cover.jpg

 

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

Epilog

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

img1.jpg

 

Nr. 2579

 

Der Spieler und die Toten

 

Sie sind Teil eines kosmischen Schauspiels – ein Androide wittert große Gefahr

 

Marc A. Herren

 

img2.jpg

 

In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1463 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 5050 christlicher Zeitrechnung. Nach über hundert Jahren Frieden ist der Krieg nach Terra zurückgekehrt:

Ausgangspunkt sind die sogenannten Polyport-Höfe, Zeugnisse einer längst vergangenen Zeit, mit denen sich gigantische Entfernungen überbrücken lassen. An ihnen entzündete sich der Konflikt mit der Frequenz-Monarchie, die aus einem jahrtausendelangen Ruheschlaf erwachte und die Herrschaft über mehrere Galaxien beansprucht.

Die Terraner und ihre Verbündeten wehren sich erbittert – und sie entdecken die Achillesferse der Vatrox, die als Herren der Frequenz-Monarchie gelten: Sie rauben den Vatrox ihre Hibernationswelten – und damit die Möglichkeit der »Wiedergeburt« –, ebenso fangen sie die freien Bewusstseine dieses Volkes ein. Allerdings sind damit nicht alle Gefahren beseitigt. Noch immer gibt es Vatrox und mindestens zwei rivalisierende Geisteswesen, die mit dieser fremden Zivilisation zusammenhängen. Insbesondere VATROX-VAMU scheint als Konkurrent und Widersacher eine zentrale Rolle bei der Aufgabe zu spielen, die Superintelligenz ES mittels psionischer Energien zu retten.

In der Zwischenzeit befindet sich der Maskenträger und Unsterbliche Alaska Saedelaere mit dem kobaltblauen Walzenraumschiff LEUCHTKRAFT auf der Suche nach Samburi Yura und dem Geheimnis der Zeitrose. Dabei begegnen ihm DER SPIELER UND DIE TOTEN …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Alaska Saedelaere – Der Maskenträger wohnt dem mahnenden Schauspiel bei und besucht unbeständige Welten.

Eroin Blitzer – Der Commo'Dyr entdeckt den Tod.

Vetri – Die Betreuerin ist alles andere als begeistert.

Orsen Tafalla und Gommrich Dranat – In ihren Rollen als Kanzler und Narr hassen sie einander grenzenlos.

Samburi Yura – Die Beauftragte der Kosmokraten steht vor ihrer ersten Bewährungsprobe.

»Was eine Seele sei, wollt ihr wissen?

Sie ist das Schlachtfeld, auf dem sich Vernunft und Verstand gegen die Lust und Leidenschaft blutig zur Wehr setzen.

Ob ihr so etwas benötigt?

Nein.«

Samburi Yura zu ihrer Besatzung, in einer anderen Zeit.

 

 

1.

Im Totenschiff

 

Vorsichtig trat Eroin Blitzer zu dem toten Kritiker. Die runzligen Finger zitterten leicht, als er sie nach der Leiche ausstreckte.

Eroin zögerte.

Im indirekten Licht seines Handscheinwerfers ging von dem mumifizierten Körper des Theaterkritikers eine diffuse, nicht rational zu erfassende Bedrohung aus.

Eroin wusste, dass Martus tot war, wahrscheinlich seit mehreren Tausend Jahren. Die wandernden Schatten auf der faltigen Haut, hervorgerufen durch die bebende Lichtquelle, ließen den Toten lebendig erscheinen.

Irgendwo in der Tiefe der Raumschiffzentrale knackte etwas.

Erschrocken fuhr er herum, suchte nach der Quelle des Geräusches.

Aus einer Uniformtasche nestelte er umständlich eine handflächengroße Plastikkarte hervor, die er sich vor die Augen presste. Schnell schaltete er durch die verschiedenen Optikmodi, nahm Feinanpassungen vor, kombinierte das Wärmebild mit muskulären elektrischen Impulsen und sah schließlich ein ballförmiges Etwas, das durch die halb verrottete, semiorganische Teichlandschaft rollte.

Der lurchartige Martus hatte in der Zentrale seiner PROTENOR GAVRAS eine Umgebung erschaffen lassen, die höchstwahrscheinlich von seiner Herkunft inspiriert war.

Eroin Blitzer atmete tief ein, während er die Karte wegsteckte. Dann wandte er sich wieder der Mumie zu.

Martus der Kritiker saß auf seinem Hinterteil, die langen Beine nach vorne gestreckt. Mit dem rechten Arm stützte er sich ab, die linke Hand hielt er vor die Brust gepresst.

Eroin betrachtete die einstmals orangefarbenen Augen, während er seine Hand erneut ausstreckte. War da nicht ein Zittern der Augenlider auszumachen gewesen?

Der Commo'Dyr schüttelte entschlossen den Kopf.

Er holte die Karte erneut hervor, veränderte an einer Seite das molekulare Gitter des Materials und durchtrennte dem Lurchartigen mit einem sauberen Schnitt das linke Handgelenk.

Hastig ergriff er die Hand des Kritikers, bevor sie herunterfallen und das, was sie festhielt, verloren gehen oder zerbrechen konnte.

Eroin hob die abgetrennte Hand vor die Augen und betrachtete sie im Licht des Scheinwerfers. Zwischen den knochigen braunen Fingern steckte ein matt glänzender Gegenstand.

Er bog die Finger auseinander. Unter der gummiartigen Haut spürte er, wie die Knochen sofort zerbrachen. Eroin zog den Gegenstand heraus und warf die Hand vor die Füße der Mumie.

Eine Weile drehte er seinen Fund hin und her, bis er glaubte, seine Funktionsweise zu verstehen. Die Form entsprach der eines zweiseitigen Löffels von zwei Fingern Breite, wobei an einer Löffelwölbung ein kleiner roter Knopf herausstand.

Eroin drückte ihn mehrere Male, ohne dass etwas geschah.

Sollte er das Ding einfach wegwerfen?

Er entschied sich dagegen. Eroin holte den Handscanner hervor – die handflächengroße Plastikkarte – und hielt sie über das Gerät.

Die vier Symbole leuchteten auf, formierten sich in rasender Geschwindigkeit. Eroin hatte keine Mühe, den Informationen zu folgen.

Wie er angenommen hatte, handelte es sich bei dem Gerät um einen audiovisuellen Aufzeichner. Allerdings wies dessen integrierter winziger Akkumulator keine Ladung mehr auf.

Blitzer holte sein Werkzeugetui hervor. Der Magnetsaum öffnete sich automatisch, und er nahm die fingerkuppengroße Energiezelle hervor.

Bereits der erste Versuch zeigte Erfolg: Die Zelle interpretierte den Aufbau des Akkumulators korrekt. Über einen semimateriellen Leiter, der die Lücken zwischen den kleinsten materiellen Bauteilchen ausnutzte, gab die Zelle einen Teil ihrer gespeicherten Energie ab.

Die benötigte Energie lag im unteren Nanobereich jener Leistung, die die Zelle erreichen konnte, wenn er sie beispielsweise als Notfall-Energiegeber für primitive Gleiter verwendete. Gleiter, wie sie unter anderem von Alraskas Volk, den Terranern, verwendet wurden.

Zwischen den beiden Löffelmulden bildete sich ein Lichtbogen, der sich wie eine Flagge entrollte. Der Bildschirm.

Eroin Blitzer berührte mehrere Punkte an dem Querbalken, worauf das Bild von Martus erschien.

Der Kritiker war voller Leben.

Mit dramatischer Geste deutete er auf eine goldene Kugel, die er in der linken Hand hielt. Darin waren ein großer feister und ein schmalerer, ungleich kleinerer Mann abgebildet.

Martus zog die Kugel auseinander. Sie blies sich auf, einer riesigen, schillernden Seifenblase gleich. Orsen Tafalla, in der Kostümierung des Kanzlers, und Gommrich Dranat im Narrenkostüm deuteten eine Verbeugung an. Gleich darauf erkannte man den Grund für ihre Geste: Leichtfüßig tänzelte die Prinzessin an ihnen vorbei, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Begleitet wurde sie von dem Boten der Hohen Mächte. Der Hofnarr blickte nachdenklich in die Richtung, aus der sie gekommen waren.

Das Bild verschob sich leicht, worauf der König – verkörpert durch Noser Netbura – sichtbar wurde. Er hielt die Arme verschränkt. Die Geste wirkte weit weniger erhaben und entschlossen, als sie von einem Mann seines Ranges erwartet wurde. Die leicht gebeugten Schultern, der unruhige Blick und das leicht nervöse Wippen des linken Fußes zeugten von der inneren Anspannung und der Sorge des Patriarchen.

Eroin Blitzer bewegte den Finger auf dem Querbalken hin und her, erhielt weitere Bilder der Mimen sowie der Rollenbilder, die sie interpretierten.

Er besah sich das Aufzeichnungsgerät nochmals von allen Seiten, bevor er es zur Seite legte.

Die achtbeinigen Tiere krabbelten an der Mumie des Kritikers empor, warfen Leimfäden aus und zogen die von Blitzer zerrissene Schale des Kokons wieder über dem ausgetrockneten Leib zusammen.

Eroin Blitzer durchsuchte die Zentrale der PROTENOR GAVRAS, fand aber keine weiteren Dinge, die ihn interessierten. Mit seiner Plastikkarte maß er den Raum exakt aus, bis er die Zugänge zu den anderen Teilen des Schiffes fand.

Im Verbindungsgang hob er die Luftundurchlässigkeit seiner Schirmblase kurz auf. Er hätte es besser nicht getan.

Obwohl in dem Gang keine nachgebildete, halborganische Sumpflandschaft installiert war, rebellierten seine Sinne augenblicklich gegen den Gestank, den er wahrnahm.

Er machte die Modulation des Schirmes rückgängig, eilte weiter, den Lichtkegel seines Scheinwerfers ließ er über die Wände, Decke und Böden gleiten.

Dann fand er die Leichen: Dutzende, Hunderte, vielleicht Tausende.

Die PROTENOR GAVRAS hatte offenbar einst eine Vielzahl von organischen Wesen transportiert. Bis auf die niedrigen Lebensformen waren alle tot und verrottet. Zurück blieben zerbröckelnde Hüllen, die einmal Raumanzüge, Schiffswesten und andere Kleidungsstücke gewesen sein müssen.

Von den Körpern selbst sah Blitzer nicht viel mehr als bleiche Knochen und hie und da eine mumifizierte ledrige Hand oder einen Fuß. Einige Leichen waren wie Martus in Kokons verpackt, andere bildeten den Grundstock für ganze Heerstöcke von Kleinlebewesen.

Eroin Blitzer hatte den endgültigen Beweis dafür gefunden, dass er ein Totenschiff erkundete.

 

*

 

Alaska Saedelaere saß wie gebannt in seiner Logenkapsel. Vor ihm schwebte – majestätisch erhaben – die riesige Plattform, in deren Mitte die Bühne mit der Halle der Harmonie stand.

Gleichzeitig war er dort, mitten im mahnenden Schauspiel vom See der Tränen. Dieser Teil von ihm schlüpfte in irrer Folge in die unterschiedlichen Gefühlslandschaften der Mimen.

Gerade war er der Kanzler gewesen, voller Vorfreude auf die verheißene Botschaft der Hohen Mächte, dann war der Wechsel erfolgt, und nun war er der König, der mit unsäglicher Wehmut über die Zukunft des Reiches der Harmonie nachdachte.

Jenem Teil des Maskenträgers, der in der Logenkapsel saß, machte diese Mehrfach-Spaltung seiner Persönlichkeit schwer zu schaffen. Die unterschiedlichen Gefühlsstürme, die in den eckig und scharf voneinander getrennten Individualitäten der Figuren aufbrandeten, entwickelten einen Sog, dem er sich nicht entziehen konnte.

Der hypnotische Zwang, der von dem Schauspiel ausging, rüttelte an den Grundfesten seiner Persönlichkeit.

Mehrere Male war ihm, als verlöre er die Besinnung. Er stellte aber immer wieder mit erschreckender Fremderkenntnis fest, dass es sich lediglich um einen Sprung von einer zur anderen Figur des mahnenden Schauspiels handelte.

Den ersten Akt erlebte er wie in Trance. Der Bote wurde am Hof erwartet, was in den Figuren gleichzeitig Ängste und Hoffnungen geweckt hatte. Der König und die Prinzessin wurden getragen von der Sorge um die Zukunft des Reiches, während der Kanzler voller Ungeduld auf die Worte harrte, die der Bote verkünden würde.

Der Narr wiederum sah im Boten die buchstäbliche Verkörperung des schlechten Omens; Gewitterwolken, die sich am Horizont bedrohlich auftürmten.

Der Vorhang fiel. Es kam dem Terraner einer Erlösung gleich.

 

*

 

KANZLER: »Eine glorreiche Zukunft erwartet das Reich der Harmonie!«

KÖNIG, erzürnt: »Glorreich – so war es immerdar!«

KANZLER, beschwichtigend: »Gewiss. Der gute Ruf des Reiches reiste zwischen den Sternen wie ein sprühender Komet, hat sich in manchen Gehörgang geschlichen, verwandelte sich erst in Erstaunen, dann in Neid und Habgier.«

KÖNIG: »Nie hatten wir Probleme damit, ob jemand unsere Freiheit in Frage stellt.«

KANZLER: »Freiheit! Wir beten sie an und merken doch nicht, dass sie uns umklammert, schlimmer denn der ärgste Tyrann!«

KÖNIG: »Wie könnt Ihr solchen Unsinn von Euch geben, Kanzler!«

KANZLER: »Der Glaube an das, was wir als Freiheit verstehen, hat uns in Ketten gelegt. Eine wunderbare Kette, zugegeben, ihre Glieder funkeln hell im Schein der Zwillingssonnen – und raubt uns so den Blick auf unser Sein, das mehr Schein ist.«

KÖNIG, unsicher: »Aber, treuer Kanzler, wir sind doch frei!«

KANZLER: »Seid Ihr Euch da so sicher? Ist nicht unser Wunsch nach Freiheit so dringend und zwingend, dass wir weder vor- noch zurückgehen können? Das nennt Ihr frei? Hält uns nicht die Angst im Würgegriff, die Angst um den Verlust dessen, was wir als Freiheit verstehen? Sie nimmt uns die Luft, erstickt uns Tag für Tag etwas mehr. Und das nennt Ihr frei?«

KÖNIG: »In einer Allianz, den Hohen Mächten zu Diensten, wären wir nicht freier.«

KANZLER: »Suchen wir denn die Freiheit? Sollten wir uns nicht besser Gedanken machen, auf welchem Fundament wir die Zukunft erbauen wollen?«

KÖNIG: »Das Fundament existiert seit langer Zeit. Und es wird noch lange tragen.«

KANZLER: »Alles ist in konstanter Bewegung, mein König. Was heute von scheinbarer Sicherheit und Stärke ist, kann morgen morsch und brüchig sein.«

KÖNIG, beunruhigt: »Wovon sprecht Ihr?«

KANZLER: »Von den Begehrlichkeiten, die der Wohlstand des Reiches der Harmonie geweckt hat! Andere werden kommen und teil- wenn nicht alles haben wollen. Sie werden uns entreißen, was wir in Jahrhunderten aufgebaut und bestellt haben. Und wir werden es nicht verhindern können, weil wir weder vorbereitet sind auf eine solche Tat noch Verbündete haben, die uns in der Stunde der Not beistehen.«

KÖNIG, nachdenklich: »Es scheint mir widersinnig, für den schlimmsten aller Momente zu planen. Denn in dem Augenblick, in dem wir ihn in unseren Köpfen Gestalt annehmen lassen, wird er Wirklichkeit.«

KANZLER, verzweifelnd: »Mein König! Der Bote hat mir die Bilder der Zukunft gezeigt! Ich sah blühende Landschaften, Glück und Sicherheit. Ich sah, dass die Arbeit für die Hohen Mächte eine Investition ist, die sich auszahlen wird!«

KÖNIG: »Welcher Art?«

KANZLER: »Aus jedem Tropfen Schweiß, den wir für die Allianz vergießen, wird eine Blume wachsen, schöner als die vorhergehende. Aus jedem Körnchen Erz, das wir aus einem unserer Stollen holen, werden uns die Hohen Mächte eine Maschine bauen, die unser Leben erleichtern und verbessern wird! Waffen …«

KÖNIG, zornig: »Hört mir auf mit Waffen!«

Das mahnende Schauspiel vom See der Tränen, 3. Akt, 1. Szene (Ausschnitt)

2.

Ein Spaziergang am See

 

Eroin Blitzer rief das UHF-Fenster zu sich. Er warf einen letzten Blick auf die Überreste der Besatzung, zog sich dann am Rahmen hoch und verließ die PROTENOR GAVRAS.

Auf dem Weg in die Zentrale der ROTOR-G aktivierte er bereits mit dem Kodegeber ihren Antrieb. Das Beiboot driftete langsam vom Schiff des Kritikers weg, bevor er die nächste Phase startete und zurück in den Strahlungsbereich des Systems glitt.

Inmitten des Pulks der Besucher-Schiffe schleuste Blitzer alle verfügbaren Telemetrie-Sonden aus.

Bei der ersten Annäherung der LEUCHTKRAFT hatten die Schiffe einen immensen Funkverkehr unterhalten, der ein Bild erwartungsvoller Schauspielbesucher gemalt hatte.

Eroin Blitzer ärgerte sich, dass sie bei der Ankunft nicht mehr Zeit auf die Situationsanalyse verwendet hatten – wie sie es sonst immer taten …

Sonst immer getan hatten, bevor der Terraner seinen Einfluss auf die Operationen der LEUCHTKRAFT geltend gemacht und alles durcheinandergebracht hatte.

Der Hauptrechner der ROTOR-G nahm die Telemetriedaten der Sonden entgegen und stellte sie geordnet in einer Holosphäre über dem Commo'Dyr-Pult dar.

Nachdem er die Ergebnisse von etwas mehr als einem Drittel der Schiffe gesehen hatte, hätte er die Sonden zurückrufen können. Er tat es nicht, sondern wartete geduldig auf das endgültige Resultat.

Es überraschte ihn nicht im Geringsten.

Auf keinem der Schiffe existierte irgendwelches Leben, das über den instinktbeherrschten Wesen niedrigster Rangstufen einzuordnen war.

Die Analysen der Innenatmosphären brachten in allen Raumschiffen eindeutige Spuren von Zersetzungsgasen zutage.

Nicht nur in der PROTENOR GAVRAS war die Besatzung im Laufe der Zeit entweder verrottet oder mumifiziert – dieser Prozess hatte sich in sämtlichen wartenden Schiffen abgespielt.

Die Funksprüche mochten Hunderte, wenn nicht sogar Tausende von Sonnenjahren alt sein.

Es handelte sich um Konserven.

Sie entstammten den Funkantennen einer Totenflotte.

 

*

 

Der Vorhang fiel, aber bevor Alaska Saedelaere zu sich selbst fand, öffnete sich der schwere Velours erneut, offenbarte die Szenerie des zweiten Aktes.

Ein Nachmittag, beinahe schon früher Abend im Reich der Harmonie. Die Prinzessin spazierte, eingehakt am rechten Arm des Kanzlers, am Ufer eines großen Sees entlang. Auf der anderen Seite erhoben sich die stolzen Türme des Schlosses von Elicon in den wolkenlosen Himmel. Die Zwillingssonnen tauchten die Landschaft in schmerzhaft klare Farben und Formen.

Die Luft, die Alaska durch die Nasen der beiden einatmete, trug eine betörende Süße mit sich. Der Boden aus bestechend grünem Gras federte bei jedem Schritt. Bunte Blumen sprossen überall. Insekten tanzten darüber, ließen sich sirrend in die Blütenkelche nieder und labten sich an deren Nektar.

Der See bewegte sich nur leicht, zaghafte Wellen plätscherten friedlich über die Kiesel des Ufers. Das Geräusch ließ Saedelaere in seiner Logenkapsel aufstöhnen. Es fühlte sich an, als wären die Wellen inmitten einer sturmumtosten See und brächen über ihm zusammen.