11. Kapitel
 
Erfolgsfaktor Servicequalität

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1.1 Wettbewerbsvorteile für Dienstleistungsanbieter durch Servicequalität

Wir sind bereits seit Jahrzehnten in allen Industriegesellschaften auf dem Weg zu einer Dienstleistungsgesellschaft. Die meisten Erwerbstätigen sind im Dienstleistungsgewerbe, dem so genannten tertiären Sektor, tätig und auch die Nachfrage nach Dienstleistungen nimmt kontinuierlich zu.

Diese Zunahme dokumentiert sich anhand zahlreicher Indikatoren der Leistungsfähigkeit von Volkswirtschaften. Besonders deutlich 2äußert sich der Strukturwandel in der Veränderung der relativen Anteile der einzelnen Sektoren an der Bruttowertschöpfung beispielsweise in Deutschland. Während nach Angaben des Statistischen Bundesamtes der Bruttowertschöpfungsanteil des Dienstleistungssektors im Jahr 1957 lediglich 37 Prozent betrug, liegt er im Jahr 2011 bereits bei rund 69 Prozent. Andere Volkswirtschaften – z. B. Luxemburg (86 Prozent), Hongkong (92 Prozent) oder die Bahamas (90 Prozent) – weisen sogar noch höhere Anteile des tertiären Sektors auf.

Weiterhin entstehen die meisten neuen Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich. So arbeiteten in Deutschland im Jahr 2010 bereits 73,5 Prozent der Erwerbstätigen im Dienstleistungsbereich. Zusätzliches Wachstum wird insbesondere in wissensbasierten Dienstleistungsbranchen, wie professionellen Dienstleistungen (Beratung), im Ausbildungs- und im Gesundheitsbereich erwartet.

Die Triebfedern für den Strukturwandel sind vielfältig. Zu nennen sind insbesondere politische Entwicklungen (z. B. Privatisierung, Freihandelsabkommen für Dienstleistungen), soziale Veränderungen (z. B. zunehmende Zeitknappheit), Business Trends (z. B. Zunahme strategischer Allianzen), technologische Fortschritte (z. B. Web 2.0) sowie die Globalisierung (z. B. Zunahme der Reisetätigkeit, „Offshoring“), von denen Impulse für eine weiter anhaltende Transformation der Dienstleistungsgesellschaft ausgehen werden.

Vor dem Hintergrund einer zunehmend dienstleistungsdominierten Gesellschaft und verstärkter Professionalisierung des Dienstleistungsangebots gilt es für den einzelnen Dienstleistungsunternehmer, sich in einem intensiven Wettbewerbsumfeld durch die Realisierung von Wettbewerbsvorteilen zu behaupten und von der Konkurrenz abzugrenzen.

Die Bedeutung hoher Servicequalität zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen ist unumstritten. Unternehmen sehen sich zunehmend Wettbewerbssituationen ausgesetzt, in denen es gilt, simultan mehrere Wettbewerbsvorteile zur Sicherung einer überlegenen Position am Markt zu realisieren. Insgesamt lassen sich für Dienstleistungsunternehmen drei zentrale Wettbewerbsvorteile unterscheiden:

Zeitvorteile stellen bei Dienstleistungsanbietern häufig einen Ansatzpunkt zur Realisierung von strategischen Wettbewerbsvorteilen dar. Der Zeitvorteil kann sich auf die Reaktionsschnelligkeit eines Anbieters, z. B. bei der Beantwortung von Kundenanfragen beziehen oder auch auf die Zeitdauer der Dienstleistungserstellung. In Bezug auf die Reaktionsschnelligkeit können Versicherungsanbieter häufig Wettbewerbsvorteile realisieren, indem sie Schadensfälle schneller regulieren als ihre Wettbewerber. Zwar kommunizieren Kunden in der Regel nicht ihre konkreten Zeiterwartungen, allerdings kann es sich für Anbieter in Ausnahmefällen auszahlen, im Rahmen der Dienstleistungserstellung branchenspezifische Standards zu unterbieten. Ein gutes Beispiel dafür ist die Restaurantkette Vapiano, deren Wettbewerbsvorteil insbesondere darin liegt, frische italienische Speisen im Tempo eines Fastfood-Restaurants zuzubereiten.

Kostenvorteile stellen eine weitere Möglichkeit für Dienstleistungsanbieter dar, Wettbewerbsvorteile zu realisieren. Diese lassen sich vor allem dann erzielen, wenn Dienstleistungsanbieter ihre Dienstleistungserstellungsprozesse vereinheitlichen bzw. standardisieren (z. B. Mietwagenverleih) oder durch den Einsatz so genannter Self-Service-Technologien automatisieren (z. B. DHL-Packstationen, Geldautomaten usw.). Durch entsprechende Maßnahmen lassen sich zwar in der Regel Kostensenkungen realisieren, sie reduzieren jedoch auch die Anknüpfungspunkte für persönliche Interaktionen als Basis für den für Dienstleistungsanbieter häufig wichtigen Aufbau enger Beziehungen mit dem Kunden.

Schließlich stellen die Differenzierungsvorteile gegenüber den Wettbewerbern eine weitere Möglichkeit dar, sich erfolgreich abzugrenzen. Ein zentrales Differenzierungsmerkmal von Dienstleistungsunternehmen ist die aus Kundensicht wahrgenommene Servicequalität bzw. Dienstleistungsqualität, die es durch den Einsatz eines systematischen Qualitätsmanagements für Dienstleistungen auf einem hohen Niveau sicherzustellen gilt.

4Qualität hat eine hohe Bedeutung für den Unternehmenserfolg. Der Zusammenhang wurde im Rahmen einer Vielzahl empirischer Studien nachgewiesen. Besonders deutlich zeigte sich dies an branchenübergreifenden Untersuchungen auf Basis des so genannten PIMS-Projekts (Profit Impact of Market Strategies). Die Autoren Buzzell/Gale machen dabei deutlich, dass zwischen einem Qualitätsvorsprung gegenüber den Wettbewerbern und zentralen Kenngrößen des Unternehmenserfolgs, wie Umsatzwachstum oder Return on Investment, Kausalbeziehungen bestehen. Dabei wird Qualität unter allen erfolgsrelevanten Faktoren sogar als „wichtigster Einzelfaktor“ angesehen und es zeigt sich zudem, dass die Bedeutung von Qualität für den Unternehmenserfolg im Dienstleistungssektor überdurchschnttlich hoch ist.

Die hohe Bedeutung der Servicequalität im Dienstleistungsbereich lässt sich anhand der zentralen Eigenschaften von Leistungen darstellen. Diese geben darüber Auskunft, auf welche Art und Weise Kunden die Qualität einer Leistung bzw. deren Merkmale beurteilen. Dabei lassen sich drei Eigenschaften unterscheiden:

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Schaubild 1-1: Verteilung zentraler Eigenschaften bei Sach- und Dienstleistungen

6Dienstleistungen unterscheiden sich von Sachgütern insbesondere durch ihre Immaterialität bzw. ihren geringeren Anteil an physischen bzw. fassbaren Elementen (vgl. zu den konstitutiven Merkmalen von Dienstleistungen Kapitel 2). So beschränken sich die tangiblen, d. h. fassbaren Elemente beispielsweise bei einer Versicherung lediglich auf die Versicherungspolice in Papierform. Dies bedeutet, dass sich Dienstleistungen im Vergleich zu Sachleistungen durch ein besonders hohes Maß an Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften auszeichnen und weniger durch Sucheigenschaften (vgl. Schaubild 1-1 nach der Darstellung von Zeithaml et al.).

Diese „Informationsarmut von Dienstleistungen“ hat zur Folge, dass sich die Qualität einer Dienstleistung häufig erst während oder nach der eigentlichen Inanspruchnahme der Dienstleistung beurteilen lässt. Aufgrund dieses vergleichsweise höheren wahrgenommenen Kaufrisikos bei Dienstleistungen kommt der wahrgenommenen Qualität im Dienstleistungsbereich vor allem während der Leistungserstellung eine besondere Bedeutung zu. Ein Dienstleistungsanbieter hat entsprechend häufig nur eine einmalige Chance, den Kunden im Rahmen der erstmaligen Inanspruchnahme von seiner Qualität zu überzeugen und diesen Kunden damit dauerhaft an sich zu binden, um langfristig ökonomisch erfolgreich zu sein.

Eine schlechte Dienstleistungsqualität wird häufig mit dem Begriff der „Service-Wüste“ bezeichnet. Gerade in Deutschland besteht – im Vergleich zu Ländern wie den USA – trotz erster Fortschritte nach wie vor Nachholbedarf in Bezug auf die im Alltag wahrgenommenen Servicestandards und den Grad der Kundenorientierung. Dies betrifft Aspekte wie mangelnde Freundlichkeit von Servicemitarbeitenden in Restaurants, unendliche Wartezeiten in Kundenhotlines, lange Liefer- und Installationszeiten, das Nichteingehen auf spezielle Kundenwünsche, mangelnde Kulanzregelungen oder fehlende Zusatzleistungen wie Einpackhilfen im Supermarkt, um nur einige Beispiele zu nennen.

Bedenkt man die Folgen unzureichender Dienstleistungsqualität, ist es überraschend, dass bei vielen Dienstleistungsunternehmen ein systematisches Qualitätsmanagement noch nicht auf der Prioritätenliste des Topmanagements steht und Qualitätsinitiativen häufig 7nur Lippenbekenntnisse der Unternehmen darstellen. Zu den bekanntesten Folgen unzureichender Dienstleistungsqualität zählen folgende negative Auswirkungen:

Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Entwicklung des Internet in Richtung Web 2.0 potenzieren sich die Risiken negativer Mundkommunikation infolge unzureichender Servicequalität. Auf Meinungsplattformen wie z. B. Holiday-Check (www.holiday-check.de), in Blogs oder auf sozialen Netzwerken wie Facebook können Kunden ihre negativen Erlebnisse mit einem Dienstleistungsanbieter in kürzester Zeit einer nahezu unbegrenzten Anzahl an Menschen zugänglich machen, ohne dass Unternehmen Möglichkeiten haben, diesen Prozess bzw. einen aufziehenden „Shit-Storm“ aufzuhalten.

Neben der anhaltenden Bedeutungszunahme des Dienstleistungssektors und der Relevanz von Dienstleistungsqualität als zentraler Wettbewerbsvorteil sprechen verschiedene weitere Faktoren für eine zunehmende Relevanz der Servicequalität von Dienstleistungsunternehmen:

Die Ausführungen zeigen, dass die Anforderungen an die Sicherstellung einer hohen Servicequalität zunehmen werden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie sich Unternehmen professionell positionieren, diesen permanenten Anforderungen gerecht zu werden. Hier hat sich das so genannte „Denken in der Erfolgskette“ bewährt, das die Treiber für den Erfolg systematisch in Erfahrung bringt.

1.2 Service-Gewinn-Kette

Das Konzept der Service-Gewinn-Kette bzw. Service-Erfolgskette geht von der Grundüberlegung aus, dass es für den ökonomischen 9Erfolg unabdingbar ist, vorökonomische Größen zu managen. Die Realisierung einer bestimmten Servicequalität bewirkt bei den Kunden zunächst psychologische Wirkungen (z. B. Zufriedenheit), dann Verhaltenswirkungen (z. B. Kundenbindung) und schließlich ökonomischen Erfolg im eigenen Unternehmen. Diese Zusammenhänge sind in Schaubild 1-2 dargestellt.

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Schaubild 1-2: Service-Gewinn-Kette

Der Vorteil des Denkens und Handelns in der Erfolgskette liegt darin, dass ein Zusammenhang zwischen unternehmens- und kundenbezogenen Größen hergestellt wird. Dies ermöglicht eine simultane Analyse: Zum einen, mit welchen unternehmerischen Maßnahmen (Input) sich welche Wirkungen beim Kunden realisieren lassen und zum anderen, welche Wirkungen beim Kunden zu welchen ökonomischen Wirkungen (Output) führen.

Dem Denken in der Service-Gewinn-Kette liegen folgende Zusammenhänge zugrunde:

BEISPIEL: Systematisches Kundenmanagement bei der Lufthansa

Lufthansa arbeitet kontinuierlich an der Optimierung der Servicequalität durch Investitionen in individuelle Produkte und Innovationen sowie in die Effizienzerhöhung der Organisation, um Sicherheit, Pünktlichkeit sowie Zuverlässigkeit zu gewährleisten. Zudem führt Lufthansa weltweit kontinuierlich Befragungen durch, um die Kundenzufriedenheit im so genannten „Customer Profil Index“ zu erfassen. Das Unternehmen nutzt darüber hinaus seit 1993 das Vielfliegerprogramm Miles & More als Kundenbindungsinstrument. Seit einigen Jahren ist Lufthansa auch in sozialen Netzwerken wie Facebook und Xing aktiv und sieht darin einen wichtigen Bestandteil der Kundenkommunikation. Der ökonomische Erfolg zeigt sich in steigenden Mitgliederzahlen und an der wachsenden Zahl der Partner und Marketingkooperationen für das Sammeln und Einlösen der Meilen.

Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die in der Erfolgskette unterstellten Wirkungszusammenhänge keinen Automatismus darstellen und durch eine Nichtlinearität gekennzeichnet sind. Der Grund hierfür ist darin zu sehen, dass die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Gliedern beeinflusst werden durch Faktoren, die den (plausiblen) Ablauf in der Erfolgskette stören können. Dies bedeutet, dass Maßnahmen des Qualitätsmanagements nicht zwangsläufig zu einem gestiegenen ökonomischen Erfolg führen. Mit anderen Worten: Nicht jede qualitätsbezogene Aktivität führt zum Anstieg der Kundenzufriedenheit, nicht jede Zufriedenheitssteigerung geht einher mit einer höheren Kundenbindung und eine hohe Kundenbindung bedeutet nicht immer eine Steigerung des ökonomischen Erfolgs eines Dienstleistungsunternehmens. Die Einflussfaktoren lassen sich dahingehend differenzieren, ob sie innerhalb oder außerhalb des Einflussbereiches des Dienstleistungsunternehmens liegen. Im Folgenden wird verdeutlicht, wie die verschiedenen externen und internen Einflussfaktoren als Störfaktoren auf die Erfolgskette wirken können:

BEISPIEL: Störfaktoren der Erfolgskette in verschiedenen Branchen

Das Variety-Seeking-Motiv von Kunden spielt insbesondere auch in der Tourismusbranche eine große Rolle. Obwohl ein Kunde beispielsweise sehr zufrieden mit einem Hotel war, bucht er bei seinem nächsten Aufenthalt ein anderes Hotel. Der Grund hierfür kann der Wunsch des Kunden 13nach wechselndem Urlaubserlebnis, nach einer abwechslungsreicheren Hotelanlage oder einem anderen Freizeitprogramm sein.

Ein Kunde kann jedoch auch trotz Unzufriedenheit weiterhin an ein Unternehmen gebunden sein. So bucht zum Beispiel ein Kunde weiterhin bei einer Fluggesellschaft, obwohl er mit der Leistung nicht zufrieden ist. Ein Grund hierfür kann sein, dass die benötigte Flugverbindung nicht im Streckenangebot anderer Airlines enthalten ist.

Mitarbeiterfluktuation ist insbesondere auch ein Problem für Beratungsunternehmen und Werbeagenturen. Wechselt beispielsweise ein Mitarbeiter zu einem Konkurrenzunternehmen, so ist es möglich, dass die von ihm betreuten Kunden ebenfalls zu diesem Unternehmen wechseln.

Betrachtet man diese verschiedenen externen und internen Störfaktoren, dann wird es die zentrale Aufgabe des Unternehmens sein, diese Einflussfaktoren zu managen. Dies erfordert Steuerungssysteme (z. B. Qualitäts-, Beschwerde-, Kundenbindungsmanagement), die in der Lage sind, die Einflussfaktoren unter Kontrolle zu halten.

BEISPIEL: Steuerungssysteme bei der Deutschen Bahn

Die DB Dialog ist als Tochterunternehmen für das Beschwerdemanagement der Deutschen Bahn zuständig. Ziel ist es, die Kundenzufriedenheit schnell und unbürokratisch wiederherzustellen. Darüber hinaus werden Reklamationen und Kritik von Kunden regelmäßig und systematisch analysiert, um so Fehler- und Folgekosten zu verringern sowie Verbesserungspotenziale auszuschöpfen. Zudem betreut die DB Dialog mit der BahnCard ein wichtiges Instrument zur Kundenbindung der Deutschen Bahn.

Das Qualitätsmanagementsystem der DB International legt Zuständigkeiten fest, definiert unternehmensspezifische Abläufe und zeigt spezielle Anforderungen des Kunden zur Qualitätssicherung auf. Ebenfalls Bestandteil des Qualitätsmanagements ist die Personalplanung und -entwicklung, die Projektsteuerung und Organisationsberatung, wie beispielsweise die Analyse interner Prozesse, die Beratung zu rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die Vorbereitung von Zertifizierungen, die Prozesse optimieren und Schwachstellen aufdecken.

Trotz der Erfolgsrelevanz einer hohen Dienstleistungsqualität haben viele Dienstleistungsanbieter im Vergleich zu produzierenden Unternehmen 14vermehrt Schwierigkeiten bei der Umsetzung eines systematischen Qualitätsmanagements. Dies liegt vor allem an den folgenden besonderen Umständen, die auf die charakteristischen Merkmale von Dienstleistungsunternehmen zurückzuführen sind:

Es stellt sich heraus, dass Dienstleistungsunternehmen in Sachen Qualitätsmanagement besondere Herausforderungen zu bewältigen haben und noch einen deutlichen Nachholbedarf aufweisen. So fehlt es beispielsweise in vielen Dienstleistungsunternehmen an spezifischen Qualitätsbeauftragten. Existiert ein Qualitätsmanagement, verfügen die Mitarbeitenden selten in ausreichendem Maß über die 15notwendigen Qualifikationen, die nicht nur statistische, sondern auch methodische und soziale Fähigkeiten umfassen.

Weiterhin fehlt es dem – sofern überhaupt vorhanden – Qualitätsmanagement an Unterstützung durch das Topmanagement. Sätze wie „Qualitätsmanagement ist gut, solange es nichts kostet“ sind noch viel zu häufig anzutreffen. Viele Qualitätsoffensiven – trotz erster Anfangserfolge – kommen nicht über den Anfangsstatus hinaus und verlaufen nach einer ersten Zertifizierung häufig im Sand bzw. schaffen nicht den Sprung in institutionalisierte Bahnen bzw. Unternehmensprozesse.

Für serviceorientierte Unternehmen gilt es, im Spannungsfeld von Kosten, Zeit und Qualität den Themenkomplex Qualität aus einer isolierten Zeitpunktbetrachtung herauszulösen und zum Gegenstand eines permanenten Prozesses im Rahmen eines systematischen Qualitätsmanagements zu machen. Der Erfolg eines Serviceunternehmens hängt demnach vor allem vom Management der Erfolgskette unter Berücksichtigung möglicher Einflussfaktoren ab. Exzellente Serviceunternehmen zeichnen sich durch das Denken in der Erfolgskette aus, an deren Anfang ein professionelles Qualitätsmanagement steht. Darüber hinaus gelingt es ihnen aber auch, die externen und internen „Störfaktoren“ der Erfolgskette durch den Einsatz von Aktivitäten des Beschwerde-, Kundenbindungs- und Kundenrückgewinnungsmanagements sowie des Internen Marketing und einer integrierten Kommunikation zu kontrollieren.

Literaturhinweise

In diesem Kapitel wurden folgende Literaturquellen verarbeitet:

Bruhn, M. (2013): Handbuch Qualitätsmanagement für Dienstleistungen. Grundlagen – Konzepte – Methoden, 9. Aufl., Wiesbaden.

Buzzell, R.D./Gale, B.T.. (1989): Das PIMS-Programm. Strategien und Unternehmenserfolg, Wiesbaden.

Hansen, W./Kamiske, G.F. (2007): Qualitätsmanagement im Dienstleistungsbereich: Assessment – Sicherung – Entwicklung, 2. Aufl., Symposium Publishing.

Heskett J.L./Jones W.E./Levemann, G.W./Sasser Jr. W.E. (1994): Putting the Service-Profit Chain to Work, in: Harvard Business Review, Vol. 72, No. 2, S. 164–174.

16Meffert, H./Bruhn, M. (2013): Dienstleistungsmarketing: Grundlagen – Konzepte – Methoden, 7. Aufl., Wiesbaden.

Statistisches Bundesamt (2011): Bruttowertschöpfung nach Wirtschaftsbereichen, http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/VolkswirtschaftlicheGesamtrechnungen/Inlandsprodukt/Tabellen/Content75/BWSnachBereichen,templateId=renderPrint.psml (Zugriff am 10. 1. 2012).

Zeithaml, V.A./Bitner, M.J./Gremler, D. (2008): Services Marketing. Integrating Customer Focus Across the Firm, 5. Aufl., McGraw Hill.

Für eine vertiefende Auseinandersetzung mit dem Konzept der Erfolgskette:

Bruhn, M. (2013): Relationship Marketing – Das Management von Kundenbeziehungen, 3. Aufl., München.

172. Kapitel
 
Verständnis von Dienstleistungen und Servicequalität

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2.1 Begriff und Systematisierung von Dienstleistungen

Zur Sicherstellung von Servicequalität ist es zunächst notwendig, die Unterschiede zwischen Sachgütern und Dienstleistungen zu berücksichtigen. Schaubild 2-1 fasst die von Grönroos erfassten und am häufigsten genannten Merkmalsunterschiede von Dienstleistungen und Sachgütern zusammen.

18Sachgüter

Dienstleistungen

Tangibel

Intangibel

Homogen

Heterogen

Produktion und Distribution sind unabhängig vom Konsum

Produktion und Distribution fallen zeitlich zusammen mit dem Konsum

Gegenstand

Aktivität des Anbieters

Kernleistung wird in Fabriken produziert

Kernleistung resultiert aus Käufer-Verkäufer-Interaktionen

Kunde wird i. d. R. nicht in den Produktionsprozess eingebunden

Kunde ist in die Dienstleistungserstellung i. d. R. eingebunden

Lagerfähig

Nicht lagerfähig

Eigentumsübertragung der Leistung

Keine Eigentumsübertragung der Leistung

Schaubild 2-1: Unterschiede zwischen Dienstleistungen und Sachgütern

Bei Dienstleistungen handelt es sich also um eine andere „Qualität“ von Leistungen im Vergleich zur Sachgüterqualität. Während bei Sachgütern das Produkt im Vordergrund steht, ist es bei Dienstleistungen ein Zusammenspiel zwischen einer Produktleistung (z.B. Flug, Haarschnitt) und einer Interaktionsleistung (z.B. Bedienung, Beratung). Verfolgt man diesen Grundgedanken und geht der Frage nach, welche charakteristischen Merkmale eine Dienstleistung aufweist, so sind es vor allem die folgenden drei Merkmale:

Für Dienstleistungsanbieter besteht die Notwendigkeit zur Dokumentation der Leistungsfähigkeit bzw. Bereitschaft, die Dienstleistung zu erbringen. Dieses Merkmal resultiert aus der so genannten Potenzialorientierung von Dienstleistungen. Das bedeutet, dass die Erstellung einer Dienstleistung nur mit spezifischen Leistungsfähigkeiten wie Know-how oder physischen Fähigkeiten der Mitarbeitenden, Technologien, Räumlichkeiten usw. möglich ist. Die zentrale Konsequenz dieses Merkmals ist, dass Dienstleistungsanbieter im Vergleich zu Sachgüterproduzenten ihre Leistungspotenziale permanent aufrechterhalten müssen, um die variierende Nachfrage nach der Dienstleitung jederzeit bestmöglich ohne große Wartezeiten bedienen zu können. Am Beispiel eines Friseurs zeigt sich, dass er Dienstleistungspotenziale wie Mitarbeitende,19Frisierplätze, Handwerkzeuge wie Scheren, Geräte wie Haartrockner oder Trockenhauben usw. stets in ausreichender Menge vorzuhalten hat.

Da ein Kunde in der Regel nicht nur der Empfänger einer Dienstleistung ist, sondern auch bei der Erstellung der Dienstleistung als Produktionsressource beteiligt ist, zeichnen sich Dienstleistungen weiterhin durch die Einbringung bzw. Integration des externen Faktors aus. Zur Erstellung einer Dienstleistung ist es zwingend notwendig, den Dienstleistungskunden selbst oder ein zu ihm gehörendes Objekt (z.B. Auto, Geld) in den Erstellungsprozess einzubeziehen. Bei dieser so genannten Prozessorientierung von Dienstleistungen unterscheidet sich der externe Faktor von anderen Faktoren im Erstellungsprozess dadurch, dass der Anbieter nicht frei über ihn verfügen kann und der externe Faktor vor, während und nach dem Erstellungsprozess nicht bzw. nur bedingt in der Verfügungsgewalt des Anbieters bleibt. Aufgrund der Tatsache, dass Kunden häufig zum so genannten Co-Produzenten werden, beeinträchtigt eine unzureichende Aufgabenerfüllung seitens der Kunden (z.B. ungenügende Zahnhygiene, verspätete Abgabe des Autos zur Reparatur usw.) die Produktivität der Dienstleistungserstellung negativ, das Dienstleistungserlebnis kann dadurch verderben bzw. der Nutzen der Dienstleistung ganz ausbleiben.

Viele Dienstleistungen beinhalten wichtige tangible bzw. physische Elemente wie Hotelbetten, Restaurantspeisen, Kreditkarten oder auch Scheckbücher. Dennoch dominieren bei Dienstleistungen intangible, d. h. nicht fassbare Elemente – inklusive der Arbeit und der Expertise der Dienstleistungsmitarbeiter – bei der Wertschöpfung von Dienstleistungsunternehmen. Entsprechend sind Dienstleistungen durch das Merkmal der Immaterialität bzw. der Intangibilität gekennzeichnet. Die Immaterialität betrifft vor allem die so genannte Ergebnisorientierung von Dienstleistungen. Schaubild 2-2 zeigt ein von Shostack dargestelltes Kontinuum von verschiedenen Leistungen zur Unterscheidung von Sachgütern und Dienstleistungen, das von Leistungen, die hauptsächlich tangible Elemente aufweisen, zu Leistungen, die dominiert sind durch intangible Merkmale, reicht. Es wird deutlich, dass sich Dienstleistungen im 20Vergleich zu Sachgütern durch eine deutlich höhere Anzahl intangibler Elemente auszeichnen. Daraus folgt zum einen, dass Dienstleistungen nicht lagerfähig sind und sie sich in der Regel nicht vorproduzieren lassen. Zum anderen ergibt sich aus der Immaterialität, dass die Leistungserstellung bei den meisten Dienstleistungen mit dem Konsum der Leistung zusammenfällt (Uno- Actu-Prinzip), weshalb sich Dienstleistungen auch nicht transportieren lassen.

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Schaubild 2-2: Tangible vs. intangible Elemente von Leistungen nach Shostack

Aufgrund der konstitutiven (charakteristischen) Merkmale lassen sich Dienstleistungen auch nach den folgenden drei Dimensionen unterteilen:

  1. Potenzialdimension: Sicherstellung der Leistungsfähigkeit des Anbieters.
  2. Prozessdimension: Integration des externen Faktors im Erstellungsprozess.
  3. Ergebnisdimension: Immaterialität des Leistungsergebnisses.

21Sämtliche Dimensionen sind bei jeder Art von Dienstleistung vorhanden und daher in einer Definition von Dienstleistungen zu berücksichtigen:

Dienstleistungen

sind selbständige, marktfähige Leistungen, die mit der Bereitstellung und/oder dem Einsatz von Leistungsfähigkeiten verbunden sind (Potenzialorientierung). Interne und externe Faktoren werden im Rahmen des Leistungserstellungsprozesses kombiniert (Prozessorientierung). Die Faktorkombination des Dienstleistungsanbieters wird mit dem Ziel eingesetzt, an den externen Faktoren – Menschen oder deren Objekten – nutzenstiftende Wirkungen zu erzielen (Ergebnisorientierung).

Eine Systematisierung von Dienstleistungen stellt aufgrund des breiten Spektrums unterschiedlichster Dienstleistungen (vom Arztbesuch bis zur Zertifizierung) eine Herausforderung dar. Folglich existiert eine Vielzahl an Systematisierungsansätzen. Eine Möglichkeit zur Differenzierung verschiedener Dienstleistungstypen basiert auf der Unterscheidung von Lovelock/Wirtz nach dem Bezugsobjekt der Dienstleistung. Entsprechend lassen sich Dienstleistungen zum einen nach der Natur des Verrichtungsobjekts bzw. des externen Faktors, der im Rahmen der Dienstleistungserstellung be- bzw. verarbeitet wird, differenzieren. Dabei unterscheiden sich als externer Faktor der Mensch bzw. eine Person vom Besitz- oder Verfügungsgegenstand (z.B. Tier oder Auto). Weiterhin gilt es, Dienstleistungen hinsichtlich der Natur der Dienstleistungsaktivitäten zu differenzieren. Die Aktivitäten können entsprechend primär tangibler oder intangibler Natur sein.

Aus der Kombination beider Dimensionen lassen sich nach Lovelock/Wirtz vier generische Dienstleistungstypen ableiten (vgl. Schaubild 2-3):

  1. Personenorientierte Dienstleistungen („People-Processing“): Bei personenorientierten Dienstleistungen stehen Personen als Empfänger der eigentlichen Dienstleistung, die vorwiegend durch tangible Handlungen des Anbieters erbracht werden, im Vordergrund. Mit anderen Worten handelt es sich bei diesem Dienstleistungstyp um Dienstleistungen, die auf den physischen Dienstleistungskunden ausgerichtet sind. Klassische Beispiele sind 22Transport- oder Gesundheitsdienstleistungen. Solche Dienstleistungstypen sind in der Regel charakterisiert durch simultane Erstellungs- und Konsumprozesse.
  2. Gegenstandsorientierte Dienstleistungen („Possession-processing“): Bei Dienstleistungen dieses Typs bringt der Kunde nicht sich selbst, sondern einen Gegenstand aus seinem Besitz oder seiner Verfügungsgewalt in die Dienstleistungserstellung ein. Beispiele für solche Dienstleistungen sind Frachttransportleistungen, Reparaturleistungen oder auch die Wäschereinigung. Bei Dienstleistungen dieses Typs findet – im Gegensatz zu personenorientierten Dienstleistungen – Produktion und Konsum nicht gleichzeitig statt.
  3. Verstandesstimulierende Dienstleistungen („Mental stimulus-processing“): Dienstleistungen von diesem Typ sind auf die Stimulierung des Verstands des Dienstleistungskunden ausgerichtet. Beispiele hierfür sind Bildungsdienstleistungen, Werbung, PR-Dienstleistungen, Konzerte oder die Psychotherapie. Im Gegensatz zu den Dienstleistungen der vorangegangen zwei Typen bedarf es nicht zwangsläufig der physischen Gegenwart des Kunden während der Leistungserstellung, die Beteiligung des Dienstleistungskunden oder eines von ihm in den Dienstleistungserstellungsprozess eingebrachten Gegenstands kann auch losgelöst vom Erstellungszeitpunkt erfolgen (z.B. bei einer Aufnahme eines Konzerts oder einem Fernstudium). Weiterhin zeichnen sich solche Dienstleistungen insbesondere durch intangible Aktivitäten aus.
  4. Informationsverarbeitende Dienstleistungen („Information-processing“) sind auf die Verarbeitung intangibler Vermögensgegenstände ausgerichtet. Der häufigste Output solcher Dienstleistungen – z.B. Steuerberatung, Bankdienstleistungen, Rechtsberatung – sind Informationen. Dabei handelt es sich um die am stärksten ausgeprägte Form intangibler Dienstleistungen, die sich allerdings durch Speichermedien wie Papier, CD-ROMs usw. tangibilisieren lässt. Allerdings sind verstandesstimulierende und informationsverarbeitende Dienstleistungen nicht immer eindeutig voneinander abzugrenzen.

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Schaubild 2-3: Systematisierung von Dienstleistungen nach Lovelock/Wirtz

Grundsätzlich lassen sich funktionelle und institutionelle Dienstleistungen unterscheiden. Funktionelle Dienstleistungen stellen eine „Nebenfunktion“ für die Absatzförderung von Sachleistungen dar. Diese kommen häufig in Industriegüterunternehmen vor und umfassen Service-, Wartungs- und sonstige Leistungen, die das Kernprodukt (z.B. eine Maschine) und dessen Verkauf unterstützen. Demgegenüber bilden institutionelle Dienstleistungen die Kernleistung im eigentlichen Sinne, wie z.B. bei Banken, Restaurants usw.

Der Fokus dieses Buchs liegt primär auf Dienstleistungen im Sinne einer Kernleistung und nicht im Sinne von Zusatzdienstleistungen. Dies umfasst zum einen „reine“ Dienstleistungsanbieter wie z.B. Banken, Friseurstudios, Fitnessclubs, Gesundheitsdienstleistungen und zum anderen auch Dienstleistungen von produzierenden Unternehmen aus dem Sachgüterbereich, die ihre Zusatzdienstleistungen 24konsequent in eigenständige Kernleistungen im Sinne eines „Solution Providers“ transformiert haben. Ein bekanntes Beispiel ist das IT-Unternehmen IBM, das sich vom ursprünglichen Anbieter von Großrechnern im Laufe der Zeit zu einem Anbieter professioneller IT-Dienstleistungen entwickelt hat.

Allerdings lassen sich die in diesem Buch dargestellten Ansätze und Methoden des Qualitätsmanagements ebenfalls auf Dienstleistungen im Sinne von Zusatzdienstleistungen bzw. dem Kundenservice anwenden, um auch in diesen Bereichen die Servicequalität kontinuierlich zu steigern.

2.2 Begriff der Dienstleistungsqualität

Die Herkunft des Wortstammes von Qualität stammt aus dem Lateinischen (Qualis = Beschaffenheit; Qualitas = Verhältnis zu den Dingen). Aus der Wortherkunft lässt sich eine gewisse Ambivalenz des Begriffs erkennen. Qualis fragt nach der Art und Weise der Beschaffenheit, wohingegen Qualitas sich nicht nur auf die Beschaffenheit, sondern auch auf deren Verhältnis zu Dingen oder Prozessen bezieht und so zum Ausdruck bringt, dass sich Qualität an einem Vergleichsmaßstab misst.

Dies zeigt sich auch an der aktuellen Qualitätsdefinition in der Fachsprache des internationalen Qualitätsmanagements. In der aktuell gültigen Begriffsnorm zum Qualitätsmanagement DIN EN ISO 9000:2005–12 wird Qualität definiert als der „Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt“. Demnach misst sich die Qualität einer Leistung daran, inwieweit ihre einzelnen Merkmale die jeweiligen (Kunden-)Anforderungen erfüllen.

Eine vielseitig beachtete Unterscheidung des Qualitätsbegriffs geht auf Garvin zurück, der auf Basis einer Partialanalyse fünf Qualitätsansätze identifiziert hat. Aus den nachfolgenden Qualitätsansätzen ergeben sich unterschiedliche Interpretationen des Qualitätsbegriffs:

Letztendlich ist in der heutigen Markt- und Wettbewerbssituation der kundenorientierte Messansatz maßgebend, ergänzt um weitere spezifische Anforderungen zur Erstellung von Qualität, die insbesondere aus dem produkt-, wert- und herstellungsorientierten Ansatz resultieren.

Eine Definition des Begriffs der Dienstleistungsqualität muss allerdings weitergehenden Aspekten Rechnung tragen. Dies sind die charakteristischen Dienstleistungsmerkmale sowie die angemessene 26sowie gleichzeitige Berücksichtigung von Anforderungen an die Dienstleistungsqualität aus Kunden-, Wettbewerbs- und Unternehmenssicht:

Berücksichtigt man die drei Dimensionen von Dienstleistungen, so lässt sich Dienstleistungsqualität nach den drei Teilqualitäten Potenzial-, Prozess- und Ergebnisqualität unterscheiden:

  1. Potenzialqualität: Unter Struktur- bzw. Potenzialqualität wird vor allem die Qualität der zur Erbringung einer Leistung notwendigen Potenziale (insb. Qualifikation der Mitarbeitenden, Ausrüstung und organisatorische Bedingungen) verstanden.
  2. Prozessqualität: Die Prozessqualität entsteht unmittelbar im Leistungserstellungsprozess. Am Beispiel medizinischer Leistungen umfasst diese beispielsweise die Therapiegespräche, Wartezeiten oder auch die Qualität des eigentlichen Untersuchungsprozesses.
  3. 27Ergebnisqualität: Die Ergebnisqualität bemisst sich aus der Differenz des Ausgangszustands im Vergleich zum Eingangszustand. Am Beispiel des Patienten lässt sich die Ergebnisqualität am Gesundheitszustand des Patienten am Ende der Behandlung im Vergleich zum ursprünglichen Krankheitszustand beurteilen.

Unter angemessener Berücksichtigung der Anforderungen aus Kunden-, Wettbewerbs- und Unternehmenssicht, der konstitutiven Dienstleistungsmerkmale sowie der drei Qualitätsdimensionen lässt sich Dienstleistungsqualität wie folgt definieren:

Dienstleistungsqualität

ist die Fähigkeit eines Anbieters, die Beschaffenheit einer primär intangiblen und der Kundenbeteiligung bedürfenden Leistung gemäß den Kundenerwartungen auf einem bestimmten Anforderungsniveau zu erstellen. Sie bestimmt sich aus der Summe der Eigenschaften bzw. Merkmale der Dienstleistung, bestimmten Anforderungen gerecht zu werden.

Gemäß dieser Definition ist die Dienstleistungsqualität aus einer produkt- und einer kundenorientierten Sichtweise zu betrachten. Je nach Sichtweise existieren unterschiedliche Einflussgrößen, die die Dienstleistungsqualität prägen. Diese Einflussgrößen werden im Folgenden näher betrachtet.

2.3 Einflussfaktoren der Dienstleistungsqualität

Dienstleistungsqualität entsteht in den Köpfen der Kunden durch den Vergleich der wahrgenommenen Leistung der Dienstleistung und der Erwartungen des Kunden an die Dienstleistung. Daher wird zwischen zwei zentralen Einflussfaktoren der Dienstleistungsqualität unterschieden:

Die Erwartungen des Kunden an die Dienstleistung (Erwartungskomponente),

Die dem Kunden gelieferte Dienstleistung (Erfahrungskomponente).

28Die Dienstleistung ist häufig mit dem Kontakt und der Interaktion zwischen dem Serviceunternehmen und dem Kunden an verschiedenen Kontaktpunkten verbunden. Die Wahrnehmung dieser einzelnen Kontaktpunkte durch den Kunden führt zur Beurteilung der Servicequalität. Am Beispiel einer Flugreise treten diese Kontaktpunkte z.B. bei der Buchung des Flugtickets, beim Check-In, während des Fluges selbst und bei der Gepäckabholung am Zielort auf. Diese verschiedenen Kontaktpunkte werden von den Kunden individuell wahrgenommen und beurteilt. Positive Ereignisse im Rahmen der Leistungserstellung, wie z.B. eine besonders freundliche und zuvorkommende Bedienung während des Fluges, führen zu einer positiven Leistungswahrnehmung. Negative Erlebnisse, wie z.B. Turbulenzen während des Fluges, führen tendenziell zu einer negativen Leistungswahrnehmung durch den Kunden. Die gelieferte Leistung beeinflusst daher direkt die vom Kunden wahrgenommene Dienstleistungsqualität.

Die gelieferte Leistung ist jedoch nicht alleine verantwortlich für die wahrgenommene Dienstleistungsqualität. Die gleiche Leistung wird häufig von zwei Kunden unterschiedlich wahrgenommen und beurteilt. Diese Unterschiede sind auf die unterschiedlichen Erwartungen der Kunden an die Dienstleistung zurückzuführen. Ein Studierender, der auf Reisen häufig in günstigen Pensionen übernachtet, wird den Komfort eines 4-Sterne-Hotels vermutlich anders wahrnehmen als ein Vorstandsvorsitzender, der gewöhnlich in 5-Sterne-Hotels untergebracht ist. Der Grund für die unterschiedliche Wahrnehmung liegt in den verschiedenen Kundenerwartungen der beiden Gäste. Aufgrund seiner bisherigen Erfahrungen wird der Studierende deutlich geringere Erwartungen gegenüber der Qualität des 4-Sterne-Hotels haben. Sind die Erwartungen im Vorfeld der Leistungsinanspruchnahme wie im Beispiel des Vorstandsvorsitzenden sehr hoch, gestaltet es sich für das Unternehmen schwieriger, durch die gelieferte Leistung beim Kunden eine hohe wahrgenommene Dienstleistungsqualität zu erzielen.

Die Definition von Kundenerwartungen ist jedoch sehr komplex und nicht eindeutig. Daher lassen sich die folgenden verschiedenen Typen von Kundenerwartungen unterscheiden (vgl. Schaubild 2-4):