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Inhalt

1Was fliegt denn da? Oder: Wie mich das Virus der Helifliegerei befiel

1.1Ich will richtige RC-Hubschrauber fliegen! Was kommt jetzt? – Die Vorbereitung!

2Von Fachchinesisch und Wissenswertem

2.1Der Hubschrauber und seine Funktionen

2.2Die mechanischen Baugruppen und Funktionselemente des RC-Helis

2.2.1Chassis / Mechanik (Rumpf oder Zelle)

2.2.2Rotorkopf

2.2.3Rotorblätter und deren Anforderungen

2.2.4Heckrotor

2.3Elektronik

2.3.1Motorregler und Motoren

2.3.2Stromspender und Tankstellen = Akkus und Ladetechnik

2.3.3Empfänger

2.3.4Servos – Die präzisen Muskeln im System

2.3.5Fliegen mit Helferlein – Flugachsen-Stabilisierungssysteme

2.4Unabhängige Stromversorgung der Elektronik

2.4.1BEC (Voltage Regulator) / Stützakku

2.4.2»Geblitzdingst« – der Antiblitzwiderstand

2.5Notwendiges Werkzeug und äußerst hilfreiche Tools

2.5.1Schraubendreher und Zangen

2.5.2Mess- und Einstellwerkzeuge

2.5.3Sicherungsmittel für Schraubverbindungen

3Steuerfunktionen des Helikopters

3.1Gas (Throttle) – Kanal 3

3.2Pitch – kollektive Blattverstellung – Kanal 6

3.3Der Heckrotor (Ruder) – Kanal 4

3.3.1Gyro – 1. Achsenkreisel – Kanal 5 (Kreiselempfindlichkeit)

3.4Nick (Elevator) – Vorwärts und rückwärts fliegen – Kanal 2

3.5Roll (Aileron) – Helikopter auf die Seite legen – Kanal 1

4Die Fernsteuerung, das unbekannte Wesen

4.1Die Trägerfrequenzen – klassisch und aktuell von 27 MHz bis 2,4 GHz

4.2Bedienelemente / Funktionen der Fernsteuerung

4.3Mode 1 bis 4 – für jede Vorliebe etwas dabei

4.4Das Hauptmenü und seine Untermenüs

4.4.1Das System-Menü

4.4.2Das Basis-Menü

4.4.3Das Modell-Menü

4.5Notwendige Grundfunktionen

4.5.1Modelltyp

4.5.2Expo-Funktion

4.5.3Dual-Rate-Funktion (D-R)

4.6Flugzustände (FZS) programmieren

4.7Die gerade Kurve – und es gibt sie doch!

4.7.1Pitchkurve

4.7.2Gaskurve

4.8Hilfreiche Zusatzfunktionen (Stick-Belegung)

4.9Fliegen mit »Autopilot« – der Lehrer/Schüler-Betrieb

4.9.1Kabelgebunden

4.9.2»Wireless Double Action« – WiFi oder W-LAN im Flugbetrieb

5Was ich sonst noch wissen sollte!

5.1Welche gesetzlichen Voraussetzungen sind zu erfüllen?

5.2Welche »artgerechte« Umgebung brauche ich zum Fliegen?

5.3Fachmagazine und/oder Fachbücher

5.4Webseiten und Foren im Internet

5.5Wer hat schon Erfahrung und kann mir helfen?

5.6Der Modellflugverein in deiner Nähe

6Welcher Heli passt zu mir?

6.1Einsteigermodelle

6.1.1Einsteiger: Koaxial-Helikopter

6.1.2Fortgeschrittene Einsteiger: Single Rotor / Fixed Pitch

6.1.3Fortgeschrittene Einsteiger: Quadrokopter / Fixed Pitch

6.2Fortgeschrittene/Experten: Collective Pitch (CP)

6.3Heliklassen

7RC-Flugsimulatoren – Der »virtuelle Crash« oder »pixelgestützte Hilfestellung«?

7.1Simulatoren und was sie bieten

7.2Voraussetzungen und Anforderungen

7.3Erste Schritte mit dem Simulator

7.4Grundübungen mit dem Heli

7.4.1Trimmflug

7.4.2Starten und landen

7.4.3Schweben (Heckschweben)

7.4.4Rechteck fliegen

7.4.5Drehen

7.4.6»Schweben Reloaded«

7.4.7Kurvenflüge

7.4.8Kreise fliegen

7.4.9Liegende 8 fliegen

7.4.10Rundflug

7.4.11Fortgeschrittene Übungen mit dem Heli

7.4.12Nasenschweben

7.5Die ersten Kunstflugfiguren

7.5.1Die Pirouette

7.5.2Der Turn

7.5.3Inverted – Leg ihn auf den Rücken

7.5.4Die Rolle

7.5.5Der Flip (vorwärts)

7.5.6Der Looping

7.6Die Vor- und Nachteile des Simulators

8Die Entscheidung für das richtige Modell, die Fernsteuerung und die Komponenten

8.1Fliegen mit Stützrädern – das Trainingsgestell

8.2Telemetrie – Spielerei oder nützliche Datenübertragung?

8.3First Person View – passiver und aktiver Kameraflug als geniales Erlebnis

9Die Angebote im Internet, die Tücken und die Vorteile

10Der erste Heli ist da – und was jetzt?

10.1Auspacken (»Unboxing«)

10.2»Artgerechter« Aufbau und Einstellung

10.2.1Chassis

10.2.2Hauptrotorkopf

10.2.3Heckrotor

10.2.4Rotorblätter wuchten

10.2.5Elektronik und Verkabelung

10.2.6Zahnflankenspiel einstellen

10.2.7Mechanische Einstellung – von den Servos bis zum Rotorkopf

10.2.8Programmieren eines Flugzustandes mit Pitch- und Gaskurve (Schweben)

10.2.9Schwerpunkt einstellen

10.2.10Blattspurlauf einstellen

10.3Worauf solltest du beim Erstflug/Einstellflug achten?

10.4Vorbereitung und Vorflugkontrolle

10.4.1Der Vorflugcheck – vor jedem Flug!

10.4.2Startphase

11So, alles flugfertig – die ersten Flugübungen!

11.1Ready for Take-off – die Startposition

11.2Trimmflug

11.3Starten und landen

11.4Landen und abstellen

11.5Die Pausen zwischen und nach den Flügen

12 Reparaturecke

13 Epilog/Danksagung

1Was fliegt denn da? Oder: Wie mich das Virus der Helifliegerei befiel

Bei Spaziergängen im Grünen siehst du sie immer öfter – die Spezies der Modellflieger. Diese Spezies ist sehr naturverbunden und lebt und pflegt das Hobby zu jeder Jahreszeit, solange die Akkus nicht einfrieren oder der Motor nicht den Hitzetod erleidet. Wenn du auf Modellflieger triffst, sei nicht schüchtern und sprich sie an (bitte nicht, wenn sie gerade ihr Modell steuern). In der Regel (Ausnahmen bestätigen diese) sind sie sehr umgänglich, kommen gerne ins Gespräch, fachsimpeln und berichten gerne von ihrem Hobby. Die Vielfalt der geflogenen Modelle ist mittlerweile sehr groß – von den einfachsten Modellen mit EPO/EPP-Schaum-Rümpfen (»Schaumwaffeln« – böse Zungen sagen auch »fliegendes Verpackungsmaterial«) über Modelle aus Kunststoff bis hin zu Fluggeräten aus Hightech-Werkstoffen wie glasfaserverstärktem Kunststoff/carbonfaserverstärktem Kunststoff, Titan oder Flugzeugaluminium. Angetrieben werden sie von Elektro- oder Verbrennungsmotoren oder sogar von Miniaturturbinen, die mit Kerosin betrieben werden.

Die Voraussetzungen, um Helikopter zu fliegen, sind recht einfach. Diese Modelle können schon bei wenig Wind auf der gemähten Wiese gestartet und gelandet werden (Flugzeuge brauchen dagegen eine Start-/Landebahn). Bei den Modellen ist die Vielfalt mittlerweile sehr groß und umfangreich: von kleinen, quirligen 18-g-Helikoptern mit einem Rotordurchmesser von ca. 180 mm bis hin zu der großen Klasse der 800er-Helikopter mit einem Gewicht bis 8000 g und einem Rotordurchmesser von 1780 mm, nach oben offen. Ganz zu schweigen von den großen Scale-Modellen: Originalnachbauten mit Modellturbinen und Rotordurchmessern bis zu 3,5 m und einem Gewicht bis zu 45 kg oder mehr. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.

Bei der Modellklasse 18 g (eher Spielzeug) habe ich mich seinerzeit mit dem »Virus« der Fliegerei – insbesondere der Helifliegerei – angesteckt. Im April findet in Dortmund regelmäßig die Ausstellung »Intermodellbau« statt. Jedes Jahr gibt es bei der fliegenden Zunft ein Jahresgimmick für kleines Geld und gute Laune. In besagtem Jahr waren es die winzigen Zweikanal-Hubschrauber der verschiedenen Hersteller, die um die Stände flogen und um die Gunst des Publikums buhlten. In verschiedenen Designs kreisten sie knapp über die Oberkanten der Messestände. Helikopter fliegen kam für mich bis dahin nicht in Frage, aufgrund der enormen Anforderungen an die Technik, den Piloten und nicht zuletzt an den kleinen ledernen Taschensafe.

Hier und jetzt boten die Händler diese kleinen »Wunderwerke« plötzlich für einen geringen Preis (25,- € Messepreis) an. Kurzum, ich konnte nicht widerstehen, das Geld ging über den Tisch, und kurze Zeit später war ich stolzer Besitzer meines ersten Helikopters. Ich konnte die Begeisterung auch in den Augen der anderen Käufer erkennen. Träume vom eigenen Helikopter und vom Fliegen wurden wahr. Natürlich musste ich jetzt schnell nach Hause und den Heli ausprobieren. Einen Satz Batterien hatte ich noch im Supermarkt besorgt, und dann ging es los.

Das Modell wurde ausgepackt, die Fernsteuerung mit den Energiespendern bestückt und der Heli zum »Tanken« daran angeschlossen. Während des Ladens überflog ich die Bedienungsanleitung und die Hinweise für die ersten Flüge. Ca. 10 Minuten später signalisierte mir die Fernsteuerung die erste Starterlaubnis. Der Wohnzimmertisch wurde abgeräumt, der Heli in der Mitte platziert und ein Funktionscheck gemacht – sah gut aus! Wie stand es noch in der Anleitung? »Den linken Steuerknüppel zügig nach vorne drücken!« Das habe ich auch so gemacht, und prompt hob der kleine Heli vom Tisch ab und wurde immer schneller. Die Zimmerdecke näherte sich dem Heli dramatisch schnell, und ich beschloss, spontan den Notfallplan einzuleiten – Gas weg! In diesem Moment wurde der Heli zu einem Stein – zumindest verhielt er sich wie einer, als er fiel.

»Verflixt – das kann doch nicht sein, das sah vorhin doch so einfach aus. Egal – das hat der Typ hinter dem Stand hingekriegt, das kriege ich auch hin.« Mein Ehrgeiz war geweckt. Ich überlegte, wie ich üben konnte, ohne dass es für den Heli gefährlich wurde.

Mein Dank an dieser Stelle gilt auch Melanie, meiner Partnerin. Sie zeigte ein ungeheures Verständnis und brachte immer viel Geduld für mich und mein Hobby auf, auch nachdem der Heli mal hinter dem Sofa, mal knapp neben der Vitrine landete. Selbst den spontanen Flugangriff auf den Flachbildfernseher und auf ihre Haare hat sie mir verziehen. Vielen Dank dafür.

Ich brauchte schnell einen neuen Platz zum Üben – aber wo? Draußen war es noch nicht sicher genug (Wind). Die anderen Räume waren für den »Kleinen« zu gefährlich. Alle Räume ungeeignet? Nein nicht alle – da war noch das Schlafzimmer. Und ein kurzer Kontrollblick zeigte: Das Schlafzimmer war perfekt!

Mein neues Trainingsareal war gefunden und sofort besetzt. Ab sofort hatte das Schlafzimmer eine neue Bezeichnung – »AREA 52«. Es war ideal und mit einem 2 x 2 Meter großen, gefederten Heli-Port ausgestattet – dem Bett. Es erwies sich als äußerst praktisch, hier zu üben und hier auch die einzelnen Steuerfunktionen zu testen. Zuerst habe ich nur die Drehzahl erhöht (Gas geben und wegnehmen). Hierbei kristallisierte sich heraus, dass ich, sobald der Heli sich zu schnell in Richtung Boden bewegte, mit einem kurzen Gas-Schub entgegenwirken konnte. Innerhalb der nächsten drei (bis gefühlten 20) »Tankladungen« konnte ich den kleinen Heli schon gut auf Höhe und Position halten. Jetzt kam der Moment, in dem ich auch durch den gesamten Raum fliegen und noch die anderen Steuerfunktionen einsetzen wollte. Das verlief am Anfang etwas holprig, allerdings stellte sich auch hier nach weiteren drei »Tankladungen« langsam der Erfolg ein. Und – das kannst du mir glauben – ich war danach erst einmal ziemlich geschafft, wobei sich aber ein breites Grinsen in meinem Gesicht nicht verbergen ließ.

Die nächsten Tage verhießen tolles Wetter. Für einen Modellflieger gelten andere Kriterien für gutes Wetter: Es kann durchaus bewölkt und windig sein, allerdings sollte es vorzugsweise windstill sein, und gute Sichtverhältnisse sind für den Heli meist nötig. Das hängt vom jeweiligen Modell ab. Da mein Heli mit ca. 18 g nicht unbedingt die »Macht an Masse« war, hatte er mit leichten Böen schon ganz schön zu kämpfen. Aber zurück zum tollen Wetter: Sonne, kein Wölkchen am Himmel und null Wind. Ich bin also raus auf die Terrasse, habe den »Kleinen« auf den nicht wirklich kurz gemähten Rasen gesetzt und versuchte ihn zu starten. Der Rasen war zu hoch. Kurzerhand habe ich ein Brett als Startplatz ausgelegt und wieder den Knüppel nach vorne gelegt – wow! Keine störende Zimmerdecke mehr, keine Wände, die sich unaufgefordert dem Heli näherten. Es ging einfach nur frei ab in den Himmel. Nach gefühlten 30 Metern (reell – vielleicht 5 bis 6 m) ließ sich der Heli nicht mehr steuern. Es kam, was kommen musste – die Transformation zum Stein. Der Heli sackte durch und fiel mit den gesamten 18 g zu Boden. Anmerkung der Redaktion: »Gut, dass der Rasen noch nicht gemäht war!«

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Abbildung 1.1 – Zweikanalhubschrauber der Marke Silverlit. Mit einem »2-Kanal-Zwerg« dieser Art hat alles angefangen.

Die Schadensmeldung ergab: Alles in Ordnung! Wirklich alles? Nein, aus irgendeinem Grund sprach die Fernsteuerung nicht mehr an. Kurze Zeit später war es dann klar: Wie es in der Bedienungsanleitung stand, die ich ja »gründlich« gelesen hatte, arbeitet die Steuerung mit einem Infrarot-Signal. Die Sonnenstrahlen enthalten auch Infrarot-Wellen – der Abstand zum Modell war vermutlich zu groß und es bestand keine richtige Verbindung mehr. Der Heli war bei sehr heller Sonnenstrahlung und zu großer Entfernung nur noch eingeschränkt bis gar nicht mehr steuerbar.

Jetzt wusste ich, wie ich es angehen musste: Den Heli nicht zu weit fliegen lassen, möglichst auch im Schatten bleiben. Und siehe da: Er flog, und zwar so wie ich wollte. Ich steuerte den Heli und nicht er mich.

Mein erster »fliegender Akkuschrauber«!

Jetzt war es um mich geschehen. Ich wollte mehr und machte mich auf die Suche nach neuem und größerem Gerät.

Fortsetzung folgt!

1.1Ich will richtige RC-Hubschrauber fliegen! Was kommt jetzt? – Die Vorbereitung!

Ich habe mich natürlich auch vor meinen Rechner geklemmt und in der bunten und bewegten Welt von YouTube nach Filmen zum Thema gesucht. Nachdem ich über den Suchbegriff »RC Heli« schon an Videos von begeisterten Modellfliegern gekommen war, suchte ich später gezielter nach folgenden Einträgen:

Alan Szabo Jr. / Bert Kammerer / Tareq Alsaadi / Heli Smack 3D / Align Funfly usw.

Explosive Helicopter Night Flying / Ircha 2012 / Horizon Air Meet / Timo Cürlis Nachtflug /

Hendrik Müller / Pilot Robert Sixt Nachtflug / Trex 700 / X50E / TDR /usw.

Hierzu ein Tipp: Schaut euch auch die »empfohlenen Videos« an! Dort finden sich oft Dinge, die einen zum Staunen bringen: »Wow, das sind doch nur Modellhubschrauber, wie genial ist das denn?! Die Jungs müssen beim Fliegen doch einen »Knoten« im Kopf bekommen. Wahnsinn, kopfüber die Grasnarbe mähen oder in Ameisenkniehöhe mit voller Geschwindigkeit im Rückenflug über den Platz.« Mir wurde schon vom bloßen Zuschauen schwindelig. Und das war nur auf YouTube. Ich traf später Heli-Piloten, die sich genau auf diesem »Pfad« befanden und schon sehr gut waren. Es ist auch heute noch erstaunlich für mich, was alles mit unseren Maschinen machbar ist.

Die Grenzen liegen oft nicht mehr in den Modellen, sondern nur in den Fähigkeiten der Piloten, die das Limit mit den Steuerknüppeln ausloten. Ich greife schon wieder vor, soweit sind wir noch nicht. Und es wird ein spannender Weg dahin, so viel sei gesagt.

Für mich war klar, dass ich viel mehr wollte: Größer sollte der Helikopter sein, er sollte mehr können als nur im Kreis fliegen. Im Kopf sah ich mich schon Loopings fliegen, wilde Stunts mit dem Heli ausführen, und natürlich sollte er auch eine Kamera für Videoflüge tragen können.

Hier kam mir das Internet sehr zugute. Für den Suchbegriff »RC Hubschrauber« wurden mir ca. 1.000.000 Ergebnisse angezeigt. An dieser Stelle entschied ich mich, in der bunten Welt eines bekannten Online-Auktionshauses die Suche fortzusetzen. Worauf war jetzt zu achten, was sollte es denn werden?

In der »elektronischen Bucht« wurden mir ebenfalls eine Menge Ergebnisse angezeigt, allerdings weitaus weniger als bei der Suchmaschine. Hier waren es nur ca. 10.000 Ergebnisse (in der Kategorie »Modellbau«), was mir an dieser Stelle immer noch sehr reichlich erschien.

Es wurden Hubschrauber mit 2 oder 3, mit 3,5 oder 4, ja sogar mit 6 Kanälen angeboten. Das Angebot war umfangreich und fast unüberschaubar, mein Wissen aber, um den richtigen Helikopter auszusuchen, war gleich null.

Also benutzte ich das Ausschlussverfahren: zwei Kanäle hatte ich ja schon, es sollten auf jeden Fall mehr werden. Und größer sollte der »Neue« sein. Sechs Kanäle erschienen zum Einstieg zu viel. Ich entschied mich für ein Modell aus der »elektronischen Bucht«. Wie sich später herausstellte, eine einfache Kopie eines Markenhelikopters. Das Produktvideo war sehr gut, es sah alles sehr einfach in der Bedienung aus, und der Helikopter hatte ja auch »nur« vier Kanäle. Der Heli hatte eine Fernsteuerung im Mode 2! Was auch immer das war, ich würde es herausfinden. Das Demovideo war so voller Leichtigkeit, der Heli wurde so einfach vorgeflogen, ich konnte einfach nicht anders. Außerdem stand in der Verkaufsanzeige: »Der Heli ist schon ab Werk richtig eingestellt und eingeflogen«. Was sollte denn jetzt noch schiefgehen?! Vier Kanäle müssten doch auf jeden Fall einfacher zu bändigen sein als sechs Kanäle, so meine Vorstellung – bis zum Erstflug.

Den Bestellbutton hatte ich angeklickt, bezahlt und dann konnte ich die Lieferzeit kaum abwarten. Fünf Tage später traf das »Objekt der Begierde« ein.

Es war wie in meinen Kindertagen: Da war diese große Ungeduld, und ich hatte den unbedingten Willen, dieses Gerät jetzt in die Luft zu kriegen. Das Modell hatte ich schnell aus der Schachtel genommen, den Akku mit dem beiliegenden Ladegerät aufgeladen und Batterien in die gut in der Hand liegende Fernsteuerung eingesetzt.

Auf den Rotorblättern waren noch Aufkleber mit der Aufschrift »Nicht entfernen«. Ich fand die Dinger potthässlich, und schon war der erste weg, dann der zweite auch.

Mittlerweile war der Akku geladen und zum ersten Flug unter den Heli gesetzt. Der erste Flug in der Wohnung: Rotordurchmesser 38 cm – Mann, was macht der für einen Wind! Der Heli fuhr die Drehzahl passend zu meinen Vorgaben hoch, und fing an sich leicht zu »schütteln«. Er stand noch auf dem Boden, wurde aber nach einem weiteren Bewegen des Gashebels »leichtfüßig« und rutschte auf dem Boden hin und her. Ok, so einen »großen« Helikopter zwischen Couch und Sessel zu starten ist suboptimal, was aber sicher war: Er funktionierte.

Ca. eine Stunde später fand ich mich mit meiner neuen »Ausrüstung« auf dem Sportplatz (ein Ascheplatz) der lokalen Fußballmannschaft wieder. Nicht die beste Wahl, wie du später noch lesen kannst (1. Staub, 2. Nutzungserlaubnis). Eine große Fläche ohne Hindernisse, optimale Wetterbedingungen – null Wind, perfekt für einen ersten Testflug. Ich konnte ja schon einen Heli steuern, was sollte also passieren?

Jetzt kam der lang ersehnte Erstflug!

Ich hatte den Heli mit dem Heck in meine Richtung zum Start aufgestellt (stand so in der Anleitung) und den Gashebel stetig nach vorne gedrückt bis er »leichtfüßig« wurde. Als es soweit war, merkte ich beim Hochdrehen, dass der Helikopter sich im unteren Drehzahlbereich wieder kurz schüttelte. Jetzt oder nie! Beherztes Gasgeben und Ausgleichen mit dem anderen Steuerknüppel ließen den Helikopter nicht zu schnell abheben. Er erhob sich leicht zitternd und gerade in die Luft, in einer überschaubaren Geschwindigkeit bis – wie sich viel später herausstellte – er aus dem Bodeneffekt heraustrat …

Ab da ging alles viel zu schnell: Der Heli beschleunigte enorm. Er stieg auf ca. 6 m Höhe und machte keine Anstalten diesen Steigflug zu beenden. Ich wusste ja schon von meinem »Kleinen«, dass abruptes Reduzieren der Drehzahl den Heli wie einen Stein fallen lässt. Ok, also langsam das Gas reduziert. Und jetzt passierte folgendes: Der Helikopter fing wieder an sich zu »schütteln«, und die Vibrationen verhinderten, dass der Heli steuerbar blieb. Er fiel ebenfalls wie ein Stein zu Boden – auf den Ascheplatz.

Übrigens: Runter kommen die Helikopter alle in einem Stück! Nur der brutale Boden macht daraus wieder einen Bausatz. Schadensmeldung: Rotorkopf – einen Mitnehmer verbogen und einen verloren, Chassis – Landegestell gebrochen, Heckrotor – die Rotorblätter angeschlagen. Der Gegenwert des Schadensberichtes belief sich auf ca. 50,- € an Ersatzteilen. Neupreis des Helikopters: 120,- €. Nach dem Einbau der Ersatzteile lief der Heli immer noch nicht vibrationsfrei. Und dies lag unter anderem an den entfernten Aufklebern, dadurch lief der Rotor mit einer Unwucht und erzeugte die Vibrationen und das Schütteln.

Das ist ungefähr so wie bei den Rädern am Auto. Wenn ich mir neue Reifen aufziehen lasse, diese aufs Gramm genau ausgewuchtet werden, und ich dann hingehe und die kleinen Ausgleichsgewichte wieder abmache, weil die so überflüssig aussehen, dann ist das keine gute Idee! Also, wenn du einen RTF-Heli hast mit einem Aufkleber auf dem Rotorblatt, auf dem steht »Nicht entfernen!«, dann lass ihn genau da kleben. Es sei denn, du sagst: »Ich kann meinen Heli landen wie ich will!«. Aber dann bitte keine Beschwerden nachschicken!

Um es kurz zu machen, der zweite Flug (12 Sekunden) verlief nicht viel anders als der erste. Das Ergebnis waren benötigte Ersatzteile für rund 35,- €. »Aller teuren Flüge sind drei.« Und auch dieser schlug dann mit einer Ersatzteilbestellung von 45,- € zu Buche. Fazit: Ich habe damit meinen Heli einer Wertsteigerung von über 100 % unterzogen.

Zu dieser Zeit habe ich mir überlegt, wo das wohl enden wird. Ich war kurz davor, den Heli in der Mülltonne zu entsorgen. Allerdings wollte ich mich nicht von diesen Rückschlägen entmutigen lassen, und es tauchten jetzt eine Menge Fragen auf. Die wohl entscheidenden Fragen waren: »Was habe ich übersehen?« und »Wie kann ich mehr über die Hintergründe und die Technik des Hubschrauberfluges erfahren?«

Ich fing an, mir über Wikipedia, einschlägige Foren, Fachbücher und Magazine Fachwissen zusammenzusuchen.

Ich hatte Blut geleckt und wollte noch mehr wissen: »Wieso fliegt ein Helikopter überhaupt?«, »Welche Steuerfunktionen hat ein RC-Heli?«, »Welche sind die entscheidenden Bauteile?«, »Wie wirken die Bauteile zusammen?«, »Welche ist die richtige Fernsteuerung?«, »Welcher ist der richtige Antrieb?« und, und, und …