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Hurra – erreicht!

»Hilde, du willst studieren?« –

»Na, so was, gerade du!« – – – »Und heut schon wird Sturm gelaufen?« – – – »Wirklich – ich glaubte, du ulkst den Direks nur an!« – – – »Gerade du, die immer durch Faulheit geglänzt hat!« – – – »Ach, dein Vater gibt's ja doch nicht zu!« – »Hast du nicht mächtige Angst?« – – – so schwirrten die aufgeregten Mädchenstimmen auf dem Schulhof durcheinander.

»Was – Kinder – 'n Bammel soll ich haben? – Keine Spur,« unterbrach die lebhafte Hilde Dahlen mit blitzenden Augen das auf sie eindringende laute Stimmengewirr der Mitschülerinnen. »Na, so feige bin ich nicht. Heute gleich nach Tisch schwinge ich mich zu einem Speech mit Papa auf. Er wird zwar erst paff sein – aber – ich werd' den alten Herrn schon rumkriegen!« Damit schlang sie den Arm um ihre Busenfreundin Daisy Greeham und schlenderte langsam, mit gesundem Appetit ihr Frühstücksbrot vertilgend, unter dem kahlen, graubraunen Geäst der Schulhofslinden auf und nieder.

Die Erregung der zurückbleibenden Mädchenschar legte sich nicht so schnell. Der Direktor hatte eben in der vorhergehenden Stunde die in kurzem abgehenden Schülerinnen gefragt, wie sich jede ihre Zukunft zu gestalten gedenke – und da war es herausgekommen! Hilde, die lustige Hilde Dahlen, die zu keiner französischen Stunde präpariert hatte, die noch nie eine Rechenaufgabe selbständig gelöst und grundsätzlich Turn- und Handarbeitsstunden schwänzte, die wollte jetzt noch aufs Gymnasium – wollte studieren!

»Das ist doch ganz sicher nur Nachäfferei; weil Daisy studiert, muß Hilde auch aufs Gymnasium,« meinte die blasse Anna, die im geheimen auf die innige Freundschaft der beiden neidisch war.

»Na, ein halber Student ist sie ja schon ohnedies durch ihre Brüder, viel burschikoser braucht sie nicht mehr zu werden,« meinte die Erste der Klasse ein wenig zimperlich.

»Wie kann der Mensch nur so vernagelt sein und sich auch nur eine Stunde länger als nötig in dem Schulgefängnis einsperren lassen – Kinder – noch siebenundsiebzig Stunden – dann sind wir frei!« Die helle Blondine reckte ihre jungen Arme jubelnd in die feuchtwarme Frühlingsluft.

»Na, ich danke für Obst,« lachte Lilli, ein niedlicher kleiner Backfisch. »Schulmädel bin ich lange genug gewesen, jetzt will ich die Dame spielen,« und dabei sah die Kleine so drollig und kindlich aus, daß die andern in ihr fröhliches Lachen einstimmten.

Himmel – da läutete es schon wieder – hu, jetzt wurden die englischen Extemporalien zurückgegeben – seufzend trollten sich die Mädchen in die erste Klasse zurück. – – –

»Daisy, nimm mich mit unter deinen Schirm – es gießt mit Mollen,« sagte Hilde zwei Stunden später, ihre Büchermappe hin und her schlenkernd, als sie auf die Straße traten.

Daisy spannte gemütlich das schwarze Regendach auf.

»Aber beeile dich doch, ich bin ja schon naß wie eine Katze,« Hilde trippelte ungeduldig von einem Fuß auf den andern.

» All right – komm, Kleinchen,« schützend hielt die schlanke Daisy den Schirm über die etwas kleinere Freundin, die sich fest in ihren Arm hängte.

»Daisy, hast du das klassische Gesicht von dem Direks gesehen, als ich heute sagte, daß ich aufs Gymnasium möchte?« kicherte Hilde. »Als ob ich seiltanzen lernen wollte, so sprachlos hat er mich angestarrt.«

»Seiner Ansicht nach würdest du dich dafür vielleicht auch besser eignen, als zum Studieren, Hilde.«

»Und du, Daisy – was ist deine Ansicht?«

»Ich bleibe dabei, was ich dir immer gesagt habe. Es ist jammerschade, daß du solch arger Faulpelz bist. Du hast die glänzendsten Fähigkeiten von der Welt – lernst spielend, was ich mir mühsam durch Fleiß erringen muß. Wenn du Ausdauer genug hast, wirst du sicher dein Ziel erreichen.« Daisys weiche Stimme verriet, trotzdem sie schon einige Jahre in Deutschland lebte, immer noch die Amerikanerin. Hildes hellbraune, sonst so mutwillige Augen blickten ein wenig zaghaft zu der Freundin auf.

»Und Rechnen, Daisy, meine schwache Seite – im Rechnen bestehe ich die Aufnahmeprüfung in die Obersekunda nie!«

»Deutsch-Literatur macht es wieder wett, darling ,« tröstete Daisy. »Professor Richter, der Direktor, legt den Hauptwert auf Deutsch – leider!« sie seufzte drollig.

Sie standen vor dem Hause von Daisys Verwandten, bei denen diese nach dem Tode ihrer Eltern Aufnahme gefunden hatte.

»Du begleitest mich doch noch ein Stückchen,« bat Hilde, und sie setzten sich wieder in Trab.

»Wenn nur deine Eltern es erlauben,« meinte Daisy beklommen.

»Ach – Mutters bin ich sicher,« Hilde zog die Stirn in nachdenkliche Falten. »Muttchen ist eine moderne Frau, die ist mit der Zeit mitgegangen, aber Vater – Vater denkt, die Mädchen sind gleich mit dem Kochlöffel auf die Welt gekommen,« da brach sich der Übermut schon wieder Bahn.

Im Gespräch vertieft, begleitete Hilde bereits zum zweiten Male wieder die Freundin zu ihrer Wohnung zurück.

»Na, und deine Brüder?«

»Werden einfach gar nicht gefragt,« lachte Hilde. »Richard ist bestimmt dagegen, so 'n Referendar denkt wunder, was er ist. Aber Max, der ist ja selbst noch ein junger Fuchs, der findet es sicher kolossal schneidig von mir.«

»Na ich bin gespannt, was Richards Freund, Günter Berndt, dazu sagen wird,« meinte Daisy mit möglichst gleichgültiger Stimme, während verräterische Röte ihr langsam in das zarte Gesicht stieg.

»Pah, der,« – Hilde war viel zu sehr mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt, um auf Daisy zu achten – »der hetzt Richard sicher nur noch auf, behandelt mich sowieso immer noch wie ein Baby im Steckkissen. Aber er soll nur was sagen – weißt du, was ich ihm dann antworte? ›Herr Doktor‹ werde ich sagen – ich nenne ihn jetzt immer Herr Doktor, trotzdem er's noch gar nicht ist, weil er noch ganz dreist Hilde zu mir sagt – ›Herr Doktor, das ist ja nur Konkurrenzneid von Ihnen, weil ich auch Medizin studieren will, wie Sie‹ – ja, das sage ich ihm!« Hilde schleuderte zur Bekräftigung ihrer Worte ihre Büchermappe so nachdrücklich hin und her, daß der Federkasten in weitem Bogen entsprang. Hochauf spritzte die Pfütze zu Füßen eines ihnen entgegenkommenden Herrn, der nahm mit einem erstaunten »Nanu?« das längliche Etwas empor.

»Hilde – – –!« Daisy kniff die Freundin vor Aufregung in den Arm. Da hatte Günter Berndt die beiden auch schon erkannt.

Er lächelte ein ganz klein wenig und lüftete den Hut.

»Süß« fand die errötende Daisy heimlich dieses Lächeln, während Hilde es innerlich als unglaublich mokant bezeichnete.

»Wem gehört dieser Ausreißer?« fragte Günter Berndt, den schmutzigen Federkasten mit spitzen Fingern emporhaltend.

»Mir,« rief Hilde, ihm den Kasten so energisch aus der Hand reißend, daß ihr weißer Trikothandschuh schwärzliche Spuren aufwies.

»Na, machen Sie nur, daß Sie nach Hause kommen, Hilde, die Suppe steht schon auf dem Tisch. Ich komme eben von Richard. Sonst gehen Sie heute mittag leer aus,« rief er lachend.

Hilde warf einen entsetzten Blick auf die Turmuhr drüben.

»Allmächtige Schokolade – gleich zwei – Daisy, ich komme nachmittags zu dir, um Bericht zu erstatten – adieu, Herr Doktor!«

Trotz ihrer Eile betonte sie die spöttische Anrede noch so auffallend, daß es wieder belustigt um Günters Lippen zuckte. Trapp – trapp rannte sie durch den strömenden Regen ihrem Hause zu, während Daisy herzklopfend an Günters Seite in entgegengesetzter Richtung dahinschritt.

»Netter kleiner Backfisch!« sagte Günter Berndt harmlos zu Daisy, ohne im geringsten zu ahnen, daß er ihre empfindlichste Stelle damit traf.

Daisy richtete sich in ihrer ganzen stattlichen Größe empor. Sie war nicht viel kleiner als der junge Mediziner.

»Backfisch!« – sagte sie kühl und sehr von oben herab, »meine Freundin wird bald siebzehn und geht in drei Wochen von der Schule ab. Bei uns in Amerika heiratet man in diesem Alter.«

»Verzeihung, gnädiges Fräulein,« er machte ein ganz zerknirschtes Gesicht, »man vergißt, daß man alt wird. Gedenkt denn Ihre Freundin nun auch gleich zu heiraten?« Da erst merkte sie den Spott in seinen grauen Augen. – Hilde hatte recht, er konnte wirklich unausstehlich sein.

»Hilde wird studieren!« Voll Empörung warf sie ihm das große Geheimnis an den Kopf.

»Was denn? – Küchenchemie?« neckte er.

Daisys Blauaugen flammten.

»Nein, Medizin – gerade wie ich!« – Lachte er nicht schon wieder?

Daisy sah ihn scheu von der Seite an.

»Sie – Miß Daisy – Sie auch?« Sie wollte den ernsten Ton in seiner Stimme nicht hören.

»Jawohl ich – ich – Herr Berndt – denken Sie, ich bin zu dumm dazu? – Oh, ich werde es Ihnen schon beweisen ...«, die sonst so sanfte Daisy war ganz außer sich.

Er reichte ihr die Hand.

»Sie sind viel zu zart zum Medizinstudium, dazu muß man aus derberem Stoff sein,« sagte er. Dann grüßte er kurz und ging schnellen Schritts davon.

Daisy aber starrte ihm noch nach, als längst schon der letzte Zipfel seines wehenden Lodenmantels um die Ecke verschwunden war.– – –

Hilde stieg inzwischen herzklopfend die Treppen zu ihrer Wohnung empor – war nur das schnelle Laufen an dem ungestümen Pochen ihres Herzens schuld oder – hatte sie am Ende doch ein ganz klein bißchen »Bammel«? Sie wagte sich selbst keine Antwort darauf zu geben.

Fatal, daß es schon so spät war. Nun war Papa sicherlich schlecht gelaunt. Aber »Mut zeiget auch der Mameluck,« murmelte Hilde vor sich hin und drückte dann die Klingel unter dem weißen Schild, auf dem mit großen schwarzen Buchstaben »Dr. Ludwig Dahlen, Augenarzt« prangte.

»Die Herrschaften sind schon beim Fleisch, Fräulein Hilde,« flüsterte ihr Mine, der dienstbare Geist, nicht sehr ermutigend zu. Vier Augenpaare richteten sich bei Hildes Eintritt fragend auf sie. Tiefe Stille.

»'n Tag,« sagte Hilde möglichst unbefangen und nahm ihr Mundtuch hoch.

Da lagen auf ihrem Teller drei Taschenuhren – selbst der Vater hatte ihr seine Uhr aufgebaut – dann war er nicht allzu böse! Hilde lachte befreit auf.

»Na – hier gibt's nichts zu lachen, Mädel,« sagte der Vater mit angenommener Strenge. »Ist das eine Art, so spät zu Tische zu kommen, wo hast du dich denn 'rumgetrieben, he?« Mit geheimem Stolz betrachtete er sein blühendes Töchterchen.

»Hast wohl nachsitzen müssen, was, Kleine?« neckte Bruder Max.

»Es regnete so ...« begann Hilde.

»Ach – ne!« machte Max erstaunt.

»Höchstens ein Grund, schneller nach Haus zu kommen,« sagte Richard mit seiner gräßlichen Logik. »Also erste Entschuldigung wird rundweg abgelehnt. Was kann die Angeklagte sonst noch zu ihrer Entlastung anführen?«

»Ach – hör' doch schon mit deinem Unsinn auf,« rief Hilde unwirsch. »Ich hab' mich eben mit Daisy verspätet.«

»Ja – natürlich – an mich denkst du ja nicht,« klagte die Mutter. »Das ist dir ganz gleich, ob Wäsche ist oder nicht, selbst den Tisch habe ich heute für dich decken müssen.«

»Na, laßt sie nur in Ruhe essen,« brummte Papa, der es nicht mit anhören konnte, wenn andere seinem Liebling etwas taten. Hilde blickte dankbar zu dem guten Vater hinüber.

Das Essen rutschte nicht – erstens gab's Kohl, das obligate Waschfrauenessen, und dann überhaupt – sie hatte keinen rechten Hunger. Vater war in sein Sprechzimmer gegangen, die Teller waren zusammengestellt, der Tisch abgefegt – Hilde fand keinen Grund mehr, die Sache hinauszuschieben.

»Also denn los!« Mit gepreßtem Herzen folgte Hilde dem Vater in sein Zimmer.

Sie legte ihm die Zeitung auf sein Tischchen neben dem Klubsessel und stellte Zigarren, Aschbecher und Streichhölzer zurecht. Verwundert schaute der Vater ihr zu.

»Nanu, Wildfang, solch zarte Aufmerksamkeiten bin ich ja gar nicht von dir gewöhnt. Da steckt doch irgend was dahinter – also heraus mit der Sprache!«

Die große Hilde sprang dem Vater wie ein kleines Mädel auf das Knie und schlang ungestüm beide Arme um seinen Hals.

»Du bist mein kluges, allerbestes Vaterchen!« schmeichelte sie.

Zärtlich strich der Vater seiner Jüngsten das zerzauste goldbraune Haar aus der Stirn.

»Also zur Sache, Kind, die lange Einleitung kannst du dir schenken, wo hapert's denn?«

Hilde schwieg noch immer.

»Wieder was ausgefressen in der Schule, hm?«

Sie schüttelte das hübsche Köpfchen.

»Ach, Papa – ich habe eine Riesenbitte!«

»Konnte ich mir lebhaft denken – na, was ist's denn – ein neues Kleid – nochmal Tanzstunde oder –«

»Nein, Vater – ich möchte studieren!« –

Gottlob – nun war es heraus!

Der Vater brach in ein schallendes Gelächter aus.

»Weiß der Himmel, Mädel, du verstehst es, einen doch immer vergnügt zu machen, man mag noch so verstimmt sein – aber nun geh, Kind, ich bin heut noch nicht dazu gekommen, die Zeitung zu lesen.«

»Aber es ist doch mein Ernst, Papa,« beharrte Hilde, »ich möchte aufs Gymnasium gehen und dann später Medizin studieren.«

»Wa–as?« Der Vater hob ihren Kopf zu sich empor, blickte ihr in die hellbraunen Schelmenaugen, die ernst und bittend zu ihm ausschauten, und griff nach ihrem Puls.

»Ist dir die warme Frühlingsluft zu Kopf gestiegen oder – – –«

»Aber Vaterchen, es gehen doch so viele Mädchen aufs Gymnasium. Daisy kommt doch auch hin!«

Hilde zeigte eine gekränkte Miene.

»Daisy ist eine vorzügliche Schülerin, das ist etwas ganz anderes! Aber du – Mädel – jedes Halbjahr zittert Mutter vor deiner Zensur – du studieren! – Es ist wirklich zum Lachen.«

»Ach, Papa – nur im Betragen, Aufmerksamkeit und Fleiß hatte ich ein schlechtes Zeugnis und – und im Rechnen.«

»Ja – aber Betragen – – –«

»Ist die Hauptsache bei einem Mädchen,« fiel Hilde dem Vater lachend ins Wort, »das weiß ich ja noch ganz genau von der letzten Zensur her! Du kannst es doch mal probieren, Vaterchen. Wenn ich nicht vorwärts komme, ist es doch immer noch Zeit, mich herauszunehmen – und Richard und Max hast du's doch auch erlaubt,« schloß sie weinerlich.

»Jawohl,« sagte der Vater grimmig, »zwei studierte Esel hab' ich schon.«

»Alle guten Dinge sind drei,« flehte Hilde, die um der guten Sache willen selbst den Esel mit in Kauf nahm. Aber der Vater fuhr unbeirrt fort: »Weiß gar nicht, wie meine Tochter zu solchen Ideen kommt – in die Küche gehört ein Mädel, an den Herd – und nicht in den Seziersaal!«

»Ja, früher, Vaterchen,« erwiderte Hilde eifrig. »Wir Mädel wählen uns doch jetzt genau so unsern Beruf wie die Jungen. Fast zu jedem Beruf wird das Abiturium verlangt. Und du hast doch immer gesagt, ich hätte eine weiche, sichere Hand und solle einmal deine Assistentin werden. Nun sei doch auch mein einziges, süßes, allerallerbestes Vaterchen und sage ›ja‹ – ja?« Ihre kleinen Hände strichen glättend über des Vaters gefurchte Stirn.

»Nein!« sagte der Vater mit Nachdruck, »ganz ausgeschlossen!«, und griff nach seiner Zeitung. »Wer so wenig in der Schule geleistet hat wie du, der gehört nicht aufs Gymnasium. Erst wünsche ich mal für dich ein Haushaltungsjahr unter Mutters Anleitung. Und dann können wir weiter von Berufen reden. So – und nun geh, Kind, ich will endlich meine Ruhe haben!«

Hildes Augen begannen zu tropfen. Sie sah, wie der Vater sich in die Reichstagsverhandlungen vertiefte. Nun war nichts mehr zu wollen. Für heute mußte sie die Waffen strecken. Weinend schlich Hilde in ihr Stäbchen.

Ach, das war ein trauriger Nachmittag! Zu Daisy durfte sie auch nicht, um ihr Herz zu erleichtern. Sie mußte der Mutter beim Blauen und Stärken der Wäsche zur Hand gehen. Mit todestraurigem Gesicht drehte Hilde die Wringmaschine.

Der Mutter fiel schließlich die Einsilbigkeit ihres sonst so munteren Töchterchens auf.

»Hilde, du drehst ja wie im Schlaf – sei doch bei der Sache, Kind! Flink und gewandt muß ein junges Mädchen sein. – Nanu, Tränen? Aber was ist denn los, Hildchen, du bist doch sonst nicht so dicht am Wasser gebaut?«

Hilde schluchzte, daß es einen Stein hätte erbarmen können. Vergeblich suchte die erschreckte Mutter durch sanften Zuspruch ihr Kind zu beruhigen. Nach und nach erst kam es heraus – stoßweise – das ganze große Elend – ihr heißer Wunsch, zu studieren, der Überfall heute nachmittag auf den ahnungslosen Vater und ihre jämmerliche Niederlage.

»Ach, Muttchen, hilf du mir doch bloß,« schloß Hilde mit verzweifelter Miene, »vielleicht kannst du Papa noch umstimmen.«

Die kluge Mutter, die im Herzen ihres Kindes zu lesen gewöhnt war, zeigte absolut keine Überraschung. Längst schon hatte sie den geheimen Wunsch ihrer Hilde erkannt, und im Grunde war sie demselben durchaus nicht abgeneigt. Hilde hatte ihrer Ansicht nach auf der Schule blutwenig gelernt, es schadete ihr gar nichts, wenn sie noch ein paar Jahre gewissenhaft arbeitete, vielleicht nahm sie sich auf dem Gymnasium mehr zusammen. Lauter Dummheiten und lustige Streiche spukten der Hilde im Kopfe herum; ernstes, zielbewußtes Streben konnte ihrer geistigen Entwicklung nur förderlich sein. Und mit dem Studium, da hatte es ja noch gute Wege, das konnte man sich ja dann immer noch überlegen.

So versprach die Mutter, selbst noch einmal mit dem Vater zu reden, und ein klein wenig getröstet, half Hilde beim Aufhängen der Feinwäsche. Allerdings erschien sie beim Abendbrot immer noch mit verheulten Augen. Richard, der scharfsichtige Jurist, hatte es natürlich gleich entdeckt.

»Was ist's, daß du so traurig bist.
Wo alles froh erscheint.
Ich seh' dir's an den Augen an.
Gewiß – du hast geweint!«

deklamierte er mit pathetischer Stimme.

Hilde warf dem älteren Bruder einen bitterbösen Blick zu und zerknudelte nervös ihr Mundtuch – die Tränen stiegen ihr schon wieder heiß in die Augen.

»Na, weine man nicht, na, weine man nicht –
In der Röhre stehn Klöße, du siehst sie bloß nicht!«

begann jetzt Max in höchst unmelodischen Tönen das Schwesterlein anzuulken. Das nahm Hilde nun aber gewaltig krumm. Heftig sprang sie von ihrem Stuhl auf.

»Ihr sollt mich in Ruhe lassen – ihr dummen Jungs!« rief sie laut weinend und wollte aus dem Zimmer.

»Aber hier geblieben!« rief Papa, der die ganze Zeit über schon unbehagliche Blicke auf das verstörte Gesicht seines Lieblings geworfen hatte.

»Laßt mir das Kind in Frieden, verstanden!« wandte er sich an die Herren Söhne – »und du, Hildchen, komm, sei vernünftig, sie meinen es doch nicht böse. Hier hast du ein schönes, zartes Stück Schinken; so, nun iß, Kind,« er legte dem Töchterchen eigenhändig das Fleisch auf den Teller.

»Eklige kleine Kratzbürste!« brummte Max, während Richard etwas von »empfindsamem Backfisch« murmelte.

Hilde aber würgte und würgte, sie konnte nicht essen. Bald nach dem Abendbrot sagte sie gute Nacht und suchte ihr Lager auf. Ach, was würde Daisy bloß sagen! Und all die andern in der Schule – wie schadenfroh würden sie sein, daß sie sich so blamiert hatte! Oh, wie schämte sie sich – ruhelos wälzte sich Hilde in ihren Kissen hin und her.

Mit bleichem Gesicht erschien sie am nächsten Morgen am Kaffeetisch. Hatte Mama schon mit dem Vater gesprochen?

»'n Morgen,« sagte sie mit müder Stimme.

Der Vater blickte prüfend in Hildes blasses, trauriges Gesichtchen.

»Ja, sag' mal, Hilde, soll das nun etwa so weitergehen, diese Jammermiene und das miesepetrige Wesen? Ich will mein frisches Mädel wieder haben – verstanden! – nicht solche Tranfunzel!«

Hilde schwieg verstockt.

»Ihr werdet ja nicht eher klug, ihr junges Volk, als bis ihr selbst Lehrgeld bezahlt habt,« meinte der Vater seufzend – »also denn meinetwegen – wirst mich bald genug quälen, meine Erlaubnis wieder rückgängig zu machen. Und nun bitte ich mir ein anderes Gesicht aus!«

Hilde glaubte ihren Ohren nicht zu trauen.

»Was – du – erlaubst – es?« stieß sie zweifelnd heraus und blickte fragend auf die Mutter. Diese nickte ihr lächelnd zu. Laut jubelnd fiel Hilde dem Vater um den Hals. Dann kam die Mutter an die Reihe, glückselig sprang sie von einem zum andern.

»Aber das sage ich dir gleich, du Strick,« sagte der Vater ernst, »Bälle und sonstigen Firlefanz gibt's dann nicht, nun wird stramm gearbeitet – entweder – oder!«

So meldete sich Hilde an einem der nächsten Tage zur Aufnahmeprüfung in dem Gymnasium. – – –

Auf dem Maskenball

Weiche Stimmungen hielten niemals lange bei Hilde an. Sie schämte sich derselben stets, ihrem gesunden Naturell war jede Sentimentalität entgegen. Auch Doktor Werner gegenüber zeigte sie im Laufe des Winters gar oft wieder kindisch trotziges Aufbegehren.

Doktor Gerhard Werner war zuerst über den jähen Wechsel in Hildes Stimmungen recht traurig. Er glaubte schon vollständig gewonnenes Spiel zu haben und hielt ihren ungestümen Trotz für immer gebrochen; daher traf ihn die Enttäuschung umso schmerzlicher. Aber als er sah, wie leid Hilde jedesmal gleich darauf ihr ungestümes Aufwallen tat, tröstete er sich damit, daß auf den ersten Hieb kein Baum fällt. Sie war ja noch so sehr jung, er mußte ihr Zeit lassen, das zarte weibliche Empfinden in sich langsam zur Reife zu bringen.

Es wurde ein fleißiger Winter für die beiden Freundinnen.

Das mußte man der Hilde lassen, sie quälte die Eltern nicht wegen Bällen, Gesellschaften und Vergnügungen, trotzdem sie doch nun fast achtzehn Jahre alt war. Vaters Wort: »Firlefanz und solchen Mumpitz gibt's dann nicht,« klang ihr noch immer im Ohre. Sie sehnte sich auch gar nicht danach – ohne Daisy machte es ihr keinen Spaß. Den Eltern war das zurückgezogene Leben in ihrer behaglichen Häuslichkeit in diesem Winter sehr willkommen. Frau Doktor Dahlen bemerkte seit geraumer Zeit mit geheimer Sorge, daß ihr Gatte im letzten Jahre auffallend gealtert war. Und wenn er sich unbeobachtet glaubte, saß er manchmal ganz müde und apathisch da; aber jede ängstliche Frage der Seinen schnitt er mit einem ungeduldigen Scherz ab – er fühle sich ganz wohl.

Sein hartnäckiger Husten wollte und wollte nicht weichen, es war aber auch ein selten strenger, eisiger Winter. Die jungen Mädchen jubelten über die anhaltende Kälte. Der neue See im Tiergarten war schon wochenlang fest zugefroren. Hilde und Daisy tummelten sich, die blank geschliffenen Schlittschuhe unter den Füßen, in ihren Freistunden auf der spiegelglatten Fläche. Daisy war eine glänzende Schlittschuhläuferin. Das schlanke Mädchen in dem einfachen dunkelblauen Kostüm, das in großen kunstvollen Bogen über das Eis flog, ohne es scheinbar zu berühren, erregte Aufsehen. Aber auch ihre etwas kleinere Begleiterin bot ein anmutiges Bild mit ihrer zierlichen, sich wiegenden Gestalt. Das frisch gerötete Gesicht blickte wie ein lichter Frühlingstag in die eisfunkelnde, mit Rauhreif behangene Winterlandschaft.

Gerhard Werner empfand jetzt oft das dringende Bedürfnis, seine Fahrt von der Universität heimwärts zu unterbrechen und noch vorher ein halbes Stündlein in dem schneeschimmernden Park spazieren zu gehen. Der größte Hunger und das verlockendste Mittagbrot, das seine Mutter, mit der er zusammenwohnte, für ihn bereitet, hielten ihn nicht, wenn das Thermometer unter Null zeigte, von seiner täglichen Promenade ab. Und meistens wurde dieselbe belohnt – zwei hellbraune Augen schauten schon suchend vom Eis aus auf die Spaziergänger, und frische rote Lippen lachten ihn erfreut an, sobald er auftauchte. –

Hilde saß in ihrem Zimmer und kaute an dem Federhalter. In großen weichen Sternen wirbelten draußen die Schneeflocken hernieder. Sie schaute in das Schneetreiben hinaus und dann wieder auf den deutschen Aufsatz vor sich, der noch seiner Vollendung harrte. »Preußens Unglücksjahr 1806« lautete die Überschrift, Hilde hatte versucht, nicht nur die Begebenheiten aneinander zu reihen, sondern dieselben in der Vergangenheit zu begründen und die Zukunftsbilder daraus zu entwickeln. Sie war ganz zufrieden mit dem bereits Geschriebenen; nun noch die Flucht der Königin Luise! Solch ein arges Schneewetter war es gewiß damals auch, als die Königin im Schlitten gen Memel hatte flüchten müssen – eine tolle Fahrt mußte es gewesen sein!

Helles Schellengeläut vorüberjagender Schlitten klang von der Straße in Hildes stilles Arbeitszimmer hinauf. Da war es um ihre Sammlung geschehen. Die Feder spritzte ungestüm auf das weiße Papier, und Hilde sprang zum Fenster.

Herrliche Bahn mußte es jetzt sein. Ach, wenn sie doch auch einmal eine Schlittenpartie mitmachen könnte! Richard war zu philiströs dazu, aber Max, der war schon eher dafür zu haben. Einen Entschluß fassen und ausführen war stets eins bei Hilde. Schon stand sie im Zimmer des Bruders.

»Na, Kleinchen, wo muß ich wieder Lückenbüßer sein, Latein oder Mathematik? Schnell losgeschossen, ich habe hier eine schwierige Konstruktionsberechnung vor.«

»Max – ich habe eine geniale Idee, wir wollen eine Schlittenpartie veranstalten. Ich fordere meine Bekannten auf, und du die deinigen; gibt das nicht einen famosen Fez?«

Statt jeder Antwort begann Max das wenig schmeichelhafte Lied »Du bist verrückt, mein Kind« zu pfeifen. Hilde aber nahm diese brüderliche Offenheit absolut nicht übel.

»Aber warum denn nicht, Max? Du bist schon ebenso spießbürgerlich wie Richard. Zwei Brüder besitze ich, und dabei habe ich noch niemals eine Schlittenpartie gemacht – es ist wirklich ein Skandal!«

»Ich sehe zwar weder das Skandalöse darin ein, noch verstehe ich den geheimen Zusammenhang zwischen deinen Brüdern und einer Schlittenpartie, liebes Kind. Ich kann mich aber auch jetzt nicht in die verborgene Logik vertiefen, denn ich habe Wichtigeres zu bedenken.«

Er stützte gedankenvoll den Kopf in die Hand.

»Was denn, Söhnchen?« Hilde zauste liebkosend das braune Kraushaar ihres guten Kameraden. »Mußt du dich auch mit dummen Berechnungen so plagen wie ich?«

»Ach wo – es ist ganz was anderes,« er stöhnte wieder schmerzlich.

»Na, was denn, sag' es doch, was quält dich denn so?« Hildes Neugier war geweckt.

»Der Maskenball!« stieß Max unwirsch hervor.

»Wa–as?« Hilde sah den Bruder verständnislos an. »Welcher Maskenball?«

»Na ja, es sollte eigentlich eine Überraschung für dich sein. Die Teutonia will als diesjähriges Winterfest einen Maskenball veranstalten und dazu soll ich die Einladung in Versen machen.«

»Aber Max,« jubelte Hilde, »das ist ja ganz famos!«

»Das ist ganz und gar nicht famos, sage ich dir,« legte Max ärgerlich los, »wenn man hier seit drei Stunden sitzt und dichten will, und das Vieh, der Pegasus, ist störrisch und läßt sich nicht zügeln. Da sieh, sechs Reihen hab' ich erst.«

Hilde durchflog die mit Bleistift hingekritzelten, vielfach durchstrichenen und verbesserten Zeilen.

»Na, die sind auch danach,« meinte sie dann ehrlich.

»Mach's besser,« fuhr Max sie an.

»Siehst du, den Vorschlag wollte ich dir gerade auch machen. Verse schmieden, das geht bei mir wie geschmiert. Ich habe doch immer die Ulk- und Spottgedichte auf die Lehrer gemacht. Komm, wir machen die Geschichte zusammen. Verdienen tust du's zwar nicht, daß ich dir aus der Klemme helfe, wo du mich eben so angesäuselt hast. Aber ich freue mich ja unmenschlich auf den Maskenball – Papa wird es doch erlauben?«

Und nun ritten Bruder und Schwester einträchtig miteinander das jetzt sanfte und gefügige Musenroß. Hilde brachte die ulkigsten Reime zustande; lautes Lachen zeigte bald, daß die Verse gelungen waren.

Vergessen hatte Hilde die geplante Schlittenpartie, vergessen den deutschen Aufsatz, die Königin Luise mußte sich lange auf ihrer Fahrt gedulden, ehe Hilde sie ihr Ziel erreichen ließ. Hilde lebte und webte von jetzt an nur noch in dem Gedanken an den bevorstehenden Maskenball.

Dem Vater hatte sie ohne große Mühe die Erlaubnis dazu abgebettelt. Der war jetzt seinem Liebling gegenüber noch nachgiebiger als früher, und manchmal schaute er sie so seltsam an, mit so traurig zärtlichen Augen – es wurde Hilde ganz bange dabei ums Herz.

Jetzt aber hatte sie gar keine Zeit, an Trübes zu denken. Die große Kostümfrage nahm all ihre Gedanken in Anspruch. Hundert Pläne hatte sie schon gefaßt und wieder verworfen. Ob sie nicht doch mit Daisy beraten sollte?

Eigentlich sollte die sie auch nicht erkennen, denn Daisy mußte natürlich dabei sein, ohne die war das Fest ja ganz undenkbar. Hilde hatte deshalb sogar Max veranlaßt, der Fränze auch eine Einladung zu schicken, denn nur so war die Erlaubnis seitens Daisys Tante gesichert.

Fränze ließ sich, wie Daisy Hilde anvertraute, ein kostspieliges seidenes Kostüm anfertigen. Daisy selbst mußte das ihrige von dem sowieso schon recht mageren Taschengeld bestreiten. Aber Hildes Mutter, die gute Frau Doktor Dahlen, wußte wie immer Rat. Ihr Mann war seit einigen Tagen wieder frischer, da hatte auch sie mehr Lebensmut und Lust, sich an der Vorfreude der jungen Mädchen zu beteiligen.

»Wißt ihr was, Kinder,« unterbrach sie die tollen Vorschläge, in denen Hildes phantastisches Köpfchen sich überbot, »ihr fertigt euch eure Kostüme im Hause selbst an. Ich schlage euch vor, ihr geht beide als Babies. Ich habe noch wundervollen Spitzenstoff von der verstorbenen Großmutter, das gibt zwei prächtige weiße Hänger; ganz gleich geht ihr, eine wie die andere, daß man euch gar nicht unterscheiden kann. Ihr sollt mal sehen, das gibt einen Hauptspaß.«

Hilde, die es eigentlich nicht unter Rundfunk oder Zeppelin hatte tun wollen, nahm den bescheidenen Vorschlag freudig an, da sie mit Daisy das gleiche Kostüm tragen sollte.

»Und du ziehst Schuhe ohne Absätze an, Daisy, und ich welche mit ganz hohen, dann sind wir ziemlich gleich groß, und blonde Lockenperücken nehmen wir, ja, Daisy, die mußt du schon spendieren. Ach, das gibt ja einen Jokus, wenn uns alle verwechseln werden!«

Auch die gesetzte Daisy brannte lichterloh.

»Weißt du, darling, Milchflaschen mit Gummipfropfen müssen wir uns umhängen wie richtige Babies, und dann nehmen wir Puppen auf den Arm, nicht?«

»Nein, lieber Luftballons, das ist noch ulkiger,« entschied Hilde, das Überlegen und Beraten wollte kein Ende nehmen. Die Arbeit kam in diesen Tagen ein wenig zu kurz. Aber die jungen Mädchen trösteten sich damit, daß sie in den Osterferien, die vor der Tür standen, schon alles nachholen würden. Umso eifriger wurde in Hildes Zimmer bei verschlossenen Türen zugeschnitten und geschneidert. Frau Doktor Dahlen legte selbst mit Hand an, und Hilde, die sonst nicht zehn Minuten ruhig bei der Näharbeit sitzen konnte, brachte es fertig, stundenlang die Nadel durch den weißen Spitzenstoff zu führen.

Aber wie schön wurden auch die Kostüme!

Zart und duftig wie eine lichte Wolke hingen sie an dem endlich herangenahten Abend über dem Sofa, mattblaue Schärpen schmückten sie, und große Spitzenhüte vervollständigten den kleidsamen Anzug. Daisy zog sich bei Hilde an, denn Fränze wollte auch, um nicht erkannt zu werden, allein zum Maskenball fahren.

Die beiden Mädel fanden sich, als sie fertig waren, gegenseitig süß. Aber sie sahen wirklich ganz allerliebst aus, auch die Mutter meinte es; die Milchflaschen und Luftballons vervollständigten den drolligen Eindruck. Und als sie sich die seidenen Larven vor das Gesicht gebunden, war die Mutter im Augenblick selbst im Zweifel, welches ihre Hilde und welches die Freundin sei.

Doktor Dahlen wollte durchaus dem Maskenball beiwohnen, seiner Frau Bitten, sich doch lieber zu schonen und mit ihr daheim zu bleiben, verklangen ungehört.

Die Brüder, die sich auch in geheimnisvollster Weise verkleidet hatten, waren schon fort, als Hilde und Daisy herzklopfend im Wagen ihrem Ziele zurollten.

Der erste Ball – wohl jedes junge Mädchenherz schlägt neben aller jubelnden Freude etwas bange und zaghaft. Selbst die kecke Hilde war nicht ganz frei von Ballfieber, und Daisy pochte das Herz bis in den Hals. Und noch eins beschäftigte Hilde lebhaft, würde Doktor Werner da sein?

Geladen war er, das wußte sie durch Max. Aber ob er kam? Er hatte kein Wort über den Maskenball ihr gegenüber verlauten lassen, und sie hatte nicht gewagt, ihn zu fragen.

Es war schon kolossal viel ›Stimmung‹, als die beiden Babies Hand in Hand den lichtschimmernden Saal betraten. Lautes Hallo begrüßte die