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Nr. 312

 

Senke der verlorenen Seelen

 

Gefangen in den Tiefschlafkammern der Technos

 

von Horst Hoffmann

 

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Sicherheitsvorkehrungen haben verhindert, dass die Erde des Jahres 2648 einem Überfall aus fremder Dimension zum Opfer gefallen ist.

Doch die Gefahr ist durch die energetische Schutzschirmglocke nur eingedämmt und nicht bereinigt worden. Der Invasor hat sich auf der Erde etabliert – als ein plötzlich wieder aufgetauchtes Stück des vor Jahrtausenden versunkenen Kontinents Atlantis.

Atlan, Lordadmiral der USO, und Razamon, der Berserker – er wurde beim letzten Auftauchen von Atlantis oder Pthor auf die Erde verbannt und durch einen »Zeitklumpen« relativ unsterblich gemacht – sind die einzigen, die den »Wölbmantel« unbeschadet durchdringen können, mit dem sich die geheimnisvollen Leiter der Invasion ihrerseits vor ungebetenen Gästen schützen.

Und so landen Atlan und Razamon an der Küste von Pthor, einer Welt der Wunder und der Schrecken. Das Ziel der beiden Männer, zu denen sich inzwischen der Fenriswolf gesellt hat, ist, die Herren der FESTUNG, die Beherrscher von Pthor, aufzuspüren und schachmatt zu setzen, auf dass der Menschheit durch die Invasion kein Schaden erwachse.

Atlans und Razamons bisherige Wege auf Pthor sind voller Schrecken und Gefahren gewesen – nun wartet eine neue Bedrohung auf sie in der SENKE DER VERLORENEN SEELEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan und Razamon – Ihr Weg führt sie in die Senke der verlorenen Seelen.

Dölbe – Ein Wesen aus der Sippe der Kröppel.

Heinzkoor und Gryp – Herren der Senke der verlorenen Seelen.

Sirkat – Ein junger Techno, der die Macht zu erringen sucht.

Prolog

 

Irgendwo im östlichen Zipfel von Pthor befand sich der Sitz der mysteriösen Herren des Gebildes, das auf seiner endlosen Reise durch die Dimensionen ein weiteres Mal die Erde heimgesucht hatte. Die FESTUNG war von der übrigen Insel vollkommen abgeschirmt. Kein normaler Pthorer hatte je einen der Herren zu Gesicht bekommen. Ebenso wenig wussten sie über die Natur der FESTUNG. Jene, die eine Schlüsselrolle auf Pthor spielten, empfingen die Anweisungen von dort über mannigfache Kanäle, die die Anonymität der Herrscher gewährleisteten.

Auf die gleiche Weise gelangten die Informationen aus allen Teilen der Insel in die FESTUNG. Meist waren es Routinemeldungen, Daten, die mit der Wanderung des Dimensionsfahrstuhls zusammenhingen. Nur selten kam es vor, dass eine Meldung derart aus dem Rahmen fiel, um die besondere Aufmerksamkeit der Herren der FESTUNG zu erregen oder sie gar in Unruhe zu versetzen.

Eine solche Meldung war vor mehr als drei Wochen aus Wolterhaven, dem Rechenzentrum Pthors, gekommen. Die Robot-Bürger hatten die Vermutung geäußert, dass möglicherweise Eindringlinge auf die Insel gelangt sein könnten. Sofort angestellte Hochrechnungen hatten diesen Verdacht bestärkt und die Herren der FESTUNG in noch größere Erregung versetzt.

Seit der Materialisation auf dieser Welt arbeiteten die Herrscher fieberhaft an einer Möglichkeit, die Schirme zu durchbrechen, die sie daran hinderten, die Apokalypse auf die Erde zu tragen. Mit jedem Tag ohne Erfolg verstärkte sich die Unruhe.

Auch der nach ein paar Tagen von Wolterhaven kommende Spruch konnte das Misstrauen der Herrscher nicht beseitigen. Die Robot-Bürger hatten darin erklärt, dass ihr Verdacht unbegründet gewesen wäre.

Die Herren der FESTUNG gaben sich damit nicht zufrieden. Sie aktivierten das Wache Auge, um Aufschluss über die Vorgänge auf Pthor zu erhalten. Darüber hinaus alarmierten sie Koy, den Trommler.

Der Trommler empfing den Befehl und brach von Aghmonth im äußersten Osten der Insel auf, um die Jagd auf die eventuell anwesenden Fremden zu eröffnen. Koy, der Trommler, hatte noch jedes Mal sein Opfer gefunden und gestellt.

Die Herren der FESTUNG wandten sich wieder der eigentlichen Aufgabe zu. In der Ebene Kalmlech warteten die Horden der Nacht ungeduldig darauf, sich endlich über die Welt jenseits der Energiebarriere ergießen zu können.

1.

 

Der Angriff kam völlig überraschend und vermittelte mir einen Vorgeschmack auf das, was uns auf dem Weg zum Taamberg erwarten würde. Gleichzeitig geschah etwas, das meine düsteren Vorahnungen noch verstärkte.

Ich stand über die hölzerne Reling der DEEHDRA gelehnt und versuchte, in der einsetzenden Dunkelheit etwas vor uns auszumachen.

Wenn uns hier auf dem See Gefahr drohte, dann rechnete ich mit einem Angriff aus dem Wasser.

Als ich die schweren Flügelschläge hörte, war es bereits zu spät. Noch während ich herumwirbelte, fühlte ich mich am Kragen der kombinierten Leder-Pelz-Bekleidung gepackt und verlor den Boden unter den Füßen. Ich griff instinktiv zum Messer, der einzigen Waffe, die uns nach dem Verlust der Skerzaals noch geblieben war, und hieb blindlings auf das ein, was mich hochzuziehen versuchte. Ein Blick nach oben zeigte in dem schwachen Licht der Dämmerung nur ein paar riesige Lederschwingen.

Ich traf einen der beiden Krallenfüße. Ein schrilles Pfeifen und ein Schlag des mächtigen Schnabels der Riesenfledermaus war die Antwort.

»Razamon!«, schrie ich halbbetäubt. Der Atlanter befand sich mit Fenrir in dem hüttenartigen Aufbau der Dschunke, um nach Nahrungsmitteln, Trinkwasser und Waffen zu suchen.

Ich erhielt keine Antwort. Dafür tauchte vor mir ein zweites Monstrum auf. Die Fledermaus hatte eine Spannweite von mindestens drei Metern und krallte ihre Klauen in meine Hüfte. Ein neuer Schlag mit dem Rachen des ersten Angreifers traf meine Hand. Ich schrie auf und ließ das Messer fallen. Immerhin hatte ich wieder Boden unter den Füßen. Ich musste das Biest also empfindlich getroffen haben.

»Razamon!«

Wieder keine Antwort. Ein paar schnelle Flügelschläge des Monstrums in meiner Hüfte ließen mich taumeln. Ich krachte der Länge nach auf das Deck und hielt beide Hände schützend vor das Gesicht, um den Hieben der Tiere zu entgehen.

Ich war ohne Waffe. Wo blieb der Atlanter?

Meine Hände wurden von drei schnellen Schlägen der riesigen Schnäbel getroffen und bluteten heftig. Allein hatte ich keine Chance. Wenn ich einen der Angreifer packen wollte, entblößte ich das Gesicht.

Plötzlich prallte noch etwas anderes auf uns. Der Fenriswolf!

Ich spürte, wie eines der Biester von mir abließ. Als das andere wieder zuschlug, packte ich seinen Hals. Ich kam auf die Beine. Aus den Augenwinkeln beobachtete ich, wie Fenrir seinen Gegner an der Gurgel hatte.

Irgendwie bekam ich das Messer wieder in die Hand. Mit ein paar kräftigen Hieben gelang es mir, die Riesenfledermaus zu erledigen. Ich kam keuchend auf die Beine und sah mich nach Fenrir um. Er hatte blutende Wunden an der Seite, die ihm die Krallen des Monstrums geschlagen hatten, das jetzt um sein Leben kämpfte. Ich sprang hinzu und machte der Bestie ein Ende. Fenrir hatte nicht allzu viel abbekommen. Seine Wunden waren nicht weiter schlimm.

Mein Blick suchte die Luft ab. Vorläufig schienen keine weiteren Tiere in der Nähe zu sein.

»Wo ist Razamon?«, fragte ich. Fenrir hob seinen mächtigen Wolfsschädel und begann leise zu knurren. Ich starrte ins Halbdunkel des Hütteneingangs, konnte aber nichts erkennen.

Plötzlich hörte ich ein lautes Poltern, das aus dem Schiffsinnern zu kommen schien. Dann erklang ein markerschütterndes Ächzen, gleich darauf Splittern von Holz.

Fenrir fletschte die Zähne. Sein Körper spannte sich, während seine Augen gebannt am Eingang des Aufbaus hingen.

Ich wusste, was los war.

Razamon hatte einen seiner furchtbaren Anfälle. Ich hatte gelernt, dass es besser war, ihn in solchen Augenblicken allein zu lassen. Niemand konnte ihm helfen. Obwohl wir nun schon seit Wochen zusammen dieses unfassbare Land durchquerten und dabei vielen Gefahren hatten trotzen können, kannte ich den Gefährten immer noch zu wenig.

Wieder erklang das Stöhnen, und bevor ich ihn daran hindern konnte, sprang Fenrir auf und verschwand im Eingang der Hütte. Ich zögerte keine Sekunde, obwohl ich noch schwach auf den Beinen war. Fenrirs Verhalten hatte mich alarmiert.

Der hüttenartige Aufbau hatte eine rechteckige Grundfläche von etwa acht mal sechs Metern. Ich hatte mich kaum darin umgesehen, das hatte ich Razamon überlassen. Wichtiger war, die DEEHDRA zu manövrieren.

Überall standen große Kisten herum. Einige von ihnen waren umgestoßen worden, und ich musste klettern. Ich rief nach dem Fenriswolf, erhielt aber keine Antwort. Plötzlich war alles totenstill.

Meine Augen gewöhnten sich langsam an das Dunkel. Von irgendwoher kam ein schwaches Licht.

Ich entdeckte die Luke erst, als ich über den Stapel umgestürzter Kisten gestiegen war. Sie musste von ihnen blockiert gewesen sein. Offenbar hatte Razamon sie freigelegt. Sie führte in den eigentlichen Schiffskörper hinein und war gerade groß genug für einen ausgewachsenen Mann. Das Licht kam von unten.

Ich zögerte. Ich hatte Razamons Anfälle oft genug erlebt, um zu wissen, wozu er fähig war. Wenn es über ihn kam, kannte er sich selbst nicht mehr. Das ganze wilde Erbe seiner Vorfahren brach dann in ihm durch.

Aber dann hörte ich das leise Wimmern, in das sich Fenrirs Winseln mischte. Ich ignorierte die Warnungen des Extrasinns, der mich zurückhalten wollte, und stieg über morsche Holzstufen in den Schiffsleib. Ich befand mich in einem Gang, der gerade hoch genug für mich war. Zu beiden Seiten waren Türen.

Das Licht kam von vorne, wo der Gang vor zwei flachen Stufen endete. Ich schlich vorsichtig weiter und erreichte eine Art Kombüse. Die Tür war gewaltsam aus der Verankerung gerissen worden.

Es war ein gespenstisches Bild. Im flackernden Lichtschein eines Talglichts sah ich umgestürzte Tische, Stühle und Vorratskisten, aus denen unbekannte Früchte auf den Holzboden gerollt waren. Hier hatte ein Berserker gewütet.

Aus den Augenwinkeln nahm ich eine Bewegung wahr. Fenrir stand im offenen Eingang zu einem weiteren Raum und sah mich an. Ich kannte diesen Blick.

Wieder meldete sich mein Extrasinn, diesmal stärker. Es war unverantwortlich, das Deck zu verlassen.

»Razamon!«

Ich hatte keine Antwort erwartet. Trotzdem fühlte ich das Unbehagen förmlich meinen Rücken hinaufkriechen. Den Angriff der Fledermäuse hatte ich längst vergessen. Das war eine greifbare Bedrohung gewesen. Dies hier war etwas völlig anderes.

Ich gab mir einen Ruck und trat über die kleine Schwelle. Wie erwartet, fand ich mich in einem Vorratsraum wieder. Große Kisten waren bis an die Decke gestapelt. Zwei Talglichter erhellten den Raum.

Zwischen zwei aufgebrochenen Kisten lag der Atlanter. Razamon befand sich zitternd, alle viere von sich gestreckt, am Boden und starrte mich an. Ich wollte mich über ihn bücken, um ihm zu helfen, als Fenrir mich am Ärmel packte und zurückhielt.

Die Augen des Gefährten waren fast aus den Höhlen getreten. Vor seinem Mund stand Schaum.

Lass ihn! Du kannst ihm nicht helfen!

Für einen Moment war ich hilflos. Was ging mit Razamon vor? War es die Nähe seiner ehemaligen Heimat am Fuß des Taambergs? Brach das böse Erbe in dem Pthorer durch?

Fenrir zerrte mich zurück in die Kombüse. Ich sah noch das schmerzverzerrte Gesicht Razamons, dann drehte ich mich um.

Im gleichen Augenblick wurde ich zur Seite geschleudert. Fenrir stieß ein wütendes Heulen aus. Wieder fuhr ein Ruck durch das Schiff. Irgend etwas rammte die Dschunke.

Ich vergaß Razamon und stürmte in den Gang.

 

*

 

Wazraal fühlte sich erleichtert. Er wusste, dass er das Monstrum an der Oberfläche mit seinen Stößen nicht besiegen konnte. Trotzdem musste er von Zeit zu Zeit seinen Hass entladen.

Wazraal tauchte und wartete auf seine Chance.

Das hölzerne Monstrum trieb weiter auf den Rand des Sees zu. Bald würde es die flacheren Zonen erreichen. Wazraal musste warten, er zwang sich zur Besonnenheit.

Es war nicht leicht, den lodernden Hass auf die Wesen zu unterdrücken, die seine Gefährtin gemordet hatten. Er würde sie verfolgen und die tote Gefährtin rächen. Dann würde Wazraal selbst sterben.

 

*

 

Der Spuk war so schnell vorbei, wie er gekommen war. Das Deck war leer, und auf der Seeoberfläche war außer den hochspringenden Fischen nichts zu sehen.

Es war jetzt dunkel. Die DEEHDRA war von Nebelbänken umgeben. Ich holte das Segel ein. Zwar ging nur ein schwacher Wind, aber ich hatte keine Lust, während der Nacht zu nahe an die Flussmündung zu geraten. Wie nahe wir schon waren, hatte das Auftauchen der Fledermäuse gezeigt.

Nach einer halben Stunde hatte ich die Dschunke unter Kontrolle. Sie stand jetzt regungslos im See. Vielleicht konnte ich ein paar Stunden schlafen. An die Rammstöße dachte ich nicht mehr. Irgendeine Kreatur, die das Gift im See verrückt gemacht hatte.

Plötzlich stand Razamon neben mir.

»Wir haben Glück gehabt«, sagte der Atlanter übergangslos und reichte mir eine melonenähnliche Frucht.

Ich nahm sie und musterte ihn unauffällig. Razamon wirkte völlig normal, als habe er nie einen Anfall gehabt.

»Was hast du unten gefunden?«

»Genug Nahrung für Wochen, außerdem Stoffe für uns und einen saftigen Braten für Fenrir.«

»Stoffe?«

»Ganze Gewänder.«

Ich sah an mir herab. Wir hatten wirklich neue Bekleidung nötig. Wir trugen nur noch Fetzen am Leib.

Razamon schien erst jetzt meine Schrammen zu bemerken. Auf seine entsprechende Frage hin zeigte ich ihm die beiden Riesenfledermäuse, die ich in einer Ecke hinter dem Steuer verstaut hatte. Er betrachtete sie lange, sagte aber nichts.

Wir warfen die Tiere über Bord. Sie waren kaum im Wasser, als sich die Fische auch schon um die Beute rissen.

Die Furcht hatte mich hungrig gemacht.

»Gehen wir hinein«, sagte ich und zeigte auf die Hütte. »Vor dem Morgen können wir nichts mehr tun.«

Razamon nickte. Er führte mich zur Luke und in den Gang hinab. Je länger ich ihn beobachtete, desto sicherer wurde ich, dass er überzeugt davon war, mir etwas Neues zu zeigen.

Sämtliche umgestürzten Kisten waren wieder an ihrem Platz und sauber gestapelt. Wir aßen Früchte und getrocknetes Brot. Fenrir hockte auf dem Kombüsenboden und verspeiste die Reste eines großen Vogels, der wie ein Schwan aussah.

Danach zeigte Razamon mir in einem kleinen Lagerraum einige Truhen mit Kleidern und Schmuck. Die früheren Besitzer der Dschunke mussten wahre Schätze transportiert haben.

Uns genügten die Kleider. Sie waren aus Leinen und bunt. Außerdem fanden wir neue Schnürstiefel und breite Ledergürtel. Völlig neu eingekleidet verließen wir nach einer halben Stunde den Raum.

Wir hatten ein Schiff, Kleider und Nahrung. Was wir nicht fanden, waren Waffen, und, was noch wichtiger gewesen wäre, Wasser.

Razamon zeigte mir die Räume neben der Kombüse. Er hatte sich überall umgesehen. Schließlich beschlossen wir, bis zur Morgendämmerung zu schlafen. Fenrir hielt Wache.

Der Atlanter schlief bereits, als ich mich noch mit den bohrenden Fragen herumschlug. Razamon wirkte vollkommen unbefangen, für meine Begriffe zu gelöst. Irgend etwas ging in ihm vor, und ich hatte keine Ahnung, was es war.

Außer der erzwungen wirkenden Ruhe war es noch etwas, das mich stutzig gemacht hatte.

Razamon hatte mir alle Räume gezeigt – mit Ausnahme von einem. Es war mir nicht entgangen, wie geschickt er von der Tür abgelenkt hatte.

2.

 

Als ich aufwachte, war es draußen schon hell. Das Licht fiel durch winzige Luken in der Schiffswand, die mir vorher nicht aufgefallen waren.

Razamon war nicht mehr an seinem Lager.

Ich sah mich kurz um. Wir hatten uns als Quartier einen der Mannschaftsräume ausgesucht, der ebenfalls mit allerlei Kisten vollgestopft war. Gorzohn und seine Kumpane mussten wirklich ein kleines Vermögen geladen haben. Ich konnte noch nicht ahnen, dass der wirkliche Schatz der Pthorer, die dem tückischen Gift des Sees zum Opfer gefallen waren, ganz anderer Natur war.

Die DEEHDRA schlingerte leicht. Ich stand auf und machte mich in der Kombüse frisch, soweit es die Umstände zuließen. Dann stieg ich an Deck.

Razamon stand am Steuer und wandte mir den Rücken zu. Er hatte wie ich neue Kleider an, deren kunstvoll eingestickte Muster ich erst jetzt bei Licht erkannte.

»Morgen!«, brummte ich, als ich neben den Atlanter trat.

Razamon nickte mir zu. Er wirkte frisch und tatendurstig.

»Dort vorne«, sagte er nur und streckte die Hand aus. Jetzt konnte ich den Uferstreifen sehen. Und genau vor uns lag das Mündungsdelta des Regenflusses.

Ich stieß eine Verwünschung aus, als ich die Klippen sah. Es würde nicht leicht sein, die Dschunke in den Fluss zu steuern.

Razamon hatte das Segel am Heck der DEEHDRA aufgezogen. Der Mechanismus war nicht kompliziert. Der Wind war etwas stärker geworden und trieb uns auf das Delta zu.

Mir imponierte, wie der Atlanter die Dschunke sicher steuerte. Trotzdem nahm ich mir vor, wachsam zu sein. Razamons und meine Ziele waren größtenteils identisch. Uns beiden ging es darum, einen Weg zu den mysteriösen Herren dieser Welt zu finden. Nur so bestand eine Chance, das Unheil von der Erde abzuwenden. Ich hatte immer weniger Hoffnung auf Hilfe von außen.

Mit jedem Tag wurde mir klarer, dass wir auf uns selbst gestellt waren. Aber bisher war es nicht einmal gelungen, auch nur das geringste über die Drahtzieher zu erfahren. Sie waren von einer undurchdringlichen Mauer des Schweigens und der panischen Furcht umgeben.