by Kein & Aber AG Zürich – Berlin
Coverillustration: Reiner Zimnik
Autorenfoto: Christoph A. Hellhake
eBook ISBN 978-3-0369-9150-4

www.keinundaber.ch

Dieser Text und dieses eBook sind urheberrechtlich geschützt. Jedwede Weitergabe, Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung in und durch andere Medien, gleich welcher Art, einschließlich Internet, über das vertraglich oder gesetzlich zulässige Maß hinaus, bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Kein & Aber AG.

APOKALYPSE NOW

Früher, sicher, jedes Früher hat ein Früher, und mein Früher, ich mein, jeder hat halt die Zeit, die er hat, eine andere steht ihm nicht zur Verfügung, aber blöder als die heute waren wir damals auch nicht. In die Wiege ist es uns jedenfalls nicht gelegt worden. Wir haben uns schon was einfallen lassen müssen. Sachen haben wir gemacht, da tät man heute sagen, ui ui ui.

In die Hölle kommt man ja nicht mehr, die wurde abgeschafft. Wahrscheinlich auf Druck von ganz oben, wegen der hohen Energiekosten. Eine kleine Temperaturabsenkung hätte wohl das Kraut auch nicht mehr fett gemacht. Ein Glück, denn wenn ich mich erinnere, wie wir damals in einer Art Blitzaktion der alten Oma die Handtasche gezwickt haben, wusch!, um die Ecke, alles raus aus der Tasche, Geld gezählt, verteilt – gerecht verteilt! Fairness war oberstes Gebot! Aber, wie gesagt, das Ganze ist eben Schnee von gestern, und außerdem war das ja damals eher ein Einzelvorgang, weil man ja wusste, so eine Oma kommt nicht jede Woche vorbei.

Sonst haben wir vielleicht einmal in einem Kramerladen einen Eierlikör mitgehen lassen oder einen Dosenfisch, aber auch nur aus Trainingsgründen. Wer bitte sauft denn freiwillig einen Eierlikör oder frisst einen Dosenfisch?

Aber es ging auch anders, und darauf möchte ich schon hinweisen. Früher gab’s Sachen, die gibt es heute so wahrscheinlich nicht mehr. Ich erzähle das aus meinem eigenen Erfahrungsschatz. Ich stehe – also früher – in der Kabine im Schwimmbad und sehe einen Geldbeutel, fett wie ein Karpfen. Jetzt raten sie einmal, was ich gemacht habe? Ich habe den Geldbeutel abgeliefert, beim Bademeister! Ich weiß, das klingt wahnsinnig. Sogar meine Mutter, eine erzkatholische Frau, hat damals zu mir gesagt: »Du bist ein schönes Rindvieh!«

Früher waren wir natürlich naiver, blauäugiger, aber alles braucht seine Zeit. Dass man heute eine Bilanzfälschung ordentlich hinbringt oder einen Insolvenzbetrug aufs Parkett legt, dazu gehören Jahre der Erfahrung!

Auch Abstinenz ist manchmal notwendig. Einsitzen, Kollegen kennenlernen. Auch Leute, die in anderen Branchen groß geworden sind: Diebe, Erpresser, Heiratsschwindler. Das Inkassowesen – hochinteressant! Was man da für Möglichkeiten hat! Unvorstellbar. Aber so was geht nur durch »learning by doing«.

Ein einziges Mal habe ich selbst nachgeholfen, als ich noch auf Erbschleicherei spezialisiert war. Ich wollt halt den Erbvorgang ein bisschen beschleunigen. Aber das ist nicht meine Sache. Davon bin ich vollkommen abgekommen. Die Killer aus Moldawien, die waren zwar zuverlässig, schnell, auch preisgünstig. Aber trotzdem arbeite ich heute viel lieber wieder ganz klassisch mit einem sizilianischen Mafioso oder einem Camorristen aus Neapel. Die kosten zwar mehr, aber dafür bekommt man auch erstklassige Qualität. Das macht sich besonders bei der Entsorgung bemerkbar. Und alles in der Pauschale inbegriffen! Ich bin doch nicht auf der Brennsuppe dahergeschwommen. Für sein gutes Geld kann man doch heute wirklich mehr verlangen als nur »patsch bumm«. Die Ansprüche sind auf allen Gebieten gewachsen. Und Verzweiflung gibt’s genug. Vor allem in den Ballungsgebieten wachsen die jungen Desperados nach wie die Schwammerl.

Aber ich sag’s Ihnen: Zunehmend juckt’s mich wieder selber in den Fingern. Überredet mich doch mein Schwager, so ein militanter Umweltfreak, dass ich mein Auto umrüsten lass auf Biokraftstoff. Und pfeilgrad, sehenden Auges gehen wir denen in die Falle und zahlen jetzt eine Strafsteuer auf Umweltöl, dass es nur so kracht, und zwar jedes Jahr mehr. Jetzt weiß ich’s, Umwelt ist nur der Aufhänger, die wollen mein Geld, die wollen mich fleddern! Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich meinen alten Motor weiterrauchen lassen wie eine Fritteuse.

Aber das ist nur ein Beispiel, da gibt’s noch viele andere. Da wird mit unseren Steuergeldern ein Gebäude gebaut. Kostenvoranschlag drei Millionen. Alle sagen, na ja, schon happig, aber was will man machen. Jetzt kostet dieses Gebäude – so eine Art Beamten-Versailles – achtzehn Millionen! Spielt alles keine Rolle, weil der Verantwortungsnehmer ist schon da, geht allerdings sofort in Pension.

Respekt! So muss man’s machen.

Über sechzig Prozent der Energie, die ein Kraftwerk erzeugt, werden in die Luft geblasen. Das bedeutet, die heizen, was das Zeug hält, und verpesten die Umwelt. Aber ich finanziere das.

Oder ich schicke den Bayerischen Landtag nach Peking zu einem Symposium, damit die dort chinesisches Beschwerderecht studieren. Das heißt auf Deutsch, die lobstern sich dort voll, anstatt beim Donisl einen Leberkäs zu fressen.

Ich darf mir jetzt sogar ein Stück von meiner eigenen Eisenbahn kaufen, sagt der Verkehrsminister, dann hat er mehr Geld und kann sie teurer an andere verkaufen.

Wenn ich morgen sechs Nürnberger Bratwürstel grillen will, dann darf ich das nur, wenn das Amt für öffentliche Ordnung, das Umweltreferat, die Feuerpolizei, die Nachbarn und die in Brüssel es erlauben. Aber Hauptsache, der Staat verdient, je teurer das Öl, desto mehr. Weil die Steuern immer besser greifen und weil dann immer mehr Menschen in eine Wärmestube gehen müssen, spart man unglaublich viel Energie.

Ein Abgeordneter erzählt im Fernsehen, dass die Energiebesitzer Monopolisten sind. Ich weißüüäßüß