Der Begriff der Durchsuchung ist ein Terminus, der sowohl als juristischer Fachbegriff als auch im Alltagssprachgebrauch Verwendung findet. Dort beschreibt er eine „Tätigkeit (…), die einer Sache nachspürt, sie sorgfältig untersucht und durchforscht und sich darum bemüht etwas aufzufinden, d.h. bis in den letzten Winkel ganz und gar abzusuchen, um etwas oder jemanden zu finden“1. Die Durchsuchung von Personen, Sachen oder von Wohnungen ist dabei eine polizeiliche Standardmaßnahme sowohl im Gefahrenabwehrrecht als auch im Strafprozessrecht. Speziell die Durchsuchung von Wohnungen darf getrost als eingriffsintensive Maßnahme bezeichnet werden („my home ist my castle“).
1 Einleitung
Im Strafverfahrensrecht trifft die StPO hinsichtlich der Voraussetzungen der Durchsuchung eine Unterscheidung im Hinblick auf die Personenkreise, die von der Maßnahme betroffen sind. Entscheidendes Kriterium für die Differenzierung ist dabei, ob der von der Durchsuchung Betroffene Tatverdächtiger oder sog. andere Person ist. Eine Durchsuchung setzt stets die (begründete) Erwartung voraus, mit dieser Maßnahme Beweismittel oder andere sicherzustellende Gegenstände aufzufinden oder den Beschuldigten ergreifen zu können.2
Der nachfolgende Teil 1 stellt in den Grundzügen die Durchsuchungsmaßnahmen gegen Verdächtige auf Grundlage der StPO dar.3
Beigefügte Anmerkungen (Fußnoten) ermöglichen ein Vertiefen der Rechtsmaterie („Selbststudium“).
1.1 Abgrenzung zum PolG NRW
Neben der Durchsuchung zur Identitätsfeststellung (§ 12 Abs. 2 Satz 4 PolG NRW) kennt das PolG NRW folgende Eingriffsermächtigungen:
– Durchsuchung von Personen (§ 39 PolG NRW)
– Durchsuchung von Sachen (§ 40 PolG NRW)
– Betreten und Durchsuchen von Wohnungen (§§ 41, 42 PolG NRW)
Im Gegensatz zum PolG NRW differenziert die StPO – unabhängig von den Durchsuchungsmaßnahmen zur Identitätsfeststellung (§ 163b StPO) – die Ermächtigungen wie folgt:
– Durchsuchung von Verdächtigen (§ 102 StPO)
– Durchsuchung bei anderen Personen (§ 103 StPO)
Beide Bestimmungen enthalten unterschiedliche Eingriffsvoraussetzungen.
Bei der Durchsuchung handelt es sich um eine Maßnahme, die auf eine offene, d.h. für den Betroffenen erkennbare Ausführung angelegt ist.4 Auch ein Umkehrschluss5 zur ausdrücklichen Regelung von „heimlichen Maßnahme“ in §§ 100a ff. StPO zeigt, dass das Bild der StPO von einer Durchsuchung von einem offenen Vorgehen staatlicher Ermittlungspersonen geprägt ist.6
1.2 Unterscheidung: Durchsuchung von Personen vs. Untersuchung von Personen
Die Durchsuchung von Personen ist zu unterscheiden von der körperlichen Untersuchung, wobei der Zweck, nicht die Art der Vornahme die Untersuchung von der Durchsuchung unterscheidet.
1.2.1 Durchsuchung von Personen
Die Durchsuchung einer Person besteht in der Suche nach Sachen oder nach Spuren in oder unter der Kleidung, auch auf der Körperoberfläche und in natürlichen Körperöffnungen, die ohne Eingriff mit medizinischen Hilfsmitteln einzusehen sind (z.B. Mündhöhle).7 Körperliche Durchsuchungen dienen dem Zweck, Beweismittel oder Einziehungsgegenstände aufzufinden. Dementsprechend erstreckt sich der Anwendungsbereich des § 102 StPO auf die Suche nach Gegenständen, die in oder unter der Kleidung, auch auf der Körperoberfläche (z.B. mit Heftpflastern befestigte Sachen) und in den natürlichen Körperöffnungen versteckt sind.8
1.2.2 Untersuchung von Personen
Die Untersuchung dient insbesondere dem Zweck, die vom Willen des Beschuldigten unabhängige Beschaffenheit seines Körpers oder einzelner Körperteile, auch das Vorhandensein von Fremdkörpern in den natürlichen Körperöffnungen, festzustellen.9 Erfasst wird jede Besichtigung des ganz oder teilweise unbekleideten Körpers; ebenso die Besichtigung von Körperteilen, die normalerweise unbekleidet sind, so insbesondere die Augenscheinseinnahme der Körperoberfläche zwecks Auffindens bestimmter Körpermerkmale (Warzen, Leberflecke, Muttermale, Tätowierungen) oder Tatspuren (Kratz- und Injektionsspuren, Blutspritzer auf der Haut, Blut oder Hautfetzen unter den Fingernägeln), sofern es sich nicht um Auffälligkeiten handelt, die sich offen darbieten, wie z.B. eine gut sichtbare Narbe an der Hand, und die daher bei der Vernehmung des Beschuldigten als deren Teil ohne Weiteres wahrgenommen werden können.10
Beispiel:11
Der Polizeibeamte (P) hat den Verdacht, dass ein von ihm observierter Schwarzafrikaner (S) Kügelchen mit BtM zu Handelszwecken im Mund aufbewahrt. Im Rahmen der Kontrolle wies sich P verbal und durch Vorzeigen der Dienstmarke als Polizeibeamter aus und forderte den S auf, den Mund zu öffnen. Dieser kam der Aufforderung nicht nach, sondern machte Schluckbewegungen. Daraufhin fasste der P dem S mit einem gezielten Griff seiner rechten Hand an den Hals, um ein Herunterschlucken zu verhindern. Die Maßnahme wurde vom OLG Celle als Durchsuchung gewertet. Unter den gegebenen Umständen war P vorliegend zur Anordnung einer Durchsuchung der Person des S gem. §§ 102, 105 StPO genauso berechtigt wie zur Anwendung körperlichen Zwanges. P durfte ohne Hinzuziehung eines Arztes zur Auffindung von Beweismitteln den Körper des S einschließlich seines Mundes in Augenschein nehmen. Denn die Suche nach Gegenständen am Körper sollte erkennbar nur in einem Umfang vorgenommen werden, für den der Einsatz medizinischer Mittel nicht erforderlich ist.
2 Grundrechtseingriffe
Mit Durchsuchungsmaßnahmen dringt der Staat (eingriffs-)intensiv in grundrechtlich geschützte Bereiche ein. Bei der Durchsuchung von Personen ist das Recht auf Privatheit (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. 1 Abs. 1 GG) und – bedingt durch das Anhalten der Person – auch das Recht auf Freiheit der Person gem. Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG, 104 Abs. 1 GG (Freiheitsbeschränkung) betroffen. Im Falle der Durchsuchung einer Wohnung ist Art. 13 GG betroffen (Unverletzlichkeit der Wohnung). Bei der Durchsuchung von Sachen ist Art. 14 GG (Eigentum) tangiert.
3 Die Durchsuchung beim Verdächtigen gem. § 102 StPO