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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog

1.

2.

3.

4.

Zwischenspiel

5.

Epilog

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2548

 

Hibernationswelten

 

Angriff auf die Frequenz-Monarchie – Ziel sind die Planeten der Wiedergeburt

 

Hubert Haensel

 

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In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1463 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 5050 christlicher Zeitrechnung. Seit über hundert Jahren herrscht Frieden: Die Sternenreiche arbeiten daran, eine gemeinsame Zukunft zu schaffen.

Als die Terraner die Transport-Technologie sogenannter Polyport-Höfe, Zeugnisse einer längst vergangenen Zeit, zu entschlüsseln beginnen, tritt die Frequenz-Monarchie auf den Plan: Sie beansprucht die Macht über jeden Polyport-Hof.

Mit Raumschiffen aus Formenergie oder über die Transportkamine der Polyport-Höfe rücken die Vatrox und ihre Darturka-Söldner vor, und es bedarf großer Anstrengungen, sie aufzuhalten – denn der eigene Tod scheint für den Gegner keine Bedeutung zu haben: Die Darturka sind Klonsoldaten, und die Vatrox verfügen über Wege der »Wiedergeburt« auf den Hibernationswelten, von denen die meisten sich in der Galaxis Andromeda befinden. Daher schmieden Perry Rhodan und Atlan ein Bündnis mit den Völkern dieser Galaxis.

Der »Bund von Sicatemo« findet alsbald Gelegenheit, sich zu bewähren – und erringt einen Sieg. Erstmals in der Jahrmillionen währenden Geschichte der Frequenz-Monarchie erleidet diese gravierende Rückschläge: Nachdem der Allianz der Handelsstern FATICO in die Hände gefallen ist, trifft die Vatrox ein Schlag nach dem anderen – und nun sind sogar die Zentren ihrer Kultur in Gefahr. Die Rede ist von den HIBERNATIONSWELTEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der Arkonide beobachtet den Lauf der Dinge.

Perry Rhodan – Der Unsterbliche muss dem Plan seines arkonidischen Freundes folgen.

Sinnafoch – Der Frequenzfolger sucht nach Wegen, das Ruder herumzureißen.

RourSi – Der Atto begleitet seine Freunde aus der Milchstraße.

Ipthey-Hüriit – Der Admiral aus der Milchstraße führt seine Flotte ins Feld gegen die Frequenz-Monarchie

Prolog

 

Nach der Explosion des Feuerauges brennt der Weltraum.

Was die optische Wiedergabe im Panoramaholo erst allmählich erkennen lässt, zeigen die Ortungen längst mit gnadenloser Offenheit. Das Raum-Zeit-Kontinuum reißt auf, gewaltige Energien brechen aus dem Nichts und vereinen sich in heftigen Eruptionen. Feuerblumen entfalten sich zu tödlicher Pracht.

Es gibt keine Ordnung mehr in der seit Stunden tobenden Schlacht. Chaos herrscht, und der Tod ist sein Hofnarr. Der Salventakt der Geschütze erklingt als einzige verständliche Sprache. Kein anderes Idiom hat diese Überzeugungskraft.

Steif sitzt Ipthey-Hüriit in der Zentrale seines Flaggschiffs. Die wulstigen Lippen des zahnlosen Halsmunds beben, hin und wieder zuckt die grobe Hornzunge nach vorn. Der Admiral schweigt. Der Angriff der alliierten Flotte hätte in erster Linie ein Ablenkungsmanöver sein sollen, 222 Lichtjahre über der Hauptebene von Hathorjan. Andromeda – so nennen die Terraner die Nachbargalaxis der Heimat. Aber die Verluste wachsen. Seine Schiffe verglühen in der extremen Psi-Energie, die das Feuerauge freigesetzt hat.

Wie Fellmotten im offenen Feuer, geht es Ipthey-Hüriit durch den Sinn.

Vergleiche wie dieser sind absurd. Das weiß der Blue. Sie sind es nicht wert, dass er darüber nachdenkt. Trotzdem kann er nicht anders. Seine Gedanken rochieren. Er ist erschöpft und mit den Kräften am Ende. Nur wird er sich niemals die Blöße geben und Müdigkeit erkennen lassen. Nie.

Solange er lebt, wird er den Kampf weiterführen.

Das gilt auch für seine Besatzung.

Die Zahl der Notrufe wächst, doch kaum ein Schiff der zerstreuten Flotte reagiert darauf. Im Toben der entfesselten Energien wird jede Hilfeleistung zum unkalkulierbaren Risiko. Das Feuerauge hat diesen Hyperorkan entfacht – Ipthey-Hüriit ist kein Wissenschaftler, aber er kann die Ursache an seinen sechs Daumen abzählen.

In diesen Stunden, dies erkennt der Apaso-Admiral, stirbt jeder für sich allein und einsam. Der offene Sternhaufen Bengar wird zum Grab für Jülziish, Maahks und Tefroder. Sogar die Posbis verlieren ihre positronisch-biologische Existenz.

Bengar gilt als einer der großen Brennpunkte. Fünf Lichtjahre liegen die Distribut-Depots KJALLDAR und HASTAI auseinander, die Ziele der Flotte.

Kurz schließt Admiral Ipthey-Hüriit alle vier Augen. In stummer Erschütterung senkt er den Diskuskopf. Das ist seine Art der Verneigung vor den Zehntausenden Raumfahrern, die in diesen Stunden ihr Leben verlieren.

Er verkrampft die sieben Finger der rechten Hand schmerzhaft fest um die zur Faust geballte Linke. Nicht allein die Hand, den ganzen Arm gäbe er dafür, könnte er auch nur einen Teil der Gefallenen ins Leben zurückholen. Früher, zur Zeit der großen Bruderkriege, haben Jülziish nie so gedacht. Aber er ist anders als die Befehlshaber einst, denn die Zeiten haben sich geändert und mit ihnen die Jülziish. Ipthey-Hüriit ist hier, in Hathorjan, weil er für das Leben und für die gemeinsame Zukunft aller kämpft.

Er verflucht die graue Kreatur des Untergangs, deren hämisches Lachen durch das Flaggschiff hallt. Ja, er hört das schallende Gelächter, es durchschlägt alle Isolierungen. Es manifestiert sich in den bösartigen Geräuschen, die das Schiff erfüllen.

Ob das Ablenkungsmanöver dennoch erfolgreich war, kann der Admiral nicht beurteilen. Erst die nächsten Stunden werden erweisen, ob die Gesamtkonzeption greift. Ipthey-Hüriit kennt nur seinen Part und weiß, dass viele Mosaiksteinchen zeitgenau zusammenpassen müssen.

Die Angriffe sollen die Frequenz-Monarchie an ihrer empfindlichsten Stelle treffen. Wenn das Vamu vieler Vatrox in den Krathvira – ÜBSEF-Sammlern, Seelen-Kerkern, wie auch immer man sie nennen will –, eingeschlossen werden kann, schwächt das die Frequenz-Monarchie.

Das Hauptziel der Alliierten sind die Hibernationswelten, jene verborgenen Planeten mit den Gen-Depots des Feindes. Dorthin kehrt das Vamu jedes gestorbenen Vatrox zurück, um in einem geklonten Körper wiedergeboren zu werden.

Noch siebeneinhalb Standardstunden bis zum Zeitpunkt null ...

1.

Offener Sternhaufen Bengar

25. April 1463 NGZ, 4.33 Uhr

 

Der Weltraum kam nicht zur Ruhe. In einer wahren Kettenreaktion brach die Schwärze immer wieder von Neuem auf und wurde zur brodelnden energetischen Hölle ...

Sekundenlang zeigte die Hyperortung der JIYGÜRJIL fliehende Kugelraumer der Tefroder und mehrere Maahk-Walzen in größerer Nähe. Die Reflexe verwischten in einem Stakkato hochfrequenter Störungen. Wie ein Hagelsturm tobten entfesselte Energiewolken über das Flaggschiff. Bis in die Zentrale des Diskusraumers drang der prasselnde Geräuschorkan.

»Beschleunigung sinkt trotz Vollschub!«

»Ortung partiell ausgefallen! Keine Orientierung ...«

Admiral Ipthey-Hüriit hob den Tellerkopf. Der Blick seiner vorderen Augen taxierte die Panoramaholos der Außenbeobachtung.

Eine Energiewoge brandete gegen den Schutzschirm, aber aufbrechende Strukturrisse leiteten die tödliche Flut in den Hyperraum ab. Noch erschienen sie wie zuckende Spinnenfinger, aber sie schlossen sich schnell enger um den Diskus.

Das mächtige Schiff wurde zum Spielball der Gewalten. Zwischen den Strukturrissen wuchsen Energiewirbel, kleine Tryortan-Schlünde, die erratisch umhersprangen.

Rapide ansteigende Belastungswerte. In mehreren Sektoren wurde bereits die Notfallversorgung aktiv. Der Paratronschirm stand kurz vor dem Zusammenbruch.

»Abdrehen!«, befahl Ipthey-Hüriit.

Er schrie den Befehl im höchsten Ultraschall, aber niemand reagierte darauf. Das Schiff raste unverändert mit annähernd halber Lichtgeschwindigkeit durch die Peripherie des Sternhaufens, jederzeit bereit zum Übertritt in den Linearraum.

Mehrere Strukturrisse liefen aufeinander zu und vereinten sich. Schwärze sprang von den Holos in die Zentrale über – zumindest hatte der Apaso-Admiral diesen Eindruck.

Urplötzlich herrschte Stille.

Es gab keine Sinneswahrnehmung mehr, kein Hören, Sehen, Riechen. Ipthey-Hüriit schwebte im Nichts. Anders konnte er diesen Zustand nicht beschreiben, ihm fehlten die Begriffe dafür.

Bin ich – tot?

Ein seltsamer Gedanke. Erschreckend und verwirrend zugleich. Das Leben endete mehr oder weniger schmerzhaft, und danach war nichts mehr. Wirklich nichts. Den Glauben an ein Weiterleben in irgendeiner Form teilte Ipthey-Hüriit nicht.

Dass er darüber nachdenken konnte, hieß wohl lediglich, dass ihm nichts geschehen war. Er war zäh. Er hatte Verletzungen überstanden, an denen andere gestorben wären.

Oder ...? Die aufbrechende Frage entsetzte ihn. Ist mein Bewusstsein wie das Vamu eines Vatrox im Krathvira gefangen?

Fühlte sich das Seelengefängnis so an? Ein unsinniger Gedanke, der seine Überzeugung widersprach. Aber wenn es doch so war? Konnte er behaupten, dass ein Jülziish kein Vamu besaß?

Tausend Völker mögen tausend Begriffe dafür haben ... Vielleicht wirkt das Krathvira über kurz oder lang auf alle. Das wäre eine Katastrophe, viel schlimmer sogar ...

Er stockte. Was mochte mit dem Vamu der Vatrox sein? Lauerte es ihm auf? Suchte es den Weg aus dem Gefängnis zurück in die Freiheit und zur nächsten Hibernationswelt?

Ipthey-Hüriit spannte sich an. Er verkrampfte sich geradezu, weil er schon im nächsten Moment einen mörderischen Angriff erwartete ...

Wie lange dauert dieser Moment?

Er konnte nicht einmal abschätzen, seit wann er sich in diesem Zustand befand. Waren erst Sekunden vergangen? Oder lag alles, an das er sich erinnerte, bereits Jahre in der Vergangenheit?

Existiert Zeit überhaupt noch?

Die Mythologie der Jülziish kannte Dutzende Kreaturen, die für alles Schwere Verantwortung trugen; für Mühe, Misserfolg und Schicksalsschläge – aber sehr viele waren wohl Illusion. Dann gab es nur eine dieser Kreaturen wirklich: die schillernde vielköpfige Monstrosität des bösen Scheins.

Ipthey-Hüriits Überlegungen verwehten. Es fiel ihm schwer, sie festzuhalten. Das Nichts fing an, ihn zu absorbieren.

Er spürte Entsetzen ... Panik ... schließlich Neugierde. Die Vatrox waren an diesem Nicht-Ort, es konnte gar nicht anders sein. Um ihn herum wisperte und raunte das Vamu Zehntausender.

Hört ihr mich?

Er erhielt keine Reaktion.

Warum hätten sie ihm auch antworten sollen? Sie waren Gegner, unbarmherzige Widersacher, und auf ihre besondere Art unsterblich ...

Ein Blitz zerriss das vermeintliche Nichts, eine grell wirbelnde Entladung. Obwohl der Admiral die zerstörerische Wucht der Energie spürte, war sie für ihn wie eine Erlösung. Der Wirbel riss ihn mit sich.

 

*

 

Ein Mehrfaches seines Körpergewichts drückte Ipthey-Hüriit in den Kommandantensessel. Immer noch heulte der Alarm. Große Abschnitte des Panoramaholos waren ausgefallen, die verbliebenen Segmente ließen jedoch eine schnelle Drehung des Schiffes erkennen. Der Diskus hing im Sog des Energiewirbels.

»... unerwarteter Rücksturz aus dem Linearraum!«, meldete eine Robotstimme. »Das Schiff befand sich nur kurze Zeit im Überlichtflug. Zurückgelegte Entfernung zweieinhalb Lichtstunden, Standardberechnung.«

Offensichtlich als Folge weiterer von dem Feuerauge ausgelöster Explosionen tobte ein Hyperorkan. Die Sturmstärke lag um die 125 Meg. Dass sich die Messungen zum Teil sogar widersprachen, war eine unverkennbare Reaktion auf das Toben des Weltraums.

Der Funkverkehr – tot. Nur das Prasseln von Störfeldern drang aus dem Empfang.

Ipthey-Hüriit presste den Halsmund zusammen. Sein Pelzflaum richtete sich auf, ein deutliches Zeichen seiner Erregung. Er hatte es nicht geschafft, die Schiffe seiner gemischten Flotte zusammenzuhalten, und damit den Anspruch nicht erfüllt, den er an sich selbst stellen musste. Mehr als siebenundzwanzigtausend schwere kampfkräftige Einheiten der Jülziish, Maahks und Tefroder in zwei Teilflotten hatten gegen die Frequenz-Monarchie losgeschlagen ...

Wie viele sind davongekommen?

Er reagierte verwirrt. Gefühlsregungen waren wie Gift, denn sie lähmten den klaren Verstand. Sie machten verletzlich und rissen Wunden auf, die besser nie entstanden wären. Das Ziel zu erreichen zählte, sonst nichts. Unabhängig davon, ob er mit Zehntausenden oder nur mit einer Handvoll Schiffe zurückkehrte.

Was geschieht, wenn ein Krathvira im atomaren Feuer vernichtet wird?

Ipthey-Hüriit war darüber nicht informiert. Vielleicht verwehte das gefangene Vamu. Ebenso gut mochten die Bewusstseine der Vatrox aber zu den Hibernationswelten zurückkehren und dort wiedergeboren werden. Das wäre nicht mehr und nicht weniger als ein Debakel. Ungehalten wischte der Admiral seine Überlegungen beiseite.

Gefühle waren eine schreckliche Fehlentwicklung. Sie hoben Unwichtiges in den Vordergrund und verwischten Notwendigkeiten. Ausschließlich eine von Emotionen unbeeinträchtigte Handlungsweise war geradlinig und effektiv. Einst hatten die Jülziish so gelebt, seit ihrem evolutionären Schub im 5. Jahrhundert NGZ glichen sie eher den oft zögerlichen Terranern als den logisch orientierten Maahks.

Die Hyperortung war nahezu zusammengebrochen. Lediglich vage blitzten einzelne Messungen auf.

Die Schadensmeldungen häuften sich.

Ausfall des Lineartriebwerks ... Die Offensivbewaffnung wegen Fehlern in der Zielerfassung nur beschränkt einsatzbereit ... Der Paratronschirm erneut dem Zusammenbruch nahe. Schutz würde dann nur noch der HÜ-Schirm bieten – wie lange, ließ sich an den Fingern einer Hand abzählen.

»Nahkontakt!« Die gellende Warnung erklang von der Ortung. »Ein gewaltiges Objekt auf Kollisionskurs!«

Ipthey-Hüriit sah nicht mehr als einen verzerrten Schatten. Falls die Hochrechnungen stimmten, handelte es sich um ein massereiches Objekt.

Distanz weniger als eine Lichtsekunde. Bis zur Kollision knapp zweieinhalb Minuten.

In grimmiger Entschlossenheit hob Ipthey-Hüriit den Kopf.

»Alle Waffen feuerbereit!«, ordnete er an. »Auf welche Distanz arbeitet die Zielerfassung zuverlässig?«

»Fehlerfreie Erfassung bis zehntausend!«

Der Admiral reagierte unbeeindruckt. Zehntausend Kilometer, das bedeutete, dass in dem Moment nur Sekunden blieben. Zum Sterben zu viel, aber zum Leben zu wenig. So hatte sich vor Jahren ein Terraner ihm gegenüber geäußert. Damals hatte Ipthey-Hüriit nicht verstanden, was der Mann damit ausdrücken wollte – nun wusste er es.

»Feuerfreigabe bei achttausend oder auf meinen Befehl! Zeitgleich mit aller Kraft Ausweichmanöver! Und wenn das Schiff dabei zerbricht.«

Das Ortungsbild verwischte, als löse sich der Schatten auf. Doch Augenblicke später war er wieder da und stabilisierte sich sogar: ein Schlachtturm der Frequenz-Monarchie.

Der Admiral fragte sich, warum die Vatrox nicht sofort das Feuer eröffneten. Wollten sie sein Schiff aufbringen? Weil sie inzwischen von dem ÜBSEF-Sammler an Bord wussten?

Er ignorierte die Überlegung.

Noch eineinhalb Standardminuten. Und in jeder Sekunde konnte die JIYGÜRJIL in einem gewaltigen Blitz vergehen.

 

*

 

Der Schlachtturm, ein Koppelverband aus fünf Schlachtlichtern, reagierte nicht auf die Nähe der JIYGÜRJIL. Dabei war der Kampfdiskus bestimmt nicht zu übersehen. Jedenfalls nicht auf die lächerlich geringe Distanz.

Beeinträchtigte die Explosionsserie der Psi-Materie auch die Schiffe der Frequenz-Monarchie?

»Was ist mit dem Turm?«, drängte Ipthey-Hüriit. »Zeigen die Messdaten Besonderheiten?«

»Keine plausible Auswertung möglich!«, erhielt er zur Antwort. »Schwankende Massewerte, Tendenz geringer werdend. Die Datenspeicherung läuft für spätere Analyse ...«

Ob es dieses Später überhaupt geben würde? Noch dreißig Sekunden. Ipthey-Hüriit spürte, wie sich sein Pelzflaum aufrichtete.

Sein Blick suchte die holografischen Ablaufanzeigen. Sämtliche Geschütze des Oberschiffs zeigten Feuerbereitschaft. Lediglich die Speicherbänke der Unterschiff-Batterien ließen Probleme erkennen. Der Paratronschirm fraß die erzeugten Energien weg.

Zu wenig auch für die Triebwerksversorgung. Wahrscheinlich gerade genug, um das Schiff einige Dutzend Kilometer an dem Schlachtturm vorbeizuziehen.

In der Zentrale wurde es totenstill. Der Gegner war schon extrem nahe. Aber nicht einmal Traktorstrahlen griffen nach dem Diskus.

Da drüben ist niemand mehr handlungsfähig ...

»Angriff und Ausweichmanöver – jetzt!«, befahl der Admiral spontan, obwohl noch mehrere Hundert Kilometer beide Einheiten voneinander trennten. Der Schlachtturm schob sich schräg von hinten kommend heran. Seine Geschwindigkeit war nur um Weniges höher als die der JIYGÜRJIL.

Die ersten Geschützbatterien feuerten. Zwischen den grellen Impulsbahnen verblasste das grünliche Schimmern der Desintegratorsalven beinahe. Torpedos jagten wie Glutpfeile davon.

Zu schnell waren die Eindrücke und zu vage, was Auge und Verstand in einem Sekundenbruchteil aufnehmen konnten. Ipthey-Hüriit glaubte dennoch zu erkennen, dass der Angriff keinerlei Wirkung zeigte. Nicht, weil ein Schutzschirm die auftreffenden Energien absorbiert hätte, vielmehr durchdrangen die Strahlbahnen und die Explosionen der Torpedos den Schlachtturm, als sei er nur ein Trugbild.

»Keine Trefferwirkung ...«

»Salventakt!«

Dem Admiral war klar, dass der Befehl den Untergang der JIYGÜRJIL bedeuten konnte. Wie ein gigantischer Schatten wuchs der Schlachtturm hinter dem Diskus auf. Die oberen Geschütze feuerten. Gleichzeitig flammten Warnanzeigen auf. Ungenügende Energieversorgung. Der Paratron hatte Priorität.

Aus weit aufgerissenen Augen starrte Ipthey-Hüriit dem Schlachtturm entgegen. Ein monströses, dunkelrot schimmerndes Konglomerat füllte die optische Wiedergabe aus.

Der Apaso-Admiral spürte weder Enttäuschung noch Zorn über sein Versagen.

Schlagartig war alles vorbei.

 

*

 

Der Schlachtturm hatte die JIYGÜRJIL gerammt und raste weiter durch den aufgewühlten Sektor. Seine Spur verlor sich kurz darauf, als sei der Koppelverband in den Überlichtflug gegangen.

Admiral Ipthey-Hüriit legte beide Hände um seinen Hals. Für einen Außenstehenden hätte es ausgesehen, als versuchte er, sich selbst zu erwürgen. Jemand, der mit den Jülziish vertraut war – Terraner nannten sie ihres blauen Pelzflaums wegen Blues –