image

Howard Chance

Swingerclub Anekdoten

Der Kondomsammler

und andere skurrile Geschichten

Image

www.Elysion-Books.com

Der Autor:

Howard Chance ist das Pseudonym eines deutschen Autors, der u. a. für diverse Erotik- und Lifestyle-Magazine tätig ist und sich im Metier der Erotik und Sinnlichkeit bewegt.

Neben seinen zahlreichen Veröffentlichungen kann Chance auf einen bunten und erfahrungsreichen Lebenslauf zurückblicken. Zurzeit ist er Marketing-Direktor eines großen deutschen Swingerclubs.

Howard Chance

Swingerclub

Anekdoten

Der Kondomsammler

und andere skurrile Geschichten

Image

Image

ELYSION-BOOKS TASCHENBUCH

1. Auflage: Februar 2013

VOLLSTÄNDIGE TASCHENBUCHAUSGABE

ORIGINALAUSGABE

UMSCHLAGGESTALTUNG: Ulrike Kleinert

www.Elysion-Books.com

Inhalt

1. Die »geilen« Putzfrauen … im Kittel in den Club!

2. Das Schwein! - Der Fussmatten-Terrorist

3. Swinger-Thilo auf Tour

4. Grabscher Kurt oder »Rette sich, wer kann«

5. Der Frauen-Verkauf … Sklavin abzugeben. Koffer inklusive

6. Personal gesucht … Schau mal, wer da klingelt

7. »Swinger-Club« … Wo geht es zu Glen Miller & Co?

8. Traumjobs: Gangbang-Wart, Matten-Cleaner, Kondom-Auffüller

9. Das Orgasmus-Telefon … was man nicht hören will!

10. Der Kondom-Sammler

11. Der defekte Vibrator … Stories aus dem Shop

12. »Die Mädels kommen gleich«

13. Mandy … Hollywood und AIDS

14. Die polnische Fetisch-Unterhose

15. Tommy … Der Klosett-Spüler

16. Britta … ein Leben zwischen Herdplatte und Baum

17. Showprogramm »SM-Hasen« aus Finnland

18. Der WC-Sklave … spülen nicht erforderlich

19. Gummi-Puppen-Leasing

20. Fetische … was es da so alles gibt!!!

21. Erst kicken … dann ficken … Das Swinger-Fußball-Turnier

22. Mit Gleichgesinnten ins Mittelmeer … Schiff ahoi!

23. Die »Squirting«-Queen … Wasser marsch!

24. Die Viagra-Falle … Einsatz für 112

25. Hurra … die neue Fickmaschine … Der Tuning-Report

26. Damen legen flach … notfalls mit Gewalt!

27. Dossier »Käse-Fuß« … Mauken für zwei harte Jungs

28. Mehmet freut sich ein Ohr ab

29. Waldpilz meets Monster-Schwanz … sind wir denn hier im Zoo?!

30. Swingerküche bizarr … Erbsensuppe

31. Der Potenz-Schnaps … und die Folgen

32. Gestrandet im SM-Käfig - die Feuerwehr muss ran

33. SM-Impressionen mit Süd-Europäern

34. Die unheimliche Blasbox

35. Diebstahl & Nepp … wer ist wohl der Depp?

36. Escort & ähnliches

37. Pfui - Der Koks-Penis

38. Ohnmacht … einmal anders

39. Sandra L’Amour … eine Debütantin läßt es krachen

40. Erotikmesse mit Hindernissen … die Schweiz gibt zu denken!

41. Howard … Du hast einen Knall!

43. Stiller die Glocken nie klingen … Karfreitag im Swingerclub

»Snesch« gewidmet, die mich durch die
vergangenen Jahre meines Lebens
mit ihrem Liebreiz begleitet hat!

1. Die »geilen« Putzfrauen … im Kittel in den Club!

Ein ganz normaler Nachmittag. Mittwoch. Ein Mittwoch Nachmittag, der sich in keinster Weise von den letzten 200 Mittwoch Nachmittagen abhebt. So lange arbeite ich hier schon. In einem aufregenden Job in einem heißen, angesagten Swingerclub. Ein Traumjob, oder?

Was soll ich sagen? Nach 200 Mittwochen wird es langweilig? Das wäre gelogen. Aber man rechnet mit mehr Skurrilitäten, das Portfolio der Fantasie hat sich erweitert und die Überraschungstoleranz ist inzwischen deutlich höher geworden.

Außerdem ist das meiste an dem Job eben genau das: Arbeit. Ein letztes Mal gehe ich die dringlicheren Papiere durch. Büroarbeit. Papiere abheften, Rechnungen kontrollieren, Steuerunterlagen fertig machen, all diese »normalen« Sachen gehören genauso dazu, wie Veranstaltungen zu planen, Türdienst, Thekenkontrolle oder das ein oder andere Schwätzchen mit den Gästen. Alles inklusive. Manchmal acht Stunden am Tag, aber an Wochenenden oder zu besonderen Events auch manchmal sechzehn Stunden.

So ein Tag ist heute zum Glück nicht. Heute ist ein ganz normaler Mittwoch. Ein Umstand, den ich gar nicht oft genug betonen kann, denn ganz normale Tage in einem Swingerclub unserer Größe sind eigentlich so selten, dass sie schon wieder etwas Besonderes sind.

Relaxed und gut gelaunt verlasse ich mein Büro und mache ich mich auf den Weg nach unten. Der Club ist noch sehr leer, sehr sauber und die Musik eher gedämpft. Der Geruch nach Essen – heute gibt es Rindergulasch in Rotweinsauce, Putenragout und Frikadellen in Champignonrahm, dazu Knödel, Spätzle und Kroketten – macht mir mehr Appetit, als ich mir eingestehen will.

Mein Magen knurrte laut und vernehmlich, als ich meine Kollegin am Empfang erreiche und sie kommentiert das Geräusch mit einem ebenso lauten Lachen.

»Hunger?« - »Ne, Werwolf gefressen.« Ich schenke ihr einen gespielt giftigen Blick, der sie wieder zum Lachen bringt. »Du siehst übrigens zum Anbeißen aus.«

»Danke!« Sie knickst leicht und bietet mir so einen noch etwas besseren Blick in ihr hinreißendes Dekolleté. Einer der angenehmen Nebeneffekte des Jobs: Man arbeitet mit netten Damen zusammen, die meistens sehr schicke Unterwäsche, sprich Dessous tragen. Heute ist es ein schwarzes Outfit aus Lack und Spitze, das der Fantasie sehr viel Spielraum lässt, aber dank der vielen freien Haut die Gedanken eindeutig zweideutig in die richtige Richtung lenkt.

Ich reiße meinen Blick von ihr los. Egal wie entzückend die restliche Belegschaft sein mag, wir arbeiten schon zu lange und zu eng zusammen, als das mich ein wenig Optik schon auf erotische Gedanken bringt.

»Wie viele haben wir schon?«

Mit der Linken greife ich an ihr vorbei und drehe die Gästeliste zu mir. Mit der Rechten verschiebe ich den Monitor, sodass ich die Zahlen kontrollieren kann.

»Wieso fragst du, wenn du dich gleich selbst auf die Unterlagen stürzt?« Leiser fügt sie ein »Kontrollfreak« hinzu, was ihr einen leichten Klaps auf den Hintern einbringt.

Nur weil ich ein Kontrollfreak bin, heißt das ja noch lange nicht, dass sie mich so nennen darf!

»Wir liegen im Soll

Im Soll war immer gut und der Blick auf die Uhr ließ hoffen. Jeder Tag über Soll war ein hervorragender Tag. Die Männer-Frauenquote lag an Wochentagen ohne Events bei drei zu eins. Die meisten Besucher waren Pärchen, die Solomänner suchten oder zumindest tolerierten. Denn in der Woche waren die oberen Spielwiesen – anders als an den Wochenenden – auch für die »Solos« geöffnet.

Ein Klingeln an der Tür unterbrach den Redefluss meiner Kollegin und veranlasste mich dazu, den Computer auf Monitor zu stellen. Sofort wurde mir ein Bild von den Neuankömmlingen gezeigt. Frauen. Prima.

Ich öffnete die Tür. »Immer herein, die Damen!«, grüßte ich und wunderte mich kurz über die Anzahl. Auf dem Bild hatte ich nur drei Grazien ausmachen können, doch hier standen sieben. Stirnrunzelnd trat ich hinter die Empfangstheke. Aber gut, jede Solodame war eine gute Solodame und ermöglichte es uns, mehr Soloherren einzulassen. Und Soloherren brachten viel Geld. Während Paare einen durchschnittlichen Kostendeckungsbeitrag abgaben, der an den meisten Tagen bei 40 Euro lag, mussten die einzelnen Herren über 100 Euro für einen Abend bei uns bezahlen. Ohne Anrecht auf Spaß und sexuelle Verlustigung selbstverständlich. Wir waren ja ein Swingerclub, kein Puff – alles kann, nichts muss. Ein etwas abgedroschenes Swingermotto, aber ein sehr zutreffendes.

Aber um Motto und Verlustigung zu modernisieren und in eine hohe Wahrscheinlichkeitsphäre zu heben, hatten Solodamen bei uns in der Woche freien Eintritt. Natürlich inklusive aller Getränke, des warmen Essens, des kaltes Buffets, der Suppen, Salatbar und des Nachtisch-Arrangements. Allein bei dem Gedanken lief mir das Wasser im Munde zusammen und mein Magen knurrte abermals. Dieses Mal leise.

»Guten Abend, die Damen. Heute zum ersten Mal hier?«, erkundigte sich meine Kollegin.

»Jau, wir schon. Aber ’ne Freundin war neulich mal hier.«

»Und dann hat sie uns gleich empfohlen?«

»Ja, das Essen soll super sein. Und die Location, die Getränke.« Die Sprecherin machte eine umfassende Geste.

»Dann brauche ich einmal die Namen, dann bekommt jede der Damen einen Schlüssel für die Schränke im Umkleideraum. In den Schrank können Sie Ihre Sachen packen und sicher verschließen.«

»Ne ne, brauchen wir net. Wir bleiben wie wir sind.«

Ich wollte eben protestieren, da fiel mir auf, dass alle sieben in Putzkitteln vor uns standen. Nicht unbedingt erotisch und nicht unbedingt jedermanns Sache, aber eindeutig eine Art von Fetischbekleidung.

»In Ordnung«, meinte ich. Fetischbekleidung war immer gut und gleich sieben Frauen in gleicher Montur. Wow. Dafür bezahlten andere Clubs gutes Geld.

»Prima!« Die Sprecherin drehte sich zu ihrer kleinen Gruppe um. Jede Wette, dass in Wirklichkeit sie diejenige welche war, die uns schon einmal mit ihrer Anwesenheit beglückt hatte. Dachte ich noch, da blaffte sie ihren Schlachtruf: »Auf zum Buffet!«

»Mögen die Damen nicht erst einen Rundgang mit Führung?« Die Worte meiner Arbeitskollegin spiegelten meine eigene Überraschung und Verwirrung. Beides stieg sogar noch an, da die Frauen inzwischen an uns vorbei gezogen waren und nur die Letzte den Anstand hatte, schüchtern den Kopf zu senken. Keine Antwort war manchmal eben doch eine Antwort.

»Du, das sind gar keine Leute mit einem gemeinsamen Fetisch«, flüsterte meine Kollegin und starrte auf den Zettel, den ich immer noch in der Hand hielt. Wahrscheinlich überlegte sie, ob die Putzfrauen trotzdem als »Solofrauen« in der offiziellen Zählung durchgingen.

»Was du nicht sagst«, blaffte ich. Wenn ich eins nicht ausstehen konnte, dann war es das Gefühl, ausgetrickst und überrumpelt worden zu sein. Außerdem hatte ich Hunger. Verflixte Hacke!

Tatsächlich waren die Damen mehr als zielstrebig zum Buffet durchgegangen und hatten dabei Umkleide, Bar und Spielwiesen völlig ignoriert! Sie bedienten sich gerade an den warmen Hauptspeisen und kommentierten die kalten Frikadellen und verschiedenen panierten Schnitzelchen, als ich um die Ecke bog.

Die Blicke der anderen – normalen – Gäste waren durchweg neugierig und belustigt und einen Moment lang fand ich die ganze Aktion auch gar nicht so dramatisch. Dann setzte mein klarer Verstand wieder ein. Wo kämen wir denn dahin, wenn jede Frau von der Straße einfach hier rein marschiert käme und dann über Essen und Getränke herfiel? Nur Heuschrecken wären schlimmer.

Ich seufzte leise, als meine Überlegungen an dieser Stelle ankamen. Natürlich hatte ich keine Handhabe gegen die Damen. Sie benahmen sich, trugen vermeintlich Fetisch- Outfit und unsere Eintrittsreglung war eindeutig. Damen zahlen nicht. Basta.

Missmutig schaufelte ich mir Spätzle und Rindergulasch auf meinen Teller, fügte Tomaten-Mozarella und einen Löffel Sahne-Gurken-Salat hinzu und setzte mich in eine Ecke. Von dort behielt ich den seltsamen Damenausflug im Auge.

Während ich aß, überlegte ich, wie ich die Situation meinem Chef schildern konnte und ob sich mein schlechtes Gefühl nicht doch irrte. Schließlich könnte es sich bei der Ansammlung skurriler Gestalten um einen einmaliger Kegelausflug handeln, eine Mutprobe oder einen Junggesellinnenabschied.

Kurz darauf wurde mir klar, dass das schlechte Gefühl seine Berechtigung gehabt hatte: Die Damen zogen weiter. Zur Theke in der Disko. Dort entspannte sich die Gruppe bei netten und kostspieligen Getränken. Keine Blicke, Flirts oder andere Kommunikationsversuche. Die schon erwähnten »normalen« Gäste wurden gänzlich ignoriert und man hörte anregende Gespräche über Urlaub auf Malle, Tante Trudchens Geburtstag und die Pilz-Kur von Onkel Eduard. Ganz, wie man sich Erotik vorstellt. Ätzend! - Eine halbe Stunde später war der Spuk vorbei, die Heuschrecken brachen hastig auf und verschwanden genauso, wie sie gekommen waren.

»Immerhin eine einmalige Aktion«, kommentierte meine Kollegin von der Tür.

Ich nickte stumm.

»Apropos einmalige Aktion: Jemand hat ein Zelt auf unserem Parkplatz aufgestellt und steht nackt davor.«

»Nackt?«

»Ja, wie unbekleidet

»Bin schon unterwegs!«

Vor der Tür ignorierte ich die wartenden Frauen, die immer noch in ihrem Fetisch-Outfit unterwegs waren, und wandte mich zu dem Zelt. Tatsächlich. Ein unbekleideter Mann.

Er drehte sich um und strahlte mich an. »’nabend, Howard.«

»Kumpel Thilo. Was machst du denn hier?«

Mein Blick wanderte zwischen Zelt, Campingbus und Thilo hin und her und ich versuchte einen tieferen Sinn in den vorhandenen Fakten zu finden. Doch nein, der Freund meines Chefs blieb nackt und sein Zelt stand planlos auf unserem Gästeparkplatz.

»Wonach sieht es aus?«

»Nackt zelten.«

»Genau.«

»Warum?«

»Macht mich einfach geil.«

»Okaaayyy.« Ich zuckte mit den Achseln. War ja ein freies Land und warum sollte ich es mir mit einem netten Stammgast und guten Kunden versauen, nur weil er wochentags einen meiner ohnehin nicht allzu besetzten Parkplatz-Stellplätze blockierte?

»Und wer sind die reizenden Solodamen dort?«

»Ein einmaliger Ausflug«, hoffte ich und wandte meinen Blick zum zweiten Problem des Abends. Die sieben Putzzwerge stiegen gerade in ein Fahrzeug, auf dem gut sichtbar das Logo einer lokalen Reinigungsfirma zu erkennen war.

»Das ist doch gar kein Fetischoutfit. Das sind dickärschige Atta-Girls.«

»Sehe ich auch so.« Ich kam mir mehr denn je verarscht vor.

»Du, putzen die nicht das große Büroobjekt am Ende der Straße?«

»Ja, einmal die Woche«, grummelte ich – und freute mich auf nächsten Mittwoch.

Von Stunde an erhöhten wir den Eintritt für Solodamen in der Woche symbolisch auf 10 Euro – und die munteren Putzzwerge wurden zum Glück nie wieder bei uns gesehen.

2. Das Schwein! - Der Fussmatten-Terrorist

Müde starrte ich auf den Bildschirm und ging die Liste im Geiste noch einmal durch. Hatten wir alles, was für eine Ausstellung auf einer großen überregionalen Erotikmesse notwendig war?

Mobiler Messestand – vorhanden

Flyer – vorhanden

Nette Damen, die sie verteilen – vorhanden

Eintrittsgutscheine für interessierte Paare – vorhanden

Getränke,

Knabberkram und Plastikbehälter für beides – vorhanden

Prima, dachte ich. Schließlich hatten wir es uns zur Aufgabe gemacht, neue Swinger anzuwerben und generell den Swingerclubs etwas von dem faden oder gruseligen Touch zu nehmen, der von einigen halbdokumentarischen Fernsehformaten geprägt worden ist. Das ging am besten mit Ehrlichkeit, Offenheit und indem man an die Orte geht, an die auch sexuell neugierige und erotisch offene Menschen gehen.

Dementsprechend machte ich mich auf, die tragbaren Plakatwände, die die wichtigsten Fakten über unseren Club zusammenfassten und einen visuellen Eindruck von unserer Einrichtung und dem Klientel bieten sollten, einzurollen und sicher zu verstauen. Als ich ungefähr die Hälfte sicher und stramm gerollt hatte, klingelte das Telefon.

»Verflixt!«

Kurz erwog ich, es einfach läuten zu lassen. Aber da auch das andere Büro nicht besetzt war, gewann mein Gewissen.

»Schönen guten Tag, Swingerclub X, Howard Chance am Apparat.«

»Hallo, ich war eben bei euch.«

»Schön für dich und wer bist du?«

»Das Schwein.«

Ich blinzelte. Das Schwein? Das hatte ich doch irgendwo schon einmal gehört. Aber wo? Vorsichtiger geworden erkundigte ich mich: »Und was macht das Schwein

»Scheißt auf Fußmatten.«

»Vollidiot!« Ich legte auf, stürmte nach unten und riss die Vordertür auf. Tatsächlich.

Da lag, mitten auf unserer Fußmatte, ein ansehnliches Häufchen menschlicher Notdurft und stank zum Himmel. Ich schloss die Tür, in der Hoffnung, beim nächsten Öffnen würde sich alles als böser Traum entpuppen. Passierte natürlich nicht. Der Haufen blieb rustikal und massig wo er war und entfaltete mehr und mehr muffige Aromen.

Jetzt erinnerte ich mich auch. Das Schwein. Natürlich. Der Mann mit der Schweinemaske trieb in allen Bundesländern Schindluder und hatte inzwischen den meisten großen Clubs in Deutschland einen eindeutigen Besuch abgestattet. Erst kacken, dann anrufen, war sein Motto. Und wir brauchten nun dringend eine neue Fußmatte.

Das Schwein wurde übrigens wenige Monate später von einer Club-Kollegin aus einer benachbarten Stadt, die ihn »beim Geschäft« aus dem Fenster gesehen hatte, erfolgreich gestellt. Auf der Polizeiwache konnte er nicht genau erklären, was ihn getrieben hatte oder warum er in ganz Deutschland Fußmatten diverser Swingerclubs besudelt hatte. Es habe ihn eben irgendwie erregt.

Von einem wirklichen Verbrechen ist die vorsätzliche Fußmatten-Besudelung nun weit entfernt, es ist schwer jemanden einzusperren, nur weil er in die Ecke scheißt. Die Polizei wollte mit all diesem Blödsinn nichts zu tun haben und schickte das Ferkel in psychiatrische Begutachtung, wo er seine frühkindliche anale Phase hoffentlich inzwischen aufgearbeitet und überwunden hat.

3. Swinger-Thilo auf Tour

Freitag, früher Abend. Ich stand an der Bar und wunderte mich über einen Mann, der nun schon zum dritten Mal innerhalb einer halben Stunde an mir vorüber rauschte und dabei einen großen Kreis durch unser Erdgeschoss zog, wobei er immer wieder den Bogen an den Toiletten vorbei machte. Gerade als er zum vierten Mal an mir vorbei ging und ich mir vornahm, ihn beim fünften Mal zu fragen, was er denn da eigentlich macht (man ist schließlich neugierig), wurde ich von der Seite angetippt.

»Telefon für dich.«

»Für mich?« Ich starrte auf den Hörer, der mir entgegengehalten wurde, nahm ihn aber schließlich entgegen. Wer konnte einer charmanten Frau in Unterwäsche widerstehen, auch wenn man keinen Anruf gebrauchen konnte und eigentlich auch in zwanzig Minuten frei hatte?

»Howard Chance«, meldete ich mich deswegen ein wenig schroff.

»Hallo, Polizei Köln, Kommisar Bäumer am Apparat.«

Polizei? Adrenalin schlug über mir zusammen. Was war passiert? Und was hatte dieses etwas mit mir zu tun?

»Wir haben hier einen Mann, Thilo Jäger. Er hat sie als Kontaktperson angegeben. Da er jetzt wieder nüchtern ist, können Sie ihn bei uns abholen kommen. Stolkgasse!«

»Grundgütiger!«

Soviel zu in zwanzig Minuten frei.

Image

Tatsächlich stand ich eine Stunde später auf der Kölner Altstadt-Wache. Dort erfuhr ich die ganze Geschichte:

Am frühen Nachmittag war Thilo im Brunnen vor dem Hohen Dom zu Köln nahe der Domplatte planschen gegangen. Nackt. Hunderte von Touristen und Shoppern, wie sie in Köln zu dieser Jahreszeit an diesem Ort üblich sind, hatten ihn nicht gestört. Die toleranten Kölner sind Kummer gewohnt und die auswärtigen Gäste dachten sicher, dass alles seine Richtigkeit haben würde. Lediglich der Dom-Aufsicht unter Dienstherr Joachim Kardinal Meissner war die Sache eindeutig zu bunt und so hatte man nach Erscheinen der Ordnungsmacht verlangt, um dem sakralen Platz die Würde zurück zu geben. Wie Thilo in den Brunnen gekommen war, konnte nicht geklärt werden, denn seine Kleidung war nirgendwo zu finden.