cover

Otto A. Böhmer

Das Abenteuer
der Inspiration

Portraits deutscher Dichter
von Lessing bis Dürrenmatt

 

 

 

 

 

 

 

 

Das vorliegende Buch

schließt an Untersuchungen an,

die der Verfasser in den Bänden

Sternstunden der Philosophie,

Zeit des schönen Scheins,

Sternstunden der Literatur und

Lexikon der Dichter vorgelegt hat

Umschlagillustration:

Henri Matisse, ›Végétaux‹, 1952

Copyright © Succession Henri Matisse

2012 ProLitteris, Zürich

Foto: Acquavella Galleries New York,

Private Collection

 

 

Für Christel und Mareike

 

 

Alle Rechte vorbehalten

Copyright © 2012

Diogenes Verlag AG Zürich

www.diogenes.ch

ISBN Buchausgabe 978 3 257 06831 3 (1. Auflage)

ISBN 978 3 257 60196 1

Die grauen Zahlen im Text entsprechen den Seitenzahlen der im Impressum genannten Buchausgabe.

[5] Inhalt

Vorwort  [11]

Ich bin nur eine Mühle  [19]

Lessing und der Glaube an die Vernunft

Das alles schläft in dir  [29]

Herder und die Sprache des Herzens

Einem Nachtwandler ähnlich  [49]

Goethe und der Gebrauchswert der Literatur

Wie die erste Liebe  [63]

Schiller und das große Band der Schöpfung

Das Auge des Todes  [85]

Jean Paul und die Entdeckung des fügsamen Ich

Es ereignet sich aber das Wahre  [95]

Hölderlin und das unschuldigste aller Geschäfte

Immer nach Hause  [105]

Novalis und das Feuer des Schönen

Eine Oper im Geiste  [128]

Hoffmann und die Faxen des Seins

Wenn man Tränen schreiben könnte  [138]

Kleist und die Kunst, sich das Leben schwerzumachen

[6] Was ist aus uns geworden  [151]

Brentano und die Phantasie des zerrissenen Herzens

Zündend fürs ganze Leben  [178]

Eichendorff und das Herz der Welt

Man arbeitet sich durchs Leben  [189]

Droste-Hülshoff und die Träume des Tages

Nicht fürchten die Menschen  [205]

Gotthelf und die Liebe zum Emmental

Nichts als ein Dichter  [221]

Heine und das Selbstbewußtsein der Freiheit

Eine entsetzliche Gleichheit  [240]

Büchner und der Fatalismus der Geschichte

Kein Klang der aufgeregten Zeit  [252]

Storm und das Lied von der Heimkehr

Des Tages leise Ahnung  [268]

Keller und das Didaktische im Poetischen

Das Große spricht für sich selbst  [277]

Fontane und die Gunst der späten Ankunft

Die Stimmen, die da kommen sollen  [289]

Rilke und die Arbeit eines Sommers

Das Spiel kommt zu Würden  [303]

Thomas Mann und die Textur der Vergänglichkeit

Mehr Sehnsucht als Erfüllung  [317]

Hesse und die Stufen des Lebens

[7] Den inneren Menschen erfinden  [330]

Musil und der andere Zustand

Als ein Traum, als ein Schweben  [340]

Kafka und das nichtgelebte Leben

Eingerahmt von Dunkelheiten  [351]

Roth und der Abglanz des Himmels

Die gewissen Möglichkeiten  [368]

Brecht und die Unbedenklichen

Der unsichtbare Kurs  [378]

Andersch und der Augenblick der Freiheit

Das Weltlabyrinth  [394]

Dürrenmatt und seine Stoffe

Literaturhinweise  [413]

[9] Wir werden doch nicht nur geboren, um hinzunehmen oder aufzuschreiben, was war und wie es war, sondern alles wartet auf uns, die Dinge suchen ihren Dichter und wollen auf uns bezogen sein.

Ernst Bloch

[11] Vorwort

Daß es bevorzugt die Literatur ist, die von inspirativen Momenten lebt, gilt als verbreitete und, letztlich, wohl auch begründete Annahme, die allerdings etwas in die Jahre gekommen ist – so wie die Literatur insgesamt etwas in die Jahre gekommen ist und sich doch noch wacker schlägt. In ernüchterten Zeiten vertraut man weniger auf Inspirationen, die es schwer haben, wenn Wissen wuchert und das Geheimnis entfällt; zu bedeckt hält sich ein einstmals schönes und nun sehr angegriffenes Leben, zu zäh kommt ein Pflichten- und Stimmungsalltag daher, als daß aus ihm noch zündende Funken zu schlagen wären. Dabei machte der Zündflug des Gedankens das Wesen der Inspiration (lat. »Einatmung«, »Einhauchung«) aus: Er traf, traf zu, und Erleuchtung, Eingebung, Erhellung waren die Folge. Wer das Glück hatte, inspiriert zu sein, wurde ergriffen: »Man zog ein Gesicht dazu wie zu einem Gebet, und hielt den Schritt an«, schreibt Nietzsche in der Fröhlichen Wissenschaft, »ja man stand stundenlang auf der Straße still, wenn der Gedanke ›kam‹… So war es ›der Sache würdig‹.«

Inspirationen sind unterschiedlich intensiv, so wie auch die Gefühle, die uns zusetzen, unterschiedlich intensiv sind. Entsprechend fallen die Wertungen aus, die wir mit ihnen verbinden; wir hätten es gerne groß und heftig, haben indes, begründeterweise, Angst davor und sind zuletzt froh [12] und dankbar, wenn wir es überhaupt noch schaffen, fortzukommen von den gewöhnlichen Beschwernissen, vom unspektakulären Lasten- und Leidensdruck, vom Mißmut des Positiven, und sei es nur für den einen erfüllten Augenblick, der vorgesehen ist für das absolute Genügen, für Entrückung und Klarsichtigkeit ohne Ich. In der Geistesgeschichte waren es denn auch meist die großgemusterten Erleuchtungen, die von sich reden machten; leidenschaftliche Zumutungen, Blitzeinschlag im Kopf, Einflüsterungen, die das Wahre, »das Licht einer wunderbaren Einsicht« (Descartes) erahnen ließen. Das Ganze vollzog sich ungestraft und durfte nur unwiderstehlich sein: »Eine wahrhaft beglückende, entrückende, zweifellose und gläubige Inspiration«, glaubt der Teufel in Thomas Manns Doktor Faustus versprechen zu können, »eine Inspiration, bei der es keine Wahl, kein Bessern und Basteln gibt, bei der alles als seliges Diktat empfangen wird, der Schritt stockt und stürzt, sublime Schauer den Heimgesuchten von Scheitel zu den Fußspitzen überrieseln, ein Tränenstrom des Glücks ihm aus den Augen bricht (…).« Eine solche massive, vor Gedankengewalt nicht zurückschreckende Einwirkung hatte schon Nietzsche, von dem Thomas Mann bekanntlich viel hielt, der Inspiration zugeschrieben und damit auch und vor allem sich selbst gemeint: »Man hört nicht, man sucht nicht«, heißt es in Ecce Homo, »man nimmt, man fragt nicht, wer da gibt; wie ein Blitz leuchtet ein Gedanke auf, mit Notwendigkeiten, in der Form ohne Zögern – ich habe nie eine Wahl gehabt. Eine Entzückung, deren ungeheure Spannung sich mitunter in einen Tränenstrom auslöst; bei der der Schritt unwillkürlich bald stürmt, bald langsam wird; ein [13] vollkommenes Außer-sich-Sein mit dem distinktesten Bewußtsein einer Unzahl feiner Schauder und Überrieselungen (…); eine Glückstiefe, in der das Schmerzlichste und Düsterste nicht als Gegensatz wirkt, sondern als bedingt, als herausgefordert (…). Alles geschieht im höchsten Grade unfreiwillig, aber wie in einem Sturme von Freiheits-Gefühl, von Unbedingtsein, von Macht, von Göttlichkeit (…). Es scheint wirklich, um an ein Wort Zarathustras zu erinnern, als ob die Dinge selber herankämen und sich zum Gleichnisse anböten.«

Die Inspirationen, von denen wir in unserem Buch erzählen, fallen allerdings meist unspektakulärer aus; sie ergeben sich beiläufig, wachsen aus einer Ordnung auf, die von untergründigen Freiheiten lebt. Sie kommen von Stimmungen her, von Erlebnissen, die so lange Haltung annehmen, bis sie ihre Folgerungen anmahnen und Vollzug melden können; ein Geschehensverlauf, der notwendig anmutet und, in der Rückschau, gleichwohl von Freiheit und Abenteuer kündet. Es ist eine Zeit des schönen Scheins, der die Inspiration entspricht; wenn sie kommt, sollte der Dichter sie für sich nutzen und zur tragenden Idee werden lassen: »Denn eine Idee: das bist du; in einem bestimmten Zustand«, läßt Robert Musil seinen Mann ohne Eigenschaften sagen. »Irgend etwas haucht dich an; wie wenn in das Rauschen von Saiten plötzlich ein Ton kommt; es steht etwas vor dir wie eine Luftspiegelung; aus dem Gewirr deiner Seele hat sich ein unendlicher Zug geformt, und alle Schönheiten der Welt scheinen an seinem Wege zu stehn. Das bewirkt oft eine einzige Idee.«

Verdichtet sich diese Idee, ist sie nicht nur jäh und [14] fordernd, sondern auch nachhaltig, kann man sie rückblickend als Schlüsselerlebnis deuten, dem man nicht mehr davonkonnte. »Zweiundzwanzigjährig«, notierte Ernst Bloch, »kam der Blitz: die Entdeckung des Noch-Nicht-Bewußten, die Verwandtschaft seiner Inhalte mit dem ebenso Latenten in der Welt. Besonders in der schöpferischen Arbeit wird eine eindrucksvolle Grenze überschritten, die ich als die Übergangsstelle zum noch nicht Bewußten bezeichne. Mühe, Dunkel, krachendes Eis, Meeresstille und glückliche Fahrt liegen um diese Stelle. An ihr hebt sich, bei gelingendem Durchbruch, das Land, wo noch niemand war, ja das selber noch niemals war. Das den Menschen braucht, Wanderer, Kompaß, Tiefe im Land zugleich.«

Ähnlich sah es Elias Canetti, der den »entscheidenden, den eigentlich aufschlußreichen Moment im Leben eines Menschen« als Empfindungs- und Deutungskonzentrat beschrieb, »in dem die disparaten Elemente, die er in sich trägt, die zerstreut und unverbunden in ihm herumliegen, plötzlich zu einem unsichtbaren Kristall zusammenschießen, der nie mehr aufzulösen ist, von dessen harter, spürbarer, ja vielleicht schmerzlicher Form alles bestimmt sein wird, was er je unternimmt. Von diesem inneren Kristall wird er sich nie mehr befreien können, und ob er durch ihn scheitern wird oder ihm schließlich entspricht, wird sich erst sehr spät, manchmal sogar erst lange nach seinem Tod erweisen, nämlich dann, wenn Sinn oder auch Unsinn seines Werkes anderen aufgeht. Dieser Moment kann blitzartig sein, er kann sich aber auch zu Jahren dehnen.«

Wer in der Lage ist, sein Leben von außen, gleichsam wie ein wohlwollender Beobachter zu betrachten, der wird [15] feststellen, daß es immer wieder Phasen des Neubeginns gibt, die, zumindest in der nachträglichen Wertung, als eminent wichtig erscheinen und einer Läuterung gleichkommen. Man ist sich fast sicher, daß eine andere Zeit begonnen hat, – eine Zeit des phantastischen Gelingens, das auch mit Fehlschlägen auskommen kann. Ein solches Wissen ist wie ein neues Leben; Hermann Hesse hat es seinen Siddhartha sagen lassen, der sein altes Dasein abstreift, um einen Anfang zu wagen, der wie eine Wiedergeburt ist – unter dem Zeichen des schönen Scheins: »O wie gut ist dies Geflohensein, dies Freigewordensein! Wie rein und schön ist hier die Luft, wie gut zu atmen! (…) Lange sann er noch über seine Verwandlung, lauschte dem Vogel, wie er vor Freude sang. War nicht dieser Vogel in ihm gestorben, hatte er nicht seinen Tod gefühlt? Nein, etwas anderes in ihm war gestorben, etwas, das schon lange sich nach Sterben gesehnt hatte (…). Er war gestorben, ein neuer Siddhartha war aus dem Schlaf erwacht. Auch er würde alt werden, auch er würde einst sterben müssen, vergänglich war Siddhartha, vergänglich war jede Gestaltung. Heute aber war er jung, war ein Kind, der neue Siddhartha, und war voll Freude. Diese Gedanken dachte er, (…) hörte dankbar einer summenden Biene zu. Heiter blickte er in den strömenden Fluß, nie hatte ihm ein Wasser so wohl gefallen wie dieses, nie hatte er Stimme und Gleichnis des ziehenden Wassers so stark und schön vernommen. Ihm schien, es habe der Fluß ihm etwas Besonderes zu sagen, etwas, das er noch nicht wisse, das noch auf ihn warte. In diesem Fluß hatte sich Siddhartha ertränken wollen, in ihm war der alte, müde, verzweifelte Siddhartha heute ertrunken. Der neue Siddhartha aber fühlte [16] eine tiefe Liebe zu diesem strömenden Wasser und beschloß bei sich, es nicht so bald wieder zu verlassen.«

Inspirationen, die nachhaltig sein wollen, orientieren sich an zukünftiger Maßarbeit, folgen aber auch einem Muster, das näher am Geduldsspiel und am Unscheinbaren steht als an überbordenden Inszenierungen. Gefordert bleibt eine Aufmerksamkeit, die sich für Nebensächlichkeiten nicht zu schade ist, ohne das Große und Ganze aus den Augen zu verlieren. Originalität, so Bloch, kommt ohnehin von alleine, sie läßt sich nicht herbeireden. Geduld ist gefragt, auch für das Abenteuer der Inspiration: »Neuer Ton geht anfangs nur wenigen ein, selten anders. Solcher Anfang kann lange dauern, doch einmal hört er auf (…). So notwendig ein Blick ist, der sich aufs Verreisen versteht und aufs Nebenbei, das oft instanzenreiche, so sehr ist das im Grunde Einheitliche, ja Einfache seiner Sache dem Philosophen unerläßlich. Ein Punkt gehört dazu, worin sich, einmal gespürt, das ganze Wesen konzentriert (…).«

Das Abenteuer der Inspiration, das zum schönen Schein führt, weiß die Gunst des erfüllten Augenblicks zu schätzen, der immer mehr will, als ihm in der Rückschau zugetraut wird. »Verweile doch, du bist so schön«: Im Idealfall bleibt dieser erfüllte Augenblick sich selbst treu, wächst über sich hinaus und wird zu einer Idee, die Haltung bewahrt, sogar im Alltag, der den schönen Schein ansonsten gekonnt zu behindern weiß. Noch einmal Ulrich Clarisse, die Hauptfigur in Robert Musils Roman Mann ohne Eigenschaften: »Nach einer Weile wird« die Idee »allen anderen Ideen, die du schon gehabt hast, ähnlich, sie ordnet sich ihnen unter, sie wird ein Teil deiner Anschauungen und deines [17] Charakters, deiner Grundsätze oder deiner Stimmungen, sie hat die Flügel verloren und eine geheimnislose Festigkeit angenommen.«

Das Abenteuer der Inspiration ist mehr als ein Abenteuer, es bekennt sich zum Wagnis des großen Wurfs und gleicht einem kleinen, unscheinbaren Wunder. Der schöne Schein, von dem zu berichten ist, läßt durchblicken, was formidabel war und doch sehr vergänglich. Es ist ein seltsam gutes Leben, von dem er kündet, das uns, ein ums andere Mal, dazu bringt, ins Unbekannte vorzustoßen, um dann doch wieder dort anzukommen, wo, nach Novalis, jegliche Reise endet – es geht »immer nach Hause«.

[19] Ich bin nur eine Mühle

Lessing und der Glaube an die Vernunft

Gotthold Ephraim Lessing,
geb. am 22. Januar 1729 in Kamenz (Lausitz),
gest. am 15. Februar 1781 in Braunschweig

Es ist nicht einfach für einen Dichter, einfach zu schreiben; das Komplizierte macht mehr her. Von einem Dichter, der dunkle Satzgebilde strickt, nimmt man an, daß er schlauer sein könnte als andere, gerade weil man ihn nicht recht versteht. Wer einfach schreibt, muß zudem mutig sein: Er lehnt sich weit aus dem Fenster, alles, was er sagt, kann gegen ihn verwendet werden. Der Dichter Lessing war solch ein mutiger Mann; er ließ sich nicht verbiegen, glaubte an die Vernunft im Menschen, an seine Mitleidsfähigkeit, an eine Bildung des Herzens, die mehr wert ist als kalte Gelehrsamkeit. Lessing kommt als Sohn eines Pfarrers zur Welt, der ehrgeizige Pläne hat: Der Sohn soll ein bekannter Prediger werden. Dafür unterrichtet er ihn erst einmal selbst (»versichern kann man, daß Lessing, sobald er nur etwas lallen konnte, zum Beten angehalten wurde«), gibt ihn dann auf die örtliche Lateinschule und erreicht, daß er eine Freistelle an der renommierten Fürstenschule St. Afra in Meißen erhält. Der Sohn macht brav mit, zeigt sich als hervorragender Schüler; in einer Bewertung des Lehrerkollegiums heißt es allerdings, daß er gelegentlich eine »mokante« Art habe. [20] Sein Rektor spart dennoch nicht mit Lob und findet dafür auch einen passenden Vergleich: »Er ist ein Pferd, das doppeltes Futter haben muß: Die Lectiones, die andern zu schwer werden, sind ihm kinderleicht. Wir können ihn fast nicht mehr brauchen.«

1746 geht Lessing nach Leipzig; dort studiert er zuerst Theologie und dann Medizin, beide Fächer behagen ihm nicht. Inzwischen hat er nämlich seine Liebe zum Theater entdeckt und ein Stück geschrieben (Der junge Gelehrte), das zwei Jahre später mit Erfolg uraufgeführt wird.

Vor den Büchern kommt das Leben, erkennt Lessing; Lesen ist Zeitvertreib, macht einen zuweilen klüger, geht aber nur selten zu Herzen und verursacht, wenn die Lektüre gar zu vertrackt anmutet, nur Kopfschmerzen. Nach einem weiteren zähen und somit verschenkten Nachmittag in der Bibliothek wird ihm klar, daß er etwas ändern muß; eine Existenz, wie sie sich der Vater für seinen Sohn vorstellt, kann er nicht führen. In einem Brief an die Mutter wird er grundsätzlich: »Ich komme jung von Schulen, in der gewissen Überzeugung, daß mein ganzes Glück in den Büchern bestehe. Ich komme nach Leipzig, an einen Ort, wo man die ganze Welt im Kleinen sehen kann. Ich lebte die ersten Monate so eingezogen, als ich sie in Meißen nicht gelebt hatte… Doch es dauerte nicht lange, so gingen mir die Augen auf: Soll ich sagen, zu meinem Glücke, oder zu meinem Unglücke? Die künftige Zeit wird es entscheiden.« In Wahrheit aber hat Lessing die Entscheidung der künftigen Zeit schon vorweggenommen, und er ist selbstbewußt genug, sich davon nicht abhalten zu lassen: »Ich lernte einsehen, die Bücher würden mich wohl gelehrt, aber nimmermehr [21] zu einem Menschen machen. Ich wagte mich von meiner Stube unter meinesgleichen. Guter Gott! Was für eine Ungleichheit wurde ich zwischen mir und anderen gewahr…« Ganz ohne Bücher geht es aber auch nicht, weiß der junge Lessing, der 23 Jahre später als Bibliothekar nach Wolfenbüttel berufen wird; mit den Büchern ist es wie mit den Menschen, man muß etwas genauer hinschauen, um herausfinden zu können, mit wem man gern Umgang hat und mit wem nicht. Lessing hat da für sich schon die Probe aufs Exempel gemacht; im Zweifelsfall läßt er sich lieber eine Komödie als ein Trauerspiel vorführen: »Ich legte die ernsthaften Bücher eine Zeitlang auf die Seite, um mich in denjenigen umzusehen, die weit angenehmer und vielleicht ebenso nützlich sind. Die Comoedien kamen mir zuerst in die Hand. Es mag unglaublich vorkommen, wem es will, mir haben sie sehr große Dienste getan. Ich lernte daraus eine artige und ungezwungene, eine grobe und natürliche Aufführung unterscheiden. Ich lernte wahre und falsche Tugenden daraus kennen, und die Laster ebensosehr wegen ihres Lächerlichen als wegen ihrer Schändlichkeit fliehen.« Auch in Lessings Jugendwerk Der junge Gelehrte (1748) wird diese Einsicht ans Publikum weitergegeben, als das junge Dienstmädchen Lisette dem zu Arroganz und Abgehobenheit neigenden Vielleser Damis erklärt: »Über den Büchern können Sie doch unmöglich die ganze Zeit liegen. Die Bücher, die toten Gesellschafter! Nein, ich lobe mir das Lebendige.«

Lessing beschließt, ganz Schriftsteller zu sein, ein kühner Entschluß, denn schon in Leipzig lebt er über seine Verhältnisse und muß vor seinen Gläubigern auf der Hut sein. [22] Er flieht nach Berlin, betätigt sich als Journalist für verschiedene Blätter, u.a. für Das Neueste aus dem Reiche des Witzes, eine Beilage der Vossischen Zeitung. Witzig ist Lessing, keine Frage, das fällt auf, gefällt aber nicht jedem. Immerhin kann er sich von den gröbsten wirtschaftlichen Sorgen befreien und sogar sein Studium 1752 mit dem Magisterexamen abschließen. Dort äußert er sich u.a. anerkennend über den spanischen Arzt und Philosophen Juan Huarte, der ihm als Vorbild gilt: »Er ist kühn, er verfährt nie nach den gemeinen Meinungen, er beurteilt und treibt alles auf seine besondere Art, er entdeckt alle seine Gedanken frei und ist sich selbst sein eigner Führer.« Sein eigner Herr sein, das möchte auch Lessing, was aber schwer ist in Zeiten, die sich lange, viel zu lange, an das Diktat der herrschenden Potentaten gewöhnt haben. Einer davon ist der preußische König Friedrich II., der sich aus eigenen Gnaden aufgeklärt gibt, gern französisch spricht und den Dichterfürsten Voltaire zu Gast hat. Lessing imponiert das nicht, er hat die Mechanismen der Macht durchschaut und scheut sich nicht, sie mit feinem Spott beim Namen zu nennen: »Dort, der Regent, ernährt eine Menge schöner Geister, und braucht sie des Abends, wenn er sich von den Sorgen des Staates durch Schwänke erholen will, zu seinen lustigen Räten. Wieviel fehlt ihm, ein Mäcen zu sein! Nimmermehr werde ich mich fähig fühlen, eine so niedrige Rolle zu spielen; und wenn auch Ordensbänder zu gewinnen stünden. Ein König mag immerhin über mich herrschen; er sei mächtiger, aber besser dünke er sich nicht.«

Lessing schreibt viel, gilt bald als einer der führenden deutschen Literaturkritiker. Dabei stellt er folgendes fest: [23] »Es gibt eine Art des Tadels, welche dem Getadelten Ehre macht. (…) Man schätzt jeden nach seinen Kräften. Einen elenden Dichter tadelt man gar nicht; mit einem mittelmäßigen verfährt man gelinde; gegen einen großen ist man unerbittlich. Bleibt sich dieser nicht allezeit gleich, entwischt ihm hier und da eine matte Zeile; diese matte Zeile, welche die Zierde eines mittelmäßigen Dichters sein könnte, wird unerträglich.«

Es beginnen unruhige Jahre für den Schriftsteller Lessing: Von 1755 bis 1758 ist er wieder in Leipzig, begibt sich dann auf eine Bildungsreise, die er jedoch bald schon wegen des Siebenjährigen Krieges abbrechen muß. Er kehrt nach Berlin zurück, wo es ihn aber nicht hält: Zur Verwunderung seiner Freunde wechselt er die Fronten und wird 1760 Regimentssekretär des preußischen Generals Tauentzien in Breslau. Er kann das begründen: Die Festanstellung, die er gewählt hat, verlangt wenig Einsatz, dafür läßt sie ihm Zeit zum Schreiben. Das Lustspiel Minna von Barnhelm entsteht und eine ästhetische Abhandlung mit dem Titel Laokoon oder Über die Grenzen der Malerei und Poesie. Minna von Barnhelm ist eine der ersten selbstbewußten Frauen auf deutschen Theaterbühnen; ihrem ein wenig steifen, zur Schwermütigkeit neigenden Verehrer Major von Tellheim, der ihr vorhält: »Sie wollen lachen, mein Fräulein. Ich beklage nur, daß ich nicht mitlachen kann«, entgegnet sie: »Was haben Sie denn gegen das Lachen? Kann man denn nicht auch lachend sehr ernsthaft sein?« Noch einmal kehrt Lessing nach Berlin zurück; dann geht er auf Reisen und arbeitet von 1767 bis 1769 als Dramaturg in Hamburg. Die Hamburgische Dramaturgie, die er entwickelt, setzt Maßstäbe für ein [24] Theater, das sich von den damaligen starren Regeln befreien will. Der Schriftsteller Lessing erweitert zudem die Arbeitsplatzbeschreibung des Kritikers Lessing, der sich an folgende Grundsätze hält: »Wenn ich Kunstrichter wäre (…), so würde meine Tonart diese sein: gelinde und schmeichelnd gegen den Anfänger; mit Bewunderung zweifelnd, mit Zweifeln bewundernd gegen den Meister; abschreckend und positiv gegen den Stümper; höhnisch gegen den Prahler (…). Der Kunstrichter, der gegen alle nur einen Ton hat, hätte besser gar keinen. Und besonders der, der gegen alle nur höflich ist, ist im Grunde gegen die er höflich sein könnte, grob.« In Hamburg scheitert Lessing, erst am Theater, das geschlossen wird, dann bei dem Versuch, sich als Verlagsbuchhändler durchzusetzen. 1770 nimmt er, der Not gehorchend, wieder eine feste Stelle an: Er wird Bibliothekar in Wolfenbüttel, wo er zwar über eine der ansehnlichsten Bibliotheken Europas wachen darf, aber einen gehobenen Hungerlohn bezieht und von den Launen seines Dienstherrn, des Herzogs von Braunschweig, abhängig ist. Zu den Büchern indes, die ihm früher für schwere Wissenslast und trockene Gelehrsamkeit standen, entwickelt er nun eine späte Herzensbindung; er erkennt, daß Bücher einer Wertschätzung bedürfen, die, geht man denn nur hochachtungsvoll genug mit ihnen um, die »toten Gesellschafter« auf einmal wieder zum Leben erweckt. Seine Arbeitsdevise beschreibt der Bibliothekar Lessing so: »Ich bin Aufseher von Bücherschätzen (…). Wenn ich nun unter den mir anvertrauten Schätzen etwas finde, von dem ich glaube, daß es nicht bekannt ist: so zeige ich es an. (…) und bin ganz gleichgültig dabei, ob es dieser für wichtig oder jener für unwichtig [25] erklärt, ob es denn dem einen frommt oder dem andern schadet. Nützlich und verderblich sind ebenso relative Begriffe als groß und klein. (…)«

Obgleich sein Bibliothekarsdasein, von außen betrachtet, eher beschaulich anmutet, wird Lessing, der zeit seines Lebens ein reizbarer Unruhegeist bleibt, nicht viel bedächtiger; er streitet sich weiterhin gern, hat die Auseinandersetzungen, an denen er beteiligt ist, lieber pointiert und polemisch als wachsweich und vornehm. Allerdings läßt der Reiz des Kontroversen nach; die ersten Altersmalaisen setzen ihm zu, von denen man bekanntlich nicht fröhlicher wird. Er bemüht sich um Gelassenheit, die ihm jedoch nicht einfach so in den Schoß fällt. Lessing geht gegen seine Reizbarkeit an, steht im Beruhigungsgespräch mit sich selbst; über Willkür und Dummheit, die ihn als jungen Mann geradezu reflexhaft in Protesthaltung brachten, will er sich nicht mehr aufregen als unbedingt nötig. »Ich, ich will mich nicht ärgern oder mich geschwind, geschwind abärgern, damit ich bald wieder ruhiger werde und mir den Schlaf nicht verderbe, um dessen Erhaltung ich besorgter bin als um alles in der Welt. – Nun wohlan, meine liebe Irascibilität! Wo bist du! Wo steckst du? Du hast freies Feld. Brich nur los, tummle dich brav! (…) Nun mach bald, was du machen willst, knirsch mir die Zähne, schlage mich vor die Stirn, beiß mich in die Unterlippe! (…) Und doch will ich es heute nicht fühlen, so gern ich es auch heute fühlen möchte.«

Lessings Bestandsaufnahme in eigener Sache fällt nicht sonderlich optimistisch aus; am Ende hat man sich Mühe gegeben und war in den entscheidenden Momenten allein: »Ich bin wahrlich nur eine Mühle und kein Riese. Da stehe [26] ich auf meinem Platze ganz außer dem Dorfe, auf einem Sandhügel allein, und komme zu niemandem und helfe niemandem und lasse mir von niemandem helfen. Wenn ich meinen Steinen etwas aufzuschütten habe, so mahle ich es ab, mit welchem Winde es will. Von der ganzen weiten Atmosphäre verlange ich nicht einen Fingerbreit mehr, als gerade meine Flügel zu ihrem Umlaufe brauchen. Nur diesen Umlauf lasse man ihnen frei. Mücken können dazwischen hin schwärmen: aber mutwillige Buben müssen nicht alle Augenblicke sich darunter durchjagen wollen; noch weniger muß sie eine Hand hemmen wollen, die nicht stärker ist als der Wind, der mich umtreibt. Wen meine Flügel mit in die Luft schleudern, der hat es sich selbst zuzuschreiben: auch kann ich ihn nicht sanfter niedersetzen, als er fällt.«

Durch vereinzelte Reisen möchte sich Lessing aus seiner Isolation befreien; das Klima an den Fürstenhöfen aber macht ihn noch immer frösteln, ihm hilft nur die altbewährte Ironie: »Bei Hofe (…) habe [ich] mit andern getan, was zwar nichts hilft, wenn man es tut, aber doch wohl schaden kann, wenn man es beständig unterläßt; ich habe Bücklinge gemacht und das Maul bewegt.« 1776 ernennt man ihn dennoch zum Hofrat, und er heiratet seine langjährige Verlobte Eva König. Weihnachten 1777 wird sein erster Sohn geboren, der nur 24 Stunden am Leben bleibt. Vierzehn Tage später stirbt seine Frau. Gegen die Trauer geht er mit seinen Mitteln an: »Ich verlor ihn so ungern, diesen Sohn! Denn er hatte so viel Verstand! So viel Verstand! (…) War es nicht Verstand, daß er die erste Gelegenheit ergriff, sich wieder davonzumachen?« »Meine Frau ist tot; und diese Erfahrung habe ich nun auch gemacht. Ich freue mich, daß mir [27] viel dergleichen Erfahrungen nicht mehr übrig sein können (…), und bin ganz leicht.« Er versucht, über den doppelten Verlust hinwegzukommen: »Totsein hat nichts Schreckliches; und insofern Sterben nichts als der Schritt zum Totsein ist, kann auch das Sterben nichts Schreckliches haben.« Als er fast schon zur Ruhe gekommen ist, sieht sich Lessing doch noch einmal veranlaßt, streitbar zu werden: Er legt sich mit dem einflußreichen Hamburger Hauptpastor Goeze an, der seine Frömmigkeit mit rhetorischem Aufwand und so unduldsam betreibt, daß »er seine Leute« am liebsten »an den Haaren in den Himmel schleppt«. In der Kontroverse mit Goeze, die er mit der Empfehlung »Lieber Herr Pastor! Poltern Sie doch nicht so in den Tag hinein, ich bitte Sie« einleitet, läuft Lessing noch einmal zu großer Form auf. Der Gott, den er meint, braucht keinen Namen, keine devoten Beschreibungen, man muß nicht einknicken vor diesem Gott. Das Christentum kam einst als frohe Botschaft daher; unter dem Zugriff der Kirchenverwalter wurde sie jedoch in Glaubensakte und Anbetungsvorschriften zerlegt, die den Gottesglauben zu einer freudlosen Sache machen. Lessings persönliches Glaubensbekenntnis wird in dem berühmten Stück Nathan der Weise (1779) dargelegt, das sein Vermächtnis geworden ist: »Ich weiß«, sagt Lessings Nathan, »wie gute Menschen denken, weiß; daß alle Länder gute Menschen tragen.«

Der Dichter und Kritiker Lessing hat der deutschen Literaturgeschichte, die man als schwebendes Verfahren nehmen sollte, das kein abschließendes Urteil braucht, ausgesprochen gutgetan. Als ein Mann mit Witz hat er die Vernünftigkeit anmutig und die Schwere unseres Denkens [28] leicht werden lassen. Der Mensch soll sich nicht in seinem Besitz verschanzen, schon gar nicht im Besitz vorgeblicher Wahrheit(en); nur wer sucht, findet, wer aber hat, dem wird auch genommen: »Nicht die Wahrheit, in deren Besitz irgendein Mensch ist oder zu sein vermeinet, sondern die aufrichtige Mühe, die er angewandt hat, hinter die Wahrheit zu kommen, macht den Wert des Menschen. Denn nicht durch den Besitz, sondern durch die Nachforschung der Wahrheit erweitern sich seine Kräfte (…). Der Besitz macht ruhig, träge, stolz.«

[29] Das alles schläft in dir

Herder und die Sprache des Herzens

Johann Gottfried Herder,
geb. am 25. August 1744 in Mohrungen (Ostpreußen),
gest. am 18. Dezember 1803 in Weimar

Er gehört zu den Weimarer Größen, von deren Ruhm die Stadt heute noch zehrt: Johann Gottfried Herder. Mißt man seinen Bekanntheitsgrad allerdings an dem der Herren Goethe und Schiller, scheint Herder womöglich doch kein ganz Großer gewesen zu sein; die landläufige Meinung, zu Herders Lebzeiten auf den Weg gebracht und bis auf den heutigen Tag fortgeführt, hat ihn eher am Rande belassen, in jenem Warteraum der Geistesgeschichte, in dem noch andere Dichter und Denker der Wiederentdeckung harren. Dass Herder nicht ganz nach oben kam, hatte allerdings auch mit ihm selbst zu tun: Er machte es sich und anderen nicht leicht, war launisch, neigte zu Depressionen. Der gutmütige Spott war seine Sache nicht, eher schon die schneidende Ironie, die manchmal unangenehm nah an die Selbstüberschätzung rückt – damit schafft man sich keine Freunde. So ist Herder, insgesamt, wohl unter seinen Möglichkeiten geblieben, die größer waren, als es seine Zeitgenossen wahrhaben wollten.

Johann Gottfried Herder wird am 25. August 1744 im ostpreußischen Mohrungen geboren, das er selbst »die kleinste [30] Stadt im dürren Lande« nennt, was übertrieben war, denn das Städtchen hatte mehr als 1000 Einwohner, ein Schloß, etliche Kirchen und eine Stadtmauer mit drei Toren. Herders Blick zurück indes blieb eingetrübt; Mohrungen verband er mit Enge und einer, wie er sagt, »dunklen Mittelmäßigkeit«. Herders Vater betätigt sich zunächst als Tuchmacher und wird später, als sein Geschäft immer weniger abwirft, Küster und Glöckner in städtischen Diensten. Von seinen fünf Kindern überleben drei; ein recht guter Schnitt, denn damals ist die Säuglingssterblichkeit hoch und jede Geburt ein Wagnis für Mutter und Kind. Die Herders sind fromme Leute; ihr Gottesglaube gehört zur Grundausstattung der Familie und bleibt über wesentliche Zweifel erhaben. Von seiner Mutter, die die Welt in stiller Demut und manchmal sogar mit Fröhlichkeit nimmt, sieht sich Johann Gottfried Herder mehr geprägt als von seinem Vater; »ein verwöhntes und mütterliches Kind« sei er gewesen, sagt er von sich. Herder wird zunächst von seinem Vater unterrichtet und kommt dann an die Mohrunger Stadtschule. Dank eines privaten Förderers kann er später an der Universität Königsberg studieren. Im Vergleich zu Mohrungen ist Königsberg eine Metropole. Mehr als 60 000 Menschen leben hier, Russen und Deutsche; die Universität, an der auch Kant lehrt, der zum weltberühmten Philosophen wird, hat einen ausgezeichneten Ruf. Herder versucht sich zunächst als Medizinstudent, doch schon beim ersten chirurgischen Eingriff fällt er in Ohnmacht und muß hinausgetragen werden. Am 11. August 1762 schreibt er sich an der Theologischen Fakultät ein. Was er von diesem Studium erwartet, weiß er nicht so recht; seine Erwartungen sind gedämpft, für sich selbst [31] allerdings hegt er ehrgeizige Pläne. Eine grundsätzliche Schwierigkeit kommt hinzu: Zu unkritisch, buchstabenlastig, phantasielos erscheint ihm die zeitgenössische Theologie – der Gott, den er in ihren dickleibigen Büchern zu erkennen meint, ist ein mürrischer, alter Mann geworden. Herder jedoch glaubt an einen lebendigen Gott, der den Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen hat, damit er in einer wunderbaren Welt große Dinge vollbringt; jegliche Kleingeistigkeit und Duckmäusertum sind Gott zuwider. Der Mensch, glaubt Herder, muß sich begeistern lassen: Es gilt »von dem zu reden, was unsre wahre Bestimmung (…) sei: die eigentliche herrliche Natur des Menschen, zu der ihn sein Gott geschaffen, mit allen ihren Vorzügen ins Licht zu setzen: (…) wie sehr wir unser Glück bauen, wenn wir den Anlagen unserer Natur treu bleiben, unsre Vernunft und Gewissen herrschend in uns machen, keine unsrer Pflichten und Bestimmungen verkennen, in jeder Tätigkeit der Seele vollkommen werden, und bloß dadurch Anspruch auf Glückseligkeit haben, wenn wir vor Gott und unsrem Gewissen in allem Umfange unsrer Bestimmung und Pflicht, mit aller Redlichkeit des Herzens und aller Wirksamkeit das sind, was wir sein sollen (…).«

Mehr als zur Theologie fühlt sich Herder zu Philosophie und Literatur hingezogen. Er hört Vorlesungen bei Kant, der damals selbst noch ein Suchender ist. Seine Kritik der reinen Vernunft, jenes bahnbrechende Werk, das den Erkenntnisanspruch der Philosophie auf eine neue Grundlage stellt, hat er noch nicht geschrieben; Kant befindet sich in einem Stadium des vorbereitenden Denkens und läßt seine Studenten daran teilhaben. Herder, der dem reifen Kant kritisch [32] gegenübersteht, bewahrt dem jungen Kant ein ehrendes Andenken: »Ich habe das Glück genossen, einen Philosophen zu kennen, der mein Lehrer war. Er in seinen blühendsten Jahren hatte die fröhliche Munterkeit eines Jünglings. – Seine offene, zum Denken gebaute Stirn war ein Sitz unzerstörbarer Heiterkeit und Freude; die gedankenreichste Rede floß von seinen Lippen; Scherz und Witz und Laune standen ihm zu Gebote, und sein lehrender Vortrag war der unterhaltendste Umgang. (…) Nichts Wissenswürdiges war ihm gleichgültig, (…) kein Namenehrgeiz hatte je für ihn den mindesten Reiz gegen die Erweiterung und Aufhellung der Wahrheit. (…) Dieser Mann, den ich mit größter Dankbarkeit und Hochachtung nenne, ist Immanuel Kant: sein Bild steht angenehm vor mir.«

Neben Kant war es der philosophische Schriftsteller Johann Georg Hamann, der Herder beeinflußte. Hamann, ein wortmächtiger Denker, der das Zusammenspiel von Gott, Mensch und Offenbarung in tiefsinnigen Überlegungen umkreist und mehr vom lichtvollen Dunkel der Bilder als vom flachen Buchstabenglauben philosophischer Aufklärung hält, bringt ihn dazu, sich mit Poesie und Sprache zu beschäftigen. Herder stellt fest, daß ihn eine Philosophie, die sich vom Leben entfernt und ins blasse Reich der Spekulation aufsteigt, nichts bringt; er hat vor, mit beiden Beinen auf der Erde zu bleiben, setzt auf Anschaulichkeit, nicht auf trockene Gelehrsamkeit: »Meine Seele konnte sich in diesem Totenreich lebloser Begriffe ohne Grund und Boden nicht wohlbefinden – nach jeder metaphysischen Vorlesung eilte ich ins Freie mit einem Dichter – oder ich las Rousseau oder ähnliche Schriftsteller, um jene Eindrücke durch ganz [33] entgegengesetzte zu schwächen und loszuwerden – denn sie peinigten mich.« Inzwischen ist man auf Herder aufmerksam geworden, man bietet ihm eine Predigerstelle in Riga an. Dort gefällt es ihm, aber dann erkennt er, daß die große weite Welt noch mehr zu bieten hat. An Kant schreibt er: »Ich schnappe nach nichts als nach Veränderung, und verzehre bei dieser Unzufriedenheit wahrhaftig mich selbst. Der erste Ruf von hier aus, es sei wohin und wozu es auch wolle, gefällt mir schon im voraus, und nichts soll mich hindern, jede Gelegenheit zu ergreifen, um mehr Länder und Menschen kennenzulernen.« Herder ist sich mittlerweile auch über sein poetisches Programm klargeworden: Es soll die Mitte zwischen Dichtkunst und Philosophie halten und mehr der Anschauung als der Spekulation verpflichtet sein. Die Sprache ist es, die den Künstler macht; sie muß zur Höchstleistung gebracht werden, erst dann scheint in ihr auf, was wahr und richtig ist. Das Idealbild eines Schriftstellers, der nach bestem Wissen und Gewissen sein Darstellungsvermögen entfaltet, zeichnet Herder so: »Sinnliche Aufmerksamkeit heftet sich auf jeden Punkt des Gegenstandes, fliegt von Seite zu Seite, und auf jeden wirft sie Strahlen; seine Idee wird lebhaft, gehäuft, helle, und seine Rede schimmert. Das Licht ist nicht scharf, nicht streng, aber ausgebreitet, immer im neuen Zustrome. Er wird faßlich, durch die Menge seiner Merkmale; er klärt auf, wenn er auch nicht bewiese: (…) er macht sicher, gewiß, stark: wenn er auch nicht überzeugte, so überredet er bis zum Augenschein. (…) Feurig; er hat ein starkes Gefühl für das Schöne, das Menschliche und Sittliche (…).«

Am 5. Juni 1769 verläßt Herder Riga; er befindet sich an [34] Bord eines Schiffes, das ihn zunächst bis Kopenhagen bringen soll. Danach sieht man weiter. Um seine Zukunft, die ihm wie ein längst überfälliges, nun endlich eintretendes Abenteuer erscheint, macht er sich nicht mehr Sorgen als unbedingt nötig. Am 17. Juni landet Herder in Dänemark. Von dort aus geht es weiter nach Frankreich. Unterwegs bringt er seine Reiseeindrücke zu Papier, die sich um Fassung bemühen angesichts der Großartigkeit der Elemente. Herder wird eine Inspiration zuteil, die sich in ihrer Eindrücklichkeit als unwiderruflich erweisen muß: Wie klein ist der Mensch doch vor der Unendlichkeit des Meeres, sein Schiff treibt auf den Wogen, darüber Wolken und Wind – so und nicht anders geht auch das Schicksal mit ihm um, das immer erst im nachhinein zu deuten ist, ein Buch von göttlicher Abkunft, das der Mensch annehmen und bewundern, nie aber in Gänze verstehen kann. Im Angesicht des Meeres schrumpfen Herders Zukunftspläne auf Normalmaß: »Wo ist das feste Land, auf dem ich so feste stand? Und die kleine Kanzel und der Lehrstuhl und das Katheder, worauf ich mich brüstete? Wo sind die, vor denen ich mich fürchtete und die ich liebte! (…) – Welch neue Denkart! (…) Wann werde ich soweit sein, um alles, was ich gelernt, in mir zu zerstören und nur selbst zu erfinden, was ich denke und lerne und glaube! (…) Welcher Standpunkt, unter einem Maste auf dem weiten Ozean sitzend, über Himmel, Sonne, Sterne, Mond, Luft, Wind, Meer, Regen, Strom, Fisch, Seegrund philosophieren, und die Physik alles dessen aus sich herausfinden zu können. Philosoph der Natur, das sollte dein Standpunkt sein (…).«

Ein Philosoph der Natur sein – das kommt einem in den [35] Sinn, wenn man in der Natur ist, in diesem Fall an Deck eines kleinen Schiffes auf dem weiten Ozean. Geht man aber zurück unter Deck, in die Kabine, kehren alte Gedanken zurück: Sie gelten weniger der Natur als dem eigenen Ich, seinem bisherigen Werdegang und den weiteren Aussichten. Herders bisherige Leistungen geben zu berechtigten Hoffnungen Anlaß, mehr aber auch nicht; es liegt noch viel Arbeit vor ihm. Was muß einer wie er, der ehrgeizig und begabt ist, von Haus aus aber keinerlei Privilegien oder Geldmittel mitbekommen hat, tun, um Karriere zu machen? Zunächst einmal faßt er gute Vorsätze: »Unnütze Kritiken und tote Untersuchungen aufgeben; mich über Streitigkeiten und Bücherverdienste erheben, mich zum Nutzen und zur Bildung der lebenden Welt einweihen, das Zutrauen der Regierung, des Gouvernements und Hofes gewinnen, Frankreich, England und Italien und Deutschland in diesem Betracht durchreisen, französische Sprache und Wohlstand, englischen Geist der Realität und Freiheit, italienischen Geschmack feiner Erfindungen, deutsche Gründlichkeit und Kenntnisse (…) einsammeln, (…) mich meinem Zeitalter bequemen und den Geist der Gesetzgebung, des Kommerzes und der Polizei gewinnen, alles im Gesichtspunkt von Politik, Staat und Finanzen einzusehen wagen, keine Blöße mehr geben (…), Welt, Adel und Menschen zu überreden, auf meine Seite zu bringen wissen – edler Jüngling, das alles schläft in dir, aber unausgeführt und verwahrlost!«

Von diesem Programm wird Herder, obwohl er sich Mühe gibt, nur weniges realisieren können; um problemlos erfolgreich zu sein, fehlt es ihm an diplomatischem Geschick. Überdies steht er quer zu den herrschenden [36] Übereinkünften seiner Zeit: Mit dem höfischen Treiben hat er nichts im Sinn, den Adel betrachtet er, insgeheim, als überflüssig, der deutschen Kleinstaaterei steht er kritisch gegenüber; eine an sich ja löbliche Absicht wie »die Menschen auf« seine »Seite zu bringen« läßt sich unter diesen Vorzeichen nicht in die Tat umsetzen. Während sein Berufsleben etwas stagniert, hat Herder Glück in der Liebe: Im Sommer 1770 lernt er die 20jährige Caroline Flachsland kennen. Sie ist Waise und lebt in Darmstadt im Hause ihrer unglücklich verheirateten Schwester. Herder, als feuriger Prediger und eigenwilliger Dichter angekündigt, ist für Caroline der Mann ihrer Träume; auf ihn hat sie gewartet, das weiß sie bereits, als sie seiner ersten Predigt lauscht. Ihre Liebe beginnt mit Heimlichkeiten. Herder steckt Caroline einen Zettel zu: »Ihr Bild steht mir (…) Tag und Nacht vor Augen; ich sehe Sie in allen Äußerungen Ihrer schönen Seele und in allen Situationen, wo Sie mein Herz gerührt. Dies Bild, dieser geliebte Schatten wird mich auch in meiner Entfernung nicht verlassen, wenn nur der meinige eben so um Sie schwebte (…).« Herder scheint seinen Gefühlen zunächst nicht zu trauen, Caroline weiß jedoch, was sie will: »O wie segne ich den Tag, da wir uns gekannt und geliebt haben, wissen Sie es noch? Nach der Predigt im Tannenwalde! Ich weinte wie ein Kind, als ich nach Hause kam (…). Es ist mir alles neu (…). Ich bin froh, ich bin glücklich, daß unsere Herzen sich kennen. (…). Ihr Geist ist bei mir. Schreiben Sie mir oft, süßer, feuriger Freund!«

Herder weiß, daß Caroline ihn liebt, scheut sich jedoch, bei ihrem Schwager offiziell um ihre Hand anzuhalten. Was ihn zweifeln läßt, ist nicht nur sein chronisch [37] beeinträchtigter Gesundheitszustand, sondern die wirtschaftliche Lage; von einer freien Schriftstellerexistenz wird er nicht leben können, und eine Festanstellung ist nicht in Sicht. So begnügt er sich, bis auf weiteres, mit dem Bild der Geliebten, er sieht sie vor sich: »Ihr unschuldiges, einfaches, freies Gesicht, ihr blaues, stilles, fühlendes Auge, ihr leichter Körper, in jeder Stellung ganz Natur, ganz Munterkeit, ganz sanfte Zärtlichkeit und Anmut (…).« Als Herder zu lange zögert, ergreift Caroline die Initiative – für damalige Verhältnisse ein mutiger Schritt. Sie schreibt ihm: »Hätte ich Dich nie gekannt, was wäre aus mir geworden? Einsam! Verlassen! Du bist doch der einzige, den meine Seele so ganz umfaßt! O wie will ich Dich lieben, Du mein Schutzengel, mein Freund der Seele! Du bist Luther, das habe ich mir immer gesagt, und es freut mich, daß Du’s fühlst, wenn Du’s gleich nicht gestehen willst (…).«

Im August 1770 reist Herder nach Straßburg. Er will sich von der Tränenfistel, einer hartnäckigen Augenkrankheit, die ihn schon länger quält, befreien lassen und wird operiert. Die erhoffte Besserung tritt jedoch nicht ein, im Gegenteil: Herders Auge schwillt furchterregend an; er hockt in einem abgedunkelten Zimmer im Gasthaus Zum Geist, haßt sich und die Welt, vor allem aber die Ärzte. Abwechslung bieten ihm nur die Besuche eines jungen Verehrers, der ihm, unaufgefordert, die Aufwartung gemacht hat; sein Name ist Johann Wolfgang Goethe. Er studiert in Straßburg und hat gehört, daß Herder ein berühmter Dichter und Prediger sein soll; von ihm, meint er, kann er lernen. In Goethes Autobiographie Dichtung und Wahrheit wird Herder wie folgt beschrieben: »Er hatte etwas Weiches in [38] seinem Betragen, das sehr schicklich und anständig war, ohne daß es eigentlich adrett gewesen wäre. Ein rundes Gesicht, eine bedeutende Stirn, eine etwas stumpfe Nase, einen etwas aufgeworfenen, aber höchst individuell angenehmen, liebenswürdigen Mund. Unter schwarzen Augenbrauen ein paar kohlschwarze Augen, die ihre Wirkung nicht verfehlten, obgleich das eine rot und entzündet zu sein pflegte.« Goethe hat Herder, zumindest vorübergehend, als Lehrmeister gesehen. Daß der Schüler später an seinem Lehrmeister vorbeizog, mußte bei dem Lehrmeister, verständlicherweise, Befremden auslösen. In Straßburg sind die Kräfteverhältnisse noch umgekehrt: Herder doziert, und Goethe hört zu. Dabei kann es passieren, daß der Vortrag abrupt abgebrochen und der Zuhörer des Zimmers verwiesen wird, ein Rausschmiß ohne Folgen: Herder ist nun mal launisch, darauf hat man sich einzustellen. Goethe schreibt: »Herder konnte allerliebst einnehmend und geistreich sein, aber ebensoleicht eine verdrießliche Seite hervorkehren. (…) Von Herder aber konnte man niemals eine Billigung erwarten, man mochte sich anstellen, wie man wollte. Indem nun also auf der einen Seite meine große Neigung und Verehrung für ihn und auf der andern das Mißbehagen, das er in mir erweckte, beständig miteinander im Streit lagen, so entstand ein Zwiespalt in mir, der erste in seiner Art, den ich in meinem Leben empfunden hatte. (…) Herder hingegen vergällte sich und andern immerfort die schönsten Tage, da er jenen Unmut, der ihn in der Jugend notwendig ergriffen hatte, in der Folgezeit durch Geisteskraft nicht zu mäßigen wußte (…).«

Als das Jahr 1770 zu Ende geht, zeichnet sich für Herder [39] eine Perspektive ab, die einen Ausweg aus seinen anhaltenden wirtschaftlichen Problemen verspricht: Der Graf von Schaumburg-Lippe bietet ihm eine Stelle als Konsistorialrat in Bückeburg an. Herder, der seine früheren ehrgeizigen Pläne noch keineswegs vergessen hat, zögert; in die Provinz will er nicht, schon gar nicht nach Bückeburg. Aber bleibt ihm eine andere Wahl?

Ende April 1771 trifft er in Bückeburg ein. Er hat keine günstigen Erwartungen an sein neues Amt und den neuen Wohnort, was sich als Vorteil erweist: Wer sich keine Illusionen macht, kann nur positiv überrascht werden; es kommt immer besser, als man denkt. Am 2. Mai 1773 heiraten Caroline Flachsland und Johann Gottfried Herder in Darmstadt, ein halbes Jahr später zieht sie zu ihm nach Bückeburg. Ihre Ehe wird bemerkenswert glücklich. In guten wie in schlechten Tagen steht Caroline ihrem Herder bei, sie erträgt seine Launen, glaubt geradezu unerschütterlich an seine Fähigkeiten; daß er nicht die gebührende Wertschätzung erfährt, davon ist sie schließlich noch mehr überzeugt als er. Sie wohnen standesgemäß; das Pfarrhaus hat zwölf Zimmer und zwei Gärten. Das Ehepaar Herder bekommt denn auch bald Zuwachs: Ende September 1774 wird der erste Sohn geboren und erhält den Namen Gottfried.

Als Herder einen Ruf an die Universität Göttingen erhält, sagt er zu, aber es gibt unerwartete Schwierigkeiten: Konservative Kreise opponieren gegen den Freigeist Herder. Er soll zusätzliche Wohlverhaltenserklärungen abgeben, was er – Herder bleibt Herder – empört und in scharfem Ton von sich weist. So wird die Berufung zurückgezogen. Herder ist verdrießlich, aber da widerfährt ihm eine Wohltat, [40] mit der er gar nicht gerechnet hat: Sein ehemaliger Schüler Goethe, inzwischen berühmter Dichter und umtriebiger Minister am Hofe von Weimar, erinnert sich seiner. Der Ruf, den er seinerseits an Herder ergehen läßt, ist von klassischer Kürze und unmißverständlich: »Lieber Bruder, der Herzog bedarf eines Generalsuperintendenten. Hättest Du die Zeit Deinen Plan auf Göttingen geändert, es wäre hier wohl was zu tun.« Herder sagt zu. Am 1. Oktober kommt Familie Herder in Weimar an. Sie bezieht das Pfarrhaus hinter der Stadtkirche, das Goethe, der sich sogar die Zeit nimmt, persönlich zur Begrüßung zu erscheinen, zuvor noch hat renovieren lassen. Die Dinge lassen sich gut an; Herder schreibt frohgemut: »Ich bin also jetzt in Weimar, nicht Prediger so schlechtweg, wie Ihr meint, sondern Oberhofprediger, Oberkonsistorial- und Kirchenrat, Generalsuperintendent, Pastor Primarius und zehn Dinge mehr, ebenso lange Namen. Hoffe mich aber mit der Zeit recht gut zu stehn und zu finden (…) und den Herrn in lebendigen Menschen zu leben, brav zu schaffen und in sieben Fächern umherzuwählen.«