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Irmtraud Bräunlich Keller

Job weg?

So geht es weiter

Meine Rechte bei Kündigung und Arbeitslosigkeit

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Die Autorin

Irmtraud Bräunlich Keller, lic. rer. pol., ist Redaktorin und Arbeitsrechtsspezialistin beim Beobachter. Sie ist Autorin der Beobachter-Ratgeber «Arbeitsrecht. Vom Vertrag bis zur Kündigung», «Flexibel arbeiten: Temporär, Teilzeit, Freelance», «Mobbing – was tun?» und «So klappts mit der Lehre» sowie Koautorin von «OR für den Alltag».

Stand Gesetze und Rechtsprechung: April 2011

Dank

Die Autorin dankt Regina Jäggi, Rechtsanwältin und Sozialversicherungsexpertin im Beobachter-Beratungszentrum, für die kritische Durchsicht des Manuskripts sowie viele wertvolle Anregungen.

Beobachter-Buchverlag

2., aktualisierte Auflage, 2011

© 2009 Axel Springer Schweiz AG

Alle Rechte vorbehalten

www.beobachter.ch

Herausgeber: Der Schweizerische Beobachter, Zürich

Lektorat: Käthi Zeugin, Ursula Trümpy

Cover: Leanne Pedersen/Masterfile

Satz: Focus Grafik

ISBN 978 3 85569 447 1
eISBN 978 3 85569 548 5

Dieses Buch wurde auf chlor- und säurefreiem Papier gedruckt.

Inhalt

Vorwort

1. Wenn die Kündigung droht

Die Firma in wirtschaftlichen Schwierigkeiten

Zur Rettung der Arbeitsplätze: Kurzarbeit

Wenn der Lohn ausbleibt

Konflikte mit dem Arbeitgeber

So verhalten Sie sich richtig

Kündigung aus heiterem Himmel?

Nicht vorschnell unterschreiben

Selber kündigen oder kündigen lassen?

Was gilt bei der Arbeitslosenversicherung?

2. Rechtsfragen rund um die Kündigung

Die ordentliche Kündigung

Die Kündigungsfristen

Ab wann gilt die Kündigung?

Fragen Sie nach dem Kündigungsgrund

Kündigung im gegenseitigen Einvernehmen

Betroffen von einer Massenentlassung?

Die Konsultation der Angestellten

Kündigungsschutz bei Krankheit, Militärdienst und Mutterschaft

Die gesetzlichen Sperrfristen

Was gilt als Kündigungsfrist?

Zur Unzeit gekündigt: Werden Sie aktiv

Die missbräuchliche Kündigung

Verbotene Kündigungsgründe

Demütigende und verletzende Kündigung

So wehren Sie sich gegen eine missbräuchliche Kündigung

Diskriminierende Kündigung

Kündigung anfechten

Fristlos entlassen!

Zulässige Gründe für fristlose Kündigung

Fristlos gefeuert – was tun?

Stempeln nach fristloser Entlassung?

3. Während der Kündigungsfrist

Besondere Regeln für die letzten Monate

Restliche Ferien beziehen?

Per sofort freigestellt?

Ferien, Überstundenguthaben und Freistellung

Wenn Arbeitslosigkeit droht

Sofort eine Stelle suchen

Sich beim RAV anmelden

Das Arbeitszeugnis: ein wichtiges Dokument

Was sagt das Zeugnis wirklich aus?

Nicht zufrieden mit dem Zeugnis?

Referenzauskünfte – das mündliche Zeugnis

Der letzte Arbeitstag

So tilgen Sie Ihre Spuren

Die Schlussabrechnung

Per Saldo aller Ansprüche?

Sozialplan? Abfindung?

Stempeln trotz Abfindung?

Ein Ende im Streit

Das Verfahren vor Gericht

Wie hoch ist das Kostenrisiko?

Was ist ein Vergleich?

Wenn das Urteil gefällt ist

Stempeln schon während des Prozesses?

4. Wie steht es mit dem Versicherungsschutz?

Die Unfallversicherung

Abredeversicherung abschliessen

Absicherung im Krankheitsfall

AHV und Pensionskasse

Was geschieht mit dem Pensionskassengeld?

5. Arbeitslos: So kommen Sie zu Ihrem Geld

Die neue Situation meistern

Mit diesen Stellen haben Sie zu tun

Der Anspruch auf Arbeitslosentaggeld

Ganz oder teilweise arbeitslos

Alter und Wohnort

Kontrollvorschriften und Meldepflichten

Anrechenbarer Arbeitsausfall

Zwölfmonatige Beitragszeit erfüllt?

Von der Erfüllung der Beitragszeit befreit

Besonders wichtig: Vermittlungsfähigkeit

Wie hoch ist die Arbeitslosenentschädigung?

So wird das Taggeld berechnet

Stimmt die Abrechnung?

Taggeld auf Basis von Pauschalansätzen

Wann kommt das Geld, wie lange wird es gezahlt?

Die allgemeinen Wartefristen

Besondere Wartefristen

Einen Vorschuss verlangen?

Wichtig: die richtigen Formulare

So viele Taggelder stehen Ihnen zu

Der Anspruch auf «Stempelferien»

Das Ende der Zahlungen

Wann ist man ausgesteuert?

Neue Rahmenfrist möglich?

Der Anspruch auf Sozialhilfe

6. Das Ziel: eine neue Stelle

Was Sie von Ihrem Berater erwarten dürfen

So funktioniert die Zusammenarbeit

Welche Stellen sind zumutbar?

Anständige Lohn- und Arbeitsbedingungen

Rücksicht auf berufliche Fähigkeiten

Rücksicht auf Alter, Familiensituation, Gesundheitszustand

Zumutbarer Arbeitsweg

Wenn Sie eine unerwünschte Stelle zugewiesen erhalten

Streitpunkt Vermittlungsfähigkeit

Zeigen Sie sich vermittlungsbereit

Arbeitsfähig und verfügbar

Schon anderweitig disponiert?

Demnächst eine neue Stelle

Lohnt sich: der Zwischenverdienst

Was ist ein Zwischenverdienst?

Mehr Geld im Portemonnaie

Beitragszeiten dank Zwischenverdienst

Darauf müssen Sie bei Zwischenverdiensten achten

7. Kurse und andere Angebote des RAV

Finanzierte Weiterbildung

So kommen Sie zum geeigneten Kurs

Beschäftigungsprogramme

Motivationssemester und Praktikum

Einarbeitungs- und Pendlerkostenzuschüsse

Beiträge für lange Arbeitswege

Selbständig werden mithilfe der Arbeitslosenversicherung

Reden mit dem RAV

Verlängerte Rahmenfrist

So beantragen Sie Planungstaggelder

8. Arbeitslos in speziellen Situationen

Arbeitslos und krank

Was gilt bei einem Unfall?

Arbeitsunfähig während eines Zwischenverdiensts

Arbeitsunfähig schon vor der Arbeitslosigkeit

Arbeitslos und invalid

Wichtig: Arbeitsbereitschaft bekunden

Arbeitslos als Schwangere und als Mutter

Nach der Geburt: Mutterschaftsentschädigung

Arbeitslos als Wiedereinsteigerin

(Wieder-)Einstieg wegen finanzieller Notlage

Arbeitslos nach der Lehre

Wenig Geld für Lehrabgänger

Arbeitslos im fortgeschrittenen Alter

Mehr Taggelder, mehr Zeit

Stempeln trotz vorzeitiger Pensionierung

Arbeitslose «Arbeitgeber»

Arbeitslos nach Auslandaufenthalt

Tätigkeit für ein Schweizer Unternehmen im Ausland

Tätigkeit in einem EU- oder EFTA-Land

Tätigkeit in einem Land ausserhalb der EU/EFTA

Im Ausland zur Ausbildung

9. Ärger mit der Arbeitslosenversicherung

Die sogenannten Einstelltage

So können Sie sich wehren

Probleme mit dem RAV-Berater

Die Aufklärungspflicht der RAV-Berater

Wenn Sie schikaniert werden

Die Kasse fordert Geld zurück

Anhang

Checkliste Zeugnisbeurteilung

Musterbriefe

Weiterführende Links

Weitere Beobachter-Ratgeber

Vorwort

Der Verlust der Arbeitsstelle ist ein tiefer Einschnitt im Leben – nicht nur in finanzieller Hinsicht. Eine Kündigung bedeutet immer auch eine persönliche Kränkung und nagt am Selbstbewusstsein: Plötzlich ist man nicht mehr erwünscht, wird ausgemustert, während andere bleiben dürfen. Mit der Stelle verlieren viele Betroffene auch einen Teil ihrer Identität und einen wichtigen Lebensinhalt.

Nun hat es auch Sie getroffen. Oder Sie befürchten, Ihren Job demnächst zu verlieren. Versuchen Sie, die Vertragsauflösung trotz aller Widrigkeiten nicht allzu persönlich zu nehmen. Eine Entlassung kann mittlerweile jede und jeden treffen – die Lebensstelle, die unbefristete Festanstellung, ist ein Auslaufmodell; absolut sichere Arbeitsplätze gibt es heute kaum mehr.

Diesen neuen arbeitsmarktlichen Bedingungen muss auch der Staat Rechnung tragen: Im Herbst 2010 wurde einer Revision der Arbeitslosenversicherung zugestimmt; sie bringt diverse Anpassungen bei den Beiträgen und Leistungen mit sich, die seit April 2011 gelten.

Umso wichtiger ist es, dass Sie sich frühzeitig über Ihre Rechte und Pflichten informieren. Denn der Weg zurück ins Erwerbsleben ist ein Hürdenlauf, und die gesetzlichen Bestimmungen bei Arbeitslosigkeit sind mitunter komplex. Der vorliegende Ratgeber bietet Orientierungshilfe im Dschungel der rechtlichen Bestimmungen und Vorschriften; er beantwortet alle wichtigen Fragen rund um Kündigung, Arbeitslosigkeit und Versicherungsschutz. Kurz: Dieses Buch soll Ihnen den beruflichen Neustart erleichtern.

Irmtraud Bräunlich Keller
Zürich, im April 2011

1. Wenn die Kündigung droht

Im schweizerischen Arbeitsvertragsrecht gilt der Grundsatz der Kündigungsfreiheit. Kündigungen können praktisch jederzeit – auch ohne Vorwarnung – ausgesprochen werden. Trotzdem kommen sie meist nicht völlig unerwartet. Wer rechtzeitig handelt, kann die Folgen eines Stellenverlustes mildern und hat auf dem Arbeitsmarkt die besseren Karten.

Die Firma in wirtschaftlichen Schwierigkeiten

Warnsignale beachten

Dass es der Firma, in der Sie angestellt sind, schlecht geht, zeigt sich in der Regel an deutlichen Warnsignalen: Übernahmen, Umstrukturierungen, Wechsel in Verwaltungsrat und Geschäftsleitung, fallende Aktienkurse. Höchste Alarmstufe bedeuten offene Rechnungen und Schwierigkeiten bei der Lohnzahlung.

Behalten Sie also den Geschäftsgang des Unternehmens im Auge. Warten Sie nicht passiv wie das Kaninchen vor der Schlange, ob es Sie treffen wird oder nicht, sondern analysieren Sie frühzeitig Ihre Situation und Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Und wappnen Sie sich schon früh für eine allfällige Stellensuche.

•    Verlangen Sie bei jeder Versetzung und jedem Chefwechsel ein Zwischenzeugnis.

•    Achten Sie darauf, dass Ihre Bewerbungsunterlagen auf dem neusten Stand und jederzeit einsatzbereit sind.

•    Lesen Sie regelmässig die Stellenanzeigen und konsultieren Sie die Internet-Jobbörsen.

•    Aktivieren Sie Ihr privates und berufliches Netzwerk. Signalisieren Sie, dass Sie offen sind für neue Herausforderungen.

•    Brauchen Sie eventuell eine Weiterbildung oder einen Auffrischungskurs? Fachkenntnisse à jour bringen können Sie unter Umständen auch mithilfe der Arbeitslosenversicherung (siehe Seite 99).

•    Wenn Sie die Stelle schon lange nicht mehr gewechselt haben, lohnt sich eine Laufbahnberatung. Informieren Sie sich über moderne Bewerbungstechniken.

imageAnalysieren Sie auch Ihre finanzielle Situation. Was würde eine Phase der Erwerbslosigkeit für Ihre Lebenshaltung bedeuten? Drängen sich Anpassungen auf? Sprechen Sie offen mit Ihrer Partnerin, Ihrem Partner. Falls Sie als Ernährer in einer traditionellen Ehe leben, ist für Ihre Frau vielleicht jetzt der Zeitpunkt gekommen, den Wiedereinstieg in den Beruf zu planen.

Muss eine Firma aus wirtschaftlichen Gründen Stellen abbauen und sind rund zehn Prozent der Belegschaft betroffen, gelten Sonderregeln (siehe Seite 24). Alles über Sozialpläne, Abfindungen etc. finden Sie auf Seite 51.

Zur Rettung der Arbeitsplätze: Kurzarbeit

Solange noch Hoffnung besteht, dass die Betriebsflaute vorübergehend ist, kann die Arbeitgeberin versuchen, die Arbeitsplätze mithilfe von Kurzarbeit zu retten. Darunter versteht man eine wirtschaftlich bedingte, unvermeidbare und vorübergehende Reduktion der vertraglichen Arbeitszeit um mindestens zehn Prozent für alle Arbeitnehmer oder für bestimmte Gruppen in einem Unternehmen. Die Arbeitgeberin lässt ihre Angestellten zum Beispiel statt der üblichen 40 nur noch 25 Stunden wöchentlich arbeiten; die Arbeitslosenkasse hilft, den Lohnausfall zu tragen. Zweck der Kurzarbeit ist immer die Erhaltung der Arbeitsplätze. Keine Kurz-arbeit ist ein Arbeitsausfall, der zum üblichen Betriebsrisiko gehört (etwa wegen Renovations- oder Revisionsarbeiten) oder durch typische saisonale Schwankungen verursacht wird, beispielsweise in Gärtnereibetrieben oder in der Baubranche.

So hilft die Arbeitslosenversicherung

Die durch die Kurzarbeit entstehenden Lohneinbussen werden durch eine Entschädigung der Arbeitslosenversicherung gedeckt, und zwar normalerweise während maximal zwölf Monaten innerhalb von zwei Jahren. Aus konjunkturellen Gründen hat der Bundesrat diese Bezugsdauer vorübergehend auf 24 Monate verlängert (bis 31. Dezember 2011). Die Kurzarbeitsentschädigung beträgt 80 Prozent des Verdienstausfalls. Bestimmte, von der Versicherung nicht übernommene Karenztage gehen zulasten des Arbeitgebers.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, seinen Angestellten diese Kurzarbeitsentschädigung vorzuschiessen und sie zusammen mit dem reduzierten Lohn zum üblichen Zeitpunkt auszuzahlen. Während der Kurzarbeit werden wie üblich die vollen Sozialversicherungsbeiträge abgerechnet und vom Lohn abgezogen.

Als Arbeitnehmer können Sie Kurzarbeit verweigern und den vollen Lohn verlangen. Allerdings müssen Sie dann mit einer Kündigung rechnen. Sind Sie bereits im gekündigten Arbeitsverhältnis oder wird während der Kurzarbeit gekündigt, ist der Zweck der Kurzarbeit – die Erhaltung des Arbeitsplatzes – nicht mehr gegeben. Deshalb haben Sie Anspruch auf den vollen Lohn. Nach Auffassung namhafter Arbeitsrechtler darf man sogar den Lohnausfall für die bereits geleistete Kurzarbeit zurückverlangen.

imageEin Merkblatt über die Kurzarbeitsentschädigung können Sie im Internet beziehen (www.treffpunktarbeit.ch Downloads und Formulare Broschüren für Arbeitgeber). Dort finden Sie auch ein ausführliches Kreisschreiben über die Kurzarbeitsentschädigung.

Wenn der Lohn ausbleibt

Kommt Ihr Lohn immer wieder verspätet, oder ist der Arbeitgeber gar mit fälligen Zahlungen im Rückstand? Das bedeutet höchste Alarmstufe. Wenn der Lohn ausbleibt, sollten Sie nicht lange fackeln.

Mahnen Sie den Arbeitgeber schriftlich unter Ansetzung einer kurzen Frist. Kann er nicht zahlen, verlangen Sie, dass er für den aktuellen und künftigen Lohn Sicherheit leistet (Bankgarantie, Wertschriftendepot).

Ihre Rechte bei Zahlungsverzug

Sie dürfen die Arbeit verweigern, solange der Arbeitgeber mit fälligen Lohnzahlungen im Rückstand ist. Die Arbeitsniederlegung sollten Sie ihm schriftlich unter Ansetzung einer kurzen Frist androhen (Muster im Anhang). Ist der Arbeitgeber klar zahlungsunfähig, dürfen Sie – nach schriftlicher Vorankündigung – fristlos kündigen und Schadenersatz verlangen (Lohn während der Kündigungsfrist).

Die ausstehenden Löhne können Sie durch Betreibung oder Klage einfordern. Verlangen Sie Verzugszinsen von fünf Prozent.

Gerät der Arbeitgeber in Konkurs, müssen Sie Ihre offenen Lohnforderungen beim Konkursamt eingeben; sie werden Teil des Konkursverfahrens. Melden Sie sich nach dem Konkurs sofort arbeitslos. Sie erhalten vom Tag der Anmeldung an Taggelder, sofern Sie die Voraussetzungen zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung erfüllen (siehe Seite 66).

Was gilt bei Konkurs?

Offene Lohnforderungen für die letzten vier Monate des Arbeitsverhältnisses vor der Konkurseröffnung sowie allfällige Lohnforderungen für Arbeitsleistungen nach dem Konkurs deckt die Arbeitslosenversicherung über die Insolvenzentschädigung, und zwar zu 100 Prozent (Obergrenze: 10 500 Franken pro Monat, Stand 2011). Ihren Anspruch auf Insolvenzentschädigung müssen Sie bis spätestens 60 Tage nach der Veröffentlichung des Konkurses im Schweizerischen Handelsamtsblatt bei der öffentlichen Kasse anmelden, die am Ort des Betreibungs- und Konkursamts zuständig ist. Danach ist es zu spät. Ein Merkblatt zur Insolvenzentschädigung finden Sie im Internet (www.treffpunkt-arbeit.ch Downloads und Formulare Broschüren für Arbeitslose).

imageDie Insolvenzentschädigung kommt nur für Lohnansprüche auf, die noch während des Arbeitsverhältnisses entstanden sind. Kündigen Sie daher nicht voreilig fristlos, wenn der Lohn ausbleibt. Ansprüche für die Zeit nach der fristlosen Kündigung deckt diese Versicherung nicht.

Konflikte mit dem Arbeitgeber

Rechnen Sie mit einer Kündigung, weil der Arbeitgeber immer wieder Ihre Leistung kritisiert? Haben Sie Konflikte mit einer neuen Chefin? Sind Sie mit einer Änderung der Anstellungsbedingungen nicht einverstanden, oder werden Sie gar schikaniert und gemobbt?

Bleiben oder besser gehen?

Bei ernstlichen Spannungen im Betrieb bleibt nichts anderes übrig, als in einer ruhigen Minute die Situation zu analysieren. Sind Sie an Ihrer gegenwärtigen Stelle überhaupt am richtigen Ort, oder könnten Sie Ihre Fähigkeiten anderswo besser einsetzen? Ist das Arbeitsklima noch erträglich? Sehen Sie Möglichkeiten, die Probleme zu lösen, mit den Vorgesetzten zu verhandeln, sich versetzen zu lassen, Ihre Leistung oder Ihre Motivation zu verbessern? Gibt es interne Stellen, an die Sie sich mit Ihren Problemen wenden könnten?

Notieren Sie auf einem Blatt Papier alle Gründe, die für bzw. gegen eine Vertragsauflösung sprechen. Wenn Sie zum Schluss kommen, dass Sie an Ihrer gegenwärtigen Stelle längerfristig keine Zukunft mehr haben, sollten Sie umgehend aktiv werden und mit der Stellensuche beginnen. Beachten Sie die Tipps auf Seite 10.

So verhalten Sie sich richtig

Haben Sie ernsthafte Konflikte mit Ihrem Arbeitgeber, sollten Sie folgende Punkte beachten:

•    Verweigern Sie nie das Gespräch, zeigen Sie sich lösungsorientiert und verhandlungsbereit. Verlangen Sie jedoch, dass wichtige Unterredungen protokolliert und Vereinbarungen schwarz auf weiss festgehalten werden. Äussern Sie allfällige Proteste aus Beweisgründen schriftlich.

•    Unterbreiten Sie dem Arbeitgeber Lösungsvorschläge, wie die Situation Ihrer Meinung nach bereinigt werden könnte. Erarbeiten Sie gemeinsam konkrete (realisier- und überprüfbare) Ziele und vereinbaren Sie eine Bewährungsfrist.

•    Notieren Sie sich Ungereimtheiten oder unfaire Machenschaften und bewahren Sie vorhandene Belege dafür auf.

•    Sie haben jederzeit das Recht, Ihre Personalakte einzusehen. Nehmen Sie schriftlich Stellung, wenn Sie mit einer Qualifikation oder Verwarnung nicht einverstanden sind. Verlangen Sie, dass Ihre Stellungnahme ins Personaldossier kommt.

•    Verlangen Sie Bedenkzeit, wenn Sie sich von einem Ansinnen Ihres Chefs überrumpelt fühlen. Ebenso, bevor Sie irgendein Papier unterschreiben.

imageLassen Sie sich rechtlich beraten, wenn Sie mit der Situation nicht mehr klarkommen. Kapseln Sie sich nicht ab, sondern sprechen Sie über Ihre Probleme. Holen Sie Hilfe: beim internen Sozialdienst, bei Ihrem Arzt, Ihrer Gewerkschaft oder einer Mobbing-Beratungsstelle.

Konflikte schriftlich festhalten

Wichtig: Wird einem Arbeitnehmer nur deshalb gekündigt, weil er sich für seine Rechte eingesetzt hat – zum Beispiel für die Bezahlung von Überstunden oder die Einhaltung des Arbeitsvertrags –, dann ist die Kündigung missbräuchlich. In solchen Fällen kann man eine Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen einklagen. Allerdings müssen Sie den Missbrauch beweisen können. Aus diesem Grund sind schriftliche Aufzeichnungen, die einen Konflikt belegen, unerlässlich (zur missbräuchlichen Kündigung siehe Seite 31).

imageWie Sie sich in einer Mobbing-Situation richtig verhalten, zeigt Ihnen der Beobachter-Ratgeber «Mobbing – was tun? So wehren Sie sich am Arbeitsplatz» (www.beobachter.ch/buchshop).

Kündigung aus heiterem Himmel?

Nicht immer zeichnet sich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgängig ab. Häufig berichten Arbeitnehmende an der Hotline des Beobachter-Beratungszentrums, die Kündigung habe sie wie ein Blitz aus heiterem Himmel getroffen. Was Laura P. erlebt hat, ist kein Einzelfall:

Als die Exportsachbearbeiterin an einem Donnerstagnachmittag zum Chef gerufen wird, ahnt sie nichts Böses. Schliesslich kommt es immer wieder vor, dass Ihr Vorgesetzter spontan etwas mit ihr besprechen will. Laura P. fällt aus allen Wolken, als der Chef ihr im Beisein der Personalchefin eröffnet, dass man sich von ihr trennen wolle. Sie sei zu langsam und zu wenig selbständig, und überhaupt brauche es an dieser Stelle jemanden mit besseren Englischkenntnissen. Wie betäubt nimmt sie das Kündigungsschreiben in Empfang und verlässt das Chefbüro. Dass man mit ihrer Arbeit nicht zufrieden ist, hat ihr bisher niemand gesagt. Wenig später erfährt Laura P., dass ihre Stelle mit einer guten Bekannten des Chefs besetzt werden soll.

Für eine Kündigung braucht es nach Schweizer Recht weder eine Vorankündigung noch eine Verwarnung. Laut Bundesgericht ist es zwar «kaum als anständig» zu bezeichnen, wenn ohne vorgängiges Gespräch gekündigt wird. Es sei aber zwischen einem unanständigen und einem rechtswidrigen Verhalten zu unterscheiden, so das Gericht. Das Arbeitsvertragsrecht sieht nun einmal keine Anhörungspflicht vor der Kündigung vor. Auch einen triftigen Grund braucht es nicht (Urteil 4C.174/2004 vom 5. 8.2004). Immerhin kann eine Kündigung missbräuchlich sein, wenn sie auf besonders verletzende oder demütigende Art ausgesprochen wird (siehe Seite 32).

Nicht vorschnell unterschreiben

Lassen Sie sich nicht drängen

Wenn Ihnen Knall auf Fall gekündigt wird, dürfen Sie sich nicht ins Bockshorn jagen lassen. Sie sind nicht verpflichtet, während des Kündigungsgesprächs irgendetwas zu unterschreiben. Allenfalls können Sie den Empfang der Kündigung schriftlich bestätigen, aber nicht mehr. Verlangen Sie Bedenkzeit, wenn Sie Ihr Einverständnis zu einer speziellen Austrittsvereinbarung geben sollen. Nehmen Sie das Papier mit nach Hause und lesen Sie es sorgfältig durch. Fragen Sie nach oder holen Sie fachlichen Rat, wenn etwas unklar ist.

imageLassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Der Inhalt des Arbeitszeugnisses darf nicht davon abhängen, ob Sie sofort unterschreiben oder nicht. Sagen Sie, Sie seien im Moment viel zu aufgewühlt, um einen Entscheid zu fällen, und bleiben Sie dabei.

Ist die Kündigung korrekt?

Prüfen Sie auch, ob die Kündigungsfrist eingehalten wurde und ob möglicherweise eine Sperrfrist zu beachten ist (siehe Seite 27). Sie haben das Recht auf eine schriftliche Begründung der Kündigung. Stecken unfaire Motive dahinter? Dann ist sie unter Umständen missbräuchlich (siehe Seite 31). Werden Sie per sofort von der Arbeit freigestellt, müssen Sie dies in aller Regel akzeptieren (mehr dazu auf Seite 40).

imageBesprechen Sie mit Ihrem Chef die Sprachregelung, wie Ihr Weggang kommuniziert wird: Wer, wann, wie? So kommt es wegen der plötzlichen Kündigung nicht zu irgendwelchen Gerüchten.

Selber kündigen oder kündigen lassen?

Häufig werden Arbeitnehmende vor die Wahl gestellt, selbst zu kündigen oder sich kündigen zu lassen. Als Faustregel gilt: Kündigen Sie erst dann von sich aus, wenn Sie einen neuen Arbeitsvertrag in der Tasche haben. Andernfalls soll der Arbeitgeber kündigen.