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Nr. 64

 

Schule der Hexen

 

von Horst Hoffmann

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

Logghard, siebter Fixpunkt des Lichtboten und Ewige Stadt, hat auch am 250. Jahrestag der Belagerung allem standgehalten, was die Kräfte der Finsternis in einem wahren Massenangriff gegen die Bastion der Lichtwelt ins Feld führten. Somit haben die Streiter des Lichtes auf Gorgan, der nördlichen Hälfte der Welt, trotz des Debakels von Dhuannin und anderer Niederlagen gegen die vordringenden Heere der Caer eine gute Chance, sich auch weiterhin zu behaupten.

Mythor, der Sohn des Kometen, hat in der relativ kurzen Zeit, da er für die Sache der Lichtwelt kämpfte, bereits Großes vollbracht. Nun aber hat der junge Held nach seinem Vorstoß in die Schattenzone die nördliche Hälfte der Welt durch das Tor zum Anderswo verlassen.

Anderswo – das ist Vanga, die von den Frauen regierte Südhälfte der Lichtwelt, die lebend zu erreichen den wenigsten Reisenden vergönnt ist.

Mythor hat es jedenfalls mit Hilfe von Zahda, der Zaubermutter, geschafft. Er ist unversehrt nach Vanga gelangt, wo er schon von der ersten Stunde seines Hierseins an in gefährliche Geschehnisse verstrickt wird.

Gegenwärtig ist Mythor mit seinen Gefährten auf die Insel Gavanque gelangt. Von Burra, ihren Amazonen und der Bestie verfolgt, erreicht unser Held die SCHULE DER HEXEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Mythor – Der Sohn des Kometen gibt seine echte Identität preis.

Scida und Gerrek – Mythors Gefährten.

Fieda – Hexenmeisterin auf Schloss Behianor, der Schule der Hexen.

Lankohr – »Hausmeister« auf Behianor.

Angi – Eine leichtsinnige Zaubertochter.

Yacub – Die steinerne Bestie schlägt wieder zu.

Und wenn die Ruhe am größten ist, so haltet Wacht!

Wenn der Himmel klar, die Wasser seicht, so richtet den Blick nach Norden!

Wenn Leichtsinn eure Sinne trübt, die Herzen wild im Rausch des Kampfes, so senkt die Klingen und lauscht den Winden!

Denn wahrlich: Leise kündigt sich an, was das Verderben bringt.

Kein Sturmwind bringt sie heran, nicht mit lautem Geschrei werden sie kommen, um euch zu warnen – die Vorboten der Finsternis.

Sie werden unter euch sein als eure vermeintlichen Schwestern, neben euch stehen in der Schlacht, mit euch trinken und lachen – doch sterben werdet nur ihr.

Und wenn niemand mehr der anderen traut, wenn Schwesternschaft zur Feindschaft wird, wenn das Auge der einen das der anderen scheut – dann, wenn ihr blind die falschen Schuldigen jagt, dann ist die Große Plage nicht mehr fern!

(Die Träume der Hohen Frau Fronja – aus den Geheimen Gesängen der Zaubermütter von Vanga)

 

 

1.

 

Lankohr, der Aase, sah sie zuerst.

Er hörte das Rauschen am Himmel, kniff die Augen zusammen, und noch während er mit weit in den Nacken gelegtem Kopf vor dem Brunnen des Schlossgartens stand, stob das, was zunächst wie eine dunkle, schnell dahinziehende Wolke ausgesehen hatte, auseinander.

Dutzende von schwarzen Punkten wurden unglaublich schnell größer und stürzten sich auf die etwa zwanzig Novizinnen, deren schelmisches Gelächter auf der Stelle erstarb.

Spätestens da begriff Lankohr, dass es sich nicht wieder um einen ihrer Scherze handelte, um ihre kleinen Zaubereien, mit denen sie ihm das Leben schwermachten.

»Rettet euch ins Schloss!«, schrie der Aase. »Lauft um euer Leben! Das sind Entersegler!«

»Ach, hör auf zu jammern!«, rief Angi. »Kein Entersegler kann die Große Barriere überwinden. Es sind magische Schöpfungen der Hexen der Zahda! Wir werden mit ihnen ...!«

Die anderen Mädchen schrien entsetzt auf. Angi blieben die Worte im Halse stecken. Hexen erschienen auf den Brüstungen des Schlossgebäudes. Doch bevor sie ihre Magie gegen das Grauen einzusetzen vermochten, waren die Boten der Finsternis heran. Markerschütterndes Kreischen, ein mächtiges Brausen und Peitschen zerriss die Stille des idyllischen Ortes.

Schülerinnen, die nicht vor Schreck erstarrt waren, rannten wild um sich schlagend in alle Richtungen davon.

Der Aase stand wie angewurzelt und musste mitansehen, wie sich die Entersegler auf die Mädchen herabsenkten. Einige Novizinnen konnten sich ins Schloss retten. Andere wurden in die Lüfte gerissen, als sich die Peitschenschwingen der fast sieben Körperlängen großen Albtraumgeschöpfe um ihre Körper schlangen. Wer sich hinter Bäume und kleine Mauern hatte werfen können, sah die Kreaturen vor sich, wie sie mit ihren unzählbaren Tentakeln Holz und Stein zerfetzten. Überall zugleich waren die Ungeheuer, zerrissen sich selbst im Kampf um die menschliche Beute und wüteten gegen alles, was ihnen in den Weg kam.

Dort, wo die Hexen gestanden hatten, schlugen ihre Schwingen in die Brüstungen und schleuderten Steine durch die Luft. Lankohr sah zwei Entersegler ins Schloss eindringen und hörte die Entsetzensschreie der Hexen.

Dies alles spielte sich innerhalb weniger Herzschläge ab. Als der Aase endlich aus seiner Starre erwachte, sah er auch schon ein peitschendes Etwas auf sich und Angi herabstürzen, die noch bei ihm stand.

Lankohr handelte, ohne zu überlegen. Das knapp vier Fuß große, schmächtige Männchen war mit einem Satz bei Angi, schlang ihr die Arme um die Hüften und beförderte sie mit dem Schwung des Anlaufs kopfüber in den Brunnen, dessen Einfassung kaum zwei Fuß hoch war. Wo sie eben noch gestanden hatten, schlugen die Peitschenschwingen des Monstrums mit ihren tödlichen Widerhaken ins Gras und durchpflügten es. Erdreich und Gras spritzten durch die Luft. Wieder stand Lankohr wie erstarrt, als der Entersegler sich, noch halb in der Erde eingegraben, drehte und regelrecht auf ihn zupaddelte.

Lankohr schrie schrill auf und hechtete Angi nach. Tief stürzte er über die Umfassung in den dunklen Schacht, bis er ins eiskalte Wasser klatschte und sank. Durch heftige Schwimmstöße kam er wieder an die Oberfläche.

Ganz kurz nur sah er Angis Kopf neben sich im spärlich von oben kommenden Licht. Ihre Augen waren in Entsetzen geweitet. Sie schrie und tauchte unter, ehe der Aase selbst sah, wie sich der Entersegler über den Brunnen schob und alles niederriss, was ihm im Weg war. Steine brachen aus der Umfassung und kamen herab. Lankohr sog gierig die Luft ein und sah zu, dass er es der Zauberschülerin gleichtat. Das Wasser schlug über ihm zusammen. Luftblasen perlten an ihm hoch. Vergeblich tastete der Aase nach Angi. Er wusste nicht, wie tief der Brunnen war. Nur eines war ihm klar.

Wenn er wieder auftauchte, würden ihn die herunterfallenden Steine erschlagen oder die Schwingen des Enterseglers in Fetzen reißen.

Irgendwann aber musste er wieder Luft schnappen.

 

*

 

Fieda, Hexe im zehnten Rang und Herrscherin auf Schloss Behianor, war vom Angriff der Entersegler mitten in der Unterweisung von zehn Zauberschülerinnen überrascht worden, die in wenigen Tagen die Prüfungen für den zweiten Rang ablegen sollten. Das Geschrei im Park riss sie aus ihren Vorführungen und ließ sie auf schnellstem Wege in jenen Teil des Schlosses eilen, an den der Park angrenzte.

Bevor sie auf eine Brüstung treten konnte, wurde sie von vier ihrer sechs im fünften Rang stehenden Hexen abgefangen und über das Vorgefallene unterrichtet. Bestürzt und ungläubig musste sie hören, dass bereits zwei Hexen von den im Schloss wütenden Kreaturen verwundet worden waren.

»Die Hälfte unserer Schülerinnen befindet sich im Garten!«, rief Malva beschwörend. »Lass uns den Hexenkreis bilden, Fieda!«

»Schnell!«, kam es von Lahda, »bevor die Ungeheuer alle Novizinnen im Schlossgarten zerrissen haben!«

Das Entsetzen der vier schlug augenblicklich auf Fieda über. Sie fand keine Worte, doch ohne zu zögern winkte sie die mit ihr gekommenen Schülerinnen heran und streckte ihre Hände aus.

Sie alle fassten sich an und legten die Köpfe in den Nacken. Ihre Augen richteten sich in unbekannte Fernen. Über ihre Lippen kamen die uralten, überlieferten Formeln, und mit jedem Schlag ihrer Herzen baute sich jene magische Aura auf, die den Geschöpfen der Finsternis entgegenschlug.

Die Hexen konnten nicht sehen, was draußen im Park geschah. Doch das Schreien und Splittern von Holz drang an ihre Ohren. Fieda spürte die Kraft, die ihr durch den Kontakt mit den anderen zufloss und lenkte sie gegen die Eindringlinge. Einige ihrer Hexenringe leuchteten hell auf.

Und sie spürte das Böse, wie es den Kampf aufnahm gegen die Kraft der Weißen Magie. Die unerfahrenen Novizinnen im Hexenkreis stöhnten leise. Doch alle wussten sie, dass die Dunkelheit, die nun geballt nach ihrem Geist griff, sie alle vernichten würde, löste sich auch nur eine aus dem Kreis.

Draußen im Schlossgarten ließen die Entersegler von den Mädchen ab und schlugen wütend gegen die Mauern des Schlosses, rissen Lücken in die Fugen zwischen mächtigen Steinen und fanden Wege ins Innere des Bauwerks.

Aus einem der nahe gelegenen Gänge drang das Kreischen und Schlagen der bereits vorher eingedrungenen Bestien, die sich den Weg zu den Hexen freipeitschten. Türen splitterten, und Leuchter wurden aus ihren Halterungen gerissen.

Fieda gab alles. Die anderen spürten ihre Kraft und vervielfachten sie in einem verzweifelten Aufbäumen.

Noch einmal trafen Finsternis und Weiße Magie voll aufeinander. Unheimliche Leuchterscheinungen umspielten die Hexen. Blitze zuckten in ihrer Mitte aus dem Nichts. In den Wänden entstanden Risse. Putz bröckelte von der Decke herab.

Dann aber hob ein Heulen und Kreischen an wie von tausend ausfahrenden Dämonen. Einer der Entersegler brach durch eine massive Tür. Kurz noch peitschten die furchtbaren Tentakel nach den Hexen. Dann plötzlich erschlafften sie, glitten wie tastend über den Boden und zogen sich endlich zurück.

Fieda, bis zur körperlichen und geistigen Erschöpfung verausgabt, hielt noch die Hände ihrer Genossinnen fest, bis der Druck gänzlich von ihren Sinnen wich und die Schwärze von einem letzten Schwall Hexenkraft davongetrieben wurde. Zwei Novizinnen erschienen und riefen, dass die Ungeheuer sich sammelten und flohen.

Fieda löste den Hexenkreis auf und musste sich von der unversehrt gebliebenen Schülerin stützen lassen, als diese sie auf die erstbeste Brüstung führte, die dem Garten zugewandt war.

Ein heiserer Laut entrang sich ihren Lippen, als sie das Bild der Verwüstung sah.

Übel zugerichtete Mädchen lagen hilflos in aufgewühlter Erde oder halb begraben unter abgerissenen Ästen und Zweigen der hohen, schlanken Bäume. Zwischen gefällten Stämmen krochen schluchzend Zauberschülerinnen umher, ohne Ziel und Sinn.

Die mächtigen Mauern, die den riesigen Schlosspark weit hinter den zerpflügten Rasenflächen und den Wegen aus rotem Sand begrenzten, waren an zwei Stellen niedergerissen. Fieda sah gerade noch, wie drei Mädchen, die offenbar mit dem Schrecken davongekommen waren, durch eine solche Bresche stiegen.

Von den Enterseglern war nichts mehr zu sehen. Der Himmel war klar. Kein Lüftchen ging. Eine bedrückende Stille, nur durchbrochen vom Weinen und den Schreien der Verwundeten, lastete über dem Schloss.

»Ruft alle Novizinnen zusammen, die noch im Schloss sind«, hörte Fieda sich sagen. Es kam ihr vor, als spräche eine andere. »Geht mit ihnen hinaus und holt die Verwundeten herein – und die Toten.« Obwohl sie keine toten Schülerinnen sehen konnte, erschien es ihr unwahrscheinlich, dass alle, die beim Angriff der Ungeheuer draußen gewesen waren, mit dem Leben davongekommen sein sollten. »Malva, du verstehst dich von uns allen am besten auf den Zauber des Heilens. Erstatte mir Bericht, sobald du kannst. Du findest mich in der Halle der Ersten Weihe

Malva nickte flüchtig. Auch sie war zutiefst erschüttert und noch mitgenommen vom Hexenkreis. Sie winkte einige Novizinnen zu sich und machte sich auf den Weg in den Schlossgarten.

Kein Muskel zuckte in Fiedas hartem Gesicht, das ihr Alter von kaum vierzig Sommern Lügen strafte. Schaudernd zog sie den gelben Umhang über der Brust zusammen und wandte sich ab.

Sie ging allein. Niemand wagte sie anzusprechen. Selbst jene, die sonst keinen Hehl aus ihrer Ablehnung ihr gegenüber machten, zeigten nun Mitgefühl.

Es war ein offenes Geheimnis, dass sich Fieda mehr zur Zaubermutter Zahda und deren Vorstellungen von einer Ordnung der Welt hingezogen fühlte als zu Zaem, der sie zu dienen hatte.

Doch die Hexen wussten, dass Fieda an ihren Schützlingen hing wie eine Mutter an ihren Töchtern. Erst in der Einsamkeit ihrer Stube fiel die Starre von Fiedas Gesicht ab. Sie lehnte sich weit in einem geflochtenen Sessel aus weichen Hölzern zurück und schloss die Augen.

Dann beugte sie sich über das auf einem Tischchen vor ihr liegende Zauberbuch und begann zu blättern.

 

*

 

Lankohr hielt es nicht mehr aus. Als seine Lungen zu platzen drohten und er grelle Punkte vor den geschlossenen Augen sah, löste er seine Finger aus den Ritzen zwischen den Mauersteinen und brachte sich mit einigen schnellen Schwimmstößen nach oben. Entersegler hin, Entersegler her – im tiefen Brunnenwasser war ihm der Tod gewiss. Er wollte nur auftauchen, atmen und dann wieder hinunter, bevor eine Peitschenschwinge ihm den Schädel zu spalten vermochte.

Doch als das Wasser über seinem Kopf schäumte und er gierig Luft in seine brennenden Lungen sog, war über ihm nur das runde, helle Brunnenrund. Kein Widerhaken schwingendes Ungeheuer stak zwischen den Steinen und schickte ihm seine Schwingen entgegen. Kein Geschrei war mehr zu hören – nichts.

Sie sind alle tot!, durchfuhr es den Aasen.

Und Angi?

Wieso tauchte sie nicht auch auf? Aus dem Brunnen konnte sie nicht geklettert sein, bei aller bescheidenen Hexenkunst nicht.

Lankohr hielt sich mit langsamen Arm- und Beinbewegungen über Wasser und hörte das Weinen eines Mädchens. Es kam näher, um sich dann langsam wieder zu entfernen. Er wollte um Hilfe schreien, besann sich dann aber doch anders. Fieda würde ihn in eine Ratte verzaubern oder in ein noch abscheulicheres Getier, wenn sie erfuhr, dass er die Novizin in den Brunnen geworfen hatte.

Doch eine Ertrunkene hätte an der Wasseroberfläche treiben müssen. Außerdem gehörte zu dem, das jede Schülerin auf Schloss Behianor als erstes einmal lernen musste, das Schwimmen.

Jemand beugte sich oben über die eingerissene Brunnenumrandung und spähte hinab. Schnell drückte sich Lankohr ganz dicht an die Wand, so dass nur seine Augen und die Flaumhaare noch über Wasser waren.

Der Aase holte tief Luft. Dann tauchte er wieder, arbeitete sich mühsam tiefer und suchte nach Angi. Doch auch diesmal fand er keine Spur von ihr. Beim nächsten Versuch entdeckte er eine Öffnung in der Brunnenwand, gut zehn Fuß unter dem Wasserspiegel, hinter der ein Stollen lag, groß genug, um einen Menschen hineinschwimmen zu lassen.

Aber auch wieder heraus? Und wo?

Es blieb ihm nicht erspart. Wollte er jemals wieder vor Fieda hintreten können, so musste er es herausfinden. Ein letztes Mal tauchte er auf und holte Luft. Dabei dachte er daran, wie viel länger es ein Mensch mit seinen größeren Lungen unter Wasser aushalten konnte als er.

Oh, Angi!, dachte er. Ihr kleinen Biester! Wenn das wieder ein Spiel ist, dann macht euch auf etwas gefasst! Ich werde euch ...!

Gar nichts würde er tun. Das war ja gerade der Jammer. Die Novizinnen hatten nichts als Dummheiten im Kopf und wussten genau, dass er zwar grantig sein konnte, im Grunde seines Herzens aber viel zu gutmütig war. Und selbst eine Plage wie Angi würde angesichts des schrecklichen Unglücks kaum noch Lust zu Späßen verspüren.

Lankohr tauchte zur Stollenöffnung hinunter.

 

*

 

Fieda las immer noch im Zauberbuch, als Malva, Lahda, Sana und Bona erschienen. Nun jedoch saß sie in der Halle der Ersten Weihe, einem großen, sechseckigen Raum mit zwei Fenstern aus buntem Glasstein, dessen Boden in zwölf Abschnitte unterteilt war. Diese gingen strahlenförmig vom Mittelpunkt der Halle aus, der durch einen Kreis mit dem Zeichen des Schwertmonds markiert war, und bildeten zwölf spitze Dreiecke. Jedes stand für einen Mond. Rot war die Farbe des Schwertmonds der Zaubermutter Zaem, deren Dienerinnen die Hexen von Behianor waren. Schwarz war der Abschnitt des Aasenmonds, der vor zwei Tagen begonnen hatte.

Am Ende eines jeden solchen Dreiecks stand jeweils ein Stuhl. Jener der Hexenmeisterin befand sich auf rotem Grund direkt vor den hohen Bogenfenstern, durch die das Licht in leuchtenden Farben auf Fiedas Rücken fiel und sie in eine Aura aus Helligkeit tauchte.

Doch ihre Gedanken waren finster, als sie den Hexen lauschte.

Mana und Garka, jene beiden, die nur knapp dem Tod durch die Entersegler entkommen waren, lagen ebenso in einem tiefen Heilschlaf wie die elf zum Teil schwer verletzten Schülerinnen, die sich nicht rechtzeitig hatten in Sicherheit bringen können. Wie ein Wunder mutete es an, dass es wahrhaftig keine einzige Tote gegeben hatte. Doch was geschehen war, war schlimm genug. Keine der Novizinnen war jünger als zwölf und älter als sechzehn Sommer, halbe Kinder noch. Fast alle trugen sie den schwarzen Umhang und bereiteten sich auf die Prüfungen des zweiten Ranges vor.

»Es befinden sich jedoch nur 33 Novizinnen im Schloss«, beendete Malva ihren Bericht.

Es dauerte eine Weile, bis Fieda aufsah. Sie wies den Hexen ihre Stühle zu und schlug das große Buch auf ihren Knien zu.

»Kann es sein, dass die sieben anderen von Enterseglern fortgetragen wurden?«, fragte sie.