Cover
Cover

Für meine Eltern Jenny & David, die mich auf diese Reise geschickt haben

Cover

001.jpg

(1) Die Eiserne Thurbrücke. Mitte der 1860er-Jahre hatte die Schweiz ein Schienennetz von 650 Kilometern, heute sind es 5000 Kilometer.

VORWORT

Mit Veränderungen ist das so eine Sache. Häufig geschehen sie unbemerkt, aber ebenso oft springen sie einem unvermittelt ins Auge, wenn man es am wenigsten erwartet. Und am schwierigsten ist es, genügend Abstand zu gewinnen, um Ereignisse im Rückblick zu bewerten. Zum Glück reicht uns das Schicksal manchmal eine helfende Hand und gewährt uns Einblick in eine andere Welt oder eine andere Epoche. In meinem Fall griff das Schicksal in Form eines längst vergessenen Reisetagebuchs ein, auf das in manchen englischen Reiseführern über die Schweiz in einer Randbemerkung oder einer Fußnote verwiesen wurde.

Ebendort entdeckte ich vor vier Jahren bei einer Recherche zu meinem ersten Buch dieses Tagebuch. Mittels Internet gelang es mir recht schnell, ausgerechnet in einem Amsterdamer Antiquariat ein Exemplar aufzutreiben. Es kostete mich nur ein paar Tage und ein paar Euro, bis ein Päckchen in meinem Briefkasten lag: ein kleines gebundenes Buch mit 126 Seiten, auf dem himmelblauen Schutzumschlag mehrere Edelweiß. Das war natürlich nicht das Original, die Ausgabe wurde vor fünfzig Jahren zum 100. Jahrestag einer bahnbrechenden Reise neu aufgelegt – einer Reise, die ein Land veränderte und der Welt eine neue Form der Freizeitbeschäftigung bescherte. Dabei überquerten Frauen in Krinolinen Gletscher, Züge fuhren zwar langsam, waren aber eine aufregende Neuerung, und beim Anblick der Landschaft verschlug es der Autorin fast die Sprache.

In einem Moment von Erleuchtung oder Wahnsinn (oder einer Mischung aus beidem) beschloss ich, in die Fußstapfen der Autorin zu treten. Von einer Frau geführt, die bereits seit über hundert Jahren tot war, würde ich durch Europa reisen und versuchen, es mit ihren Augen zu sehen. Trotz allem, was uns trennte, hoffte ich, unterwegs näher mit ihr bekannt zu werden. Sie war auf der Suche nach einem Abenteuer aufgebrochen; meine Suche galt ihr. Mit ihrem Tagebuch in der Hand konnte ich ihrer Beschreibung folgen, aber ich wollte an den Orten, die wir beide aufsuchten, auch Spuren von ihr finden. Dabei ging es mir nicht nur um den Beweis, dass sie tatsächlich vor mir dort gewesen war; ich wollte eine Verbindung zwischen ihrer und meiner Reise herstellen, die Brücke zwischen dem damaligen und dem heutigen Tourismus schlagen – eine Brücke zwischen uns beiden.

Und natürlich wollte ich sehen, wie viel sich tatsächlich verändert hatte, seit sie diese Reise unternahm – nicht nur offensichtliche Fakten wie Abfahrtszeiten, sondern auch Dinge, über die man normalerweise nicht nachdenkt. Würde ich nun nach all den Jahren als Reiseschriftsteller erfahren, was das Reisen für diese Pioniere des Pauschaltourismus bedeutete? Würde ich nach all meinen Erfahrungen als Tourist etwas über die Anfänge des Tourismus lernen? Und würde ich nach vielen Jahren als Brite in der Schweiz dahinterkommen, welchen Beitrag meine Landsleute zur Veränderung dieses Landes geleistet hatten? War die Schweiz damals wirklich so anders? Nun, ich würde es bald wissen.

Diese Fahrt veränderte die Welt des Reisens.

Diese Tour war der Startschuss für den Massentourismus.

Diese Invasion schuf die moderne Schweiz.

Diese Reise musste ich einfach machen.

Also brach ich auf.

PROLOG: EIN VERGESSENES TAGEBUCH

Man fand sie nach dem Zweiten Weltkrieg zwischen Trüm- mern im Londoner East End: zwei große, in abgewetztes rotes Leder gebundene Bücher in einer verbeulten Blechbüchse, die dank des stabilen Behältnisses die deutschen Luftangriffe unbeschadet überstanden hatten. Selbst dann wären sie beinahe noch verloren gegangen, achtlos beiseitegeschoben mit all dem anderen Schutt, der von den nächtlichen Bombardierungen zurückgeblieben war. Zum Glück entdeckte sie jemand, bevor sie für immer verschwanden.

Zusammen bilden die beiden Bände ein komplettes Tagebuch, den Bericht einer Reise quer durch Europa, die vor vielen Jahrzehnten stattgefunden hat. Es ist mit der Hand geschrieben, in einer hinreißenden schrägen Schrift, die herrlich altmodisch und dennoch gut lesbar ist. Hin und wieder ist der Text von mit der Feder gezeichnetem Blattwerk umrankt. Häufiger noch sind verblichene Schwarz-Weiß-Bilder und kolorierte Postkarten eingeklebt, sodass es nicht nur ein Tagebuch, sondern auch ein Sammelalbum ist. Allerdings liefert es kaum Informationen über die Verfasserin selbst, man erfährt nicht einmal ihren Nachnamen oder wie es dazu kam, dass die Bände achtzig Jahre später in den Trümmern eines ausgebombten Hauses lagen. Ihr Reiseziel wiederum klang nach einer echten Herausforderung für jede viktorianische Lady:

Wir kamen in Weggis an, und wäre jeder Mann, jeder Junge und jeder Maultiertreiber, der sich auf uns gestürzt hatte, eine Wespe und jedes Wort ein Stich gewesen, unsere sterblichen Überreste wären in Weggis geblieben. Diese Aufdringlichen fielen buchstäblich über uns her, verfolgten uns auf Schritt und Tritt und tänzelten um uns herum.

Nach diesen »Wespen« traf sie auf »Parasiten« und »Scheusale mit Kropf« – nichts davon hat man spontan vor Augen, wenn man an die Schweiz denkt. Ja, die Schweiz, heute eines der reichsten, gesündesten Länder der Welt. Ihre Reise führte die Dame drei Wochen lang durch die Alpen, genauer gesagt schildert sie in ihrem Tagebuch Thomas Cook’s First Conducted Tour of Switzerland, seine erste Gesellschaftsreise in die Schweiz. Wobei die Schweiz damals nicht das Land war, als das wir es kennen. Für die heutige Schweiz sind Züge, Schokolade und Geld so typisch, dass sie als Kürzel für das ganze Land dienen. Und diese Klischees basieren auf Fakten. Die Schweizer sind Weltmeister in allen drei Bereichen – pro Kopf fahren sie mehr Zug, essen mehr Schokolade und horten mehr Gold als die Bevölkerung jedes anderen Landes.

Doch vor 150 Jahren hätte keiner dieser Begriffe das Bild von Heidis Heimatland heraufbeschworen, denn nichts davon existierte in der uns heute bekannten Form (am wenigsten Heidi, die erst 1880 auf der Bildfläche erschien). Die Schweiz freundete sich erst spät mit der Vorstellung von einem Eisenbahnnetz an, weshalb damals erst 650 Kilometer in Betrieb waren, ein Klacks im Vergleich zu den heutigen 5000 Kilometern. Die Milchschokolade, das Geschenk der Schweiz an die Naschkatzen der Welt, entstand erst 1875. Und was das Geld angeht, so war das ziemlich knapp bei einem Volk, das größtenteils von der Landwirtschaft lebte und dessen Angehörige nicht selten auf der Suche nach einem besseren Leben ihre Heimat verließen. Vor anderthalb Jahrhunderten sah es in der Schweiz ganz anders aus, in weiten Teilen litt die Landbevölkerung bittere Not, und der durchschnittliche Tageslohn eines Fabrikarbeiters entsprach dem Preis eines Frühstücks in einem normalen Touristenhotel. Ein englischer Reiseführer aus dieser Zeit gab seinen Lesern folgenden Ratschlag:

Ein Sou oder eine andere kleine Münze reicht für das Heer der Bettler, das einen bedrängt. Machen Sie es sich zur Regel, nie ohne ein paar kleine Münzen aus dem Haus zu gehen, aber verteilen Sie diese niemals verschwenderisch.

Für britische Besucher, die aus ihren Städten durchaus Slums und Oliver-Twist-Bengel kannten, passte das nicht so recht zum gängigen romantischen Bild von der Schweiz, die ein fernes, wenngleich nicht unbekanntes Territorium war. Bereits seit Jahrzehnten bezauberten die Alpen Schriftsteller, Maler und Bergsteiger, und sie alle trugen dazu bei, die Bergwelt, bislang nur ein einschüchterndes Hindernis im Herzen Europas, in das Naturwunder des 19. Jahrhunderts zu verwandeln, wenngleich mit leicht wildem und gefährlichem Anstrich. Dennoch war die Schweiz keineswegs von Touristen überlaufen, denn eine Reise durch Europa war noch immer den Reichen und Sorglosen vorbehalten, also jenen, die sowohl Zeit als auch Geld hatten. Während folglich Byron, Turner, Dickens und Wordsworth ausgedehnte, inspirierende Reisen in die Schweiz unternommen hatten, stand dergleichen bei den meisten Briten nicht auf dem Wunschzettel, einfach weil es viel zu weit und zu teuer gewesen wäre. Die Alpenrepublik bildete das Äquivalent zum europäischen Adel: blendend, wunderschön und faszinierend, aber für das normale Volk unerschwinglich und deshalb nur von ferne zu bestaunen. All das änderte sich im Jahr 1863, dank des englischen Mittelstands und seiner Gier nach Abenteuern.

Diese Besucher, Bankiers und Rechtsanwälte, halfen dabei, die Schweiz zu revolutionieren. Ihre friedliche Invasion sorgte für die finanziellen Mittel und schuf die sozialen Voraussetzungen, um aus armen Schluckern reiche Leute zu machen. Durch den Tourismus wurde die Schweiz das Aschenbrödel Europas. Und jedes Aschenputtel braucht eine Märchenfee oder, wie in diesem Fall, einen guten Zauberer. Diese Rolle übernahm Thomas Cook, ein Mann, der die Welt auf die entspannteste Weise veränderte, die man sich nur vorstellen kann – durch Urlaub.

Seit über 150 Jahren ist der Name Thomas Cook ein Synonym für Reise und Abenteuer. Doch bevor er eine globale Marke wurde, war er ein Mann mit einer Mission. Der baptistische Geistliche aus Derbyshire wollte, dass die Welt dem Alkohol entsagte und stattdessen reiste. Sein erster Schritt auf dem Weg zum Weltruhm war eine Zugreise, die er in die englischen Midlands organisierte, aber erst die Schweiz bescherte ihm den nötigen Erfolg, um eine ganz neuartige Tourismusbranche zu begründen. Auch wenn Thomas Cook den Trend zur Auslandsreise nicht ausgelöst hat, erhöhte er doch ihren Reiz, denn er machte sie leicht verfügbar und bot Ziele weit über Nordfrankreich hinaus an. Aus einem Rinnsal wurde ein steter Strom, der rasch zu einer Flut anschwoll, die niemals wirklich abebbte – ein Fall von »alle Mann weit fort!«

Thomas Cook machte die Schweiz erreichbar und bezahlbar. Die Eisenbahn verkürzte die Reisezeit, und die Fahrt als Gruppe reduzierte die Kosten, sodass sich der neue britische Mittelstand einen Urlaub in den Alpen leisten konnte. Cooks erste Gesellschaftsreise in die Schweiz war so erfolgreich, dass bald eine zweite folgte, dann noch eine und noch eine und noch eine – bis Besucher aus Großbritannien in der Schweiz so wenig auffielen wie braune Kühe. Und die Schweizer erkannten flink das Potenzial dieser heranrollenden Flut und wie man damit Geld machen konnte. Hotels wurden gebaut, Souvenirs erfunden und Gleise bis hoch hinauf in die Berge verlegt, alles zum Nutzen und Frommen der Besucher von der anderen Seite des Kanals. Es war eine Beziehung zum beiderseitigen Vorteil. Die Engländer konnten die Alpen komfortabel vom Zug aus betrachten, jede Nacht in einem anständigen Bett schlafen und mit einer hübschen neuen Uhr nach Hause fahren. Die Schweizer konnten Geld verdienen. Daraus wurde eine Liebesaffäre, die seit nunmehr 150 Jahren währt – und längst nicht erkaltet ist.

Trotzdem erzählt dieses Buch nicht einfach die Geschichte, wie Auslandsreisen ihre Rolle als Luxusgut verloren oder wie eine bestimmte Reise den Trend zur Ferienreise ins Ausland setzte. Es ist die Geschichte der Beziehung zwischen zwei Nationen, eine Geschichte zweier Länder, die nicht unterschiedlicher hätten sein können: hier die mächtige Monarchie, deren Reich sich rund um den Globus erstreckte, da die kleine Republik, die sich gerade erst von einem Bürgerkrieg erholte. Ohne die Schweiz wären die Briten vielleicht nie nur um des Reisens willen gereist, anstatt die Einheimischen zu bekehren oder deren Land zu erobern. Ohne die Briten hätte sich die Schweiz vielleicht nie zu einem der reichsten Länder der Welt gemausert.

Cooks erste Schweizreise war ein Motor für die Entwicklung der Schweiz, ebenso wie die Züge, die ihn dorthin brachten. Ihm ist es zu verdanken, dass an einem Freitag im Juni eine Gruppe unerschrockener britischer Reisender in Frankreich anlandete. Es ist der Eisenbahn zu verdanken, dass diese Gruppe die Schweiz binnen zwei Tagen anstatt in zwei Wochen erreichte. Und beiden, sowohl Thomas Cook als auch der Eisenbahn, ist es zu verdanken, dass sich das Reisen grundlegend veränderte. Dies war der Beginn des Massentourismus, und eine Teilnehmerin hat jedes Detail davon protokolliert.

Fast 150 Jahre vorgespult: Ich stehe an einem warmen Sommertag in Newhaven. Die Autorin des Tagebuchs weiß nichts Positives über den Ort zu berichten (»Nirgends gibt es einen trostloseren Hafen als Newhaven«), doch hier hatte Cooks Reisegruppe abgelegt. Ich hätte nach Genf fliegen und rechtzeitig zum Mittagessen in der Schweiz sein können; mit dem Eurostar über Paris wäre ich zum Abendessen eingetroffen; aber ich wollte den Spuren dieser ersten Gesellschaftsreise folgen, und das hieß: mit dem Bummelzug in die Schweiz. Es ist heute schon lange nicht mehr die leichteste Option, aber es ist die ursprüngliche.

Ich werde der Route des Tagesbuchs von London nach Luzern folgen, denselben Reiseweg nehmen und an denselben Orten Station machen (sogar, wenn möglich, in denselben Hotels). Vor mir liegen drei Wochen mit Schiff, Zug und Bus durch Frankreich und die Schweiz, in denen ich jeden Tag so verbringen werde wie die damaligen Touristen.

Da ich auch weiß, welchen Reiseführer meine viktorianische Freundin konsultierte, stecken dieser und ihr Tagebuch anstatt Handy und iPad in meiner Tasche. Vielleicht wird es sich als frustrierend erweisen, beides nicht zur Hand zu haben, aber ich möchte keinen unmittelbaren Zugriff auf Landkarten, Abfahrtspläne und Taxis. Nur die Bücher sollen mir als Leitfaden dienen, obwohl ich trotz dieser Handreichungen absolut keine Ahnung habe, was mich bei dieser modernen Version einer historischen Reise erwartet. Doch meine Reise wird ihre Reise sein – allerdings mit zwei entscheidenden Unterschieden: Kleidung und Transportmittel.

Mag sie im Reifrock über die Berge gestiefelt sein, ich werde mich nicht mit Kleidern à la Vom Winde verweht ausstaffieren. Und Züge werde ich benutzen, wann immer es geht, auch wenn sie noch nicht die Möglichkeit dazu hatte. Man muss nicht mit einem Esel einen Alpenpass überqueren, denn inzwischen gibt es einen hervorragenden Zug, der einem diese Strapaze abnimmt. Ich will diese Reise ja nicht nachstellen, sondern nachvollziehen.

Tatsächlich sind Eisenbahnen ein wesentlicher Teil des Gesamtbildes: Erst Züge machten diese erste Reise möglich, und sie sind auch heute noch integraler Bestandteil der Schweizer Landschaft, Ikonen wie die Berge, die sie bezwingen. Besucher fahren mit ihnen hinauf, um den Blick vom Gipfel zu genießen; Einheimische benutzen sie, um nach ihrer Tageswanderung wieder ins Tal zu kommen. Die Schweiz ohne Eisenbahn wäre wie Amerika ohne Autos – undenkbar.

Dies ist die Gelegenheit zu einem Zeitsprung in die Vergangenheit – um zu erleben, wie es war, Tourist zu sein, bevor der Tourismus zu einer Industrie wurde, bevor der Begriff des Touristen für manche seinen negativen Beiklang bekam. Einst zählte zu den großen Touristen, wer die Grand Tour absolvierte, aber heute wird diese Bezeichnung nurmehr abfällig gebraucht. Schon Evelyn Waugh sagte: »Der Tourist ist immer der andere«, womit er auf den Punkt bringt, welche Wahrnehmung viele Leute von sich und den anderen haben, wenn sie im Ausland sind. Im Kulturkampf zwischen Arroganz und Ignoranz beäugen sich Reisende und Touristen gegenseitig mit so viel Verachtung, dass die jeweils anderen zu Karikaturen schrumpfen.

Reisende gelten als großspurig und arrogant: Leute, die auf jeden herabsehen, der so tief sinkt, Disney World zu besuchen, statt auf einem Lkw voller Ziegen die Mongolei zu durchqueren. Sie sind besessen davon, auf der Suche nach Authentizität ausgetretene Pfade zu verlassen, aber sauer, wenn andere dasselbe tun. Touristen werden als Schafe betrachtet, die nur in Gruppen reisen und kaum je mit den Einheimischen in Kontakt treten. Sie halten sich an ihre Liste der Sehenswürdigkeiten, die sie getreulich abhaken, schauen nie weiter als ihr Kameraobjektiv und ruinieren normalerweise den Charme jedweden Ortes allein schon durch ihre Anwesenheit. Ihre Vorstellung von Wagemut endet damit, dass sie Paella als Beilage zu ihren Pommes bestellen.

Aber was passiert, wenn wir an den Punkt zurückgehen, als Reisende zu Touristen wurden – zurück in eine Zeit lange vor TripAdvisor und Reiseagenturen? Als das Besteigen eines Zugs durch Europa ein kühnes Abenteuer war und den aufgeregten Teilnehmern die Reise ihres Lebens versprach? Wenn wir dorthin fahren, wo sie hingefahren sind, besichtigen, was sie besichtigt haben, tun, was sie taten, und hören, was sie hörten? Vielleicht würde das unsere Wahrnehmung von ihnen und von uns als Touristen verändern – und von dem Mann, der all das auf den Weg gebracht hat.

Ich erzähle die Geschichte, wie Thomas Cook in jenem Sommer 1863 mit seinem unschlagbaren Konzept der Qualitätsreise zum bezahlbaren Preis die Welt verändert hat: »Wir haben keine Vorkehrungen für eine Reise dritter Klasse getroffen. Unser Ziel war es, eine Reise zweiter Klasse zum Preis der dritten anzubieten.« Es ist auch die Geschichte von dem Traum eines Mannes – meines Traums. Dank eines alten Tagebuchs kann ich in die Fußstapfen von Mr Cook und seinen Pionieren treten. Fast 150 Jahre später bin ich drauf und dran aufzudecken, wie viel die heutigen Reisenden – und die Schweizer – den Touristen jener Tage verdanken. Und erlebe dabei auch noch eine ganz persönliche Überraschung.

Eine Route, zwei Reisen – zwischen denen nicht nur 150 Jahre, sondern Welten liegen.

− 1 −

DER JUNIOR UNITED ALPINE CLUB

002.jpg

(2) Der Junior United Alpine Club: Miss Jemima ist die Dritte von links.

Es ist unser Anliegen, eine Reisegesellschaft nach Genf, Luzern und anderen bedeutenden Orten in den Alpen und in der Seenregion zu begleiten.

– Thomas Cook, The Excursionist, Juni 1863

009.jpg

(3) Titelblatt von Miss Jemimas Tagebuch