Haupttitel

Isabella Ackerl

Die bedeutendsten Österreicher

des 19. und 20. Jahrhunderts
marixverlag
Impressum
Editorische Notiz: Die Reihung der Biographien erfolgte chronologisch nach dem Geburtsjahrgang
 
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Lektorat: Stefanie Evita Schaefer, marixverlag GmbH und Dr. Bruno Kern, Mainz
eBook-Bearbeitung: Medienservice Feiß, Burgwitz
Gesetzt in der Palatino Ind Uni – untersteht der GPL v2
 
ISBN: 978-3-8438-0251-2
 
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Inhalt

Über den Autor

Zum Buch

Ludwig van Beethoven

Werke

Michael Thonet

Franz Schubert

Auswahlbibliographie von Schuberts Werken

Christian Doppler

Die Strauss-Dynastie

Johann Baptist Strauss Vater

Johann Baptist Strauss Sohn

Josef Strauss

Eduard Strauss

Ignaz Philipp Semmelweis

Gregor Mendel

Otto Wagner

Wichtigste Bauten in Wien

Bertha von Suttner

Sigmund Freud

Anna Freud

Auswahlbibliographie von Sigmund Freuds Werken

Auswahlbibliographie von Anna Freuds Werken

Julius Wagner-Jauregg

Carl Auer von Welsbach

Theodor Herzl

Gustav Mahler

Werke

Arthur Schnitzler

Auswahlbibliographie von Schnitzlers Werken

Prosa

Theaterstücke

Gustav Klimt

Auswahl aus Klimts Werken

Alfred Hermann Fried

Auswahlbibliographie von Frieds Schriften

Richard Adolf Zsigmondy

Werke von Zsigmondy

Karl Landsteiner

Fritz Pregl

Alfred Adler

Werke u. a.

Adolf Loos

Otto Loewi

Max Reinhardt

Hugo von Hofmannsthal

Auswahlbibliographie von Hofmannsthals Werken

Opernlibretti für Richard Strauss

Arnold Schönberg

Werke

Robert Bárány

Viktor Kaplan

Lise Meitner

Hans Moser (eigentlich Johann Julier)

Hildegard Burjan

Josef Alois Schumpeter

Auswahlbibliographie von Schumpeters Werken

Victor Franz Hess

Anton Webern

Werke

Alban Berg

Werke u. a.

Grete Wiesenthal

Oskar Kokoschka

Karl Ritter von Frisch

Auswahlbibliographie von Frischs Werken

Erwin Rudolf Josef Alexander Schrödinger

Auswahlbibliographie von Schrödingers Werken

Ludwig Wittgenstein

Egon Schiele

Werke (kursorisch)

Paul Hörbiger

Attila Hörbiger

Karl Böhm

Richard Coudenhove-Kalergi

Werke

Hans List

Friedrich August von Hayek

Auswahlbibliographie von Hayeks Werken

Wolfgang Pauli

Werke u. a.

Richard Kuhn

Sir Karl Raimund Popper

Werke

Konrad Zacharias Lorenz

Auswahlbibliographie von Lorenz’ Werken

Viktor Emil Frankl

Auswahlbibliographie von Frankls Werken

Franz König

Werke

Erwin Chargaff

Werke

Kurt Friedrich Gödel

Billy Wilder

Weitere wichtige Filme von Wilder

Herbert von Karajan

Simon Wiesenthal

Werke

Bruno Kreisky

Werke

Otto Habsburg-Lothringen

Max Ferdinand Perutz

Hermann Gmeiner

Ingeborg Bachmann

Werke

Peter Alexander

Thomas Bernhard

Auswahlbibliographie von Bernhards Werken

Josef (Joe) Zawinul

Romy Schneider

Karl Jochen Rindt

Johannes Hölzel (»Falco«)

Kontakt zum Verlag

Ludwig van Beethoven

* 17. Dezember 1770 (getauft) Bonn (Kurköln), † 26. März 1827 Wien

Klaviervirtuose und Komponist

Der »titanische« Musiker unter den drei Heroen der Wiener Klassik wurde zwar in der Kleinstadt Bonn am Rhein geboren, doch seine musikalische Heimat fand der Rheinländer in Wien und seiner Umgebung. Das Donautal bei Wien und die Landschaft der Voralpen wurden ihm für sein musikalisches Schaffen Inspirationsquelle. In Wien fand er die nötige Anerkennung und Unterstützung, die es ihm ermöglichte, mit seinen Kompositionen seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Beethovens Vorfahren waren flämischer Abkunft, die sich seit 1733 in Bonn niedergelassen hatten. Beethovens Großvater war Hofkapellmeister, sein Vater Tenor im kurfürstlichen Chor. Schon als Kind zum Wunderkind am Klavier gedrillt, bekleidete er bereits mit 14 Jahren die Stelle eines Hoforganisten. Beethovens Vater, selbst nur mittelmäßig begabt, erzog seine Kinder in unerbittlicher Strenge, die Mutter – kaum verwunderlich an der Seite des trunksüchtigen Vaters – neigte zur Schwermut. Diese familiäre Situation zwang den Heranwachsenden zu einem unbeugsamen Pflichtbewusstsein. Er erlernte neben dem Klavier noch Violine und Bratsche, mit elf Jahren begann er die Orgel zu spielen. Ein Jahr später entstanden seine ersten Klaviersonaten. Mit 14 Jahren spielte er brillant Bachs »Wohltemperiertes Klavier« und schrieb selbst meisterliche Klavierquartette.

Kaum 17-jährig kam Beethoven für fünf Wochen das erste Mal nach Wien, wo er mit seinem brillanten Klavierspiel Mozart so begeisterte, dass dieser ausrief: »Auf den gebt Acht, der wird einmal in der Welt von sich reden machen!«

Der Tod der Mutter an Schwindsucht und die Entlassung des stets betrunkenen Vaters aus dem Chor zwangen Beethoven zur eiligen Rückkehr nach Bonn. Er musste nun allein den Vater und seine beiden Brüder mit seinen Einkünften über Wasser halten.

Die familiäre Geborgenheit und Harmonie, die ihm daheim fehlte, fand Beethoven bei der Familie Breuning, die ihn unauffällig jenen gesellschaftlichen Schliff lehrte, der für eine künftige Karriere erforderlich war. Schon damals gab es romantische Jugendlieben, die aber kaum über ein gesellschaftlich gestattetes Schwärmen hinausgingen. Bei den Breunings lernte er, wie er am besten in seiner Profession zu einem anständigen Unterhalt kommen könnte.

1792 war er ein bereits anerkannter Klaviervirtuose, hatte eine Reihe von Werken komponiert und wusste inzwischen auch seine beiden Brüder versorgt. Daher entschloss er sich, Bonn zu verlassen, um nach Wien zu gehen und dort bei großen Meistern, wie Joseph Haydn, zu studieren. Er lernte bei dem damals sehr erfolgreichen Singspielkomponisten Johann Schenk, beim Meister des Kontrapunkts Johann Georg Albrechtsberger und beim Opernkomponisten und Liebling der Wiener Antonio Salieri. Sein virtuoses Klavierspiel öffnete ihm die Salons der vornehmen Häuser, seine Improvisationskunst wurde bestaunt. Ein zeitgenössischer Klaviervirtuose meinte zu ihm: »Ach, das ist kein Mensch, das ist ein Teufel: Der spielt mich und uns alle todt!«

Finanziell ging es ihm besser als manch anderem Kollegen; sein unglaublicher Fleiß füllte seinen Tag völlig mit Stundengeben, Proben, Komponieren, eifrigem Korrespondieren mit Musikverlegern und dem Bei-Laune-Halten seiner Gönner.

Beethoven fand schnell eine Reihe adeliger Gönner, u.a. Erzherzog Rudolf, den jüngsten Sohn von Kaiser Leopold II. und Kardinal-Erzbischof von Olmütz, sowie Karl Fürst Lichnowsky, Franz Joseph Max Fürst Lobkowitz und Ferdinand Fürst Kinsky. Gemeinsam konnten diese 1808 verhindern, dass Beethoven ein Angebot des Königs Jerome von Westfalen annahm; damit blieb er Wien erhalten. Sie garantierten dem Komponisten eine Pension, die ihm die finanzielle Unabhängigkeit sicherte. Er war damit der erste »freischaffende« Komponist.

Im Laufe der Jahre wurde der Komponist ein »echter Wiener«, sagte selten etwas Freundliches über die Stadt, äußerte sich eher spitz und kritisch, »grantelte« und war selten zufrieden, wofür auch seine zahlreichen Übersiedlungen Zeugnis ablegen. Trotz seiner zahlreichen Grobheiten über die Wiener Aristokraten schätzte man ihn wegen seines musikalischen Genies.

Am Beginn seiner Wiener Zeit wurde er hauptsächlich als Klaviervirtuose gefeiert. Als etwa um 1800 sein Gehör immer schlechter wurde, gab er kaum mehr Solokonzerte. Auch seine Dirigate eigener Werke gerieten mit zunehmender Taubheit zu seltsamen und nicht koordinierten wilden Bewegungsstürmen seiner Arme und Hände.

Sein schlechtes Hörvermögen veranlasste ihn 1802 im Alter von 32 Jahren (!) zur Abfassung des »Heiligenstädter Testaments« – möglicherweise war es an seine beiden Brüder gerichtet, wurde aber niemals abgeschickt –, in dem er Selbstmordgedanken niederschrieb. Es war die Musik, die ihn daran hinderte, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Er schrieb: »Ach, es dünkte mir unmöglich, die Welt eher zu verlassen, bis ich alles das hervorgebracht, wozu ich mich aufgelegt fühlte, und so fristete ich dieses elende Leben, wahrhaft elend, …« Um 1814 konnte Beethoven nicht mehr unterscheiden, ob er laut oder leise spielte; damit ging seine Pianistenlaufbahn zu Ende. Auch das Dirigieren bereitete ihm zunehmend Schwierigkeiten. Ab etwa 1818 mussten sich seine Freunde mit ihm schriftlich verständigen. Wenn er gelegentlich einen Einfall oder eine Tonfolge zu singen versuchte, artete dies oft in Gebrüll aus; angeblich hatte er damit sogar ein Ochsengespann scheuen lassen, das daraufhin wie in Panik eine Straße hinabjagte.

Als sich 1814/1815 die Mächtigen Europas beim Friedenskongress zur Neuordnung des Kontinents trafen, gehörte Beethoven zu jenen Berühmtheiten, deren Begegnung gesucht wurde. Im November 1814 dirigierte er eine Akademie im Redoutensaal, bei der die 7. Symphonie, die Schlachtenmusik »Wellingtons Sieg« und die Kantate »Der glorreiche Augenblick« zur Aufführung gelangten. Zu diesem Zeitpunkt war Beethoven, ein zutiefst überzeugter Demokrat, ja längst in das Lager der restaurativen Kräfte gewechselt. Noch um 1800 hatte er Napoleon Bonaparte bewundert und ihm seine 3. Symphonie »Eroica« gewidmet; nach der Kaiserkrönung des Korsen löschte er eigenhändig die Widmung auf der Titelseite der originalen Notenhandschrift.

Bereits im Mai 1814 hatte Beethovens Oper »Fidelio« die dritte und nunmehr erfolgreiche Aufführung im Kärntnertortheater erlebt. Sie wurde von den Zeitgenossen als »Manifest der Hoffnung auf Liebe und Freiheit« interpretiert. Weitere Opernpläne konnte der Komponist nicht realisieren.

Im Mai 1824 erlebte Beethovens 9. Symphonie ihre Uraufführung. Vorerst lehnten die Zeitgenossen das Finale, in dem er Schillers Ode an die Freude vertonte, als »geschmacklos« und »monströs« ab. Inzwischen gehört dieser letzte Satz zu den weltweit bekanntesten Musikstücken mit hochgradigen emotionalen Konnotationen. Schon früher war Beethovens Klangsprache von den Zeitgenossen nicht immer verstanden worden, was den Komponisten aber überhaupt nicht kümmerte. Er machte Musik »für eine spätere Zeit«:

Je älter und schwerhöriger er wurde, desto mehr zog er sich aus der Öffentlichkeit zurück, er wurde unordentlich, ja verwahrloste. Seine jeweiligen Wohnungen glichen einem Chaos. Misstrauisch und gewalttätig strapazierte er die Geduld seiner Freunde bis aufs Äußerste. Seine Brüder und deren Ehefrauen drangsalierte er und zog sie in jahrelange Rechtstreitereien. Seinen Neffen Karl, einen netten, aber trägen Jungen, trieb er fast in den Selbstmord.

Rätselhaft bleiben seine Beziehungen zu den Frauen. Viele verehrte er schwärmerisch, manche wollte er heiraten, wurde aber stets zurückgewiesen. Seine »unsterbliche Geliebte« konnte die Beethoven-Forschung bis heute nicht mit absoluter Sicherheit entschlüsseln.

Seine letzten beiden Lebensjahre wohnte Beethoven im Schwarzspanierhof im 9. Bezirk, der 1903 abgerissen wurde. Seine letzten Stunden verbrachte er im Kreise seiner engsten Freunde. An seiner Beisetzung nahm die gesamte kulturelle Prominenz Wiens teil, mehr als 15.000 Menschen gaben ihm das letzte Geleit auf den Währinger Ortsfriedhof. Der Schauspieler Heinrich Anschütz hielt eine von Franz Grillparzer verfasste Trauerrede. Wenige Tage später erklang zum Gedenken an den großen Tondichter Mozarts Requiem in der Augustinerkirche.

Schon bald wurde Beethoven zum Sinnbild romantischer Künstlerverehrung, zum Prototyp des einsamen Genies, dessen Leben von Leid geprägt und von dessen Überwindung überhöht wurde. Höhepunkt dieser Mythisierung ist Max Klingers Beethovenstatue, die Gustav Klimts Beethovenfries zu einem Gesamtkunstwerk umrahmen sollte.

Beethovens gewaltiges Oeuvre leitete die Wende von der Wiener Klassik zur Romantik ein. In seinen neun Symphonien führte er den klassischen Aufbau dieses Genres zu einer ersten Vollendung. Er setzte Poesie in Töne um; mit ihm, dem Bewunderer von Gottes Walten in der Natur, begann die Tondichtung.

Werke:

108 Werke mit Opuszahlen, weitere 205 ohne Opuszahlen; darunter 9 Symphonien, Solokonzerte, Kammermusik, Klaviersonaten, eine Oper, zwei Messen und ein Oratorium.

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Über den Autor

Über den Autor

Dr. Isabella Ackerl, geboren 1940 in Wien, Studium der Geschichte und Germanistik an der Universität Wien, Promotion zum Dr. phil.; seit 1971 wissenschaftliche Sekretärin der »Wissenschaftlichen Kommission des Theodor-Körner-Stiftungsfonds und des Leopold-Kunschak-Preises zur Erforschung der Geschichte der Ersten Republik«. Seit Dezember 1981 Bundespressedienst in Wien. Zahlreiche Lexikonartikel und Publikationen, u.a. bei marixwissen: Die bedeutendsten Staatsmänner; Die Staaten der Erde: Europa und Asien; Die Staaten der Erde: Afrika, Amerika und Australien; Geschichte Österreichs in Daten. Von der Urzeit bis 1804; Geschichte Österreichs in Daten. Von 1804 bis heute.

Zum Buch

Zum Buch

Sigmund Freud, Ingeborg Bachmann, Herbert von Karajan, Romy Schneider, Falco …: Das 19. und 20. Jahrhundert hat in Österreich viele bekannte Persönlichkeiten hervorgebracht, deren Bedeutung weit über die Grenzen des Landes hinausreicht. Ihr Talent war eine Bereicherung für die Kunst, ihr wissenschaftlicher Forschungsdrang half der Allgemeinheit in vielen Disziplinen, so etwa der psychologischen. Ihre Namen sind in aller Munde, ein komprimiertes Wissen über ihr Leben und Wirken fehlt jedoch zumeist. Wer waren und wie lebten die Persönlichkeiten, denen wir bedeutende künstlerische und naturwissenschaftliche Beiträge verdanken?

Der vorliegende Band stellt dem Leser diese herausragenden Menschen vor, vermittelt ihm Details zu ihrer Herkunft und ihren genauen Lebensumständen.

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Michael Thonet

* 2. Juli 1796 Boppard am Rhein, † 3. März 1871 Wien

Möbeldesigner

Michael Thonet wurde als Sohn eines Gerbers im Rheinland geboren; bereits 1819 machte er sich als Kunsttischler selbstständig. Um 1830 stellte er erste Versuche an, Möbelteile aus miteinander verleimten Furnieren herzustellen. Dabei wurde das Holz in siedendem Wasser gekocht, mit Biegeformen zur gewünschten Gestalt gebogen und anschließend getrocknet. Später verwendete er zu Bündeln verleimte Stäbe, die sich in sich verwinden ließen, wodurch er dreidimensionale Schweifungen erzielte.

Im Jahre 1841 stellte der bislang unbekannte Tischlermeister dem österreichischen Staatskanzler Clemens Fürst Metternich auf dessen Stammschloss Johannisberg bei Koblenz seine Erzeugnisse aus gebogenem Holz vor. Es handelte sich in erster Linie um Stühle und Bänke, die aus verleimten und danach durch Feuchtigkeit und Hitzeeinwirkung gebogenem Schichtholz hergestellt waren. Der als durchaus konservativ bekannte Staatskanzler erkannte den zukunftsweisenden Wert dieser Technik und lud den nicht mehr so jungen Michael Thonet ein, sich in Wien niederzulassen.

Eine Übersiedlung nach Wien wollte sich Thonet reiflich überlegen, aber er nahm Metternichs Angebot, den »Cabinettscourier« zur Gratisreise von Frankfurt nach Wien zu nutzen, gerne an. In Wien liefen allerdings die Genehmigungsverfahren für eine Niederlassung gewohnt langsam. Fast hätte ihn dieses Abenteuer schon zu Beginn seiner Karriere in den Ruin getrieben, denn seine Gläubiger ließen die in Frankfurt zwischengelagerten Möbel, die als Schaustücke für den Wiener Hof bestimmt waren, vorsorglich beschlagnahmen. Am 16. Juli 1842 erhielt Thonet schließlich ein Privilegium der k. k. Hofkammer in Wien für die industrielle Fertigung von Bugholzmöbeln. Eine Genehmigung für einen Handwerksbetrieb strebte Thonet bewusst nicht an, da er sich den für Ausländer besonders engen Zunftregeln nicht unterwerfen wollte. Seitens der Regierung wiederum bestand damals großes Interesse, ausländische Unternehmer nach Österreich zu holen, einerseits, um zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen, anderseits, um der Nachfrage der Bevölkerung nach billigeren Industrieprodukten zu entsprechen. So ließ Thonet seine ganze Familie nach Wien nachkommen – er hatte immerhin fünf Söhne –, konnte aber zunächst noch keine eigene Werkstatt eröffnen, sondern verdingte sich in der sehr renommierten Werkstatt von Carl Leistler, wo er von 1843 bis 1846 an der Erneuerung der Innenausstattung des Stadtpalais Liechtenstein in der Bankgasse mitarbeitete. Dieser Auftrag, der von dem englischen Architekten Peter Hubert Devigny geleitet wurde, stellte Thonets künstlerische Meisterschaft im Umgang mit Holz unter Beweis. Er zeichnete bei diesem Projekt für die erlesenen Parkettböden in Einlegearbeit und für fünf Stuhlmodelle verantwortlich.

1849 eröffnete Thonet eine eigene Werkstatt in der Mollardgasse in der Wiener Vorstadt Gumpendorf. Der erste große Auftrag kam vom beliebten Café Daum am Kohlmarkt, Ecke Wallnerstraße. Für Daum entwarf Thonet den Sessel Nr. 4. Schon damals zeigten sich seine unternehmerischen Qualitäten. Jeder Entwurf, der in Produktion ging, wurde archiviert, mit einer Nummer versehen und auch entsprechend beworben. Einen triumphalen Erfolg erntete Thonet auf der Londoner Weltausstellung von 1851, wo er Luxusmöbel aus Palisanderholz präsentierte.

Zwei Jahre später übergab Thonet die von ihm aufgebaute Firma an seine Söhne; »Gebrüder Thonet« wurde als Industriebetrieb protokolliert, das Grundkapital betrug 10.000 Gulden. Sein Sohn Franz übernahm den Außenhandel, Michael leitete später die mährischen Fabriken, August – dem Vater an Erfindungsreichtum am ähnlichsten – übernahm den Bereich Konstruktion und Technik, Josef leitete den Verkauf in Wien, der jüngste Sohn Jakob übernahm schließlich in späteren Jahren die gesamte Unternehmensleitung. Natürlich stellte Michael Thonet sein Wissen und seine Fähigkeiten weiter in den Dienst des Unternehmens.

1855 kamen erste Aufträge aus Südamerika, 1856 eröffnete Thonet die erste Fabrik. Bewusst wählte man eine Region, in der das hauptsächlich verwendete Holz, nämlich die Rotbuche, vorhanden war. In Koritschan in Mähren gab es nicht nur Holz in Unmengen, sondern auch handwerklich geschickte Arbeitskräfte.

Thonet und seine Söhne entwickelten nicht nur immer feinere und subtilere Formen des Holzbiegens, sondern sie konstruierten auch die entsprechenden Maschinen für die industrielle Fertigung von Massenartikeln. Im Zeitalter der Dampfmaschine bedienten sie sich dieses Hilfsmittels, um schneller und mehr produzieren zu können. Ein Kritiker meinte dazu: »He made it dirt-cheap, he made it by the million.« Im Jahr 1859 wurde der berühmte Sessel Nr. 14 kreiert – von ihm wurden bis zum Jahr 1930 etwa 50 Millionen Stück produziert. Dieser Sessel bestand aus sechs Holzteilen, zehn Schrauben und zwei Schraubenmuttern. Für den Transport konnten 36 Stück Sessel in eine Holzkiste von einem Kubikmeter verpackt werden.

Worin lag das Besondere von Thonets Entwürfen? Es war nicht nur die künstlerische Meisterschaft, das Auge für Formen und Proportionen, sondern dazu kamen zusätzlich viele praktische Erwägungen. Thonets Sessel waren leicht und wurden aus wenigen Einzelteilen verschraubt. Der Transport erfolgte in zerlegtem Zustand in eigens dafür konstruierten Behältern. Da die Sessel industriell gefertigt waren, blieben sie auch für bescheidenere Geldbörsen erschwinglich. Trotzdem waren Thonets Sessel sehr widerstandsfähig. Generationen von Kaffeehausbesuchern konnten sie nicht ruinieren. Sie waren billige Konsumware und doch von hervorragender Qualität. Ihr spezifisches Design machte sie spontan wiedererkennbar.

1861 wurde eine weitere Fabrik in Bistritz/Mähren eröffnet, vier Jahre später ein Betrieb in Groß-Ugrócz in Ungarn. Im Laufe der Jahre erwarb die Familie auch die Wälder, aus denen sie das Buchenholz bezog, und die Sägewerke zur Verarbeitung des Holzes. Die wirtschaftliche Kraft der Betriebe verlieh den Eignern auch politisches Gewicht: August Thonet war Bürgermeister von Bistritz, wenige Jahre später löste ihn sein jüngerer Bruder Jakob ab. Als Großunternehmer der Region wirkten sie auch beispielgebend mit sozialen Einrichtungen für die Arbeiterschaft. Sie errichteten Wohnhäuser und Fabrikschulen, gründeten Spar- und Konsumvereine und riefen Krankenkassen für ihre Beschäftigten ins Leben.

In den späten 1860er Jahren lief das seinerzeit gewährte Patent für das Biegen von Holz ab, die Konkurrenz drängte auf den Markt. Um Absatzmärkte vor Zollschranken zu schützen, errichteten die Thonets in der Folge Produktionsstätten in Deutschland und Russland. Der Firmengründer Michael Thonet starb am 3. März 1871 in Wien.

Der Einfallsreichtum der Gebrüder Thonet blieb noch immer unerreicht. 1898 registrierte ein Katalog den Sessel Nr. 221! Es war vor allem die Form der Vermarktung, die die Gebrüder Thonet zu den erklärten Marktführern machte. Sie eröffneten nicht nur weltweit Niederlassungen, sondern sie publizierten auch Firmenkataloge, die in einer Reihe von Fremdsprachen über die lieferbare Kollektion informierten. Um die Jahrhundertwende beschäftigte das Haus Thonet 6000 Mitarbeiter, die täglich 4000 Möbelstücke produzierten; davon gingen zwei Drittel in den Export. »Gebrüder Thonet« war damit von einer kleinen Werkstatt zu einer Weltfirma aufgestiegen.

Die Firma Thonet ging mit den künstlerischen Tendenzen der Zeit mit. Sie bot nicht nur »Selbstentworfenes«, sondern beauftragte große Designer wie Otto Wagner oder Adolf Loos mit Entwürfen. Prestigebauten wie der Hofpavillon Otto Wagners und das Café Museum von Adolf Loos wären ohne von Thonet produzierte Möbel nicht denkbar, Thonet’sche Sitzmöbel zierten das Sanatorium Purkersdorf von Josef Hoffmann und die Postsparkasse von Otto Wagner.

Die Jahre des Ersten Weltkrieges brachten den Verlust der Auslandsmärkte. 1921 wurde die Firma zwecks Kapitalaufstockung in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Mit der Konzernbildung von 1923 entstand ein Bugholzimperium mit zwanzig Fabriken und 10.000 Arbeitern. Bauhausarchitekten, der Schweizer Le Corbusier und die Designer des Werkbundes entwarfen für das Unternehmen, und 1929 begann man mit der Stahlrohrmöbelproduktion. Erwähnt sei der dynamische Entwurf eines Sessels von Marcel Breuer.

Bugholzmöbel aus der Produktion der Firma Thonet sind heute weltweit gesuchte Antiquitäten. Der Hollywood-Regisseur Billy Wilder (→ siehe dort) soll sich mit sieben Jahren in einen Schaukelstuhl verliebt haben; er brachte es zu einer Sammlung von mehr als 120 echten »Thonets«. Kaum ein Industrieprodukt des 19. Jahrhunderts hat eine derartig weite Verbreitung gefunden wie die in Millionen Stücken hergestellten Sessel des Michael Thonet.

Franz Schubert

* 31. Januar 1797 Wien, † 19. November 1828 Wien

Komponist

Schubert wurde im Haus »Zum roten Krebsen« als zwölftes Kind eines aus Mähren stammenden Schulgehilfen und späteren Schulleiters geboren. Nur fünf seiner Geschwister überlebten das Kleinkindalter. Seine Kindheit war, wie üblich im Hause eines Schulmeisters, von Musik geprägt. Mit acht Jahren begann er Geige zu spielen und konnte bald kleine Duette ausführen. Der ältere Bruder Ignaz (* 1785), der bereits den Lehrerberuf ausübte, unterwies den kleinen Franz im Klavierspiel. Michael Holzer, der Chordirigent der Lichtentaler Pfarrkirche, erteilte ihm Unterricht in Gesang, Orgelspiel und Generalbass. Sonntags sang er bei der Messe die Solosopranpartien. Außerdem wurden im Hause Schubert regelmäßig Streichquartette aufgeführt. Der Vater von Franz Schubert spielte bei diesen Aufführungen Cello, sein Sohn Franz Bratsche und die beiden Brüder Ferdinand und Ignaz die erste und zweite Geige.

1808 schickte der Vater den kleinen Franz zum Probesingen in die k. k. Hofkapelle, wo zwei Sängerknabenstellen ausgeschrieben waren. Infolge seiner schönen und gut ausgebildeten Stimme erhielt er einen Stiftungsplatz im k. k. Stadtkonvikt, das sich in einem Gebäude der alten Universität neben der Jesuitenkirche befand. Für Schubert war es eine harte und entbehrungsreiche Zeit, bei der viele Unterrichtsstunden und karge Mahlzeiten an der Tagesordnung waren. Mit seinen Konviktskameraden und späteren Freunden Josef Spaun, Albert Stadler und Anton Holzapfel besuchte er das nahe Akademische Gymnasium. Den Musikunterricht im Konvikt leitete Antonio Salieri, der auch für die Aufführungen in der Hofkapelle zuständig war. Dabei lernte Schubert vor allem die Messen von Haydn, Mozart und Albrechtsberger kennen. Außerdem spielte er im Konviktsorchester Geige. Da sein herausragendes Talent schnell erkannt wurde, erhielt er ab 1811 von Salieri auch Kompositionsunterricht. Dieser Unterricht dauerte bis 1816. In späteren Jahren schrieb er zuweilen auf seine Kompositionen Schüler Salieris.

In der Konviktszeit entstanden bereits viele kleinere Kompositionen, die anfänglich noch von seinem Lehrer geprägt waren, während Schubert später seine eine eigene musikalische Sprache entwickelte. Es waren vor allem Klavier- und Kammermusikwerke und nur vereinzelte Lieder. Auch mit der Komposition einer ersten Symphonie begann er im Konvikt. Manche dieser Werke sind leider verlorenen gegangen. Schuberts Komponierleidenschaft wirkte sich negativ auf seine Schulnoten aus, was zu Konflikten mit dem Vater führte, der ihm das Komponieren verbieten wollte. Schubert setzte seine kompositorische Tätigkeit jedoch heimlich fort und wurde dabei von seinem Freund Spaun mit Notenpapier ausgestattet. Sein Freundeskreis, der sich in den Jahren im Konvikt noch um Johann Nestroy und Joseph Rauscher, den späteren Kardinal von Wien, erweiterte, wurde für ihn lebenswichtig, denn er bot ihm die für ihn notwendige emotionale, aber auch materielle Unterstützung. So wohnte Schubert beispielsweise eine Zeitlang bei Franz Schober, dem späteren Weimarer Legationsrat und Reisebegleiter von Franz Liszt. Eine besonders enge Freundschaft verband den Komponisten mit dem romantischen Maler Moritz von Schwind. Ihm und dem Maler Leopold Kupelwieser verdanken wir großartige Bildzeugnisse aus Schuberts Leben. So manche Beziehung aus diesem Kreis ermöglichte dem Musiker Zugang in wohlhabende Häuser, wo zu seinen Ehren musikalische Zusammenkünfte, so genannte »Schubertiaden«, abgehalten wurden. Hinzu kamen Landpartien in die Umgebung Wiens, für die Schubert eigens fröhliche Tänze und Lieder für den Männerchor schrieb.

Nur in den Sommerferien war es ihm möglich, die Hofoper zu besuchen und dort Werke von Mozart, Gluck oder Cherubini kennenzulernen.

1813 verließ Schubert das Konvikt und kehrte in sein Elternhaus zurück. Nach dem Tod der Mutter hatte der Vater noch einmal geheiratet, seine Stiefmutter, die selbst noch fünf Kinder gebar, wurde den älteren Kindern eine gute Mutter. Schubert absolvierte rasch die Lehrerbildungsanstalt für Schulgehilfen und übernahm eine Klasse in der Schule des Vaters. Daneben komponierte er fleißig; seine F-Dur-Messe wurde 1814 zum 100-jährigen Jubiläum der Pfarrei Lichtental uraufgeführt. In rascher Folge schuf er die 2. und 3. Symphonie und die Zauberoper Des Teufels Lustschloß. Daneben entstanden weitere Opern wie Die Zauberharfe, Alfonso und Estrella und Der häusliche Krieg. Leider blieb Schuberts Opern der Erfolg versagt, was teils an den ungelenken Libretti, teils an der zu lyrischen Musik des Komponisten lag. Im Repertoire hat sich lediglich Rosamunde behaupten können. Eine zeitgenössische Kritik beschrieb Die Zauberharfe sogar als unsinnig und langweilig, obwohl dem jungen Komponisten Talent bescheinigt wurde.

Insgesamt schrieb Schubert sieben Symphonien, eine achte, äußerst dramatische, blieb unvollendet. Diese Partitur lag mehr als 40 Jahre im Schreibtisch seines Freundes Hüttenbrenner und wurde erst 1865 von den Wiener Philharmonikern uraufgeführt. Beispiellos und höchst virtuos in ihrer gestalterischen Kraft sind Schuberts Lieder, die für die nachkommenden Generationen zukunftsweisend wurden. Insgesamt 600 Lieder entstammen seiner Feder, vor allem die bedeutenden Zyklen Die schöne Müllerin und Die Winterreise nach Texten von Wilhelm Müller. Schuberts Gesamtwerk umfasst etwa 1000 Opuszahlen. Mit seinen Liedern war der Komponist auch bei seinen Zeitgenossen sehr erfolgreich, wie eine Besprechung der Schönen Müllerin in der Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode aus dem Jahr 1828 belegt: »Mit vieler Freude nehmen wir die Anzeige dieses schönen, interessanten Werkes vor, in dem das Genie des Tonsetzers mit wirklicher Weihe die herrlichen Lieder des edelsten Dichters zur Verklärung bringt.«

Nach drei Jahren Schuldienst hatte Schubert die Lehrtätigkeit aufgegeben. Unterstützt von seinem Freund Schober konnte er sich nun ausschließlich seinen Kompositionen widmen. Eine Position als Musiklehrer in Laibach wurde ihm verwehrt, zwei Sommer lang (1818 und 1824) unterrichtete er die beiden Töchter des Grafen Esterházy, wobei er am Sommersitz Zelesz mit ungarischer Musik in Kontakt kam. Eine regelmäßig dotierte Stelle konnte er jedoch nicht finden.

Vermutlich bereits ab 1823 ist bei ihm eine damals unheilbare venerische Krankheit ausgebrochen, von der er sich nur kurz auf einer Erholungs- und Konzertreise nach Oberösterreich, die er gemeinsam mit dem Liedersänger Johann Michael Vogl antrat, erholen konnte. Noch im März 1827 nahm er an Beethovens (→ siehe dort) Beisetzung am Währinger Ortsfriedhof teil. Im November 1828 erkrankte er an Typhus, dem sein geschwächter Körper nicht mehr standhalten konnte. Sein Freund Schwind schrieb: »[…] Schubert ist tot und mit ihm das heiterste und schönste, das wir hatten.« Er wurde auf dem Währinger Ortsfriedhof beigesetzt, sein Grabstein lag unweit der letzten Ruhestätte von Beethoven. Die Grabinschrift verfasste Franz Grillparzer: »Die Tonkunst begrub hier einen reichen Besitz, aber noch viel schönere Hoffnungen.« Erst im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts erhielt er ein Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof.

Werke u.a.:

Ca. 600 Lieder, darunter Die schöne Müllerin und Winterreise; 12 Symphonien (davon fünf unvollendet); sechs lateinische Messen; die Deutsche Messe; Kammermusik (z. B. das Forellenquintett); Klaviermusik; Bühnenwerke.

Christian Doppler

* 29. November 1803 Salzburg, † 17. März 1853 Venedig

Physiker

Der aus einer Salzburger Steinmetzfamilie stammende Christian Andreas Doppler war von zarter Statur und daher für die Arbeit im väterlichen Betrieb nicht geeignet. Sein Mathematiklehrer am Salzburger Lyzeum, Simon Stampfer, der Entdecker des Lebensrades, das als Erstes bewegte Bilder darstellen konnte, riet Dopplers Eltern für den begabten jungen Mann zu einem Physikstudium in Wien. Doppler belegte also Vorlesungen in Mathematik, Physik und Mechanik und holte daneben die Matura an einem Salzburger Gymnasium als Privatier nach.

Nach bestandener Matura ging Doppler 1829 wieder nach Wien und arbeitete vier Jahre als Assistent für höhere Mathematik am Wiener Polytechnikum. Er veröffentlichte wissenschaftliche Arbeiten, doch eine fixe Anstellung zu erhalten erwies sich als mühsam. Erst 1835 wurde er an einer Realschule in Prag angestellt. Zwei Jahre später erhielt er endlich eine Professur für Mathematik und Physik am Technischen Institut der Prager Karlsuniversität.

In dieser Zeit widmete er sich intensiv der Beobachtung der Sterne. Vor allem faszinierten ihn die unterschiedlichen Farbnuancen der Doppelsterne. Damals waren bereits mehr als 2700 Doppelsterne bekannt. Doppler entdeckte, dass fast gesetzmäßig ein Stern dem unteren Teil des Farbspektrums angehörte, während der zweite Stern dem oberen Abschnitt des Farbspektrums zuzuordnen war. 1842 erschien seine Abhandlung »Über das farbige Licht der Doppelsterne und einiger anderer Gestirne des Himmels«, die er als außerordentliches Mitglied der königlich-böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften in den Schriften dieser Gesellschaft publizierte.

Später stellte sich heraus, dass seine Beobachtung auf einer Sinnestäuschung beruhte, wofür er auch von den Astronomen heftig getadelt wurde. Doch Doppler vermutete richtig, dass seine Beobachtung auch mit Schallwellen funktionieren würde. So ist der von ihm beschriebene »Doppler-Effekt« eine bei allen Wellenvorgängen feststellbare Erscheinung, die die Frequenz beeinflusst, wenn Ausgangspunkt der Welle und Beobachter sich aufeinander zubewegen oder sich voneinander entfernen. So ist etwa zu beobachten, dass der Pfeifton einer Lokomotive beim Herannahen höher ist als bei einer sich entfernenden Lokomotive.

Dieses als Doppler-Effekt bekannte Phänomen findet vielfach in der medizinischen Technik Anwendung, vor allem beim Einsatz von Ultraschalluntersuchungen der Blutgefäße (zur Darstellung der Blutstromgeschwindigkeit). In der Astronomie wird der Doppler-Effekt zur Bewegungsmessung von Sternen eingesetzt, auch in der Luftfahrt-Navigation und bei der Geschwindigkeitsmessung bewegter Ziele wird Dopplers Entdeckung genutzt.

Nach Ausbruch der Märzrevolution 1848 zog Doppler mit seiner Familie nach Wien; 1850 erhielt er eine Berufung an das Physikalische Institut der Wiener Universität. Er war der erste Ordinarius, der Experimentalphysik lehrte. 1853 starb Doppler an einem infektiösen Lungenleiden in Venedig, wo er auf dem Friedhof San Michele beigesetzt wurde.

Dopplers Wirken wurde nach seinem Tod vielfach gewürdigt. An seinem Geburtshaus in Salzburg wurde eine Tafel angebracht, ebenso an seinem Prager Wohnhaus. In der Folge wurden zahlreiche physikalische Einrichtungen nach Doppler benannt. Weltweit gibt es eine ganze Reihe von medizinischen Instituten, die seinen Namen tragen. Im Salzburger Haus der Natur präsentiert man eine ständige Gedenkschau an den berühmten Sohn der Stadt, ja sogar ein Krater auf der Rückseite des Mondes wurde nach Doppler benannt.

Die Strauss-Dynastie

Johann Baptist Strauss Vater

* 14. März 1804 Wien, † 25. September 1849 Wien

Johann Baptist Strauss Sohn

* 25. Oktober 1825 Wien, † 3. Juni 1899 Wien

Josef Strauss

* 20. August 1827 Wien, † 22. Juli 1870 Wien

Eduard Strauss

* 15. März 1835 Wien, † 28. Dezember 1916 Wien

Dirigenten und Komponisten

Der 1804 geborene ältere Johann Strauss wuchs als Sohn eines Bierwirtes auf, der an der Schlagbrücke am Donaukanal das Gasthaus Zum guten Hirten betrieb. Er erlernte zunächst das Buchbinderhandwerk, nahm aber auch Violinunterricht und studierte Musiktheorie. Er spielte zusammen mit dem späteren Komponisten und Geiger Joseph Lanner in der Kapelle der Brüder Scholl, die sie zunächst gemeinsam übernahmen. Ab 1827 gingen beide jedoch in jeweils eigenen Kapellen getrennte Wege. Bereits im Alter von 22 Jahren war Strauss mit eigenen Kompositionen an die Öffentlichkeit getreten und zehn Jahre später erhielt er den eigens für ihn geschaffenen Titel »Hofball-Musikdirektor«.

Johann Strauss’ Ehefrau Maria Anna Streim entstammte ebenfalls einer Gastwirtsfamilie. Ihre Mutter war gebürtige Spanierin, eine Abkunft, auf die die Familie sehr stolz war und mit der man den südlichen Typus der zwei Musiker-Generationen zu erklären pflegte. 1834 mietete Johann Strauss Vater in der Leopoldstadt im »Hirschenhaus« vier Wohnungen für die Familie.

Johann Strauss Vater schuf mit seinen Walzern eine völlig neue Musik, die die Menschen faszinierte. Der 19-jährige Richard Wagner charakterisierte Johann Strauss als einen »[…] zauberische[n] Vorgeiger, […] einen Dämon des Wiener musikalischen Volksgeistes beim Beginn eines neuen Walzers«. Johann Strauss Vaters Naturell könnte man als »unbürgerlich« bezeichnen, denn er war sehr romantisch veranlagt und liebte es, zu reisen, so dass ihn seine Konzertreisen bis nach Frankreich und England führten. Sein Ruf soll sogar bis nach St. Petersburg vorgedrungen sein, wenngleich Johann Strauss die Reise nach Russland mangels Zeit nicht antreten konnte und der Zarin Alexandra Fjodorowna deshalb den Alexandra-Walzer widmete.

Vergöttert von seinem Wiener Publikum, stand der Komponist in stetem Wettbewerb mit seinem großen Konkurrenten Joseph Lanner.

Sein Familienleben war alles andere als geordnet, lebte er doch in einer Zweitfamilie mit der Modistin Emilie Trampusch. Aus dieser Beziehung stammten acht Kinder. Die Belastungen und der große Erfolgsdruck, die das unstete Musikerleben mit sich brachten, wollte Johann Strauss seinem Sohn unbedingt ersparen: »Es brauchen nur zwei Werke zu missfallen, zwei Walzer zu missglücken – gleich heißt’s: dem Strauß fällt auch nichts mehr ein!« Man könnte Johann Strauss Vater als den Begründer der gehobenen Unterhaltungsmusik bezeichnen.

Trotz Widerstand des Vaters konnte das väterliche Beispiel für seinen gleichnamigen Sohn aus der Ehe mit Maria Anna Streim nicht ohne Folgen bleiben und so überrascht es nicht, dass der talentierte Johann bereits im zarten Alter von sechs Jahren zu komponieren begann. Er schuf einen kleinen, ein wenig unbeholfen anmutenden Walzer, den er er mit Erste Gedanken betitelte. Doch sein Vater wollte, dass die Beherrschung des Klaviers und der Geige für seinen Sohn lediglich den Stellenwert des harmlosen Amüsements einnahm und Johann stattdessen »etwas Vernünftiges« studierte. Aus diesem Grund wurde er im Alter von elf Jahren zum Besuch des Schottengymnasiums genötigt, das ihm eine solide Beamtenkarriere ermöglichen sollte.

Mit 16 Jahren wurde er zum Besuch des Polytechnikums gezwungen, wo er durch sein Gesangstalent auffiel, jedoch nicht durch Lerneifer. Mit der Unterstützung von seiner Mutter, die, nachdem ihr Mann sie verlassen hatte die alleinige Entscheidungsbefugnis hatte, durfte Johann sich in der Folge dem Musikstudium widmen. Seine Mutter hegte dabei die Hoffnung, dass anstelle ihres untreuen Mannes nun ihr Sohn die Familie ernähren würde. So studierte Johann der Jüngere Violine beim Ballettkorrepetitor des Kärntnertortheaters Kehlmann und Theorie bei Josef Drechsler, Kapellmeister am Leopoldstädter Theater. Mit 19 Jahren bewarb er sich um die Lizenz zur Leitung eines Wirtshausorchesters. Nach der Anwerbung einiger Musiker und der Komposition zahlreicher Werke, wie Walzer, Quadrillen und Polkas, debütierte Johann Strauss Sohn am 15. Oktober 1844 in Dommayers Kasino in Hietzing. Für Wien war das musikalische Duell zwischen dem erfolgreichen Vater und dem hochbegabten Sohn ein höchst abwechslungsreicher Gesprächsstoff, gewährte doch die Enge der vormärzlichen Zensur nur wenig geistigen Austausch. Der Sohn erwies sich als noch temperamentvoller als der Vater und Dommayers Lokal wurde von Musikbegeisterten geradezu gestürmt. Das junge Talent wurde frenetisch gefeiert und musste seine Walzer mehrfach wiederholen, angeblich sollen es mitunter bis zu neunzehn Zugaben gewesen sein. Ein Zeitungsbericht zu Strauss Debüt lässt die Begeisterung jener Tage wiederaufleben: »Das Talent […] kann sich vererben, […]; der Junge ist ein ganz tüchtiges Direktionstalent; […], dieselbe pikante, effektvolle Instrumentation wie beim Vater […], trotzdem kein sklavischer Nachahmer..«

Der erfolgreiche Sohn verweigerte dem Vater den Eintritt in dessen Orchester, denn er wollte auf eigenen Beinen stehen. Er spielte in anderen beliebten Konzertsälen wie dem Kasino Zögernitz. 1848 unternahm er seine erste Konzertreise nach Rumänien.

Zurück in Wien, wurde er zum Vertreter der Jugend, zum Sprachrohr einer neuen liberaleren Epoche hochstilisiert. Die Titel seiner Werke aus diesen Umbruchsjahren 1848/49 lauten Freiheitslieder, Studentenmarsch und Revolutionsmarsch. Der Vater verherrlichte hingegen mit der Komposition des Radetzkymarsches, der dem bedeutenden österreichischen Heerführer Josef Wenzel Radetzky anlässlich seines Sieges über die revolutionären Truppen in Italien gewidmet war, die restaurativen Kräfte. Im selben Jahr infizierte sich Strauss Vater bei einem seiner illegitimen Kinder aus der Beziehung mit Emilie Trampusch mit Scharlach und starb nach wenigen Tagen in seinem Haus in der Kumpfgasse. Sein Begräbnis wurde eine pompöse Leichenfeier, wie sie die Wiener lieben.

Johann Strauss Sohn erlangte in der Folgezeit eine immer größere Berühmtheit. Täglich gastierte er in mehreren Tanzsälen und erwies sich dabei als genialer Komponist, der zwischen zwei Auftritten auf die Tanz- oder gar Speisekarte eine neue Walzermelodie kritzelte. Aus den Titeln seiner musikalischen Eingebungen spricht jedoch ganz der verträumt-romantische Schöngeist, denn sie vermitteln spontane Stimmungen und wurden aus der Euphorie oder Melancholie des Augenblicks geboren: Nachtfalter, Idyllen, Lavaströme, Liebeslieder. Melodisch, verzaubernd und dabei dem Dämonischen trotzdem Raum gebend: diese Musik liebten die Wiener. Poetischer, kontrastreicher und ausladender führte der Sohn auf diese Weise die Vorgaben des Vaters weiter. Seine Musik strotzte von Lebensfreude, war dynamisch und witzig. Nicht ohne Grund nannte Richard Wagner ihn den »musikalischesten Schädel Europas«.

DemoliererpolkaBürgerweisenFreut Euch des Lebens!