Joachim Braun

Jungen in der Pubertät

Die 100 wichtigsten Fragen

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Pubertätsverlauf

Pubertätsspezifisches Verhalten

Jungen und ihr Körper

Jungen und Männlichkeit

Jungen in Beziehung zu Vater und Mutter

Sexualität und Aufklärung

Regel- und Grenzverletzungen

Depressionen

Wertevermittlung

Freizeit, Freunde und Beziehungen

Schule und Schulverweigerung

Haushalt und soziale Kompetenz

Computer und Co.

Drogen, Alkohol und Zigaretten

Auszug von zu Hause

Zum Weiterlesen

Adressen

Index

100 Fragen auf einen Blick

VORWORT 

Seit mein Buch «Jungen in der Pubertät – Wie Söhne erwachsen werden» im Jahr 2003 erschienen ist, wenden sich zahlreiche Eltern an mich. Viele der Zuschriften enthalten Lob und Dank, einige auch Anregungen und Kritik. In den meisten Fällen jedoch bitten mich Eltern konkret um Rat bei der Erziehung ihrer pubertierenden Söhne.

Die Schilderungen der Eltern – ob in Briefen und Mails oder persönlich in meiner Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie – berühren mich jedes Mal aufs Neue. Sie machen mir bewusst, wie lebendig die Pubertät verläuft, was sie bei Jugendlichen und Eltern alles in Bewegung setzen kann, aber auch, in welche Irritation, Rat- und Hilflosigkeit sie Eltern häufig stürzt. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie entlastend es sein kann, mitzubekommen, dass es anderen Eltern ähnlich ergeht. Ein Vater zweier Pubertierender sagte einmal während einer Elternberatung: «Man schmort so im eigenen Saft, dass man völlig den Blick für das rechte Maß verliert, statt sich zu sagen: ‹Komm runter, andere Eltern sind auch nicht besser dran, so ist es eben in der Pubertät! In ein paar Jahren ist alles vorbei!›» Ich erinnere mich noch gut, dass ich bei jenen Sätzen den Einfall hatte, die Fragen der Eltern und meine Antworten darauf in einem Buch niederzuschreiben. Meine Idee war, Eltern gewissermaßen einen Blick durchs Schlüsselloch zu ermöglichen, indem ich sie an den Sorgen und Nöten anderer Eltern teilhaben lasse. Also begann ich, die Fragen sorgfältig zu sichten und in Kapitel zu unterteilen, wobei ich aus Gründen der Verschwiegenheit, aber auch der Lesbarkeit die Mails und Briefe nicht eins zu eins übernommen habe, sondern sie gekürzt und redaktionell überarbeitet wiedergebe.

Möglicherweise fällt Ihnen beim Lesen dieses Buches auf, dass sich bestimmte Themen in meinen Antworten wiederholen. Dazu gehört zum Beispiel die Ablösung des Jugendlichen von seinen Eltern oder der Spagat zwischen Loslassen und Haltgeben, den Eltern immer wieder vollbringen müssen. Aber dies sind nun einmal die Kernthemen der Pubertät. Jugendliche stehen vor der Entwicklungsaufgabe, sich ein eigenes, von den Eltern unabhängiges Leben aufzubauen, und dieser Prozess löst nicht nur bei Jugendlichen, sondern auch bei Eltern eine gewisse Hilflosigkeit aus. Es ist kennzeichnend für die Pubertät, dass sich Eltern immer wieder fragen, ob sie strenger oder nachsichtiger, aufmerksamer oder gelassener, sorgsamer oder sorgloser sein sollten. Auch mein Rat, mit dem Sohn über dieses und jenes im Gespräch zu bleiben, taucht häufig auf. Das mag banal klingen, ist man als Elternteil doch ständig mit seinem Pubertierenden über alles Mögliche im Gespräch, wenn auch häufig fruchtlos. Und dennoch: Gespräch ist nicht gleich Gespräch. In der Hektik des Alltags kommen Eltern oft nicht auf die Idee, sich mit ihrem Sohn zusammenzusetzen und über bestimmte Dinge ruhig und sachlich in den Dialog zu treten; sich einzufühlen in das, was ihn beschäftigt, die eigene Sicht zur Disposition zu stellen, sich gemeinsam auf die Suche nach einer Lösung zu machen. Auch gilt es, zu manchen Themen wie beispielsweise Regeln, Schule, Drogen oder Alkohol eine klare Haltung zu vertreten und diese immer wieder zu thematisieren.

Jugendliche brauchen das Gespräch, weil sie so spüren, mit ihren Eltern in Kontakt zu sein, und weil Kontakt das A und O von Erziehung ist. Vergessen Sie Hirnforschung, Gene und Hormone: Es ist die Beziehung zu den Eltern, die uns maßgeblich prägt. Als Therapeut und Berater erlebe ich es häufig, dass Eltern das Richtige tun, indem sie die Diskussion, die Auseinandersetzung, den Streit wagen. Entscheidend ist nicht, ob der Sohn drei oder fünf Stunden täglich an den Computer darf oder um zehn oder halb elf abends zu Hause sein muss. Entscheidend ist, dass Eltern und Söhne über solche Themen im Kontakt sind und dass Jugendliche die Möglichkeit haben, sich zu orientieren, sich zu messen, sich zu reiben und Begleitung und Grenzen zu erfahren. Manchmal kann es Eltern helfen, sich an die eigene Pubertät zu erinnern; sich zu vergegenwärtigen, mit welchen Gefühlen sie all die körperlichen und seelischen Veränderungen erlebt haben und was sie selbst von ihren Eltern gebraucht hätten, um diese Entwicklungsphase gut zu bewältigen.

Damit Sie mit Ihrem Sohn ins Gespräch kommen, könnten Sie auch einige Fragen beziehungsweise Antworten aus diesem Buch mit ihm diskutieren. Fragen Sie Ihren Sohn, wie er zu bestimmten Themen steht, und finden Sie gemeinsam mit ihm heraus, wie Sie beide mit den beschriebenen Situationen und Problemen umgehen würden. Sie könnten das Buch auch beiläufig auf dem Wohnzimmertisch liegen lassen. Ich höre oft von Jugendlichen, dass sie «Jungen in der Pubertät – Wie Söhne erwachsen werden» gelesen haben und sich darin wiederfinden, obwohl der Ratgeber ja eigentlich für Eltern geschrieben ist. Ein Jugendlicher sagte einmal: «Nachdem ich Ihr Buch gelesen habe, verstehe ich endlich, wie meine Eltern ticken!»

In diesem Zusammenhang bitte ich Sie, meine Antworten als Hinweis und Anregung aufzufassen, nicht aber als Gesetz im Sinne von: Nur so und nicht anders muss man es machen! Bilden Sie sich Ihre eigene Meinung – nur so kann etwas in Bewegung kommen. Und bitte haben Sie Verständnis, dass ich es nicht schaffe, alle E-Mails, die Eltern mir zusenden, zu beantworten. Es wäre ein zu großer zeitlicher Aufwand. Daher verweise ich ratsuchende Eltern an die entsprechenden Beratungsstellen oder Online-Foren. Wichtige Literatur und Internetadressen habe ich am Ende dieses Buches aufgelistet. Nun wünsche ich Ihnen viel Vergnügen beim Lesen und die eine oder andere gute Erkenntnis, die Ihnen den Spagat zwischen Halt geben und Loslassen leichter macht.

 

Joachim Braun