Gunter Pirntke (Herausgeber)

Miguel de Cervantes Saavedra

Leben und Taten des scharfsinnigen Edlen Don Quixote von la Mancha

Impressum

Covergestaltung: Alexandra Paul

Digitalisierung: Gunter Pirntke


2012 andersseitig.de

ISBN: 978-3-95501-059-1



andersseitig Verlag

Dresden

www.andersseitig.de


info@new-ebooks.de


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Inhalt

Impressum


Erster Teil

Prolog.

Erstes Buch.

Erstes Kapitel.

Zweites Kapitel.

Drittes Kapitel.

Viertes Kapitel.

Fünftes Kapitel.

Sechstes Kapitel.

Siebentes Kapitel.

Achtes Kapitel.

Zweites Buch.

Erstes Kapitel.

Zweites Kapitel.

Drittes Kapitel.

Viertes Kapitel.

Fünftes Kapitel.

Sechstes Kapitel.

Drittes Buch.

Erstes Kapitel.

Zweites Kapitel.

Drittes Kapitel.

Viertes Kapitel.

Fünftes Kapitel.

Sechstes Kapitel.

Siebentes Kapitel.

Achtes Kapitel.

Neuntes Kapitel.

Zehntes Kapitel.

Elftes Kapitel.

Zwölftes Kapitel.

Dreizehntes Kapitel.

Vierzehntes Kapitel.

Fünfzehntes Kapitel.

Sechzehntes Kapitel.

Siebzehntes Kapitel.

Viertes Buch.

Erstes Kapitel.

Zweites Kapitel.

Drittes Kapitel.

Viertes Kapitel.

Fünftes Kapitel.

Sechstes Kapitel.

Siebentes Kapitel.

Achtes Kapitel.

Neuntes Kapitel.

Zehntes Kapitel.

Fünftes Buch.

Erstes Kapitel.

Zweites Kapitel.

Drittes Kapitel.

Viertes Kapitel.

Fünftes Kapitel.

Sechstes Kapitel.

Siebentes Kapitel.

Achtes Kapitel.

Neuntes Kapitel.

Zehntes Kapitel.

Elftes Kapitel.

Zweiter Teil

Prolog an den Leser.

Sechstes Buch.

Erstes Kapitel.

Zweites Kapitel.

Drittes Kapitel.

Viertes Kapitel.

Fünftes Kapitel.

Sechstes Kapitel.

Siebentes Kapitel.

Siebentes Buch.

Erstes Kapitel.

Zweites Kapitel.

Drittes Kapitel.

Viertes Kapitel.

Fünftes Kapitel.

Sechstes Kapitel.

Siebentes Kapitel.

Achtes Kapitel.

Neuntes Kapitel.

Zehntes Kapitel.

Achtes Buch.

Erstes Kapitel.

Zweites Kapitel.

Drittes Kapitel.

Viertes Kapitel.

Fünftes Kapitel.

Sechstes Kapitel.

Siebentes Kapitel.

Achtes Kapitel.

Neuntes Kapitel.

Zehntes Kapitel.

Elftes Kapitel.

Zwölftes Kapitel.

Dreizehntes Kapitel.

Vierzehntes Kapitel.

Fünfzehntes Kapitel.

Sechzehntes Kapitel.

Neuntes Buch.

Erstes Kapitel.

Zweites Kapitel.

Drittes Kapitel.

Viertes Kapitel.

Fünftes Kapitel.

Sechstes Kapitel.

Siebentes Kapitel.

Achtes Kapitel.

Neuntes Kapitel.

Zehntes Kapitel.

Elftes Kapitel.

Zwölftes Kapitel.

Dreizehntes Kapitel.

Vierzehntes Kapitel.

Fünfzehntes Kapitel.

Sechzehntes Kapitel.

Siebzehntes Kapitel.

Achtzehntes Kapitel.

Neunzehntes Kapitel.

Zehntes Buch.

Erstes Kapitel.

Zweites Kapitel.

Drittes Kapitel.

Viertes Kapitel.

Fünftes Kapitel.

Sechstes Kapitel.

Siebentes Kapitel.

Achtes Kapitel.

Neuntes Kapitel.

Zehntes Kapitel.

Elftes Kapitel.

Zwölftes Kapitel.

Dreizehntes Kapitel.

Elftes Buch.

Erstes Kapitel.

Zweites Kapitel.

Drittes Kapitel.

Viertes Kapitel.

Fünftes Kapitel.

Sechstes Kapitel.

Siebentes Kapitel.

Achtes Kapitel.

Neuntes Kapitel.

Das Buch

Erster Teil

Dem Herzoge von Bejar, Marques

von Gibraleon, Grafen von Benalcazar,

Bañares und Alcocer, Herrn der Städte

Capilla, Curiel und Burguillos


Im Vertrauen auf die gute Aufnahme und Achtung, die Ew. Exzellenz allen Produkten der Literatur erweist, als ein Fürst, der geneigt ist, die schönen Künste zu begünstigen, vorzüglich diejenigen, die durch ihren Adel sich nicht zum Dienste und zur Gewinnsucht des Pöbels herablassen, bin ich entschlossen, den sinnreichen Edlen Don Quixote von la Mancha an das Licht treten zu lassen, unter dem Schirme von Ew. Exzellenz ruhmvollen Namen, der ich mit der Ehrfurcht, die ich Ihrer Größe schuldig bin, bitte, ihn wohlwollend in Ihren Schutz aufzunehmen, damit er unter dieser Bedeckung, wenn ihm gleich die schöne Zier der Eleganz und Gelehrsamkeit mangelt, die gewöhnlich die Werke zu bekleiden pflegt, die in den Häusern gelehrter Männer geschrieben werden, dennoch dreist vor den Richtstuhl einiger zu erscheinen wage, die, nicht in den Schranken ihrer Unwissenheit zurückgehalten, mit vieler Strenge und weniger Gerechtigkeit fremde Arbeiten zu verdammen pflegen; denn wenn Ew. Exzellenz Ihre helle Einsicht auf meine gute Absicht richten, so werden Sie, wie ich hoffe, die Geringfügigkeit eines so unbedeutenden Dienstes nicht verschmähen.

Miguel de Cervantes Saavedra

Prolog.

Müßiger Leser! Ohne Schwur magst du mir glauben, daß ich wünsche, dieses Buch, das Kind meines Geistes, wäre das schönste, lieblichste und verständigste, das man sich nur vorstellen kann. Ich habe aber unmöglich dem Naturgesetz zuwiderhandeln können, daß jedes Wesen sein Ähnliches hervorbringt; was konnte also mein unfruchtbarer, ungebildeter Verstand anders erzeugen als die Geschichte eines dürren, welken und grillenhaften Sohnes, der mit allerhand Gedanken umgeht, die vorher noch niemand beigefallen sind, geradeso wie einer, der in einem Gefängnisse erzeugt ward, wo jede Unbequemlichkeit zu Hause ist und jedes traurige Geräusch seine Wohnung hat? Die Stille, ein angenehmer Aufenthalt, die Lieblichkeit der Gefilde, die Heiterkeit des Himmels, das Gemurmel der Quellen, die Ruhe des Geistes verursachen es großenteils, daß sich auch die unfruchtbarste Muse fruchtbar zeigt und Geburten ans Licht bringt, durch welche sie Erstaunen und Freude erregt. Manchmal hat ein Vater einen häßlichen, unliebenswürdigen Sohn, aber die Liebe, die er zu ihm trägt, knüpft ihm eine Binde um die Augen, so daß er seine Fehler nicht sieht oder sie wohl für Annehmlichkeit und geistreiche Züge hält und sie seinen Freunden für Witz und Lieblichkeiten anrechnet. Ich aber, der, wenn ich auch der Vater scheine, nur der Stiefvater des Don Quixote bin, will nicht dem Strome der Sitte folgen, dich nicht, geliebter Leser, wie andere wohl tun, fast mit Tränen in den Augen bitten, daß du die Fehler, die du an diesem Kinde wahrnimmst, vergeben und übersehen mögest; und da du ja weder sein Verwandter noch sein Freund bist und deine Seele für dich und den herrlichsten freien Willen hast, du auch in deinem Hause bist, wo du so unumschränkt herrschest wie der König in seinen Domänen, du auch das gewöhnliche Sprichwort kennst: Unter meinem Mantel trotz ich dem Könige! – welches alles dich von jeder Rücksicht und Verpflichtung freispricht –, so darfst du von dieser Geschichte alles sagen, was dir gut dünkt, ohne Furcht, daß man dich für das Böse schelten noch für das Gute, welches du von ihr sagst, belohnen wird.

Nur wollte ich sie dir nackt und bloß überreichen, ohne den Schmuck eines Prologs, ohne die unzählige Schar der herkömmlichen Sonette, Epigramme und Empfehlungsgedichte, die man vor den Anfang der Bücher zu setzen pflegt: denn ich muß dir gestehen, daß, ob mich des Buches Ausarbeitung wohl einige Mühe kostete, ich doch die für die größte halte, diese Vorrede zu machen, die du jetzt liesest. Oft habe ich die Feder genommen, um sie zu schreiben, und sie ebensooft wieder hingeworfen, weil ich nicht wußte, was ich schreiben sollte. Und indem ich wieder so nachdenkend war, das Papier vor mir, die Feder hinter dem Ohre, den Ellenbogen auf dem Tische und die Hand an der Wange, sinnend, was ich sagen solle, trat plötzlich ein witziger und verständiger Freund zu mir herein, der, als er mich so nachdenkend sah, mich um die Ursache fragte, und ohne sie ihm zu verhehlen, sagte ich ihm, daß ich auf den Prolog sönne, den ich zur Geschichte des Don Quixote zu schreiben habe, und daß mich dies so anstrenge, daß ich ihn gar nicht schreiben und ebensowenig die Taten dieses edeln Ritters ans Licht stellen wolle. »Denn wie könnt Ihr nur verlangen, daß mich das nicht in Verwirrung setzen solle, was der alte Gesetzgeber, Publikum genannt, sagen wird, wenn er sieht, daß nach Verlauf so vieler Jahre, in denen ich im Schweigen der Vergessenheit schlafe, ich endlich, mit allen meinen Jahren belastet, mit einer Schreiberei hervortrete, die so trocken ist wie eine Binse, ohne Erfindung, dürftig im Stil, arm an Witz und gänzlich von Gelehrsamkeit und Literatur entblößt, ohne Bemerkungen am Rande und ohne Anmerkungen am Ende des Buchs, wie ich doch sehe, daß andre Bücher eingerichtet sind, auch fabelhafte und weltliche, die voller Sentenzen des Aristoteles, Plato und der ganzen Schar der Philosophen stecken, worüber sich alsdann die Leser verwundern und die Verfasser für belesene, gelehrte und beredte Männer halten? Und vollends gar, wenn sie die Heilige Schrift zitieren! Dann hält man einen solchen für einen Sankt Thomas oder einen andern Kirchenlehrer, wobei das Decorum so geistreich beobachtet wird, daß in einer Zeile ein ausschweifender Verliebter geschildert, in der folgenden aber eine christliche Predigt gehalten wird, welches eine Freude und Ergötzung ist, es zu hören oder zu lesen. Alles dieses mangelt meinem Buche, denn ich habe am Rande nichts bemerkt und am Ende nichts angemerkt, noch weniger weiß ich, welchen Autoren ich folge, um sie, wie es alle machen, vor dem Anfange nach dem Alphabet zu ordnen, indem sie beim Aristoteles anfangen und mit dem Xenophon und Zoilus oder Zeuxis endigen, wenn jener auch ein Verleumder und dieser ein Maler war. Auch wird es meinem Buche vor dem Anfange an Sonetten fehlen, wenigstens an solchen Sonetten, die Herzöge, Marquesen, Grafen, Bischöfe, Damen und weltberühmte Poeten zu Verfassern haben; obgleich, wenn ich zwei oder drei geschickte Freunde darum bäte, ich wohl solche bekommen könnte, daß ihnen die von denjenigen nicht glichen, die mehr Ruf in unserem Vaterlande haben.

Kurz, mein lieber Herr und Freund«, so fuhr ich fort, »ich bin entschlossen, daß der Herr Don Quixote in den Archiven von la Mancha begraben bleibe, bis der Himmel den sende, der ihn mit allen diesen Dingen schmückt, die ihm jetzt mangeln, denn ich bin unfähig, sie zu ergänzen, aus Mangel an Geschick und Gelehrsamkeit, auch weil ich von Natur furchtsam bin, auch zu träge, um Autoren mühsam aufzusuchen, die das sagen, was ich wahrlich ohne sie sagen kann. Daher diese Verwirrung und Spannung, in welcher Ihr mich getroffen habt, und gewiß ist vollgültige Ursache dazu das, was Ihr soeben gehört habt.«

Als mein Freund dies hörte, schlug er sich vor die Stirn, brach in das lauteste Gelächter aus und sagte: »Bei Gott, Bester, nunmehr erst verliere ich eine Täuschung, in welcher ich mich in der ganzen langen Zeit befunden habe, seitdem ich Euch kenne, daß ich Euch immer für verständig und klug in allen Euren Unternehmungen hielt; aber jetzt sehe ich, daß Ihr ebensoweit davon entfernt seid, wie es der Himmel von der Erde ist.

Wie? Ist es möglich, daß so geringfügige Dinge, die so leicht zu machen sind, stark genug sein sollen, einen so reifen Geist, wie der Eurige ist, zu binden und zu verwirren, dem es ein kleines sein muß, durch weit größere Schwierigkeiten zu brechen? Verzeiht, dies entsteht nicht aus Mangel an Geschicklichkeit, sondern aus Überfluß an Trägheit und Ersparnis der Überlegung. Soll ich Euch den Beweis darüber führen? Nun, so hört mir aufmerksam zu, und Ihr werdet sehen, wie ich, indem man eine Hand umwendet, alle Eure Schwierigkeit hebe, allen Mangel, von dem Ihr sprecht, ersetze, der Euch so verwirrt und beängstigt, weshalb Ihr sogar der Welt nicht Euren berühmten Don Quixote schenken wollt, das Licht und den Spiegel der ganzen irrenden Ritterschaft.«

»Nun so sagt doch«, erwiderte ich, ihm aufmerksam zuhörend, »wie wollt Ihr die Leere meiner Furcht ausfüllen und das Chaos meiner Verwirrung in lichte Ordnung bringen?«

Worauf er antwortete: »Zuerst, woran Ihr Euch stoßt, was die Sonette, Epigramme oder Lobgedichte betrifft, die vor Eurem Buche fehlen und die von würdigen, angesehenen Leuten sein müssen, so macht sich dies bald, denn Ihr dürft Euch nur selbst einige Mühe geben, sie zu schreiben und sie nachher zu taufen, und Namen vorsetzen, welche Ihr nur immer wollt, sie dem Priester Johann von Indien zuschieben oder dem Kaiser von Trapezunt, von denen ich weiß, daß sie als berühmte Poeten bekannt waren; und sind sie es auch nicht gewesen und kömmt irgendein Pedant oder Baccalaureus, die Euch deshalb von hinten anfallen und die Wahrheit bezweifeln wollen, so achtet dies keinen Groschen wert, denn wenn sie Euch selbst der Lüge überführen können, so dürfen sie Euch doch die Hand nicht abhauen, womit Ihr es geschrieben habt.

In Ansehung der Bücher und Autoren, die Ihr auf dem Rande zitieren wollt und aus denen Ihr Sentenzen und Phrasen nehmen dürftet, welche in Eurer Geschichte vorkommen, so ist nichts weiter nötig, als daß Euch gerade recht einige Sentenzen oder lateinische Brocken kommen, die Ihr auswendig wißt oder die Euch wenigstens nicht viele Mühe machen, sie aufzusuchen, wie zum Beispiel, wenn Ihr von Freiheit oder Sklaverei sprecht:

Non bene pro toto libertas venditur auro,

gleich nennt Ihr auf dem Rande den Horatius, oder wer es sonst gesagt hat; sprecht Ihr von der Macht des Todes, so besinnt Euch nur geschwinde auf das:

Pallida mors aequo pulsat pede

Pauperum tabernas regumque turres.

Sprecht Ihr von der Freundschaft und Liebe, die Gott auch gegen den Feind befiehlt, so dürft Ihr nur gleich in die Heilige Schrift einbrechen, wo Ihr sogar mit der pünktlichsten Genauigkeit das Wort Gottes selbst gebrauchen könnt:

Ego autem dico vobis: diligite inimicos vestros.

Handelt Ihr von schlechten Gedanken, so kommt mit dem Evangelium: ›De corde exeunt cogitationes malae‹; von der Unzuverlässigkeit der Freunde, seht da den Cato, der Euch sein Distichon anbietet:

Donec eris felix, multos numerabis amicos,

Tempora si fuerint nubila solus eris,

und mit diesen lateinischen Sprüchen und ähnlichen halten sie Euch schon für einen Grammatiker, welches in unsern Tagen etwas Ansehnliches und Treffliches ist.

Was aber die Anmerkungen am Ende des Buches betrifft, so dürft Ihr es nur ganz dreiste so machen. Nennt Ihr irgendeinen Riesen in Eurem Buche, so laßt es den Riesen Goliat sein, und bloß mit diesem, der Euch doch so gut wie gar keine Unkosten macht, könnt Ihr schon eine große Anmerkung ausfüllen, denn Ihr dürft nur schreiben: Dieser Riese Goliat oder Goliath war ein Philister, den der Schäfer Daniel mit einem Steinwurf im Tale Terebintus tötete, wie es im Buche der Könige erzählt wird, in demselben Kapitel, welches davon handelt.

Nach diesem, um Euch als ein Mann zu zeigen, der auch in den humanen Wissenschaften und der Kosmographie erfahren ist, richtet es ein, daß in Eurer Geschichte der Fluß Tajo genannt wird, und gleich ist für Euch eine neue, ausbündige Anmerkung da: Der Fluß Tajo führt seinen Namen von einem Könige von Spanien, er entspringt da und da und ergießt sich in den Ozean, indem er vorher die Mauern der berühmten Stadt Lissabon küßt, auch meint man, daß er Goldsand mit sich führe, usw. ... Sprecht Ihr von Räubern, so will ich Euch die Geschichte des Cacus schenken, die ich auswendig weiß; wenn von unzüchtigen Weibern, so gibt es ja den Bischof von Mondoñedo, der Euch die Lamia, Laïs und Floria liefert, deren Anführung Euch in ziemliches Ansehen setzen wird; wenn von grausamen, so bietet Euch Ovidius die Medea an; wenn von Zauberinnen und Hexen, so hat Homerus die Kalypso und Virgilius die Circe; wenn von tapfern Feldherren, so gibt Julius Caesar sich Euch selbst in seinen ›Kommentarien‹, und Plutarch gibt Euch tausend Alexander; wenn Ihr von Liebe sprecht, so trefft Ihr, wenn Ihr nur ein Quentchen Italienisch wißt, auf den Leo Hebraeus, der Euch das Maß häuft, und wollt Ihr nicht deshalb in fremde Länder wandern, so habt Ihr ja den Fonseca ›Von der Liebe Gottes‹ zu Hause, wo Ihr und der Scharfsinnigste so viel über diese Materie finden wird, als sein Herz nur wünscht. Kurz, Ihr braucht nichts weiter zu tun, als diese Namen zu nennen oder diese Geschichten, die ich soeben genannt habe, in die Eurige aufzunehmen, und dann laßt mich nur für die Bemerkungen und Anmerkungen sorgen, denn ich schwöre Euch, daß ich den ganzen Rand vollschreiben und wohl vier Bogen am Ende des Buches verderben will.

Laßt uns jetzt auf die Zitation der Autoren kommen, die man in andern Büchern findet und die in dem Eurigen fehlen. Diesem abzuhelfen, gibt es ein sehr bequemes Mittel, denn Ihr braucht nur eins von den Büchern zu nehmen, in denen sie alle von A bis Z zitiert sind; denn dieses nämliche Alphabet müßt Ihr Eurem Buche einverleiben; sieht man auch die Lüge ganz deutlich, so tut Euch das nichts, da Ihr alle diese Autoren nicht braucht; und vielleicht ist doch einer oder der andre so einfältig, daß er glaubt, Ihr hättet sie wirklich alle bei Eurer einfachen, schlichten Erzählung genützt; und wenn dies auch zu weiter nichts dient, so wird jenes weitläufige Verzeichnis von Autoren wenigstens dazu dienen, dem Buche eine plötzliche Autorität zu verschaffen, um so mehr, da sich niemand die Mühe geben wird, zu untersuchen, ob Ihr ihnen gefolgt seid oder nicht, da dies nichts zur Sache tut; da vorzüglich, wenn ich es anders recht begreife, dieses eine Buch gar nichts von denen Dingen bedarf, die, wie Ihr sagt, ihm mangeln, denn das ganze Buch ist gegen die Ritterbücher gerichtet, die Aristoteles nicht kannte, die der heilige Basilius nicht erwähnt und Cicero niemals anführt; auch gehören in die Erzählung seiner erdichteten Torheiten nicht die Pünktlichkeiten der Wahrheit noch die Beobachtungen der Astrologie, auch sind hier keine geometrischen Messungen von Belang noch die Widerlegung der Argumente, deren sich die Rhetorik bedient; auch soll keinem eine Predigt gehalten werden, indem das Weltliche mit dem Göttlichen vermischt wird, eine Art von Mischung, mit welcher sich kein christlicher Verfasser schmücken sollte, sondern es soll nur die Nachahmung dessen erreichen, was es beschreiben will, und um so vollendeter diese ist, um so vollendeter wird das Beschriebene sein; und da diese Eure Schriftstellerei zum Hauptzwecke hat, das Ansehen zu vernichten, in dem bei der Welt und dem Haufen die Ritterbücher stehen, so habt Ihr auch nicht nötig, den Philosophen Sentenzen, dem Worte Gottes Lehren, den Poeten Fabeln, den Rhetorikern Reden und den Heiligen Wunder abzubetteln; sondern Euer Augenmerk ist, Eure Erzählung in einem einfachen, ausdrucksvollen, edlen und geziemenden Stil zu verfassen, daß Eure Perioden sich wohlklingend und anständig fortbewegen und daß Ihr nach Eurer Absicht alles deutlich darstellt, ohne Eure Ideen durch Spitzfindigkeit oder Dunkelheit zu verwirren. Bewirkt, daß beim Lesen Eures Buches der Melancholische zum Lachen bewegt, der Lacher noch aufgeräumter werde, daß der Einfältige sich ergötze und der Verständige die Erfindung bewundere, daß der Ernste sie nicht verwerfe und der Klügere sie nicht verachte. Kurz, richtet Euer Augenmerk dahin, das schlecht gegründete Gebäude dieser Ritterbücher zu zerstören, die von so vielen gehaßt und von noch mehrern gerühmt werden; denn wenn Euch dies gelingt, so ist Euch nichts Kleines gelungen.«

Mit andächtigem Stillschweigen hörte ich, was mein Freund mir sagte, und seine Gedanken waren mir so einleuchtend, daß ich sie alle, ohne mit ihm zu disputieren, billigte, ja mir selbst vornahm, aus ihnen diesen Prolog zu bilden, in welchem du nun, freundlicher Leser, den Verstand meines Freundes siehst, mein Glück, ihn zu einer Zeit zu finden, da mir guter Rat so nötig war, und deinen Trost, so wahrhaft und ohne Umänderungen die Geschichte des berühmten Don Quixote von la Mancha zu erhalten, der, wie alle Einwohner auf dem Gefilde Montiel behaupten, der keuscheste Verliebte sowie der tapferste Ritter gewesen ist, den man wohl seit vielen Jahren in jenen Gegenden gesehen hat. Ich will dir den Dienst nicht sehr hoch anrechnen, den ich dir damit erweise, daß ich dich mit einem so merkwürdigen und ehrenvollen Ritter bekannt mache; aber das verlange ich von dir, daß du mir für die Bekanntschaft seines berühmten Stallmeisters Sancho Pansa danken sollst, in welchem ich alle stallmeisterliche Lieblichkeit, die in den Scharen der unnützen Ritterbücher zerstreut ist, habe vereinigen wollen. Und hiemit Gott befohlen, der mich auch nicht vergessen möge.

Lebe wohl!


An das Buch des Don Quixote von la Mancha.

Urganda die Unbekannte

Wünschest du dich, Buch, zu gu-

Lesern nun hinzubege-

Wird kein Schwätzer dir ausle-

Deine Absicht als Untu-

Um so mehr du aber su-

Wirst, nur zu entgehn den To-

Werden sie dich nicht verscho-

Treffen sie den Kopf des Na-

Niemals, werden sie doch ra-

Zeigen, daß sie kluggezo-

Weil nun die Erfahrung leh-

Wer den starken Baum wird su-

Find't im Schatten sichre Ru-

In Bejar will Glück dir ge-

Königsstamm zu deinem Se-

Der als Frucht Fürsten erzo-

Blühend jetzt mit dem Herzo-

Dem Alexanders Gemü-

Fleh den Schutz, stets war dem Küh-

Auch das gute Glück gewo-

Von dem edel kühn Mancha-

Kündest du die Abenteu-

Dem die Bücher ungeheu-

Hirn und Haupt verkehret ha-

Tapfre Ritter, Waffen, Da-

Haben ihn so aufgefo-

Daß wie Orlando furio-

Er in edler Liebeswei-

Sich erstritt durch Schwertesstrei-

Dulcinea von Tobo-

Unbescheidne Hierogly-

Laß nicht in das Schild dir prä-

Ist Figur schon alles, zäh-

Wenig Augen auch im Spie-

Hast du Demut dir erkie-

Wird kein Spötter dir zuru-

Daß Don Alvaro de Lu-

Daß Hannibal von Kartha-

Daß der König Franz in Spa-

Klagten das Rad der Fortu-

Da der Himmel nicht gege-

Daß du so gelehrt erschie-

Wie der Neger Juan Lati-

Drum laß die latein'schen Re-

Prahl auch nicht mit feinem We-

Spiele nicht den Philoso-

Das Gesicht wird krumm gezo-

Fragen, wer Verstand zum Le-

Bester, kommst du so mit De-

Her zum Tanze und mit Spo-?

Einfach deine Straße ge-

Sorge nicht um andrer Sa-

Wer viel schwatzt, dem geht der Bra-

Gerne stille aus dem We-

Denn mitunter trifft auf Schlä-

Wer sich spaßhaft denkt zu zei-

Den Ruhm suche zu errei-

Daß nichts Böses von dir sa-

Niemand kann, denn ew'gen Ta-

Hat, wer nur druckt Narrentei-

Nur dem Unsinn macht es Freu-

Da die Fenster doch nur glä-

Steine in die Hand zu neh-

Und sie in das Haus zu schleu-

Doch Verstand wird es bezeu-

Wenn die Werke so geschrie-

Daß Bescheidenheit sie zie-

Denn wer vollgedruckt die Bo-

Zu erfreuen junge To-

Steht als Narr nur selbst am Zie-

Amadis von Gallia an Don Quixote von la Mancha.

Sonett

Du, der du nachgeahmt mein jammernd Leben,

Dem ich mich einst, abwesend und gekränket,

Aus frohem Stand in Buße tief versenket,

Dort auf der Armut Felsen hingegeben;

Du, den die Augen bei dem bangen Streben

Mit reichlichem, doch salz'gem Naß getränket,

Dem Erd' auf Erde magre Kost geschenket,

Dich Silbers, Kupfers, Zinns zu überheben:

Leb im Vertraun, es werd auf ew'ge Zeiten,

Solang zum mind'sten in der vierten Sphäre

Der blond' Apollo mag die Rosse treiben,

Dein Name seinen Heldenruhm verbreiten,

Dein Vaterland genießen höchster Ehre,

Dein weiser Tatenschreiber einzig bleiben.

Don Belianis von Graecia an Don Quixote von la Mancha.

Sonett

Gesagt, getan, gequetscht, zermalmt, zerrissen

Ward mehr von mir als Rittern aller Zeiten;

Ich gab, gezählt zu Tapfern wie Gescheiten,

Rach' tausend, Tod zehntausend Beschwernissen;

Auf Taten ew'gen Ruhmes so beflissen

Wie auf der Liebe süße Artigkeiten,

War Zwerg für mich jedweder Ries' im Streiten,

In Punkten des Duells war groß mein Wissen;

Zu Füßen mußte sich Fortuna schmiegen,

Den Schopf des kahlen Glücks faßt' im Getümmel

Die Klugheit, die von echtem Korn und Schrote;

Doch wie auch stets mein Glück hoch mußte fliegen

Über den Mond und strahlen durch die Himmel,

Neid ich die Taten dir, großer Quixote.

Die Dame Oriana an Dulcinea von Toboso.

Sonett

Hätt, schöne Dulcinea, sich's gemacht

Und mochte sich's zu meinem Frieden schicken,

Mich in Tobos' statt London zu erblicken,

Es ward Mirflor zum Opfer dir gebracht!

Hätt ich mit deinem Sinn und deiner Tracht

Doch meinen Geist und Körper dürfen schmücken,

Hätt ich gesehn, den du mochtest beglücken,

Den Ritter groß, in ungeheurer Schlacht!

Hätt ich gekonnt den Amadis vermeiden,

So keusch verharren, wie es dir gelungen,

Mit deinem sitt'gern Edlen Don Quixote!

Ich wär beneidet, brauchte nicht zu neiden,

Von Freude ward ich, nicht von Schmerz durchdrungen,

Dann labte mich Genuß vom besten Schrote.

Gandalin, Stallmeister des Amadis von Gallia, an Sancho Pansa, Stallmeister des Don Quixote.

Sonett

Gegrüßt sei, großer Mann, dem Heil und Glücke,

Als sie ihn in Stallmeisterdienste stellten,

Mit Sanftmut und Verstand so alles hellten,

Daß er sie überstand ohn' Schimpf und Tücke.

Die Sichel, Hacke und der Pflug sind Stücke

Nicht Ritterschaft zuwider, jetzt darf gelten

Schlichtheit des Knappen: Darum muß ich schelten

Den Stolzen, der zum Mond sucht eine Brücke;

Daß ich nicht Esel, Namen von dir habe!

Auch auf den Schnappsack ist mein Neid gerichtet,

Worin sich deine kluge Vorsicht zeiget.

Nochmals gegrüßt, o Sancho, wackrer Knabe,

Von dem der spanische Ovid gedichtet,

Der sich mit einer Kopfnuß vor dir neiget.

Der Dichter, der scherzende, an Sancho Pansa und Rozinante.

Sancho Pansa ich Stallmei-

Des Manchaners Don Quixo-

Immer bin ich fortgeflo-

Mich als klugen Mann zu zei-

Hasenpanier zu ergrei-

Ist die beste Staatsmaxi-

Feldherrn rühmt das Retiri-

Das ist Celestinens Leh-

Dieses Buchs, das himmlisch wä-

Wenn es Ird'sches mehr verschwie-

An Rozinante

Rozinant' bin ich, der ho-

Enkelsohn des Babie-

Für die Sünden, die gesche-

Dient ich einem Don Quixo-

Elend schien ich und verschro-

Doch mein Pferdesinn war kla-

Nie entging mir Stroh und Ha-

Das lernt ich von Lazari-

Der ein'n Halm wußt einzuschie-

Daß ihm Wein lief in den Schna-

Der rasende Orlando an Don Quixote von la Mancha.

Sonett

Bist auch nicht Pair, darf dir kein Gleicher nahn,

Du konntest Pair sein unter tausend Pairen,

Doch dir gleich keiner, so viel immer wären,

Den nie besiegt, stets Siegerheld sie sahn!

Orland' bin ich, Quixote, im Liebeswahn

Trieb mich Angelika zu fernen Meeren,

Opfernd dem Ruhm auf seinen Weihaltären

Die Tatkraft, die nicht tilgt Vergessens Zahn.

Dir gleich nicht kann ich sein, den Vorzug bieten

Muß jeder deinem Ruhm, den Heldentaten,

Wenn sich auch dir der Sinn wie mir verrückte;

Doch mir gleich bist du, wenn du wilde Scythen

Und stolze Mohren zähmst, daß uns verraten

Man nennt und beid' in Liebe Unbeglückte.

Der Ritter des Phoebus an Don Quixote von la Mancha.

Sonett

Mein Schwert darf sich dem Euren nicht vergleichen,

Ihr, span'scher Phoebus, Blume aller Feinen,

Mein Arm ermißt sich nicht der Kraft des deinen,

Dem Morgenstrahl, dem Mond und Stern' erbleichen.

Ich wies ab Kaisertum, samt Königreichen,

Dem roten Orient mocht ich dies verneinen,

Zu sehn das hocherhabne Antlitz scheinen

Der Claridian', Auroras Liebeszeichen;

Sie mein, mir heller vor dem Morgenrote,

Entfernt, verschmäht bebten die Ungetüme

Der Hölle mir, so wollt mein Mut erheischen;

Doch Ihr, Quixote, verklärt ruhmreicher Gote,

Macht, daß um Dulcinee die Welt Euch rühme,

Durch Euch hat sie den Ruhm der Klugen, Keuschen.

Der Soldan an Don Quixote von la Mancha.

Sonett

Obwohl, Herr Quixote, Albertät nichtsnutzig

Euch Haupt und Hirn gar lästerlich verschoben,

Seid jedenfalls des Vorwurfs Ihr enthoben,

Als wärt Ihr Mann der Werke schlecht und schmutzig;

Sein Zeuge Eure Tathandlungen trutzig,

Der Unbill Steurung wolltet Ihr erproben,

Da prügelt Euch mit Knitteln und mit Kloben

Das Lumpenpack, das schlecht gesinnt und prutzig:

Und wenn Eur' vielsüß liebe Dulcinea

Euch auch erwiesen hat gleichsam Schimpfierung,

Gleichgültig Euer Huld'gen von sich schiebend,

So sei Tröstjammer Euch in diesem Weh da,

Daß Sancho nicht verstand Kupplerhantierung,

Er dumm war, herbe sie, Ihr nicht ernst liebend.

Gespräch zwischen Babieca und Rozinante.

Sonett

B.: Wie seid Ihr, Rozinante, schmal gemessen!

R.: Man frißt ja nichts und muß sich immer plagen.

B.: Wie steht's mit Hafer und des Strohes Lagen?

R.: Nicht einen Bissen läßt mein Herr mich essen.

B.: Ei, Freund, Ihr seid unartig und vermessen,

Mit Eselszunge nach dem Herrn zu schlagen.

R.: Er bleibt ein Esel, war's seit jungen Tagen;

Er ist verliebt, nun könnt Ihr's selbst ermessen.

B.: Ist Lieben Torheit? R.: Doch gewiß nicht weise.

B.: Ihr seid ein Philosoph. R.: Das kommt vom Fasten.

B.: Beklagt Euch denn bei unsres Ritters Knappen.

R.: Was hilft's mir, daß ich meine Not beweise,

Wenn Herr und Diener unter gleichen Lasten

In die Rapuse gehn mit ihrem Rappen?

Erstes Buch.

Erstes Kapitel.

Handelt von dem Stande und der Lebensweise des ruhmvollen Edlen Don Quixote von la Mancha.

In einem Dorfe von la Mancha, dessen Namen ich mich nicht entsinnen mag, lebte unlängst ein Edler, einer von denen, die eine Lanze auf dem Vorplatz haben, einen alten Schild, einen dürren Klepper und einen Jagdhund. Eine Olla, mehr von Rind- als Hammelfleisch, des Abends gewöhnlich kalte Küche, des Sonnabends arme Ritter und freitags Linsen, sonntags aber einige gebratene Tauben zur Zugabe verzehrten drei Vierteile seiner Einnahme. Das übrige ging auf für ein Wams vom besten Tuch, Beinkleider von Samt für die Festtage, Pantoffeln derselben Art, ingleichen für ein auserlesenes ungefärbtes Tuch, womit er sich in den Wochentagen schmückte. Bei ihm lebte eine Haushälterin, die die Vierzig verlassen, und eine Nichte, die die Zwanzig noch nicht erreicht hatte, zugleich ein Bursche, in Feld- und Hausarbeit gewandt, der sowohl den Klepper sattelte als auch die Axt zu führen wußte. Das Alter unsers Edlen war an den Funfzigern. Er war von frischer Konstitution, mager, von dürrem Gesichte, ein großer Frühaufsteher und Freund der Jagd. Es gibt einige, die sagen, daß er den Zunamen Quixada oder Quesada führte – denn hierin findet sich einige Verschiedenheit unter den Schriftstellern, die von diesen Begebenheiten Meldung getan –, obgleich es sich aus wahrscheinlichen Vermutungen schließen läßt, daß er sich Quixana nannte. Dies aber tut unserer Geschichtserzählung wenig Eintrag; genug, daß wir in keinem Punkte von der Wahrheit abweichen.

Es ist zu wissen, daß obgenannter Edler die Zeit, die ihm zur Muße blieb – und dies betrug den größten Teil des Jahres –, dazu anwandte, Bücher von Rittersachen mit solcher Liebe und Hingebung zu lesen, daß er darüber fast die Ausübung der Jagd als auch die Verwaltung seines Vermögens vergaß; ja, seine Begier und Torheit hierin ging so weit, daß er unterschiedliche von seinen Saatfeldern verkaufte, um Bücher von Rittertaten anzuschaffen, in denen er lesen möchte; auch brachte er so viele in sein Haus, als er deren habhaft werden konnte. Unter allen schienen ihm keine so trefflich als die Werke, die der berühmte Feliciano de Silva verfertigt hat, die Klarheit seiner Prosa und den Scharfsinn seiner Perioden hielt er für Perlen, fürnehmlich wenn er auf Artigkeiten oder Ausforderungen stieß, als wenn an vielen Orten geschrieben steht: Das Tiefsinnige des Unsinnlichen, das meinen Sinnen sich darbeut, erschüttert also meinen Sinn, daß ich über Eure Schönheit eine vielsinnige Klage führe. Oder wann er las: Die hohen Himmel, die Eure Göttlichkeit göttlich mit den Gestirnen bewehrt, haben Euch die Verehrung der Ehre erregt, womit Eure Hoheit geehrt ist. Mit diesen Sinnen verlor der arme Ritter seinen Verstand und studierte, die Meinung zu begreifen und zu entwickeln, die Aristoteles selbst nicht enthüllt und begriffen hätte, wenn er auch bloß darum auferstanden wäre. Er war nicht sonderlich mit den Wunden zufrieden, die Don Belianis austeilte und empfing, denn er gedachte, daß, wenn ihn auch die größten Meister geheilt hätten, ihm dennoch kein Antlitz übrigbleiben und sein Körper nur aus Narben und Malen bestehen könne. Doch gab er darin dem Autor Beifall, daß er sein Buch mit dem Versprechen eines unzuvollendenden Abenteuers beschließt, und oft kam ihm der Gedanke, die Feder zu ergreifen und es genau und wörtlich, wie jener versprochen, fortzuführen; auch hätte er es ohne Zweifel getan, wenn ihn nicht größere und anhaltende Gedanken abgehalten hätten. Es traf sich, daß er oft in Streit mit dem Pfarrer seines Dorfes geriet – der ein gelehrter Mann war und zu Siguenza graduiert –, wer von beiden ein größerer Ritter sei, ob Palmerin von England oder Amadis von Gallia. Aber Meister Nicolas, der Barbier desselbigen Ortes, meinte, daß keiner dem Ritter des Phoebus gleich sei, oder wenn sich einer mit ihm messen dürfe, so sei es Don Galaor, der Bruder des Amadis von Gallia, denn dessen Art und Weise sei für alle Fälle gerecht: denn er sei kein zimpferlicher Ritter noch eine solche Tränenquelle wie sein Bruder, auch sei er in Ansehung der Tapferkeit ebensogut beschlagen.

Kurz, er verstrickte sich in seinem Lesen so, daß er die Nächte damit zubrachte, weiter und weiter, und die Tage, sich tiefer und tiefer hineinzulesen; und so kam es vom wenigen Schlafen und vielen Lesen, daß sein Gehirn ausgetrocknet wurde, wodurch er den Verstand verlor. Er erfüllte nun seine Phantasie mit solchen Dingen, wie er sie in seinen Büchern fand, als Bezauberungen und Wortwechsel, Schlachten, Ausforderungen, Wunden, Artigkeiten, Liebe, Qualen und unmögliche Tollheiten. Er bildete sich dabei fest ein, daß alle diese erträumten Hirngespinste, die er las, wahr wären, so daß es für ihn auf der Welt keine zuverlässigere Geschichte gab. Er behauptete, Cid Ruy Diaz sei zwar ein ganz guter Ritter gewesen, er sei aber durchaus nicht mit dem Ritter vom brennenden Schwerte zu vergleichen, der mit einem einzigen Hiebe zwei stolze und ungeschlachte Riesen mitten durchgehauen habe. Besser vertrug er sich mit Bernardo del Carpio, weil er bei Roncesvalles den bezauberten Roland umgebracht, indem er die Erfindung des Herkules nachgeahmt, der den Antaeus, den Sohn der Erde, in seinen Armen erwürgte. Viel Gutes sagte er vom Riesen Morgante, der, ob er gleich vom Geschlechte der Riesen abstammte, die alle stolz und unumgänglich sind, sich allein leutselig und artig betrug. Über alle aber ging ihm Reinald von Montalban, besonders wenn er ihn sah aus seinem Kastell ausfallen, rauben, was er konnte, wenn er dann sogar das Bild des Mahomed von jenseits des Meeres entführte, welches ganz golden war, wie es die Geschichte besagt. Er hätte, um dem Verräter Galalon nach Lust Tritte geben zu können, gern seine Haushälterin und, als Zugabe, auch seine Nichte weggeschenkt.

Als er nun mit seinem Verstande zum Beschluß gekommen, verfiel er auf den seltsamsten Gedanken, den jemals ein Tor auf der Welt ergriffen hat: nämlich es schien ihm nützlich und nötig, sowohl zur Vermehrung seiner Ehre als zum Besten seiner Republik, ein irrender Ritter zu werden und mit Rüstung und Pferd durch die ganze Welt zu ziehen, um Abenteuer aufzusuchen und alles das auszuüben, was er von den irrenden Rittern gelesen hatte, alles Unrecht aufzuheben und sich Arbeiten und Gefahren zu unterziehen, die ihn im Überstehen mit ewigem Ruhm und Namen schmücken würden. Der Unglückliche stellte sich vor, daß er mindestens zum Lohn seines tapfern Arms als Kaiser von Trapezunt würde gekrönt werden, und mit diesen schönen Gedanken, angefrischt von seiner seltsamen Leidenschaft, dachte er nun darauf, seine Entwürfe in Ausübung zu setzen. Zuerst begann er damit, einige Waffenstücke zu reinigen, die er von seinen Urgroßvätern geerbt und die, gänzlich mit Rost und Staub bedeckt, vergessen in einem Winkel lagen. Er putzte und schmückte sie, so gut er konnte; er sah aber gleich, daß ein wesentliches Stück mangelte, daß er nämlich keinen Visierhelm, sondern nur eine Pickelhaube vorfand; aber seine Erfindsamkeit half dem ab, denn er verfertigte aus Pappen etwas wie einen halben Helm, das, mit der Pickelhaube verbunden, den Anschein eines vollständigen Helmes gewann. Es ist wahr, daß, um zu erproben, ob er stark genug sei, die Gefahr eines Kampfs auszuhalten, er sein Schwert zog und zwei Hiebe auf ihn führte, aber schon mit dem ersten das wieder vernichtet hatte, was er in einer Woche gearbeitet. Ihm gefiel die Leichtigkeit nicht, mit der er sein Werk zerstört hatte, und um sich vor dieser Gefahr zu sichern, arbeitete er es von neuem, fügte inwendig einige Eisenstäbe so an, daß er mit der Tüchtigkeit zufrieden war, und ohne eine andre Probe zu machen, hielt er sich für überzeugt, daß dieser der trefflichste Visierhelm sei.

Sogleich ging er, seinen Klepper zu besuchen; ob dieser nun gleich unzählige Schäden und mehr Gebrechen als das Pferd des Gonela hatte, das nur Haut und Knochen war, so schien es ihm doch, als wenn sich weder der Bucephalus Alexanders noch der Babieca des Cid mit ihm messen dürften. Vier Tage verstrichen, indem er sann, welchen Namen er ihm beilegen solle, denn – wie er zu sich selber sagte – es sei unanständig, wenn das Pferd eines so berühmten Ritters, und das an sich so trefflich sei, keinen bekannten Namen führe. Er suchte nämlich den Namen so einzurichten, daß man daraus begriffe, was es vorher gewesen, ehe es einem irrenden Ritter gedient, und was es nun sei; indem es der Vernunft gemäß, daß so, wie es einen andern Herrn bekomme, ihm auch ein anderer Name zukommen müsse, der es ziere und sich für das neue Amt und die neue Lebensweise gezieme, in die es nun eingehe. Darauf, von den vielen Namen, die er bildete, vernichtete und vertilgte, umarbeitete, wegwarf und wieder annahm, um den besten zu erfinden, wählte er endlich die Benennung Rozinante, ein nach seinem Urteil erhabener, volltönender und bedeutungsvoller Name, bezeichnend, daß er ein Klepper gewesen, ehe er seinen jetzigen Stand bekommen, auch daß er der erste und fürnehmste von allen Kleppern auf der Welt sei.

Da ihm dieser Name für sein Pferd so nach seinem Geschmacke gelungen, so suchte er einen andern für sich selbst. In dem Nachsinnen darüber verstrichen wieder acht Tage, und nun geschah es endlich, daß er sich Don Quixote nannte. Woher – wie gesagt wird – die Verfasser dieser wahrhaftigen Geschichte Gelegenheit genommen, zu behaupten, daß er ganz ohne Zweifel Quixada und nicht Quesada geheißen, wie andere meinen wollen. Da er aber gedachte, daß der tapfere Amadis sich nicht begnügt, sich bloß trocken Amadis zu nennen, sondern noch den Namen seines Reiches und Vaterlandes hinzugefügt, um es berühmt zu machen, und sich daher Amadis von Gallia betitelt habe, so stehe es ihm ebenfalls als einem wackern Ritter zu, den Namen seines Landes beizufügen, und er benamte sich also Don Quixote von la Mancha. Hiermit erklärte er nach seiner Meinung Vaterland und Geburtsgegend genau und ehrte sie zugleich, indem er den Zunamen von ihr entlehnte.

Die Rüstung war gesäubert, die Haube zum Helm gemacht, dem Klepper ein Name gegeben, sein eigner festgesetzt; er sah ein, daß nun nichts fehle, als eine Dame zu suchen, in die er sich verlieben könne: denn ein irrender Ritter ohne Liebe sei ein Baum ohne Laub und Frucht, ein Körper ohne Seele. Er sprach zu sich selbst: Wenn ich nun zur Strafe meiner Sünden oder zu meinem Glücke gleich hier auf irgendeinen Riesen treffe – wie dies denn gewöhnlich irrenden Rittern begegnet – und ich ihn in einem Anlaufe niederrenne oder ihn mitten durchhaue, oder kurz, ihn überwinde und bezwinge, wär es nicht gut, jemand zu haben, zu dem ich ihn schickte, sich zu präsentieren? Wenn er dann hineinträte, vor meiner süßen Herrin sich auf die Knie niederließe und mit demütiger und unterwürfiger Stimme spräche: Meine Herrscherin, ich bin der Riese Caraculiambro, Herr der Insel Malindrania, den im Zweikampfe der niemals hinlänglich gepriesene Ritter Don Quixote von la Mancha überwand, und mir befahl, mich Eurer Gnaden zu präsentieren, damit Ihro Hoheit nach Ihrem Wohlgefallen mit mir schalte. – O wie erfreut war unser wackrer Ritter, als er diese Rede gehalten, noch mehr aber, als er wußte, wem er den Namen seiner Dame geben solle. Es war, wie man glaubt, in einem benachbarten Dorfe ein Bauermädchen von gutem Ansehen, in die er einmal verliebt gewesen war, welches sie aber – wie sich versteht – nie erfahren, sie sich auch nie darum gekümmert hatte. Sie hieß Aldonza Lorenzo und schien ihm tauglich, ihr den Titel der Herrin seiner Gedanken zu geben. Er suchte nun einen Namen, der dem seinigen etwas entspräche und der auch Fügung und Richtung zu einer Prinzessin und Herrscherin nähme, und er nannte sie daher Dulcinea von Toboso, denn sie war aus Toboso gebürtig: ein Name, nach seinem Urteil, musikalisch, fremdtönend und bezeichnend wie alle übrigen, die er zu seinem Gebrauche erfunden hatte.

Zweites Kapitel.

Handelt von dem ersten Aufbruch des scharfsinnigen Don Quixote aus seinem Besitztume.

Da er diese Vorkehrungen getroffen, mochte er es nicht länger aufschieben, seinen Vorsatz ins Werk zu richten, denn ihn drängte der Nachteil, der nach seiner Meinung der Welt durch seine Verzögerung erwüchse; ihn rief das Unrecht, das er vertilgen, die Ungebühr, die er einrichten, die Beschwer, die er aufheben, Mißbräuche, die er bessern, und Verschuldungen, die er vergelten müsse. Ohne also irgend jemanden seinen Vorsatz mitzuteilen und ohne daß ihn einer bemerkte, rüstete er sich eines Morgens vor dem Tage – der einer der heißesten im Julius war – mit allen Waffenstücken, bestieg den Rozinante, setzte den übel gemachten Helm auf, faßte das Schild und ergriff die Lanze und zog durch eine kleine Tür des Hinterhofes aufs Feld hinaus, sehr zufrieden und vergnügt, daß sein guter Vorsatz einen so leichten Anfang gewann. Kaum aber sah er sich auf dem Felde, als ihn ein furchtbarer Gedanke mit solcher Gewalt befiel, daß er beinah sein angefangenes Unternehmen gänzlich aufgegeben hätte. Es kam ihm nämlich ins Gedächtnis, daß er noch kein geschlagener Ritter sei und daß er also nach den Gesetzen der Ritterschaft mit keinem Ritter einen Waffenkampf weder halten könne noch dürfe, daß er ferner als neuer Ritter weiße Waffen führen müsse, ohne Sinnbild auf dem Schilde, bis seine Tugend ihm eins gewinne. Diese Vorstellungen erschütterten seinen Vorsatz heftiglich, aber seine Torheit, mächtiger als jeder andre Grund, gab ihm ein, daß er sich vom ersten, auf den er träfe, zum Ritter wolle schlagen lassen, in Nachahmung vieler andern, die ebenso verfahren, wie er in den Büchern gelesen, die ihn in diesen Zustand versetzt hatten. Was die Weiße der Waffen beträfe, so gedachte er sie, wenn er Zeit und Muße fände, so hell zu schleifen, daß sie den gefallenen Schnee an Weiße überträfen. Hiermit beruhigte er sich und setzte seinen Weg fort, ohne einen andern zu suchen, als den sein Pferd eingeschlagen, denn er meinte, daß dies die Kunst sei, Abenteuer zu beginnen.

Indem nun unser nagelneuer Abenteurer fortritt, sprach er zu sich selber also: Es leidet keinen Zweifel, daß in künftigen Zeiten, wenn die wahrhafte Geschichte meiner Taten an das Licht tritt, der Weise, der sie schreibt, gewiß nicht ermangelt, von meinem ersten so frühen Auszuge also anzuheben: Der feuerrote Apollo hatte kaum über das Angesicht der großen, weitstreckigen Erde die güldenen Fäden seines schönen Haupthaares verbreitet; kaum hatten die kleinen, buntgemalten Vögelein mit ihren Harfenzungen die rosige Aurora mit süßer, honiglieblicher Harmonie begrüßt, die das weiche Bett des eifersüchtigen Gemahls verließ und durch die Tore und Balkone des manchanischen Horizonts sich den Sterblichen zeigte, als der berühmte Ritter Don Quixote von la Mancha die müßigen Federn verließ, sein berühmtes Roß Rozinante bestieg und begann, über das alte und wohlbekannte Feld Montiel zu reiten. – Er ritt jetzt in der Tat durch diese Gegend und fuhr weiter fort: O beglückte Zeit, beglücktes Menschenalter! in dem meine preisvollen Taten ans Licht treten werden, die verdienen, daß man sie in Erz gießt, in Marmor haut und auf Tafeln zum Gedächtnis der künftigen Zeiten malt! O du weiser Zauberer, wer du auch sein magst, dem es aufbehalten ist, die Chronik dieser Wundergeschichte zu stellen, o vergiß, ich flehe dich, den wackern Rozinante nicht, meinen unzertrennlichen Gefährten auf jedem Wege und in jeglicher Bahn. – Darauf sprach er, als wäre er in der Tat verliebt gewesen: O Prinzessin Dulcinea! Herrin dieses gefangenen Herzens! Wie gar so schwere Trübsal habt Ihr mir auferlegt, mich verbannend und härtiglich mir sogar Kummer schaffend, daß Ihr mir anbefehlt, nicht vor Eurer Schönheit mich zu zeigen: Wohl gefalle Euch, Herrin, das Euch unterworfene Herz in Erinnerung zu fassen, das so Großes um willen Eurer Liebe leidet.

An diese Ausrufungen fügte er noch andern Unsinn, alles, wie er in seinen Büchern gefunden hatte, indem er sich bemühte, ihre Sprache, soviel es ihm möglich war, nachzuahmen. Auf diese Weise zog er so langsam fort, und die Sonne schien so eilig und brennend hernieder, daß dies hinreichend gewesen wäre, ihm die Sinne zu verrücken, wenn er welche gehabt hätte. Er zog den ganzen Tag fort, ohne daß er auf etwas stieß, das der Erzählung würdig war, worüber er fast verzweifelte, denn er wünschte nur Gelegenheit, um sogleich an irgendwem die Tapferkeit seines starken Armes erproben zu können.

Es sind Autoren der Meinung, daß das erste Abenteuer, das ihm begegnete, das am Passe Lapice gewesen. Andere führen dasjenige mit den Windmühlen auf, aber alles, was ich hierin erforschen können und was in den Jahrbüchern von la Mancha geschrieben steht, ist, daß er den ganzen Tag fortzog und daß am Abend sein Roß und er vor Hunger beinah gestorben waren.

Er schaute nach allen Seiten um, ob er nicht ein Kastell erspähen könne oder eine Schäferhütte, um sich zu erquicken und seiner großen Not abzuhelfen. Endlich erblickte er unfern dem Wege, auf dem er ritt, eine Schenke, die ihm wie ein Stern entgegenschien, der ihn mindestens in den Torweg, wenn auch nicht in das hohe Burgtor seiner Erlösung führte. Er eilte dorthin und erreichte sie mit dem Anbruche des Abends. Unter der Tür standen von ungefähr zwei junge Mädchen, von denen, die man die gutwilligen nennt, die mit einigen Maultiertreibern, welche in dieser Schenke ihr Nachtlager hielten, nach Sevilla gingen. Wie nun unserm Abenteurer alles, was er dachte, sah oder sich einbildete, so erschien und sich zutrug, wie er es gelesen hatte, so kam es ihm sogleich, als er die Schenke sah, vor, dies sei ein Kastell mit seinen vier Türmen, mit Gesimsen von glänzendem Silber, mit Zubehör der Zugbrücke und des Burggrabens, nebst allen übrigen Dingen, mit denen dergleichen Kastelle geschildert werden. Er näherte sich der Schenke, die ihm ein Kastell schien, und da er nur noch wenig entfernt war, zog er dem Rozinante den Zügel an, in der Erwartung, daß ein Zwerg auf den Zinnen erscheinen würde, um mit einer Trompete das Zeichen zu geben, daß sich ein Ritter dem Kastelle nahe. Da er aber sah, daß man damit zögerte, Rozinante auch begierig war, sich dem Stalle zu nahen, so nahte er sich der Tür der Schenke und sah dort die beiden liederlichen Mädchen stehen, die ihm zwei schöne Fräulein oder zwei anmutige Damen schienen, die sich vor dem Tore des Schlosses in der Frische ergingen. Es traf sich indes, daß ein Schweinhirt, der von dem Stoppelfelde eine Herde Schweine – die ohne Gnade diesen Namen führen – versammeln wollte, und also in ein Horn stieß, auf dessen Schall sie alle zusammenkamen. Sogleich stellte sich Don Quixote das vor, was er wünschte, daß nämlich ein Zwerg das Zeichen seiner Ankunft gegeben habe. Mit großer Zufriedenheit also näherte er sich der Schenke und den Damen, die, da sie einen Mann, auf diese Art bewaffnet, mit Schild und Lanze auf sich zukommen sahen, aus Furcht in die Schenke hineinlaufen wollten. Don Quixote aber, der ihre Furcht aus ihrem Entfliehen schloß, erhub sein Visier aus Pappen, zeigte sein magres und bestäubtes Gesicht und sagte mit zierlicher Weise und sanfter Stimme diese Worte: »Fliehen Eure Gnaden nicht und fürchten dieselben keinen Unglimpf, denn es gebeut der Orden der Ritterschaft, dem ich diene, keinen Raub oder Gewalttätigkeit an irgend jemanden zu verüben, geschweige denn an so hohen Jungfrauen, als welche Euer Anstand verkündiget.«