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INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort zur 16. Auflage

Kapitelchen 1:
DAS KIND ZUHAUSE

Lernen tritt automatisch ein

Erfolgskontrollen sind eingebaut

Das Kind ist der geborene Imitator

Wichtige Überlegungen für Eltern/Erzieher

1.  Lernprobleme

2.  Schulprobleme. So könnte Ihre Checkliste aussehen

Kapitelchen 2:
DAS KIND IN DER SCHULE

Grund Nr. 1: Damit die Kinder etwas lernen

Grund Nr. 2: Um Fähigkeiten zu wecken und zu fördern

Grund Nr. 3: Um für eine gute Allgemeinbildung im Volk zu sorgen

Grund Nr. 4: Weil niemand freiwillig etwas lernen würde

Man muß sinnlose Dinge lernen

Kinder verlieren ihre wache Intelligenz

Die Rolle von Frage und Antwort

Zweifel und Fehler

Lernen wird passiv wie Fernsehen

Kapitelchen 3:
WAS KÖNNTE DIE SCHULE TUN?

Grund Nr. 5: Damit Kinder lernen, kooperativ zu werden

Gruppenarbeit, Diskussionen

Kinder lehren Kinder

Nichtlehrer in der Schule

Kinder gehen nach draußen

1.  Ganze Klassen gehen gemeinsam

2.  Kleinere Gruppen gehen zu unterschiedlichen Einrichtungen und erstatten anschließend der Klasse Bericht

Neue Medien auch für Schüler

1.  Tonband statt Schulheft (für Berichte)

2.  Schreibmaschine (Computer)

3.  „Report“ für den Unterricht (Tonkassette/Video)

4.  Computer in der Schule

5.  Computer zuhause

Schulpflicht: ein Experiment

Kapitelchen 4:
INTEGRATION

Was ist Integration?

Fallbeispiel Peter

Die Überkreuz-Grund-Übung

Weitere Überkreuz-Übungen

Die liegende Acht

Der Derwisch

Der „Diamond-Twist“

Kinder lieben Abwechslung!

Musik und gleichzeitiges Lernen

Musik und Lernen sind zu empfehlen, wenn…

1.  Musik mit einem klaren Rhythmus

2.  Musik, die eher von der Melodie lebt

Kompromisse, Kompromisse…

Kapitelchen 5:
GEHIRN-GERECHT SPIELEN = LERNEN

Richtig spielen = leicht lernen

Eigenkontrolle führt zu Sicherheit

Gehirn-gerechtes Lernen

Trick 1: Eine kleine Story, die manchem ein Rätsel ist

Die Lehre aus der Geschichte

Trick 2: Das Ergebnis an den Fingern ablesen

Viele weitere Tricks: Zaubern mit Zahlen

Ein Zahlentrick als Fallbeispiel

Wenn Sie ein schlaues Buch benutzen

Besonders geeignet sind…

Kapitelchen 6:
ERSTE ECHTE LERNSPIELE

Basteln der Spielziffern

Rechenspiele für das Vorschul-Alter

Spiel Nr. 1: Welche Farbe hat die Drei?

Variation: Klopf, Klopf

Spiel Nr. 2: Blindekuh, aber anders

Spiel Nr. 3: Ziffem-Domino

Variationen: Farben-Domino u.s.w.

Spiel Nr. 4: Ziffem-Malspiele

Variationen

Erste Sprach-Spiele für das Vorschul-Alter

Sprachspiel Nr. 1: Ich sehe was, was du nicht siehst

Sprachspiel Nr. 2: Geschichten-Training

Sprachspiel Nr. 3: Das Teekessel-Spiel

Andere Spiel-Ansätze

Tastsinn-Schulung

Suchen und Finden

Handelsübliche (Kinder-)Spiele

Die Welt ist der Spielplatz

Kapitelchen 7:
SPIELE für Kinder von 6 bis 99 Jahren!

Spielidee Nr. 1: Die „bösen Sieben“

Spielidee Nr. 2: Wort-Spiele

Spielidee Nr. 3: Mein Freund Willi

Drei einfache Variationen

Weiterführende Variationen

Spielidee Nr. 4: Länder-Puzzle

Variation

Spielidee Nr. 5: Memory

Variationen

Spielidee Nr. 6: Quartett

Spielidee Nr. 7: Mensch-ärgere-dich-nicht

Spezielle Spiele zum Lernen

Spielidee Nr. 8: Unter der Bettdecke…

Bitte beachten Sie

Spielidee Nr. 9: Das Wissens-Quiz

Variante

Spielidee Nr. 10: Das Lese-Spiel nach Maria MONTESSORI

Variante

Spielidee Nr. 11: Das Schreib-Spiel nach Maria MONTESSORI

Spielidee Nr. 12: Zahlen-Poker nach Kathy MINGL

Kapitelchen 8:
FRAGE-SPIELE

Grundregel für alle Fragespiele

1.  Eine Kategorie erraten

2.  Eine Geschichte erraten

1.  Apfelkuchen-Spiel: Der Mann im Aufzug Hilfestellungen

2.  Apfelkuchen-Spiel: John und Mary

3.  Apfelkuchen-Spiel: Drama in der Sonne

Zum Abschluß

Anhang:
Vorbemerkung

MERKBLATT 1: Jungen & Mädchen SIND verschieden!

MERKBLATT 2: Lernbare Intelligenz?

MERKBLATT 3: Drei erste Fallbeispiele für Nummem-Zeichen-Spiele

MERKBLATT 4: Zusatz-Informationen und Adressen

Nachwort

Literaturverzeichnis

Stichwortverzeichnis

Vorwort zur 16. Auflage

Jede neue Auflage freut den Autor. Aber es ist mir diesmal ein besonderes Vergnügen, sagen zu können, daß ich so manches bereits seit den frühen Achtziger Jahren „predige“, was man jetzt, NACH PISA 2002, herausgefunden hat. Sowohl die Schulen der Siegerländer (wie Finnland) als auch einige wenige Modellversuche in Deutschland (wie VON HENTINGS „Laborschule“ in Bielefeld) haben eindeutig erwiesen, daß neue Ansätze wesentlich erfolgreicher sind. Dies bedeutet nicht nur, daß Kinder hervorragend lernen könnten, sondern hat auch massive Auswirkungen auf ihr Selbstwertgefühl! Die Tatsache, daß ca. ein Drittel aller Deutschen durch Schule TRAUMATISIERT wird, heißt ja nicht, daß den Betroffenen tagtäglich furchtbare Dinge passieren, z.B. daß sie von Lehrkräften „sarkastisch angemacht“ oder von MitschülerInnen gequält werden. Sondern es bedeutet: Abertausende von Kindern zittern täglich, daß ihnen heute wieder „so etwas“ widerfahren könnte! Wir alle kennen Kinder, die nicht über den Bock springen konnten, die beim Bilden von Teams zuletzt mutterseelenallein dastanden (weil niemand sie ausgewählt hat) oder Kinder, die von MitschülerInnen oder gar Lehrerinnen ausgelacht wurden, weil sie irgend etwas nicht konnten. Den wenigsten Menschen ist klar, wie nachhaltend das alle Lernversuche für den Rest des Lebens vergällen kann, so daß die Folgen weit über die Schul-Zeit hinausreichen. Da wir aber bereits im Informations-Zeitalter leben, das sich derzeit zum Wissens-Zeitalter wandelt, werden nur Menschen, die zu lebenslangem (freudigem! und erfolgreichem) Lernen fähig sind, zukunftstauglich sein. Wir entscheiden heute das Schicksal der nachfolgenden Generation. Menschen, die uns anvertraut wurden, für die wir Verantwortung tragen.

Als „einsamer Rufer“ in der Wüste wurde ich oft von Lehrkräften angegriffen. Aber ich habe die Ergebnisse dieser PISA-Studie lange vorausgesagt und Wege aus der Misere aufgezeigt, beginnend vor einem Viertel-Jahrhundert mit dem alten „Stroh im Kopf?“, das anläßlich der 36. Auflage zum dritten Mal völlig „runderneuert“ wurde (derzeit, nach einer halben Million verkaufter Exemplare, in der 40. Auflage). Aber auch im vorliegenden „Stichwort Schule – TROTZ SCHULE LERNEN“ mußte ich das alte Schul-Paradigma kräftig angreifen. Später folgte „Sprachenlernen leicht gemacht“: Bei der Birkenbihl-Methode ist übrigens Vokabel-Pauken, also das größte Lern-Hindernis, verboten!

Neben Sprachen verzweifeln die meisten an der Mathematik. Deshalb erschien vor einigen Jahren (nach 10-jähriger Entwicklungsarbeit) mein Video-Vortrag „ Gehirn-gerechtes Rechen-Training – die vier Grund-Rechenarten“ (dem sich in diesem Sommer ein CD-Rom-Programm zugesellte). Hier stellte ich meinen Ballim-Tor-Effekt zum erstenmal vor. Es handelt sich um eine der wichtigsten Erkenntnisse aus der Gehirn-Forschung: Unser neurologisches Rüstzeug ist physiologisch ausschließlich auf sofortige Rückkoppelung angelegt. Denken Sie an ein Hündchen, das wir trainieren wollen. Wir müssen immer unmittelbar reagieren, NICHT Stunden später. Das weiß jeder, aber bei Menschen vergessen wir es. Beobachten Sie z.B. ein Kind, wenn es lernt, den Fußball ins Tor zu schießen. Es sieht sofort, ob der Ball im Tor ist, und kann im Zweifelsfall unmittelbar korrigieren. Der Lernprozeß ist AUTONOM, macht Spaß und geht zügig voran. Deshalb gehen die Kinder lieber zum Sport-Training als in die Mathe-Stunde. Hier werden sie in der Regel erst viel zu spät erfahren, ob die Lösungen stimmen. Dies ist für Lern-Erfolge fatal, insbesondere, bevor man die vier Grundrechenarten beherrscht. Da sagen die Lehrerinnen im Seminar immer, dafür seien doch die „Proben“ da, aber denken Sie mit: Ein Kind, das zum ersten Mal multiplizieren lernt, kann ja noch nicht mit der Division gegenchecken (die Probe machen), die wird es ja erst später lernen. Das ist, als schössen wir den Ball durch einen VORHANG INS TOR und könnten NICHT SEHEN, ob er „drin“ ist, oder nicht. Verloren sind Lernfreude, Autonomie und Erfolgs-Erlebnisse. Am nächsten Morgen in der Schule ist es völlig uninteressant, ob die gestern gerechneten Aufgaben stimmen! Anders ausgedrückt: Der Zeitpunkt, da man länger auf solche Informationen warten kann, liegt in der Zukunft, wenn man bereits einiges kann. Nicht, wenn man die ersten Geh-Versuche macht. Nicht, wenn das Gehirn auf sofortige Rückoppelungs-Schleifen programmiert ist und solche Informationen über die eigene Leistung 20 Minuten später genauso wenig verarbeiten kann, wie 20 Stunden zu spät!

Deshalb entwickelte ich ein Vorgehen, das aus (einfachsten) Mathe-Aufgaben regelrechte Zaubertricks macht (denn der Zauberer muß vorher wissen, was am Ende „rauskommt“!). Damit erreichen wir, daß wir beim Hinschreiben bereits wissen, ob die Lösung stimmt (ob der Ball im Tor ist). Einen Vorläufer dieser Technik finden Sie bereits in diesem Buch (S.74ff.). Ebenso spannend sind Mathe-Spielchen wie zum Beispiel die Tatsache, daß wir das Ergebnis jeder einstelligen Neuner-Multiplikation an den zehn Fingern „ablesen“ können (vgl. S.78ff.). Ich weiß aus vielen Feedbacks von SeminarteilnehmerInnen und Leserinnen, wie sehr solche kleinen Spielchen und Tricks im vorliegenden Buch das tägliche Leben mit (jüngeren) Kindern erleichtern können. Deshalb habe ich diesen Weg kontinuierlich ausgebaut und die Ergebnisse in dem Video-Vortrag (und in der CD-Rom) zum Rechen-Training vorgestellt.

Aber die Entwicklung ging ja weiter, insbesondere für kleine und größere Lernende, deshalb schrieb ich zwei weitere Bücher, die im Jahr 1 (nach PISA) erschienen: Erstens „Das große Analograffiti-Buch“ (es zeigt, wie wir mit einem Stift in der Hand analog denken, mal mit Worten, mal mit Bildchen). Diese Denk-Techniken machen Führungskräfte und andere Erwachsene intelligenter und kreativer. Sie sind leicht zu lernen (einige Minuten!), wobei das Buch in den ersten drei Kapiteln ein komplettes Seminar mit Übungs-Zyklus enthält; der Rest ist modular und kann nach Lust und Laune gelesen werden. Mit diesen Techniken können wir unsere unbewußten „Wissens-Schätze“ anzapfen (wir alle tragen eine Enzyklopädie mit uns herum), aber die Natur hat es so eingerichtet, daß uns nur jene Gedanken zur Verfügung stehen, die wir regelmäßig abrufen. Deshalb stellt eine schnelle spontane ABC-Liste eine INVENTUR dar (was denke ich? was weiß ich?) während die 10. oder 15. Liste zum selben Thema (statt sturem Pauken) vorhandenes Wissen aktiviert, so daß es bald „griffbereit“ sein wird. Das Feedback-Kapitel im großen Analograffiti-Buch zeigt, wie wir im normalen beruflichen und privaten Alltag mit diesen Techniken erfolgreicher denken können. Aber inzwischen haben Eltern und einige Lehrkräfte angefangen, diese Techniken mit SchülerInnen einzusetzen und feiern großartige Erfolge.

Man kann z.B. ein Thema mit einer „einfachen“ ABC-Liste oder einem Wort-Bild (einem KaWa) einleiten, indem die SchülerInnen am Anfang eines neuen Themas in Kleingruppen die Köpfe zusammenstecken und eine solche Liste erarbeiten (Dauer 90 Sekunden). Diese heftet man dann an die Wand, so daß die SchülerInnen durch Herumlaufen und Lesen ihr Ergebnis mit den Listen anderer vergleichen können (3 Minuten). Dabei sind die SchülerInnen geistig und körperlich in BEWEGUNG. Dies bereitet den fruchtbaren Boden für den nachfolgenden Unterricht, denn jetzt interessiert es sie, was die Lehrkraft anzubieten hat. Diese Variante der „analografischen“ Denk-Technik habe ich in dem zweiten neuen Buch in diesem Jahr (Titel: „Das innere Archiv“) vorgestellt (im „Lehrer-Modul“), während ich in einem weiteren Modul über neueste Forschungs-Ansätze berichte. Daraus geht z.B. hervor, wie notwendig auch körperliche Bewegung zum Lernen ist. Dies aber greift „olle Kamellen“ an (man muß ja angeblich stillsitzen, um gut zu lernen). Deshalb war es ja in gewissen Kreise Mode, mich als „Spinnerin“ zu bezeichnen. Darum ist es mir ein besonderes seelisches Freibier, heute festzustellen, daß Dinge, die ich seit langem verkünde, inzwischen an Modellschulen „bestens laufen“. Wer es wissenschaftlich möchte, kann in meinem „inneren Archiv“ (im Modul über neue Forschungsarbeiten) nachlesen, was durch bahnbrechende Experimente einer Harvard-Professorin (Ellen J. LANGER) nachgewiesen wurde!

Ein anderer Punkt, mit dem ich im vorliegenden Buch seit einer Generation so manche Lehrkräfte und Eltern „gegen den Strich gebürstet“ habe, ist die Tatsache, daß Kinder besser von anderen Kindern lernen als von Erwachsenen (vgl. S. 45: Kinder lehren Kinder). Die Entwicklung hat dies bestätigt: Die Berichterstattung nach PISA hält eindeutig fest, daß an gut funktionierenden Schulen (nicht nur in Finnland) Kinder regelmäßig über die Altersgrenzen hinaus miteinander kommunizieren, so daß die kleineren systematisch von den größeren lernen. Dabei profitieren natürlich beide. Schon die alten Römer wußten: Durch Lehren lernen wir! Es ist hirnrissig anzunehmen, alle Kinder könnten zum selben Zeitpunkt (d.h. im selben Alter) dasselbe lernen. Betrachten Sie sich Ihre Mitmenschen: Jeder hat ein anderes Gesicht, keine zwei gleichen einander. Wieso nehmen wir trotzdem an, die Gehirne hinter diesen unterschiedlichen Gesichtem wären alle identisch? Inzwischen wissen wir, daß das nicht funktioniert, aber noch immer haben die wenigsten Kinder eine Chance, die Reihenfolge, in der sie das Lernpensum schaffen müssen, selber festzulegen (einer der Faktoren, die wir an den erfolgreichen Schulen seit Montessori vorfinden!).

Dieses Büchlein ist „alt“, insofern, als ich es bereits vor einer Generation schrieb. Es ist aber auch ganz modern, weil es sich inzwischen herumgesprochen hat, daß die hier vorgestellten Ansätze erfolgreicher sind, als das, was wir mit unseren Kindern bisher in den meisten Schulen veranstalten. Allerdings möchte ich diese 16. Auflage zum Anlaß nehmen, eine Korrektur und zwei Ergänzungen einzubringen:

1. Die Korrektur: Jedesmal, wenn auf die beiden Gehim-Hemisphären (oder Herr Links und Frau Rechts) hingewiesen wird, müssen wir uns klar sein, daß es sich dabei um veraltete Gehirnforschungs-Ergebnisse handelt, die wir inzwischen als Metapher sehen müssen: als Denk-Bild, insbesondere bezüglich weiblicher Wesen. Darauf bezieht sich die erste der beiden Ergänzungen dieser 16. Auflage:

2. Ergänzungen: (2a) Jungen und Mädchen sind verschieden! Daher denken und lernen sie verschieden. Aber solange man solche Aussagen für politisch inkorrekt hält, wird man beiden weiterhin Unrecht tun und sie in ihrer Entwicklung behindern. (In Merkblatt 1, S. 136, finden Sie einige erste Gedanken hierzu (plus Literatur-Tips).

(2b) Lernbare Intelligenz (Merkblatt Nr. 2, S. 147) stellt eine bahnbrechende Idee des Harvard-Professors Dave PERKINS dar. Es gibt nämlich drei „Rädchen“ unserer Intelligenz, und an zweien davon können wir „drehen“, d.h. selbstverantwortlich daran arbeiten, unsere Intelligenz zu erhöhen.

Ich wünsche Ihnen, daß dieses Büchlein Ihnen helfen mögen, neuere Post-Pisa-Ansätze an Schulen zu unterstützen, oder, wie bisher, daß Ihre Kinder wenn schon nicht wegen, dann wenigstens TROTZ Schule, besser lernen können (vgl. auch Nachwort, S. 158).

Vera F. Birkenbihl

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Kapitelchen 1:
DAS KIND ZUHAUSE

Nur wer die natürlichen Lerntechniken kennt, die alle Kinder zunächst intuitiv und höchst erfolgreich einsetzen, kann Kindern helfen, diese optimale Vorgehensweise entweder von Anfang an beibehalten zu dürfen oder aber sie freudig wieder zu entdecken und neu zu entwickeln! Leider ist dies nicht die Regel in normalen Elternhäusern und normalen Schulen. Es gibt zu viele Bestrebungen, Kinder nach einer Vorstellung zu (ver-)formen, die für die Entwicklung des Kindes höchst gefährlich ist. Damit aber entstehen Probleme, die bereits vor Jahrzehnten von Maria MONTESSORI erkannt und beschrieben worden waren. Es beginnt damit, daß man Kinder „wie Kinder“ behandelt, das heißt wie dumme und unfähige Wesen, denen man jede wichtige Tätigkeit abnehmen oder erleichtern müsse. Dabei werden jedoch die enormen Fähigkeiten der kleinen Wesen „abgewürgt“. Hier ein Zitat aus einem der Bücher von Maria MONTESSORI, das ich allen Eltern und Erziehern als Pflichtlektüre empfehlen möchte. Es heißt Kinder sind anders; hierin sagt die Autorin auf Seite 274/75:

Das Kind … will seine Aufgabe vollkommen und selbständig ausführen … Der Erwachsene … hindert (es) am Arbeiten… (Er) nimmt dem Kind jede Tätigkeit ab, weil er ganz im Banne seiner eigenen Arbeitsgesetze steht, die ihm … größte Zeitersparnis vorschreiben. Als der Routiniertere wäscht er das Kind und zieht es an, trägt es auf dem Arm oder führt es im Wagen, ordnet alles, was sich in der Umgebung des Kindes befindet, und läßt nicht zu, daß sein Kind sich an diesen Arbeiten beteiligt…

Maria MONTESSORI weist verschiedentlich darauf hin, daß das Kind an die Umwelt eine grundsätzliche Forderung stellt (die jedoch häufig nicht berücksichtigt wird), und die lautet:

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Sie kennen den „normalen“ Ablauf: Eine Mutter will mit dem Kind einkaufen gehen. Sie sagt: „Komm her, Mutti zieht dir den Mantel an…“ Das Kind, das in der letzten Woche im Kindergarten gelernt hat, Knöpfe auf- und zuzumachen, möchte seine neue Fähigkeit anwenden (ja sogar zur Schau stellen): „Mutti, die Knöpfe kann ich aber schon alleine…“ Was sagt die „normale“ Mutter? „Ja, ja, mein Kind…“, und schon hat sie die Knöpfe effizient und schnell zugemacht! Was glauben Sie, wird das Kind eher überzeugen: die Worte (du kannst das) oder die Tat (ich kann das aber besser/schneller/richtiger)? Merke:

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Bitte überprüfen Sie kritisch, welche Lernhemmungen vielleicht auch bei Ihnen zuhause bereits bestehen. Je freier das Kind daheim lernen darf, desto weniger Schulstreß wird es später erleben. Je weniger ein Kind daheim lernt, etwas selber tun zu dürfen, desto größer werden die schulischen Lernhemmungen zwangsläufig sein. Anders ausgedrückt: Sie geben Ihrem Kind dieses enorm wichtige Rüstzeug für die Zukunft, indem Sie ihm helfen, möglichst viel alleine zu tun. Das beginnt bei den Knöpfen und endet mit den schulischen Aufgaben noch lange nicht!

Testen Sie das Umfeld, das Sie Ihrem Kind geben. Welche Tätigkeiten darf Ihr Kind regelmäßig nicht (oder nicht alleine) ausführen, weil…

•  es Ihnen zu lange dauert bzw. weil

•  Sie glauben, das Kind werde es falsch machen?

Einige Minuten Nachdenkens sollten in den nächsten Tagen durch genaue Beobachtungen ergänzt werden. Bitte stellen Sie fest, wie oft Sie vorschnell eingreifen, wenn das Kind selbständig etwas unternimmt. Beobachten Sie, wie eilig Sie dem Kind etwas aus der Hand nehmen, wie regelmäßig Sie ihm Arbeiten „ersparen“ wollen, die es gerne selber lernen würde!

Falls Sie denken, daß (kleine) Kinder doch tatsächlich viel kaputtmachen und daß deshalb eine Knebelung seitens der Erwachsenen durchaus berechtigt ist, möchte ich Ihnen einen Vorschlag machen: Lesen Sie Maria MONTESSORIs ausgezeichnetes Buch Kinder sind anders! Ich bin sicher, daß Sie dann einige „normale“ Einstellungen typischer Eltern in Frage stellen werden! Wetten, daß…?

Wollen wir uns jetzt einige der Gründe dafür ansehen, warum Kinder so lange brillant hinzulernen, wie sie in ihrer Entwicklung nicht gehemmt werden.

Lernen tritt automatisch ein

Zunächst lernt jedes Kind eine Vielzahl von Fähigkeiten, ohne daß diese ausdrücklich „gelehrt“ werden. So lernt es zum Beispiel, und zwar in der Regel ohne Lernhemmungen:

•  sitzen, krabbeln, laufen (sich bewegen)

•  Gegenstände festhalten/manipulieren (an-, erfassen, be-greifen)

•  sich zurechtfinden (Wohnung, Umgebung)

•  zahlreiche Spiele (= Training)

•  seine Muttersprache

Wenn Laufen und Sprechen Schulfächer wären, hätten wir mit Sicherheit Abertausende von lauf- und sprechbehinderten Mitmenschen (analog den durch Schreib- und Leseprobleme behinderten Kindern in unseren Schulen). Allerdings sollte man nicht vergessen, daß die meisten Erwachsenen, die unser Schulsystem angeblich „erfolgreich“ durchlaufen haben, weder flüssig lesen noch fehlerfrei schreiben, noch sich mündlich frei ausdrücken (z.B. eine kleine Rede halten) können! Dabei wollen wir korrekte Grammatik, einen guten Stil oder eine differenzierte Wortwahl gar nicht erwähnen.

Gierde;