Bibliothek der Rätsel
Band 2

 

Michael Schneider

Nessie
Geheimnisvolles Wesen
in den Tiefen von Loch Ness

 

 

 

 

 

Twilight-Line Verlag GbR
Obertor 4
98634 Wasungen
Deutschland

www.twilightline.com
www.buch-wasungen.de

1. Auflage, Februar 2015

© 2015 Twilight-Line Verlag GbR
Alle Rechte vorbehalten.

 

 

 

 

 

 

 

 

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Einleitung

 

Werte Leserinnen und Leser,

Schottland ist ein faszinierendes Land, nicht nur als Teil von Großbritannien und seine bewegte Geschichte, sondern auch durch seine karge und dennoch faszinierende Landschaft, seine Menschen und vor allem durch seinen Reichtum an Mythen und Legenden. Betrachtet man das raue Land, so wird man sich bewusst, dass es dort mehr Dinge gibt, als es auf den ersten Blick zu sein scheint.

Überall trifft man auf Erzählungen und Legenden über Geister, Dämonen, Kobolde, Riesen und manigfaltige Seeungeheuer, die in den Seen und vor der Küste im Meer der Nordsee und des Nordatlantiks ihr Unwesen treiben. Egal wohin man schaut, überall gibt es Mythen und Berichte über Erscheinungen und geheimnisvolle Wesen.

Kaum ein Ort, an dem es nicht die eine oder andere Geschichte über unheimliche Begegnungen und mysteriöse Wesen gibt. Und gerade dieser Reichtum an Mysterien, Folklore und bewegter Geschichte zieht mich als Suchenden auf der Spur von Geheimnissen, Rätseln und Mysterien immer wieder in seinen Bann. Ich war in den vergangenen fünfundzwanzig Jahren etliche Male in Schottland unterwegs, und auf jeder Tour entdeckt man weitere faszinierende Details und neue Rätsel, die es zu klären gilt oder eben in Erstaunen versetzen.

Dabei führte mich mein besonderes Interesse an der Studie der vor dem Menschen verborgen existierenden Tiere, die Suchmethodik der Kryptozoologie, immer wieder in dieses faszinierende Land. Auf den Spuren von geheimnisvollen Wesen, die in Schottland immer wieder auftauchen. Seien es nun fremde Raubkatzen, die dort natürlich gar nicht vorkommen sollten und dennoch immer wieder gesehen werden, bis hin zum Reichtum der Ungeheuer, die in fast jedem Gewässer zu finden sein sollen. Und natürlich jenes Wesen, das sein Unwesen im Loch Ness, dem wohl berühmtesten See in Schottland treiben soll und seit Generationen auf der ganzen Welt bekannt ist. Nessie, wie dieses Untier liebevoll genannt wird, angelehnt an den Namen des Sees, war und ist für viele Menschen ein Wahrzeichen Schottlands. Und Nessie dient für viele interessierte Menschen nach wie vor als Einstieg in die faszinierende Welt der Kryptozoologie und deren fantastische Wesen.

Dies beruht vor allem darauf, dass es seit den 1930er Jahren abertausende Augenzeugen gibt, die etwas im kalten und tiefen Wasser des Sees gesehen haben wollen. Und an einer Vielzahl an Fotografien und Filmaufnahmen, die auf den ersten Blick etwas Ungewöhnliches im See zeigen, was man als Tier oder Ungeheuer interpretieren kann. Hinzu kommen die gute Erreichbarkeit des Sees mit der Uferstraße, die an vielen Stellen einen Blick über die ganze Breite des Sees zulässt, und natürlich die Erreichbarkeit des Sees, der über einen Wanderweg oder per Bus von Inverness aus erkundet werden kann.

Auf den kommenden Seiten werden wir uns ein wenig mit dem See selbst, seinem unheimlichen Bewohner Nessie und dessen Geschichte befassen.

 

Loch Ness

 

Loch Ness (schottisch-gälisch1 Loch Nis) ist ein Süßwassersee im schottischen Hochland. Der See befindet in der Council Area Highland, etwa zehn Kilometer südwestlich der Stadt Inverness gelegen, und bildet einen Abschnitt des 1803 bis 1822 erbauten Kaledonischen Kanals (Caledonian Canal), der durch den See von der Nordsee zum Atlantik verläuft und somit eine schiffbare Passage durch das Land bietet. Dieser wurde als Verbindungsweg zwischen der Atlantikküste und der Nordseeküste gebaut, um kürzere Transportzeiten für Industriegüter zu erreichen und die Unwetter auf der See im Norden von Schottland zu umgehen. Für den Bau des Kanals wurde der Wasserstand im See um etwa drei Meter künstlich angehoben, wodurch sich auch Länge und Breite des Sees vergrößerten.

Aber nicht nur dies macht den See zu einer Besonderheit. Schon seine ungewöhnliche Form für einen See ist auffällig. Im Schnitt ist der See nur etwa eineinhalb Kilometer breit, besitzt dafür aber eine Länge von rund siebunddreißig Kilometer. Für einen See seiner Breite ist Loch Ness zudem ungewöhnlich tief. An den meisten Stellen fallen die Wände in einem Winkel von 75° steil ab, wobei die durchschnittliche Tiefe des Sees bei rund 132 Meter liegt, die tiefsten Stellen im See erreichen sogar Tiefen um 230 Meter. Bedingt durch seine Form ist der See ein gewaltiger Wasserspeicher, der etwa 7,4 Kubikkilometer an Volumen besitzt. Damit ist Loch Ness der wasserreichste See in ganz Großbritannien.

Seine Formgebung verdankt der See seinem geologischen Umfeld. Loch Ness liegt im Great Glen, einer tektonischen Verwerfungslinie, die sich einmal quer durch das schottische Hochland wie ein tiefer Schnitt zieht. Das Great Glen („Großes Tal“ von schottisch-gälisch gleann mòr), auch Glen More genannt, ist eine tektonische Verwerfung, die mitten durch Schottland verläuft und das schottische Hochland in die Grampian Mountains und die Northwest Highlands unterteilt. Die Verwerfung ist seismisch aktiv und Ausgangspunkt mehrerer Erdbeben der Stufe 4 auf der Richterskala.

Der überwiegende Teil des Great Glen ist von drei langgestreckten Seen bedeckt. Im Westen von Loch Lochy, in der Mitte Loch Oich und östlich davon Loch Ness. Die Wasserscheide befindet sich zwischen Loch Lochy und Loch Oich. Loch Oich mündet durch den River Oich in Loch Ness, der wiederum durch den River Ness mit der östlichen Meeresbucht Moray Firth verbunden ist. An seiner Mündung liegt Inverness, die Hauptstadt des Verwaltungsbezirks Highland. Das Wasser von Loch Lochy fließt hingegen in westlicher Richtung und mündet bei Fort William in den Meeresarm Loch Linnhe.

Während der letzten Eiszeit war das Great Glen mit gewaltigen Gletschern gefüllt. Gegen Ende der Eiszeit vor etwa 12.000 Jahren war Loch Ness vermutlich noch eine Meeresbucht. Als sich das vom Gletschereis befreite Land bei Inverness hob, wurde der Zugang zum Meer abgeschnitten.

Heute wird der See durch eine Reihe von Zuflüssen mit Wasser gespeist, wie dem River Oich, vom Loch Oich kommend, den Flüssen Foyers, Moriston, Enrick und dem River Farigaig. Als Abfluss zum Meer verlässt der River Ness den See in Richtung Inverness.

Das Wasser des Sees ist relativ kalt, besitzt aber wegen seines Volumens eine Temperatur, die sich auch während der wechselnden Jahreszeiten nur gering ändert. Diese liegt bei 7° Celsius und schwank nur unwesentlich. Während die Temperatur im Sommer recht kühl erscheint, sorgt diese während der Wintermonate jedoch ebenso dafür, dass der See auch im Winter nicht zufriert, da die Wassertemperatur höher als die Umgebungstemperatur liegt.

Durch seine vielen Zuflüsse ist das Wasser im See leicht trübe und dunkel, aber auch sehr Sauerstoffreich, was ideale Bedingungen für einen großen Fischbestand im See bietet. Loch Ness ist eines der fischreichsten Gewässer Großbritanniens. Im See leben unter anderem Lachse, Aale, Elritzen, Forellen, Hechte und Stichlinge. Wie Loch Oich und Loch Lochy dient Loch Ness aus dem Meer eingewanderten Atlantischen Lachsen im Herbst als Laichgrund. Seltener sind auch Störe im Gewässer zu finden. Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts wurden zudem Flusswelse angesiedelt, um diese wirtschaftlich nutzen zu können. So ist es nicht verwunderlich, dass auf dem See Fischfang betrieben wird.

Gerade was die Lebensbedingungen für Fische anbetrifft, zeigt der See seine freundlichen Bedingungen immer wieder, wenn kapitale Fische aus dem See geangelt werden.

So wurden1982 im Loch Ness in etwa 220 Meter Tiefe drei Atlantische Lachse gefangen – was einen Tiefenrekord in britischen Süßwasserseen darstellt. Und im Jahr 2000 gelang der Rekordfang einer 7,5 Kilogramm schweren Forelle.

Aus der Nordsee sind selten auch weitere Gäste im Loch Ness zu finden. So wurden bereits Seehunde im Loch Ness beobachtet, die vor allem zur Laichzeit der Lachse den Fischen aus dem Meer folgend in den See schwimmen. Schließlich ist der Weg durch den River Ness nicht allzu lang, auch wenn der breite Fluss selbst mitten durch die Stadt Inverness verläuft.

Selbst Schweinswale wurden bereits als seltene Gäste im Loch Ness gesichtet, auch wenn diese Gäste eine wahre Rarität im See darstellen und nur sehr selten eines oder mehrere Exemplare den Fluss hinaufschwimmen. Gelegentlich wird sogar berichtet, dass Schweinswale den gesamten Kaledonischen Kanal durchqueren, um von der Nordsee in den Atlantik und umgekehrt zu wandern.

Der britische Zoologe, Extremangler und TV-Moderator Jeremy Wade besitzt einen Abschluss in Zoologie der Universität Bristol und studierte Biologie als Lehramt an der University of Kent. Bekannt wurde Wade mit der TV-Serie Fluss-Monster. Dabei verfolgt er Mythen und Geschichten über Todesfälle in Zusammenhang mit Attacken von Fischen, um sie wissenschaftlich zu überprüfen. Ziel ist es meistens, die Fische als Beweis zu fangen. In einer Sendung über das Ungeheuer vom Loch Ness stellte dieser die Vermutung auf, dass hin und wieder Grönlandhaie (Somniosus microcephalus) in den See vordringen und als mögliche Quelle für Sichtungen dienen könnten. Grönlandhaie sind rund um die britischen Inseln zu finden und es gibt weitere Hinweise darauf, dass diese gelegentlich auch in Flussmündungen zu finden sind.

 

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Blick über Loch Ness vom Parkplatz am Urquhart Castle

 

Die Legende vom Monster

 

Die eigentliche Legende des Ungeheuers in den Tiefen des Loch Ness begann genau genommen erst im Jahre 1933, nachdem sich die Geschichte durch die Presse verteilte und ein globales Phänomen wurde. Nach diesem epochalen Ereignis, von dem das Tourismusgeschäft rund um den See noch heute profitiert, stiegen die Meldungen über Sichtungen im See spontan an. Nach diesem Zeitpunkt begann etwas außergewöhnliches, was mitunter auch mit der gut erreichbaren Lage des Sees zu tun hatte, denn der See zog unzählige interessierte Besuchern an den See, ein wahrer Monstertourismus begann. Wäre es bei einer oder wenigen Meldungen über Sichtungen geblieben, hätte sich der ganze Trubel um das Wesen in den Tiefen des Sees vermutlich nach einigen Wochen wieder gelegt und die Geschichte wäre, wie viele andere Geschichten auch, recht bald wieder in Vergessenheit geraten. Interessanterweise war aber genau das Gegenteil der Fall, denn je mehr Menschen den See besuchten, desto mehr wollten etwas im See erblickt haben, was wieder durch die Presse verteilt wurde und ein Medienereignis nach dem Nächsten lockte immer mehr Besucher an den See, die wiederrum etwas für sie unerklärliches gesehen haben wollen. Ein Kreislauf, der bis heute anhält.

Dabei war Loch Ness vor diesem Zeitpunkt selbst bei den Einheimischen kaum als Monstergewässer bekannt. Vielmehr war es so, dass hin und wieder einmal etwas Ungewöhnliches auf oder im See entdeckt wurde, aber für die einheimische Bevölkerung rund um Loch Ness war dies zu früheren Zeiten nichts Bewegendes. Schließlich gehörten mystische Wesen schon von jeher zur keltischen und somit auch schottischen Folklore.

In der Folklore des Landes indes gab es an vielen Seen seltsame Dinge zu finden, die Menschen erzählten sich Geschichten über solche Ereignisse, aber diese Geschichten gehören, wie in jedem anderen Volk auf der ganzen Welt, zur eigenen Kulturgeschichte dazu. Zeitungen nahmen, wenn überhaupt, von solchen Geschichten nur am Rande einmal Notiz und auch bei den Anwohnern rund um das Gewässer galten diese als mystische Begebenheiten, die man sich am Abend am Feuer erzählte, oder um Kinder zu schrecken.

Bezogen auf Loch Ness gab es vor dem Jahre 1933 keine aufgezeichneten Massensichtungen, die nicht dem Muster der mythischen Erzählungen entsprachen.

Nur einmal als Vergleich. Sie als Leser haben sicher auch schon die eine oder andere Geschichte über Spukorte oder geheimnisvolle Geschichten über Orte in Ihrer Umgebung oder gar im persönlichen Umfeld gehört. Kuriose Erlebnisse, die die eine oder andere Person irgendwann einmal gehabt hatte. Sie nehmen diese Geschichten mal mehr oder weniger interessiert zur Kenntnis, aber mehr als eine kleine Erzählung im persönlichen oder etwas weiteren Umfeld wird niemals daraus. Genau so verhielt es sich vor 1933 rund um Loch Ness. Einige Geschichten, aber nichts weltbewegendes, da diese Art der Erlebnisse und Erzählungen zur normalen Folklore gehören.

Dennoch gab es auch vor 1933 das eine oder andere Ereignis, dass in verschiedenen Quellen dokumentiert wurde. So findet man unter den vielen Geschichten auch einige interessante Hinweise, die aber in ihrer Form nicht nur auf Loch Ness zutrafen, sondern auch auf fast jedes andere Gewässer im kulturellen Umfeld.

Aus dieser Vielzahl an Geschichten und Erlebnissen rund um Loch Ness und den River Ness gibt es dennoch einige interessante Hinweise auf die Geschichte des Monsters von Loch Ness, das vor 1933 eigentlich keines war.

der Ältere (ca. 520–597), durch Schottland reiste. Dieser