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Nr. 1

 

Der Impuls

 

Sie erwacht aus tiefem Schlaf – und warnt vor einer dunklen Gefahr

 

Marc A. Herren

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

Im Sommer 1402 Neuer Galaktischer Zeitrechnung: Die Lage in der Milchstraße ist friedlich, die einzelnen Sternenreiche kooperieren. Nur selten kommt es zu Spannungen, für die es meist eine diplomatische Lösung gibt.

Mit dem kleinen Raumschiff MANCHESTER reist Perry Rhodan in den Kugelsternhaufen M 13, das Zentrum des Kristallimperiums. In seiner Begleitung sind der Mausbiber Gucky und eine geheimnisvolle junge Frau, über deren Herkunft der Terraner nur wenig weiß.

Ihr Ziel ist der Planet Zalit, wo Rhodan offiziell an einer Konferenz teilnehmen soll. In Wirklichkeit folgt er einer Spur: »Dunkle Befehle« scheinen das Imperium zu gefährden. Nur direkt vor Ort kann er mehr darüber herausfinden.

Doch die Reise entwickelt sich zu einer Abfolge katastrophaler Ereignisse. Rhodan erkennt, dass mitten im Kugelsternhaufen eine Bedrohung für die gesamte Milchstraße heranwächst. Hinter dieser Gefahr steckt offenbar DER IMPULS ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Terraner sucht Antworten in Thantur-Lok.

Gucky – Der Mausbiber unterstützt Rhodan nach Kräften.

Aspartamin – Der Mantar-Heiler hält vor allem viel auf sich.

Sahira – Die Schläferin rätselhafter Herkunft wacht auf.

1.

Vogasystem

9. Juni 1402 NGZ

 

»Aus dem All sieht fast jede Welt schön aus«, murmelte Perry Rhodan und blickte auf das Hologramm, das vor seinen Augen schwebte.

In der dreidimensionalen Darstellung drehte sich ein Planet in einem Schimmer aus braungrünen Landflächen und ausgedehnten Ozeanen, umgeben von zerfaserten Wolkenbändern. Ein friedliches Paradies, das zu einem Besuch geradezu einlud.

Das sieht fast zu friedlich aus, dachte Rhodan. Oder werde ich langsam paranoid?

Aus dem Augenwinkel sah er die Positionsdaten des Raumschiffes. Alles verlief nach Plan, keine Probleme. Die MANCHESTER glitt vertikal zur Systemebene auf den vierten Planeten Zalit zu, ein Routineflug, bei dem das Ziel in Reichweite war.

Perry Rhodan bremste die Privatjacht ab; längst hatte er auf »manuell« umgeschaltet und steuerte das Raumschiff selbst. »Wie in alten Zeiten«, sagte er in solchen Fällen. Als ob die »alten Zeiten« je wiederkommen würden ... Er schickte den vorbereiteten Kennungsimpuls auf den Weg.

Wie aus dem Nichts gezaubert, stand auf einmal Gucky neben ihm. Rhodan zuckte nicht einmal zusammen; er war daran gewöhnt, dass der kleine Mausbiber teleportierte. Er nickte seinem pelzigen Freund zu, dann widmete er sich wieder dem Hologramm und den technischen Anzeigen.

Nachdenklich betrachtete der Mausbiber das Bild im Steuerholo. Dann deutete er auf die schematische Darstellung der rot flammenden Riesensonne Voga, die im oberen Drittel eingeblendet wurde.

»Passend zur aktuellen Gefahrenlage«, piepste er. »Der rote Alarmknopf ist hier richtig groß!«

»Mal du jetzt nicht den Teufel an die Wand. Ich bin schon nervös genug.« Rhodan erhob seine Stimme. »Positronik!«

»Ja?«, erklang die künstliche Stimme des Bordrechners.

»Check die aktuellen Raumschiffsbewegungen im System!«, ordnete Perry Rhodan an. »Ich will sie alle in der holografischen Darstellung haben.«

Das Hologramm veränderte sich. Lichtpunkte blitzten auf, Zahlen wanderten durch die Darstellung. Vor allem rings um den Planeten waren viele Raumschiffe unterwegs. Sie brachten Fracht, transportierten Waren oder Passagiere. Die Kennungen waren eindeutig.

Rhodan griff an einigen Stellen zu und veränderte das Bild. »Hm«, machte er und lehnte sich zurück. »Das scheint alles friedlich zu sein«, sagte er, nachdem er die Informationen erneut geprüft hatte. »Keine massierte Wachflotte, keine fliehenden Frachtschiffe, kein erhöhter Funkverkehr ...«

»Das kann alles noch kommen«, gab Gucky düster zurück. »Ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache. Manchmal sollte man tatsächlich auf seinen Bauch hören.«

Rhodan atmete tief ein. »Eigentlich müsste ich dir widersprechen. Aber das kann ich leider nicht. Es entsteht etwas, das ist sicher. Gut möglich, dass es hier im Vogasystem seinen Anfang nehmen wird.«

Er wischte durch das Hologramm. Die Darstellung wechselte, die Sonne Voga wurde kleiner. Der Kugelsternhaufen M 13 rückte ins Zentrum, ein grell glitzerndes Meer aus gut 100.000 Sonnen. Thantur-Lok, so nannten die Arkoniden diesen Sternhaufen, und sie hatten ihn so gründlich kolonisiert, wie es nur möglich war.

Rhodan betrachtete die gemaserte Oberfläche von Zalit, die beständig anwuchs. Bald würde die Raumstation VOGAS STOLZ ins Bild kommen; das eigentliche Ziel ihrer Reise.

Es gab genau zwei Dinge, die man über den Planeten Zalit wissen musste: Erstens schmückte sich die Welt mit dem Titel die älteste arkonidische Kolonie. Die Zaliter galten seit jeher als die treuesten Verbündeten des arkonidischen Imperiums. Ihre Welt war vor vielen Jahrtausenden besiedelt worden. Und zweitens gediehen in Zalits warmem Klima einige äußerst schmackhafte, weit über den Kugelsternhaufen Thantur-Lok hinaus bekannte Weinsorten.

»Seltsam, dass sich noch niemand bei uns gemeldet hat.« Guckys pelziges Gesicht wirkte angespannt, seinen Mund hielt er geschlossen; er atmete flach und gepresst.

Rhodan zuckte mit den Schultern. »Ich gehe davon aus, dass wir sie gerade ordentlich verwirren. Falls Bully der Regierung nicht gemeldet hat, dass ich an seiner Stelle an der Konferenz teilnehme, erwarten sie das Flaggschiff der LFT – und keine kleine Privatjacht.«

»... mit dem derzeit beurlaubten Residenten«, ergänzte Gucky. Es sollte wohl ein Spaß sein, kam aber völlig nüchtern. »Nicht mit einem wichtigen Diplomaten, sondern mit dem Privatmann Perry Rhodan.«

»Meinen Namen werden sie trotzdem kennen.«

»Das schon. Aber vielleicht glaubt ein übereifriger Offizier, dass die diplomatische Kennung der MANCHESTER gefälscht ist, und lässt das Feuer auf uns eröffnen.«

»Keine schlechten Scherze«, bat Rhodan. »Sie werden eher damit beschäftigt sein herauszufinden, ob sich ein ranghoher Offizier oder der Zarlt persönlich bei uns melden soll.«

Er glaubte nicht daran, dass der Zarlt – das Staatsoberhaupt der Zaliter – selbst den Funkkontakt aufnehmen würde. Rhodan war Privatmann, nicht mehr der mächtigste Mann der Erde. Es gab keinen Grund, warum ein Zaliter die höfischen und diplomatischen Regeln grundsätzlich ändern sollte. Aber man wusste nie.

Die Kameras der MANCHESTER fingen das Bild einer kelchförmigen Raumstation auf; das Hologramm wechselte. Wie eine riesige silberne Blüte schwebte sie im freien Weltraum über Zalit.

Rhodan deutete darauf. »Und hier ist VOGAS STOLZ.«

In der Holosphäre erschienen die technischen Daten der Raumstation. Der Kelch war beeindruckende drei Kilometer lang. An der Basis maß er etwas über zweihundert Meter und verbreiterte sich bis zu dem oberen, auskragenden Rand auf fast tausend Meter. Spiralförmig wanden sich zwei Reihen von Plattformen über den Kelchkörper. Fesselfelder begrenzten die Plattformen, mechanische Anlagen transportierten Container über ihre Oberfläche. Kleine Lasten- und Passagiergleiter dockten an ihnen an, während größere Kugel- und Walzenraumschiffe am oberen Rand geparkt waren.

»Hübsch!«, meinte Gucky. »Architektonisch nicht ganz so beeindruckend wie die Solare Residenz, aber auch nicht ganz ohne.« Telekinetisch erhob er sich in die Luft, schwebte zwei, drei Meter zur Seite und ließ sich in einen Sessel sinken. »Und einen ordentlichen Verkehr haben die dort ebenfalls.«

»Funkanruf von VOGAS STOLZ«, meldete der Bordrechner. »Willst du ihn annehmen?«

»Ja.« Rhodan richtete sich auf, ein echter Reflex: Auch wenn er kein Staatsmann mehr war, wollte er keinen schlechten Eindruck hinterlassen. In M 13 hielt man die Etikette hoch.

Er gab dem Mausbiber einen Wink. »Ich werde deine Anwesenheit vorerst verschweigen, Gucky. Je länger die Zaliter im Unklaren darüber sind, dass wir einen Telepathen an Bord haben, desto besser ist das für uns.« Er lächelte. »Die Rechner haben sich gegenseitig kontaktiert, unsere offiziellen Daten haben die dort drüben schon. Die wissen also, dass ich an Bord der MANCHESTER bin, ahnen aber nichts von dir.«

»Verstanden, Chef!«, rief Gucky. Mit einem leisen »Plopp« verschwand er. Rhodan wusste, dass der Mausbiber in einen kleinen Raum neben der Zentrale sprang. Von dort aus bekam er sehr gut mit, was in der Zentrale gesprochen und getan wurde.

Rhodan öffnete die Funkverbindung.

In der Holosphäre materialisierte das Bild eines finster dreinschauenden Mannes, der auf den ersten Blick als Terraner hätte durchgehen können. Er wirkte groß und robust mit einer hohen Stirn, intensiven grünen Augen und kantigen Gesichtszügen. Sein Teint schimmerte in einem kräftigen Rotbraun, die bronzefarbenen Haare waren schulterlang. Er trug eine rot-schwarz gemaserte Uniform mit hochgestecktem, steifem Kragen. Das Rangabzeichen wies ihn als Dreimondträger aus.

»Willkommen im Vogasystem«, sagte der Offizier mit kühler Stimme. »Ich bin Kermen, Kommandant von VOGAS STOLZ.«

Dass der Kommandant den Kontakt aufnahm, bewies, dass man in der Station bereits von Rhodan wusste. Trotzdem gab der Terraner eine höfliche Antwort, wie es sich gehörte.

»Ich grüße dich, Dreimondträger Kermen. Mein Name ist Perry Rhodan. Ich bin im Auftrag des Terranischen Residenten hier, um an der Konferenz teilzunehmen, zu der der Zarlt eingeladen hat.«

Eine scharfe Falte grub sich oberhalb von Kermens Nasenwurzel in die Stirn ein. »Ich musste mich mit meinen eigenen Augen versichern, ob sich hinter der Kennung dieses Spielzeugs tatsächlich Perry Rhodan verbirgt. Dein Erscheinen sorgt für Irritationen, haben wir doch Reginald Bull erwartet, den Terranischen Residenten ad interim.«

»Reginald Bull ist leider verhindert«, sagte Perry Rhodan ruhig. »Dringende Geschäfte ließen es nicht zu, der Einladung zu folgen. Aus diesem Grund hat mich der Resident gebeten, meinen Urlaub zu unterbrechen und an seiner Stelle an der Konferenz teilzunehmen. Er hat mich hierzu mit allen notwendigen diplomatischen Kompetenzen ausgestattet. Ich habe sie der Funkkennung der MANCHESTER beigefügt.«

»Das ist mir aufgefallen«, sagte der Dreimondträger steif. »Zudem hat der Resident deine Stellvertretung bereits vor Tagen angekündigt. Allerdings sind wir bis heute von einem der schwer verständlichen terranischen Scherze ausgegangen.«

»Ich hoffe, dass der Zarlt Verständnis für den Terranischen Residenten aufbringen wird«, sagte Rhodan diplomatisch. »Da mir dieses Amt ja nicht ganz unvertraut ist, gehe ich davon aus, meinen Freund Reginald Bull angemessen vertreten zu können.«

»Es ist nicht mehr zu ändern. Dein Raumschiff wird nun mit einem Peilimpuls zu einem freien Landeplatz gelotst. Ich bitte dich und ...« Der Zaliter sah suchend an Rhodan vorbei. »Du bist ohne Crew unterwegs?«

»Die MANCHESTER benötigt keine feste Besatzung.«

Das war zwar nicht gelogen, verschleierte aber die Tatsache, dass sie sich zu dritt an Bord der Privatjacht aufhielten. Falls Kermen auf die Idee kam, die MANCHESTER mit Bioscans zu durchleuchten, würden Gucky und ihre Patientin zweifellos entdeckt werden.

Vorteile musste man nutzen, solange sie Bestand hatten.

»Die Konferenz ist auf morgen angesetzt, in deiner Zeitrechnung am 10. Juni um 18.32 Uhr. Ich bitte dich, bis zu diesem Zeitpunkt an Bord deines Schiffes zu bleiben. Die Vorbereitungen für die Konferenz laufen auf Hochtouren – da kann ich unmöglich Leute abziehen, die sich um deine Sicherheit kümmern.«

»Einverstanden.« Rhodan nickte. Wieso muss er das mit der Sicherheit so betonen?, überlegte er. Was ist faul auf Zalit?

Im Holo wurde der Empfang des Peilsignals angezeigt. Die MANCHESTER änderte ihren Kurs selbstständig und steuerte den oberen Rand der Raumstation an.

»Das verstehe ich«, sagte Rhodan. »Bin ich richtig informiert, dass neben den Repräsentanten von Aralon und Archetz auch Imperator Bostich I. an der Konferenz teilnehmen wird?«

»Das ist richtig so. Seine Erhabenheit wird die Konferenz ebenfalls mit seiner Anwesenheit beehren.«

Daran, dass die Konferenz tatsächlich auf Geheiß des Zarlt angesetzt worden war, glaubte Rhodan keine Sekunde lang. Selbst der höchste Zaliter besaß nicht das Format und den politischen Einfluss, um den arkonidischen Imperator zu einer Verhandlung zu zitieren.

Bostich persönlich hatte den Lordmediker der Aras, den Patriarchen von Archetz und den Terranischen Residenten ins Vogasystem bestellt. Der Zarlt hatte nur den Befehl umgesetzt und sich als Gastgeber ins Zentrum gestellt.

Rhodan fragte sich, was der arkonidische Imperator mit der Konferenz bezweckte. Bostich war nicht nur Imperator, als Erster Vorsitzender des Galaktikums war er für die gesamte Milchstraße verantwortlich. Wieso lud er zu einer geheimen Besprechung, die für andere Völker einem Affront gleichkommen würde? Und welcher Zusammenhang bestand mit dem geheimnisvollen Impuls, von dem Rhodan und Gucky auf Tahun erfahren hatten?

Rhodan lächelte höflich. »Wie dir vielleicht bekannt ist, geschätzter Kermen, verbinden mich mehrere persönliche Erlebnisse mit dem Planeten Zalit. Ich würde die Wartezeit bis zur Konferenz gerne für einen ausgedehnten Besuch deiner Heimatwelt nutzen.«

Der Dreimondträger versteifte sich. »Ein Besuch des Planeten ist für dich nicht vorgesehen.«

Rhodan lächelte weiterhin. Wer seit Jahrhunderten mit Arkoniden und Zalitern und vielen anderen Völkern verkehrte, der lernte Diplomatie und überzogene Höflichkeit. »Dann wäre es eine schöne Geste, wenn du trotzdem einen kurzen Abstecher in die Wege leiten könntest. Ich will keinen Staatsempfang. Ein Besuch eurer Hauptstadt reicht mir. Ich bin gespannt, wie sich Tagnor über die Jahrtausende verändert hat. Steht das Denkmal noch, das an das Ende der Beeinflussung durch die Mooffs erinnert?«

Kermen zog ein Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. »Ich werde sehen, was sich machen lässt«, sagte er mit heiserer Stimme. »Es ... es wird nicht ganz einfach sein, so kurzfristig eine Landegenehmigung zu erhalten. Ich werde mich mit dem Gouverneur von Tagnor in Verbindung setzen und ... eben schauen, was sich machen lässt.«

Mit einem Schlag hatte der hochrangige zalitische Offizier seine Souveränität eingebüßt, wirkte von einer Sekunde auf die andere nervös und fahrig.

»Bitte gedulde dich, Rhodan«, sagte er mit einem Rest von korrekter Höflichkeit, bevor er hastig die Funkverbindung unterbrach.

 

*

 

Kaum war das Bild des Offiziers aus dem Hologramm verschwunden, tauchte Gucky wieder auf. Das leise »Plopp« nahm Rhodan nur am Rande wahr. Der Ilt war auffallend ernst.

Rhodan sah Gucky gespannt an. »Was hast du herausgefunden?«

Der Mausbiber hob sich mit seinen telekinetischen Kräften in die Höhe und schwebte auf den Sessel neben Rhodan. »In der Raumstation herrscht hektische Betriebsamkeit. Die Konferenz wurde kurzfristig initiiert; niemand weiß Genaueres darüber. Nicht einmal der Zarlt, der sich in eine Luxuskabine zurückgezogen hat und der Konferenz nervös entgegenblickt.«

»Und Kermen? Weshalb erschrak er, als ich mein Interesse an einem Besuch von Tagnor zeigte?«

Gucky schwang sich auf eine der Armlehnen des Sessels und ließ die Füße baumeln. »Irgendetwas geschieht gerade auf Zalit. Etwas, von dem niemand erfahren darf – am wenigsten der in wenigen Stunden erwartete Imperator!«

»Irgendetwas geschieht?«, wiederholte Rhodan. »Könntest du das etwas präzisieren? Und was hat das mit Bostich zu tun?«

»In der Raumstation sind sie nicht besonders gut über die Vorgänge informiert. Sie haben lediglich Gerüchte gehört, die nun aber zur allgemeinen Hektik beitragen.«

»Und was besagen die Gerüchte?«

»Angeblich ist in einem Forschungszentrum in der Nähe von Tagnor vor ein paar Tagen ein Experiment aus dem Ruder gelaufen. Nun haben die Zaliter Schiss, dass seine millionenäugige Erhabenheit davon erfährt und Zalit in der Beliebtheitsskala des Imperators einen bösen Taucher hinlegt.«

Rhodan hob die Schultern. »Bestimmt tragen sich auf den meisten Welten des Kristallimperiums immer wieder Dinge zu, von denen Bostich besser nichts erfahren sollte. Das kennen wir ja auch zur Genüge von den Liga-Welten. Das ist normal.«

Als Gucky feixte, wusste Rhodan, dass ihm der Mausbiber noch nicht alles gesagt hatte. Er wartete genüsslich darauf, die Pointe seiner Geschichte erst in diesem Augenblick zu enthüllen.

»Hmm«, machte Rhodan gedehnt. »Denke ich ein wenig weiter, so ist es natürlich auffällig, dass dieses Experiment vor ein paar Tagen aus dem Ruder gelaufen ist. Und nach deinem Gesichtsausdruck zu schließen, kennen wir beide bereits den Grund dafür ... Es ist der Impuls, nicht wahr? Derjenige, der Sahira aus ihrem medizinischen Stasisschlaf geholt hat.«

Guckys Kinnlade klappte herunter. »Du hast es gewusst?«

»Ich habe nur eins und eins zusammengezählt.«

Nachdenklich betrachtete Rhodan die Raumstation. Lichtreflexe flirrten über ihre silberne Oberfläche: kleine Roboter, die auf die Entfernung wie Insekten wirkten und ihren stillen Tätigkeiten nachgingen. Bald würde die MANCHESTER das Landefeld erreicht haben, das ihr das System zugewiesen hatte.

»Es ist nicht zu erwarten, dass die meine Bitte erfüllen, mal einen Abstecher nach Tagnor zu unternehmen. Und ich gehe davon aus, dass wir bald von Bioscans durchleuchtet werden. Dann aber wäre es von Vorteil, wenn wir uns für ein paar Stunden aus der MANCHESTER zurückziehen würden.«

Rhodan tippte auf ein Eingabefeld, das Bild im Hologramm wechselte und zeigte die Oberfläche des Planeten. Eine riesige Stadt war zu sehen, davor ein stahlblauer Ozean, in dem Inseln wie bunte Kleckse glänzten.

»Was hältst du davon, wenn wir die Gelegenheit nutzen und uns in diesem Forschungszentrum umsehen?«, fragte Rhodan. »Damit würden wir die berühmten zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die Zaliter bekommen nichts von dir mit, und wir finden vielleicht weitere Informationen zu diesem geheimnisvollen Hyperimpuls.«

Der Mausbiber stieß sich ab und sprang elegant auf den Boden. »Da halte ich viel davon!«, piepste er. »Moment!«